Text na stránkách 5
Text:
5. Jänner 1898
�Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 3
Seite 5
uetenhause „von Schluckenau“. Sie mögen im
Vorhinein versichert sein, daſs es ihnen nicht ge-
lingen wird, in den Landtag die wüsten Scenen
zu bringen, durch welche sie zur Weltschande Oester-
reichs das Wiener Parlament verwüstet, daſs ihnen
hier nie und nimmer diese Orgien roher Gewalt
durchgehen werden wie in Wien.
Melnißk, 4. Jänner. Die Bezirksvorschuss-
cassa meldete den Concurs an.
Wien, 4 Jänner. Statthalter Graf Couden-
hove ist abends hier eingetroffen.
Wien, 4. Jänner. Wie verlautet, steht der
Rücktritt des ersten Obersthosmeisters des Kaisers,
Fürsten Rudolf Liechtenstein unmittelbar bevor, und
ist zu seinem Nachfolger Fürst Alfred Montenuovo
designiert.
Wien, 4. Jänner. Sowohl mit dem gewese-
nen Finanzminister R. v. Bilinski, wie auch mit
dem gewesenen Handelsminister Frh. v. Glanz wer-
den Verhandlungen geführt bezüglich der Uebernahme
der Prästdentenstelle des Verwaltungsrathes der
Anglo-Oesterreichischen Bank.
Linz, 4. Jänner. Die Betheiligung an dem
deutschen Volkstage ist eine außerordentlich starke.
Aus allen Theilen Oberösterreichs und Salzburgs
liegen Anmeldungen von Delegirten der nationalen
und freisinnigen Vereine vor. Außer sämmtlichen
deutschfortschrittlichen und deutschnationalen Reichs-
raths- und Landtags-Abgeordneten Oberösterreichs
haben die Abgeordneten Dr. Lecher, Dr. Schücker,
Dr. Steinwender, Dr. Sylvester, Dr. Hofmann von
Wellenhof, Hueber und Dobernigg ihr Erscheinen
zugesagt.
Lemberg, 4. Jänner. Die fünfzig Jahre
alte F au des allgemein geachteten Schulrathes
Baranowski, Mutter von 9 Kindern, hat sich in
einem Anfalle von Geistesstörung auf das Bahn-
geleise in dem Augenblicke hingelegt, als ein Schnell-
zug heranfuhr. Sie wurde furchtbar verstümmelt
und starb sofort.
Bozen, 4. Jänner. Eine Volksversammlung
in Meran wurde wegen Besprechung des Artikels 14
der Staatsgrundgesetze durch den Abg. Resel be-
hördlich aufgelöst.
Triest, 4. Jänner. Ein Telegramm aus Niko-
lajew vom 2. d. meldet, daſs der öst.-ung. Handels-
dampfer „Grignano“ beim Auslaufen ins Eis ge-
rieth und gesunken ist. Die Bemannung wurde
gerettet. Wegen Hebung des Dampfers wird unter-
handelt werden.
Budapest, 4. Jänner. Das Abgeordneten-
haus setzte die Generaldebatte über den Gesetzent-
wurf, betreffend die provisorische Regelung der Zoll-
und Bank-Angelegenheiten, sowie einiger mit den-
selben im Zusammenhang stehender Fragen fort. —
Nach den Schluſsreden des Referenten Abg. Pulszky
und des Antragstellers Abg. Kossuth wurde die Ab-
Worauf Bothwell sich jeder Einwendung als
nutzlos begab.
Frau Wyllard verließ ihren Mann nur, wenn
er unter dem Einfluss der Morphiumeinspritzung
schlief oder allein zu sein verlangte. Es gab
Stunden in seinen langen Schmerzenstogen, wo
selbst die Gegenwart seiner Frau ihm lästig fiel
und er seinen Kampf in Einsamkeit ausfechten wollte.
Bei Bothwell's Rückkehr aus Tevena bereitete
ihm Dora das unerwartete Vergnügen, sich bei
Tisch zu ihm zu setzen.
Stodden aber schrieb alle solche Reden der
übertriebenen Bescheidenheit Herrn Grahame's zu.
Der junge Mann wusste, daſs er gewissermaßen
nicht ins Haus gehöre, und wünschte nicht, be-
schwerlich zu fallen. Das war sehr schicklich von
ihm und Stodden beschloss, daſs seine Bescheiden-
heit ihm nichts schaden solle. Er setzte ihm am
nächsten Tage sogar ein noch prächtigeres Diner
vor und erwiderte auf Bothwell's Gegenvorstellungen
mit ungläubigem Lächeln:
„Sie mögen ja doch ein gutes Diner, Herr.
Sie wollen keine Umstände machen, aber ein gutes
Mittagbrot muss Hhnen doch angenehm sein. Wir
essen Alle gern ein gutes Mittagbrot. Das liegt
so in der Natur des Menschen.“
Worauf Bothwell sich jeder Einwendung als
nutzlos begab.
Frau Wyllard verließ ihren Mann nur, wenn
er unter dem Einfluss der Morphiumeinspritzung
stimmung vorgenommen und der Gesetzentwurf mit
großer Majorität mit den Stimmen der Liberalen,
der National- und der Volkspartei angenommen.
Der Beschlussantrag Kossuth's wurde abgelehnt.
Budapest, 4. Jänner. Die Unabhängigkeits-
partei hat die Obstruction gegenüber der Pro-
visoriumsvorlage aufgegeben und knapp vor 12 Uhr
konnten die Generalredner ihre Schlussreden halten.
Mit Ausnahme von 20 Obstructionisten erhob sich
das ganze Haus für die Vorlage. Das Haus nahm
dann einstimmig auf Grundlage der Generaldebatte
den Schlussantrag, demzufolge die Regierung ange-
wiesen wird, die Daten bezüglich des besonderen
Zollgebietes der Legislative vorzulegen, an. Abg.
Franz Kossuth erklärte in seiner Schlussrede, jetzt
gebe die Obstruction den Kampf auf, aber am 1.
Mai werde keine Ausrede mehr angenommen werden,
wenn wieder das besondere Zollgebiet nicht errichtet
würde. Die Specialdebatte wird noch heute be-
ginnen.
Budapest, 4. Jänner. Die gestrige und
heutige Sitzung des Abgeordnetenhauses wird drei
Ehrenaffairen zur Folge haben. Abg. Graf
Stephan Tisza hat nach der Rede des Abg.
Kossuth durch seine Cartellträger Grafen Theodor
Andrassy und Adalar Szechenyi den Abg. Ludwig
Olay provociren lassen, weil der letztere den
Zwischenruf „Schweinerei“ gebrauchte in der
Meinung, daſs Graf Tisza bei Kossuth's Rede
über die Motive der Einstellung der Obstruc. on
gelacht habe. Es wurde verabredet, den Ehren-
handel noch heute durch ein Säbelduell auszu-
tragen. Abg. Stephan Rakovsky von der Volks-
partei hat die Abg. Edmund Gajary und Edmund
Oerley von der liberalen Partei herausfordern
lassen, weil sie am Schlusse der gestrigen Sitzung
den Zwischenruf „Feige Hypokrisie“ gebrauchten.
Budapest, 4. Jänner. Bei einem Säbelduell
zwischen den Abg. Stephan Tisza und Olay wurde
letzterem das Nasenbein durchgeschlagen; Tisza er-
hielt eine Risswunde an der Hand. Bei dem Säbel-
duell zwischen Abg. Gejary und Rakovszky erhielt
Gajary an der rechten Hand eine leichte Risswunde
und an der linken Gesichtsseite einen Flachhieb.
Rakovszky wurde der rechte Daumen durchgehauen,
so daſs er für längere Zeit kampfunfähig wurde
und die Austragung der Affaire mit Oerley ver-
schoben werden musste.
Berlin, 4. Jänner. Wie das „Wolff'sche
Bureau“ meldet, erklärt die Nationalbank für Deutsch-
land gegenüber den Meldungen mehrerer Wiener
Blätter, wonach dieselben angeblich in Gemeinschaft
mit dem Credit Lyonaise auf die 60 Millionen
Kronen Wiener Gasanleihe ein Angebot abgegeben
hätte, daſs diese Angabe, jedenfalls soweit die Natio-
nalbank damit gemeint ist, jeglicher Begründung
entbehrt.
schlief oder allein zu sein verlangte. Es gab
Stunden in seinen langen Schmerzenstagen, wo
selbst die Gegenwart seiner Frau ihm lästig fiel
und er seinen Kampf in Einsamkeit ausfechten
wollte.
Bei Bothwell's Rückkehr aus Tevena bereitete
ihm Dora das unerwartete Vergnügen, sich bei
Tisch zu ihm zu setzen.
�Ich möchte Deine Neuigkeiten hören, Both-
well.“ sagte sie. „Julian schläft und ich habe ein
halbes Stündchen frei.
„Sie kommt übermorgen,“ erzählte Bothwell
entzückt, „und ich gehe wie Romeo in die Ver-
bannung. Ich habe mir zwei Zimmer in Trevena
gemietet bei einer alten Muhme, die mir die Auf-
wartung macht. Das wird viel billiger sein als
im Gasthaus, und Du weißt, daſs ich in meinen
Verhältnissen sparsam sein muss.“
„Du solltest Dir um ein paar Pfund das
Leben nicht schwer machen.“
„Ach, das sagt jeder Verschwender. Er be-
greift nie, daſs er sich die paar Pfund sparen sollte,
und so stirbt er als ein armer Mann, während
wer die Pfunde und Schillinge und Pfennige ehrt,
zu einem Millionär aufblüht. Meine Muhme ist
blühsauber und wird mir's schon behaglich machen
Mein Schlafstübchen riecht nach Lavendel, und wenn
ich vom Bau komme, werde ich schlafen wie ein
Dachs.“
Berlin, 4. Jänner. Heute findet in nich
öffentlicher Sitzung das Disciplinarverfahren gegen
den Criminalcommissär Tausch statt. In der zuge-
hörigen Voruntersuchung sind mehrere Schriftsteller
einvernommen worden, welche im Processe Leckert-
Lützow als Zeugen fungirten, so u. a. Maximilian Harden,
Max Krämer und Dr. Paul Friedmann. Auch Frei-
herr von Marschall wurde einvernommen.
Köln, 4. Jänner. Der Pariser Berichterstatter
der „Köln. Ztg.“ vernimmt, daſs seit dem vorigen
Donnerstag wegen einer chinesischen Anleihe in
London sehr ernste Verhandlungen im Zuge seien.
Der zwischen Petersburg und Paris gemachte Ver-
such sei in Paris an der Forderung des Ministers
des Aeußern Hanotaux gescheitert, welcher verlangt
habe, daſs die in Frankreich aufzubringende An-
leihe von einer französischen Bank auszugeben sei,
während der russische Minister für auswärtige An-
gelegenheiten Graf Murawiew dies der russisch-
chinesischen Bank vorbehalten wissen wollte. China
bot darauf die Anleihe in London an und suchte
zugleich die Befürwortung der englischen Regierung
nach. Infolge der jüngsten Ereignisse soll nun von
diesen beiden Seiten der Plan ganz ernstlich erwogen
werden, als Sicherheit für eine Anleihe von 400 Mill.
Frcs. eine innere chinesische Grundsteuer und dadurch
eine gewisse Coutrole in Erwägung zu ziehen.
Zum Haupte dieser Controle soll ein Engländer
ernannt werden. Außerdem bestehe das britische
Cabinet auf dem Zugeständnis einer Gebietsab-
tretung, das vor der Hand geheim bleiben solle.
Hinsichtlich der Angaben der „Times“ soll es richtig
sein, daſs von russischer Seite ganz neuerdings den
Chinesen angeboten worden sei, die in Paris ge-
scheiterte Anleihe unter günstigeren Bedingungen
als in London in Deutschland anzubieten.
London, 4 Jänner. „Daily Chronicle“ meldet
aus Washington von erster diplomatischen Seite,
daſs zwischen Frankreich und Russland in Bezug
auf die Verhältnisse in Ostasien vollständiges Ein-
vernehmen bestehe. Die Bemühungen, Deutschland
zum Anschlusse an Frankreich und Ruſsland zu be-
wegen, seien bisher nicht von Erfolg gewesen.
Diese Politik sei gegen England gerichtet. Frank-
reich und Ruſsland seien jetzt überzeugt, daſs die
Vereinigten Staaten von Nordamerika England
keinen Beistand leisten würden, falls ein Conflict
eintreten sollte.
Madrid, 4. Jänner. Kammerpräsident Pidal
hielt im Klub der Konservativen eine Rede, in
welcher er die Politik der liberalen Partei bekämpfte,
welche die Absetzung des Generals Weyler und die
Oktroyirung der Autonomie für Kuba, die er für
verhängnisvoll hält, herbeigeführt habe. Die Kon-
servativen mussten sich vereinen, um aus der durch
den Tod Canovas geschaffenen Situation einen
Ausweg zu finden, aber sie wünschen der Beendigung
des von der Regierung unternommenen Werkes
keine Schwierigkeiten in den Weg zu legen.
Madrid, 4. Jänner. Einige Generale sind
von Berichtern um ihre Meinung über das Ver-
halten Weylers befragt worden. Bei dieser Ge-
legenheit billigte Marschall Lopez Dominquez, daſs
die Regierung die Angelegenheit Weylers dem
Obersten Kriegsgerichte übergeben hat und fügte
hinzu, wenn die Botschaft Mac Kinley's Beleidi-
gungen enthielt, war es Sache der Regierung, da-
gegen zu protestieren. General Orchando billigte
den Protest Weylers, welcher den für Militärper-
sonen geltenden Bestimmungen zuwiderlaufe.
Toronto, 4. Jänner. Bei einer stark besuchten
Volksversammlung, welche vergangene Nacht im
Rathhause in London (Canada) stattfand brach der
Fußboden ein. Angeblich sollen hundert Personen
umgekommen sein.
Kairo, 4. Jänurr. (Meldung der „Agence
Havas.) Die Beunruhigung hinsichtlich der An-
gelegenheiten im Sudan dauert fort. Der Abgang
zweier englischer Regimenter von dreien aus Unter-
Egypten, lässt die Absichten der Regierung deutlich
erkennen. Die sicher während der Festtage einge-
laufenen ernsten Nachrichten zwingen die Engländer
welche geneigt waren, ruhig zu überwintern, in
fieberhafter Eile die unterschiedslose Recrutirung
aller versügbaren Eingebornen zu vollenden.
(Fortsetzung folgt.)
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-01-05-n3_0175.jp2