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men etwa zwei auf die Gegner und nur eins auf die Anhänger Gladstones. London hat dem „großen Alten“ den Rücken gekehrt, sämmtliche Universitäten haben sich von ihm gewandt und die Landbewohner selbst wollten dem Manne nicht folgen, der ihnen doch das Wahlrecht verschafft. Von dem Homerule- Projekt, wie es Gladstone dem englischen Volke zu- gemuthet, kann unter solchen Umständen nicht mehr die Rede sein. Es ist das größte Glück für Eng- land, Gladstone und Salisbury, daß das Verdict ein so deutliches ist; denn jetzt kann Salisbury nicht mehr in die Versuchung kommen, um sich zu halten, den Iren doch homerule zu gewähren, wie seiner- zeit Disraeli die von ihm bekämpfte Reformbill, kaum daß er im Amte war, durchführte und sich so mit den Federn der Whigs schmückte; Glad- stone, der selbst mit einer kleinen Majorität nicht an die Ausführung seines Vorschlages hätte denken können, wird, da er sich einer großen Majorität gegenüber befindet, wenn auch nicht die — ihm freilich sehr spät gekommene Ueberzeugung — daß die Sonder- regierung Irlands das beste Mittel sei, die Union zwischen den beiden Schwesterinseln aufrecht zu er- halten, so doch die Hoffnung aufgeben müssen, diese Idee in absehbarer Zeit, d. h. da er ein hoher Sieben- ziger ist, selbst ausführen zu können, daher die Er- reichung dieses Zieles Anderen überlassen und das Land wieder zu Ruhe kommen lassen. Ja es ist nicht unmöglich, daß sogar die verständigen und anstän- digen Parnelliten angesichts einer so entscheidenden Verurtheilung ihres Ideals in sich gehen, die hoch- hängenden Trauben zwar nicht für sauer erklären, aber doch einstweilen bequemer und sicherer erreich- baren Zielen nachgehen. Wenn das englische Volk sich nicht in überwiegender Zahl für die homerule erklären konnte, ist es das Beste, daß es sich so über- wiegend wie geschehen, gegen dieselbe erklärte. Es haben nicht nur die Klassen, sondern auch die Massen sich gegen Gladstone erklärt, und groß wie die Autorität Gladstones ist, die Gegner brauchen nicht bloß ihre Stimmen zu zählen, sie können ruhig auch ein Wägen derselben riskiren. Wenn auf der einen Seite zwar ein Gladstone, auf der anderen Seite aber ein Bright, Goschen, Lubbock und wie sie Alle heißen, stehen, dann muß das Zünglein der Waage in einer gewissen Verlegenheit sein, schließ- lich aber doch wohl sich auf die Seite der vielen großen Männer hinneigen. Die Frage, die England jetzt bewegt, lautet natürlich: Was nun? Daß Gladstone geht, ist selbstverständlich. Aber wer wird kommen? Unter gewöhnlichen Um- ständen ist jeder Nachfolger den Ihre Majestät die Königin mit der Leitung der Geschäfte des Reiches betraut, so genau bekannt, daß jeder Sex- taner weiß, wer Premierminister wird. Die Nieder- lage Gladstone's ist aber dadurch herbeigeführt worden, daß sich Liberale unter der Führung Har- tington's, Goschen's, Chamberlain's, Bright's u. A. m. zur Bekämpfung Gladstones vereinigten. Es ist daher begreiflich genug, daß man von einem Coa- litionsministerium spricht, da die Tories allein die absolute Majorität doch nicht haben. Aber anderer- seits hat man in dem Lande der Parteiregierung par excellence eine gewisse, nicht unberechtigte Ab- neigung gegen Coalitionsministerien, so daß die Frage, ob ein Coalitionsministerium zu Stande kommt, noch nicht ganz entschieden ist. Man wird einem solchen Ministerium freilich kaum aus dem Wege gehen können und zufällig kann ein Coali- tionsministerium dem Lande wie namentlich auch den Tories und speziell dem Lord Salisbury dieses Mal nur recht sein. Salisbury hatte statt der Gewährung der Homerule eine zwanzigjährige Zwangspolitik ange- droht. Kommt er mit einem Toryministerium zur Regierung, so muß er eigentlich die Ruthen zur Züchtigung Irlands hervorholen. Salisbury weiß aber sehr wohl, daß die Zwangspolitik das geeig- netste Mittel wäre, die Unruhen zu provociren und zu verstärken, die man ohnehin von fenischer Seite jetzt befürchten muß. Wenn Salisbury sich Männer wie Hartington und Goschen, von weiter links ste- henden Liberalen nicht zu reden, zur Seite stellt, dann kann er keine Zwangspolitik inauguriren, und er widerspricht sich selbst nicht, wenn er sogar, was die den Verhältnissen am meisten entsprechenden wie auch absolut wohl richtigste Politik wäre, mit die Union nicht compromittirenden Zugeständnissen hervorträte. Die Mißstände in Irland werden we- nigstens verringert werden müssen, und es kann nicht nur ohne Verletzung der Reichsinteressen, son- dern zu ihrer Förderung das Reichsparlament ei- nigermaßen entlastet werden, indem lokale Ange- legenheiten nicht bloß den Irländern, sondern wie schon vom verstorbenen Lord John Russel vorge- schlagen worden war, den Engländern und Schotten zur Verwaltung überlassen werden. Nur durch solche und andere Zugeständnisse an Irland kann erreicht werden, daß die durch Gladstone's Eintreten für die Homerule-Forderung heraufbeschworene bedeutende Gefahr eines Dyna- mitfeldzuges wenigstens des Rossa'schen Flügels der Parnelliten, wenn schon nicht ganz vermieden, so doch erheblich verringert wird. Die letzten Unruhen in Dublin und anderen irischen Orten sollten von dem noch nicht existirenden Tory- oder Coalitions- ministerium als Warnungssignal beachtet werden. Die Royalisten in Frankreich entwickeln in den Departements eine fieberhafte Thätigkeit, hauptsächlich in Hinblick auf die in wenigen Wochen stattfindenden General- rathswahlen. Da bei denselben natürlich die Lokalinteressen eine Hauptrolle spielen, ist es für die Royalisten leichter, ihren Einfluß geltend zu machen und auf die Wähler ein- zuwirken. Die royalistische Departementalpresse, deren treff- liche Organisation sich soeben erst bei Gelegenheit der Ver- öffentlichung des Manifestes bewährt hat, und die in allen Theilen des Landes bestehenden Komitees betreiben gemein- schaftlich die Wahlbewegung und benutzen dazu die Er- gebenheitsadressen an den Grafen von Paris, für welche augenblicklich Unterschriften im ganzen Lande gesammelt werden. Die Regierung schreibt ersichtlich dieser Agitation Bedeutung zu, da der Minister des Innern sämmtliche Präfekten des Reiches noch zur persönlichen Berichterstat- tung nach Paris beruft. Es muß dem Ministerium natür- lich sehr daran liegen, daß die Royalisten nicht wie bei den letzten Deputirtenwahlen einen großen Erfolg bei den Generalrathswahlen erringen, der als eine Antwort des Landes auf die Ausweisung der Prinzen ausgelegt werden könnte. Die Royalisten versichern, daß ihr Erfolg noch glänzender sein wird als bei den Oktober-Wahlen, obgleich sie die Regierung bereits beschuldigen, daß sie vor keiner Ungesetzlichkeit zurückschrecken werde, um den Sieg der Royalisten zu verhindern. — Das Schreiben des Herzogs v. Aumale an Grevy vom 11. d. M., worauf dessen Ausweisung erfolgte, lautet an seiner markantesten Stelle: „Dadurch, daß Sie mich aus der Armeeliste streichen, rühren Sie das Grundgesetz der Armee an. Ohne den im Kriege erworbenen Titeln Rechnung zu tragen, schlagen Ihre Minister Männer ohne Tadel, die in Ehren stehen durch ihre Dienste und durch ihre der Geschichte angehörige Ergebenheit an das Vater- land. Ich überlasse meinen Beiräthen, meine Sache zu vertheidigen, welche die Sache aller Offiziere ist. Was mich betrifft, so steht es mir als Aeltester des General- stabes zu, Sie daran zu erinnern, daß die militärischen Grade über Ihrer Machtvollkommenheit stehen, und ich bleibe „General“. Heuri d'Orleans, Herzog von Aumale.“ (Ruhestörungen in Belfast.) Anläßlich eines von den Organisten veranstalteten Umzuges fanden in Belfast ernstliche Unruhen statt. Polizei und Militär schritten ein, durch Gewehrschüsse wurden viele Personen verwundet, mehrere Häuser wurden demolirt, gegenwärtig lagert Infanterie und Artillerie auf den Straßen. Lokal- und Bäder-Nachrichten. (Das Minus) in der Frequenz der Gäste Karlsbads dem Vorjahre gegenüber ist nun trotz der abnormen Wit- terung vollends ausgeglichen — ja, mit der heute zur Aus- gabe gelangenden Kurliste (die Anmeldung bis 12 d. M. ab- geschlossen) können wir sogar ein Plus von 106 Parteien mit 203 Personen verzeichnen. Es ist dies um so erfreu- licher für unsere heurigen Saisonverhältnisse, da ja aus fast allen anderen Kurorten und Bädern des Kontinents ein mehr oder weniger großes Minus im Besuche von Gästen gemeldet wird. (Die k. k. Militär-Elevenkapelle), unter Lei- tung ihres Kapellmeisters Herrn Hans Pavlis, wird heute Nachmittag im Etablissement Sanssouci zum zweiten Male konzertiren. (Ventriloguist Nürnberg), der vorgestern im Kurhause eine Soirée veranstaltete, deren Programm in Escamotage, Gedankenlesen und Bauchrednerkunst bestand, erzielte hübsche Erfolge, und waren es besonders seine Automaten, die sehr amüsirten. Er conversirte mit seiner Papiermaché-Familie in so anregender und humoristischer Weise, daß selbst beim ärgsten Hypochonder der Lachreiz die Oberhand gewinnen mußte. — Heute veranstaltet Direc- tor Nürnberg eine zweite und letzte Vorstellung. (Freikarten-Verlosung.) Heute Abends 1/210 Uhr findet in Rotters Restaurant „Goldener Löwe“ in Karlsbad die Verlosung der Freikarten statt, welche durch die Centralleitung des Allgemeinen Richard Waguer- Vereins in München den Mitgliedern des Karlsbader Zweig- vereins zu den diesjährigen Bühnenfestspielen in Bayreuth zugekommen sind. Mitglieder und eingeführte Gäste sind hiezu eingeladen; die nichterscheinenden und gewinnenden Mitglieder werden von dem Resultate der Verlosung schrift- lich in Kenntniß gesetzt werden. (Das 25jährige Jubiläum des Kurortes Gmunden.) Das herrliche Gmunden feiert soeben den 25 jährigen Bestand seiner Existenz als Kurort, und es ist er- klärlich, daß nicht bloß die Bevölkerung von Gmunden, sondern die Tausend und aber Tausend, die ihren Aufent- halt in Gmunden in den 25 Jahren genommen haben, dieses Ereigniß mit Interesse begleiten. Zweifelsohne ist Gmunden eine der herrlichsten Ortschaften in der Monarchie, ja auf dem Kontinente. An landschaftlichen Reizen, hin- gelagert an den Ufern des herrlichen Sees, braucht Gmun- dens Umgebung keine Rivalität zu fürchten, und für Kom- fort und Bequemlichkeit der Gäste und Kranken, welche zahlreich nach Gmunden kommen, ist genügend gesorgt und wird stets aufmerksamer gesorgt. Das Hauptverdienst um die Entwickelung Gmundens — dies muß im gegenwär- tigen Momente, wo das Jubiläum eben gefeiert, hervor- gehoben werden — gebührt dem Arzt Dr. Christian Feuer- stein, der sich im Jahre 1860 in Gmunden etablirte und mit unermüdlichem Eifer das Interesse Gmundens förderte. Was Gmunden mit Ausnahme seiner Naturreize, die ein Geschenk Gottes sind, bietet, hat es vornehmlich den An- regungen dieses ausgezeichneten Mannes zu verdanken, und Dr. Feuerstein war es, der die Erhebung Gmundens zum Kurorte durchsetzte. — Im Jahre 1872 zog sich Dr. Feuer- stein von der ärztlichen Praxis zurück und überließ dieselbe nebst seiner Liebe für Gmunden dem Dr. Hans Wolfs- gruber, dessen Verdienste um Gmunden anerkannt werden. Dr. Wolfsgruber hat anläßlich des Jubiläums einen illu- strirten Führer herausgegeben, der allgemeine Verbreitung verdient. Durch diesen Führer lernt man Gmunden als Kurort vortrefflich kennen, und führt uns derselbe auch in die herrliche Umgebung, die ihres Gleichen sucht Theater. Gestern gab es keine Operette, daher auch kein aus- verkauftes Haus, trotzdem eine Novität in Szene ging. Allerdings ist es eine Novität gewesen, deren Premidre man gerade nicht sehnlich herbeizuwünschen braucht und welche wohl auf den meisten Bühnen ungespielt bleiben dürfte — ja, „Meister Ambrosius“, ein Charakterbild wie der Zettel besagt, und in vier Akten noch dazu, wird wohl nicht so leicht irgendwo zum Zugstück werden. Eingehend die Handlung hier zu schildern, mangelt uns heute Zeit und Raum — kurz angedeutet, sei nur hervor- gehoben, daß zwei Brüder, von denen einer in gewagten Spekulationen die Höhe der Gesellschaft erklommen, sich aber auf derselben nicht mehr behaupten kann, da er vor den Bankerott geräth, und der andere als Tischler- meister dem Handwerkerstande treu bleibt und sich Ver- mögen sammelt, in den vier Akten sich vergeblich bemühten einander zu verstehen. Um die finanzielle Rettung des Bruders dreht sich die ganze Handlung, diese erschwert aber die Gattin desselben durch ein Intriguenspiel, bis es end- lich dem Sohne des Tischlermeisters gelingt, durch in Betrieb- setzung einer rentablen Holzstofffabrik seinem Onkel aus der Klemme zu helfen, wofür er die Tochter des Fabrikanten am Schlusse als Gattin bekommt. — Die Frau des Tischler- meisters, eigentlich die größte Partie des Stückes, bleibt ohne Einfluß auf den Verlauf der Verhandlung' — sie sucht vier Akte hindurch ihre Schlüssel, und deren Tochter backt Krapfen, welche sie beinahe in jedem Akte einem jungen Doktor offerirt, der davon im Laufe des Stückes eine erstaunliche Menge consumirt; zum Schlusse bilden diese Beiden das zweite Paar. Man ersieht aus diesen Andeutungen, daß von Geistestiefe und Charakterzeichnung in dem Stücke wenig zu bemerken ist, und daß nur die Aufführung im Stande ist, demselben irgend einen Erfolg abzugewinnen. In dieser Hinsicht nun Herr waren die Darsteller nach Kräften bemüht. Netsch spielte den Tischlermeister und Frau Raul- Hoppé die Brigitte seine Frau als zwei lebenswahre Figuren — beide wußten über die Schwächen ihrer Par- tien mit Geschick hinwegzukommen. Herr Tragau hatte den Sohn der beiden, den guten Geist im Stücke, zu interpretiren was ihm theilweise gelang und Fräulein Kraus spielte das krapfenbackende Döchterchen — sie war eine anmuthig heitere, sympathische Mädchenfigur und zog sich ganz verdienstvoll aus der Affaire. Herr Pohler hatte sich mit der Partie des „Fabrikanten“ zumühen — er brachte der Kunst wahrlich ein Opfer neben ihm präsentirte sich Frau Netsch als dessen Gattin und Fräulein Dumont als Tochter, beide in Partien, welche vom Hause aus, jedes Effektes entbehren. Wir nennen noch Herrn Calm als Doktor Berger, Herrn Reisch als Oswald und Herrn Sommer als Wager, welche Herren ihre Partien nach aller Möglich- keit zur Geltung gebracht, und haben damit Alles, wenn nicht schon zu viel, über den gestrigen Theater-Abend er- zählt. Erwähnt sei noch, daß Herr Retsch ein Kouplet über stürmisches Verlangen wiederholen mußte.
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