Das Projekt wird von bayerischer Seite von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns in München geleitet und koordiniert. Die konkrete Durchführung erfolgt sowohl im Staatsarchiv Amberg als auch im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München.
Das für die Oberpfalz zuständige Staatsarchiv Amberg verwahrt mit dem Urkundenbestand des ehemaligen Reichsklosters Waldsassen einen archivischen Quellenbestand, dessen Bedeutung weit über den bayerischen Raum hinausgeht (ca. 1.900 Urkunden für die Jahre 1132 bis 1797). Die 1133 gegründete Zisterzienserabtei bildete bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts den Mittelpunkt des sogenannten "Oberpfälzer Stiftslandes"; das Reichskloster beherrschte damals ein Gebiet von ca. 715 Quadratkilometern mit über 170 Dörfern und knapp 18.000 Einwohnern. Die sprachlichen und historisch-kulturellen Beziehungen des Waldsassener Stiftslandes zum benachbarten Egerland waren (und sind) erheblich. Waldsassen verfügte über große Besitzungen in Böhmen, die Region um Eger war zentraler Bezugspunkt des Klosters.
Das Bayerische Hauptstaatsarchiv verwahrt mit dem "Sudentendeutschen Archiv" die zentrale Überlieferung der ehemals im tschechischen Grenzraum angesiedelten deutschen Bevölkerung. Die umfangreichen Bestände spiegeln die Aktivitäten der sudetendeutschen Vereine und Verbände nach dem Zweiten Weltkrieg wieder, sie betreffen also die heutigen Sudentendeutschen (im gesamten Bayern). Andererseits enthalten die Bestände auch in erheblichem Umfang Archivalien, die für die Geschichte Tschechiens, besonders des heutigen Grenzraums von großer Relevanz sind (vor den Jahren 1945 bzw. 1948; nur solche Bestände werden berücksichtigt): in das Projekt sind die Heimatberichte und besonders die umfangreiche Bildersammlung integriert mit zahlreichen historischen Aufnahmen (Orte, Personen, Alltagsleben/Berufs- und Privatleben, historische Ereignisse usw.); die Aufnahmen reichen bis weit in das 19. Jahrhundert zurück und dokumentieren in fast einmaliger Weise die tschechische Seite der gemeinsamen Grenze. Die Bildersammlung wird im Projekt um die Gemeindechroniken ergänzt, das heißt originale Chroniken von verschiedenen sudentendeutschen Orten (Zeitraum: 1876 bis 1945); der Quellenwert ist auch hier äußerst hoch.
Die bayerischen Partner führen folgende Maßnahmen durch:
- Digitalisierung der drei genannten Bestände
- Wissenschaftliche Bearbeitung (Erschließung) der Urkunden des Klosters Waldsassen
- Erschließung der Bildersammlung (Identifizierungsarbeiten)
- Integration der Digitalisate sowie der damit verknüpften Erschließungsinformationen in die Webpräsenz der staatlichen Archive Bayerns; zeitgleich Verlinkung auf die gemeinsame Internetpräsenz des geplanten Projekts (gemeinsame Präsentation mit den von Tschechien bereitgestellten und bearbeiteten Beständen).
- Mitarbeit der bayerischen Seite an dem inhaltlichen und technischen Aufbau der gemeinsamen Projektpräsenz.
- Abhaltung gemeinsamer Arbeitstreffen während der Projektlaufzeit (vornehmlich im Staatsarchiv Amberg)
Das Projekt wird auf tschechischer Seite vom Staatlichen Gebietsarchiv Pilsen geleitet und koordiniert. Die konkreten Digitalisierungsarbeiten erfolgen im Staatlichen Kreisarchiv Eger.
Das Staatliche Gebietsarchiv Pilsen verwaltet eine ziemlich umfassende und von Genealogieinteressierten häufig benutzte Sammlung der Matrikelbücher Westböhmens (Kirchenbücher des Pilsner und des Karlsbader Bezirke) mit über 11.000 Exemplaren aus den Jahren 1531 – 1949. Die schrittweise Digitalisierung aller Matrikelbücher und die Erarbeitung der nötigen Metadaten sowie von Ortsverzeichnissen und der technischen Beschriftungen ermöglicht durch das Internet einen schnellen Zugang zu diesen von breiter Forscheröffentlichkeit stark benutzten Archivalien.
Die Staatlichen Kreisarchive (Taus mit dem Sitz in Bischofteinitz, Eger, Karlsbad, Klattau, Pilsen-Süd mit dem Sitz in Blovice, Pilsen-Nord mit dem Sitz in Plasy, Rokycany, Falkenau mit dem Sitz in Heinrichsgrün, Tachau), die dem Staatlichen Gebietsarchiv Pilsen unterstellt sind, verfügen über umfangreiche Archivbestände, die das Leben der deutschen Bevölkerung bis zu deren Aussiedlung nach dem Zweiten Weltkrieg erfassen und dokumentieren. Im Rahmen dieser Bestände finden sich insgesamt 1.758 Stadt-, Gemeinde-, Pfarr-, Schul- oder Vereinschroniken seit Anfang des 18. Jahrhunderts bis 1948, die neben dem Aktenmaterial eine einmalige Quelle zur Geschichte der Deutschen in Böhmen darstellen. Deren virtuelle Verknüpfung mit ähnlichen Archivalien im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München (Sudetendeutsches Archiv: Bildersammlung, „Heimatberichte“) dient der Vervollständigung der gewaltsam zerrissenen Archivbestände und deren Erschließung für die Öffentlichkeit. Die westböhmischen Archive verfügen auch über umfangreiche Fotosammlungen bis 1948 mit 90.000 Exemplaren. Es handelt sich um einmalige Sammlungen, die den Alltag, die Volkskunde, die Bauentwicklung der Städte und der Gemeinden sowie die Landschaftsveränderungen, geschichtliche Ereignisse u.ä. dokumentieren. Den Zeitumfang des Fotomaterials kann man mit den Jahren 1880 – 1948 abgrenzen.
Das Staatliche Kreisarchiv Cheb verfügt über einen Archivbestand der mittelalterlichen Stadt Eger, dem ein sehr hoher Quellenwert zukommt; der Bestand umfasst auch Urkunden, Aktenmaterial und Bücher aus der Provenienz des Zisterzienserklosters Waldsassen. Da der bayerische Projektpartner eine Digitalisierung des umfangreichen Urkundenbestands dieses Klosters beabsichtigt, werden auch auf tschechischer Seite Waldsassener Archivalien digitalisiert. Aus sämtlichen Digitalisaten sowie den Metadaten wird anschließend im europäischen Kontext ein unikates Ganzes entstehen, welches die Geschichte eines Klosters erfassen wird, das sich mit seiner Kolonisierungstätigkeit an der Gründung weiterer bedeutender Ordenshäuser in den böhmischen Ländern beteiligte (z. B. Osek oder Sedlec bei Kutná Hora/Kuttenberg).
Der tschechische Lead Partner wird folgende Maßnahmen durchführen:
- Digitalisierung der oben angeführten Archivbestände
- Wissenschaftliche Bearbeitung der Urkunden, des Aktenmaterials und der Bücher des Archivs der Stadt Eger aus der Provenienz des Klosters Waldsassen
- Integration der Digitalisate, deren Beschriftung mit Metadaten und Präsenz im Web-Server des Gebietsarchivs Pilsen, Verlinkung mit dem gemeinsamen Web-Server der böhmischen und der bayerischen Archive in der Internetpräsentation des geplanten Projekts. Die Urkunden des Klosters Waldsassen werden außerdem im internationalen Portal „Monasterium“ präsentiert, an dem schon andere Archive aus Tschechien und Bayern beteiligt sind
- Mitarbeit der tschechischen Seite an dem inhaltlichen und technischen Aufbau der gemeinsamen Projektpräsenz
- Abhaltung gemeinsamer Arbeitstreffen während der Projektlaufzeit (vor allem im Staatsarchiv Amberg und im Staatlichen Kreisarchiv Eger)
- Präsentation der Ergebnisse über das Projekt und Auskünfte über den Projektverlauf gegenüber der Presse auf der tschechischen sowie der bayerischen Seite (Öffentlichkeitsarbeit)