Die Struktur der im Staatlichen Kreisarchiv in Böhmisch Krumau deponierten Bestände ist die folgende: Archive von Städten, Städtchen und Gemeinden bis zum Jahre 1945 und von Stadt- und Gemeindeämtern nach dem Jahre 1990; städtische und lokale Nationalausschüsse aus den Jahren 1945–1990; sonstige Behörden; Zünfte; Pfarreien; Schulen; Verbände; einheitliche landwirtschaftliche Genossenschaften; die revolutionäre Gewerkschaftsbewegung; Unternehmen und Nachlässe. Die Schriftsachen der bis zum Jahr 1945 entstandenen Bestände sind meistens in der deutschen Sprache geschrieben, weil in den Städtchen und Gemeinden der Bezirke Böhmisch Krumau und Kaplitz die deutschsprachige Bevölkerung überwog. Die wichtigsten Bestände mit Bezirkscharakter für den Zeitraum 1850–1938 sind das Bezirksamt Böhmisch Krumau und das Bezirksamt Kaplitz. Unter anderem sind darin deponiert: die schriftlichen Ausarbeitungen der Volkszählung aus dem Jahre 1921 (sie sind auf den Webseiten des Staatlichen Gebietsarchivs in Wittingau – http://digi.ceskearchivy.cz zugänglich), die Agenda des sog. Wasserbuchs, das die Wasserwerke im Bezirk (Mühlen, Hammerwerke, Sägewerke, Papierfabriken, Teiche etc.) erfasst und mappiert.
Nach dem Jahr 1938 wurde die Region von Böhmisch Krumau an das Deutsche Reich unter die Verwaltung des Gaus Oberdonau angeschlossen und die Bezirksämter wurden durch die sog. Landräte ersetzt. Der deutschen Verwaltung ist es gelungen, die meisten Dokumente über ihre Tätigkeit nach dem Krieg abzufahren oder zu vernichten, und deshalb ist in einem größeren Umfang (6,10 lm) nur der Bestand des Landrates Böhmisch Krumau, vor allem die Polizei-, Gemeinde-, Kultur und Schulagenda, erhalten geblieben. In unserem Bezirk funktionierten seit dem Jahr 1850 fünf Bezirksgerichte (Böhmisch Krumau, Kaplitz, Vyšší Brod/Hohenfurth, Horní Planá/Oberplan und Chvalšiny/Kalsching) und nach dem Jahr 1938 knüpften an deren Tätigkeit die Amtsgerichte auf dem an das Deutsche Reich angeschlossenen Gebiet an. Die erhaltenen Bestände der Bezirksgerichte enthalten die Schriftsachen der Straf-, Zivil-, Grundbuch- und Nachlassagenda, die Bestände der Amtsgerichte enthalten neben den Schriftsachen bezüglich der streitigen und nicht streitigen Angelegenheiten auch eine interessante Agenda des Gerichts von Erbhöfen, die die Steuerrolle und das Schriftgut von Erbhöfen aus den Jahren 1939–1945 umfasst und die gemäß den einzelnen Gemeinden aufgeteilt ist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden auf dem Gebiet der Bezirke Böhmisch Krumau und Kaplitz zuerst die Bezirksverwaltungskommissionen, die nach den Wahlen im Jahre 1946 zu den Bezirksnationalausschüssen wurden. Die Bestände bieten Dokumente zu den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ereignissen. Ein Teil des Schriftguts betrifft die Beschlagnahmung des deutschen Vermögens und die Vertreibung der deutschen Bevölkerung in den Jahren 1945–1946. Die Bestände sind bis jetzt archivarisch nicht zugänglich gemacht worden, zur Orientierung dienen die Teilverzeichnisse der Dokumente.
Zu den wichtigsten, in unserem Archiv deponierten Beständen gehört das Archiv der Stadt Böhmisch Krumau, das ein Schriftgut aus den Jahren 1347–1945 mit einem Gesamtumfang von 384 laufenden Metern umfasst. Dieser Bestand ragt durch seine Bedeutung über die Grenze unserer Region hinaus. Er ist in drei Teile aufgeteilt: das Bürgermeisteramt bis zum Jahr 1791, der Magistrat (aus den Jahren 1791–1850) und das Stadtamt (1850–1945). Neben einem Satz von Urkunden und Privilegien bietet der Bestand eine kompakte Reihe von städtischen Markt- und Grundbüchern seit 1512 bis Mitte des 19. Jahrhunderts (die meisten dieser Bücher sind auf Mikrofilmen zugänglich gemacht). Eine wichtige Quelle stellen auch die Bücher der Heimatangehörigen aus den Jahren 1863–1948 und die Bücher der Ausländer aus den Jahren 1855–1929 dar. Das Aktenmaterial umfasst eine umfangreiche Agenda von Zunftangelegenheiten, vor allem über die Wanderung von Gesellen, Lehren von Lehrlingen bei den Meistern im Ausland, Beteiligung von Handwerkern an den Jahrmärkten und dem Handelsverkehr zwischen Böhmisch Krumau und den Städten in Bayern. Weiter gibt es hier die Schriftsachen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, vor allem bei der Suche nach den der Schmuggelei der Ware und der Diebstähle verdächtigen Personen. Die Agenda anderer Bestände von Städtchen, Städten und Gemeinden enthält auch wertvolle und interessante Dokumente, zum Beispiel im Bestand des Städtchens Hořice na Šumavě/Höritz im Böhmerwald gibt es die Schriftsachen zur Aufführung der Passionsspiele. Einige der in diesen Beständen deponierten Karten erfassen auch das Gebiet von Bayern. Man kann interessante Angaben über das Leben vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiet des Bezirks Böhmisch Krumau durch das Studium der Schriftsachen der Gemeinden, die nach dem Zweiten Weltkrieg erloschen sind, wie z.B. Zvonková/Glöckelberg, Krásná Pole/Schönfeld (Kapličky/Kapellen), Pohoří na Šumavě/Buchers und andere, gewinnen. Zu dem von den Forschern gewünschtem Material der Bestände von Städten und Gemeinden gehören die Gemeindechroniken, die auf den Webseiten des Staatlichen Gebietsarchivs in Třeboň/Wittingau (http://digi.ceskearchivy.cz) bereits zugänglich gemacht wurden. Für das Studium der Geschichte der Städte und Gemeinden nach dem Jahr 1945 sind diejenigen Bestände der städtischen und lokalen Nationalausschüsse am wichtigsten, in denen die Dokumente, die die Beschlagnahmung des deutschen Vermögens und die Vertreibung der deutschen Bevölkerung nach dem Jahr 1945 belegen, aufbewahrt werden.
Zu den ältesten Schulbeständen gehören neben dem Bestand der Pfarrschule Křemže/Krems aus den Jahren 1780–1869 auch der Bestand die Deutsche Hauptschule Böhmisch Krumau aus den Jahren 1783–1870. Im Bestand der Pfarrschule Zlatá Koruna/Goldenkron aus den Jahren 1805–1869 ist eine Schulchronik deponiert, die von dem bedeutenden regionalen Lehrer und Komponisten Antonín Borový geführt wurde und von dem auch die Information über seinen Studienaufenthalt in Passau aufgezeichnet wurde. Die Schulchroniken sind auf den Webseiten des Staatlichen Gebietsarchivs in Třeboň/Wittingau (http://digi.ceskearchivy.cz) zugänglich.
Auch die Schriftsachen von Zünften und den an sie anknüpfenden gewerblichen Genossenschaften zeugen vom Leben in den Städten und Städtchen, obwohl sie nur in einem kleineren Umfang erhalten geblieben sind. Der älteste erhaltene Zunftbestand ist die Zunft von Tuchmachern aus Böhmisch Krumau aus den Jahren 1514–1859 und auch die Schriftsachen einiger weiterer Zunftbestände gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Das Aktenmaterial aus dem 18. und 19. Jahrhundert enthält Lehr- und Gesellenbriefe und darin die Erwähnungen über die Wanderungen von bayerischen Gesellen auf unserem Gebiet. Man kann ergänzendes Material zur Tätigkeit von Zünften in Böhmisch Krumau im Zunftschriftgut des Bestandes des Archivs der Stadt Böhmisch Krumau, vor allem zur Wanderung von Gesellen, finden.
Die Bestände von Verbänden belegen das gesellschaftliche Leben in den einzelnen Gemeinden in der jüngsten Zeit, überwiegend seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Auch wenn ihre Agenda nur in begrenztem Umfang erhalten geblieben ist, enthalten manche Bestände ein interessantes Dokumentationsmaterial. Im Bestand des Deutschen Männerchors Böhmisch Krumau aus den Jahren 1856–1937 wurden Plakate und Fotografien aufbewahrt. Die Verbandschroniken sind auf den Webseiten des Staatlichen Gebietsarchivs in Třeboň/Wittingau (http://digi.ceskearchivy.cz) zugänglich.
Auch persönliche Bestände sind interessant, zum Beispiel geht es um den Nachlass eines Angestellten der Brauerei von Benešov/Beneschau und des Lehrers Bedřich Hümmer-Kreiner aus den Jahren 1900–1943, der seine Personaldokumente, kleine Arbeiten zur Geschichte und Landeskunde des Städtchens Benešov nad Černou/Deutsch Beneschau, eine Sammlung von Böhmerwald-Sagen oder ein Familienalbum mit Fotografien enthält. Die kleinen, persönlichen Bestände der Familie Schefczik aus den Jahren 1676–1930 mit den Wurzeln in Stožec/Tusset, ein Bestand des Bildhauers von Frymburk/Friedberg, Franz Pasce, aus den Jahren 1928–1940, ein Bestand eines Mittelschulprofessors und Historikers gebürtig in Rozpoutí u Kaplice, PhDr. J. M. Klimesch, aus den Jahren 1871–1940 und ein Bestand eines Friseurs und regionalen Amateur-Historikers in Böhmisch Krumau, Jindřich Činátl, aus den Jahren 1814–1972, enthalten wertvolle Angaben aus dem Leben dieser Persönlichkeiten, die aus unserer Region stammten oder die hier tätig waren.