Text na stránkách 1
Text:
Nr. 20.
Freitag den 23. Mai 1884.
VII. Jahrgang.
Monatl. Abonnement:
Tür Karlsbad .......—fl. 90 kr.
Einzelne Nummer 5 kr.
Karlsbader
Badeblatt.
Saison-Abonuement:
Redaktion und Administration
Zür Karlsbad
...... 4 fl. — kr.
im Hause „Zellevue“, Stefanspromenade.
Saison-Tagblatt.
Der Post, Inland6 fl. — kr.
Deutsches Reich12 Reichsmk.
Inserate
werden nur gegen Vorauszahlung angenomme.
und kostet die 4spaltige Petitzeile oder dere
Raum 6 kr. Pranumerationen und Inserat
werden in der Administration dieses Blatte.
und in der Leihbibliothek „3 Lämmer“,
Warkt, entgegengenommen.
(Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich.)
Herausgeber: Ernest Franieck.
Inserate übernehmen: Haasenstein & Vogler, Annoncenbureau in Wien, Prag, Hamburg, Lübeck, Berlin, Leipzig, Dresden, Breslau, Köln, Frankfurt a. M., Stuttgart,
Basel, St. Gallen, Zürich, Genf und Lausanne. Rudolf Mosse in Berlin, Breslau, Hamburg, Nürnberg, Wien, Prag, Frankfurt a. M., Leipzig, Stuttgart, Hallea. S.
München, Straßburg und Zürich. A. Oppelik, Wieu und G. L. Daube & Co., Frankfurt a. M.
4. Rhapsodie Nr. 1 von A. Hallen.
5. Symphonie A-moll, 4 Sätze von
6. Ouverture „Leonoré“ C-dur Nr. 3
Anfang 4 Uhr.
Mendelssohn.
von Beethoven.
Entrée 50 kr.
in langer beifälligst aufgenommener Rede die fried-
liche äußere Politik der Regierung und hob be-
sonders den friedlichen, Niemand bedrohenden
Charakter des Bündnisses mit den Central-Mächten
Badebulletin.
Nach der heute zur Ausgabe gelangenden Kurliste Nr. 86
sind bis zum 20. Mai 4975 Parteien mit 6369 Personen
zur Kur hier eingetroffen.
Von den Angekommenen des gestrigen Tages nennen wir:
Mr. Thomas F. Cock, Med. Dr. mit Gemalin aus New-
York,
Mrs. Mary S. Catlin a. New-York und
Mrs. Julia F. Huggins a. Glasgow. (König v. England)
Frau A. Huster, Rentiere aus Berlin.
(Kaiserhaus.)
Se. Exz. Herr Baron Karl von Scheel-Plessen, wirkl. Ge-
heimrath Sr. M. des Königs von Preußen mit
Tochter, Sohn und Nichte
Fräulein Math. von Hedemann aus Schleswig-Holstein.
(Königin von England.)
Herr Max Theodor Hayn, Senator mit Gemalin und
Tochter aus Hamburg.
(Austria.)
Herr L. C. Lorenzen, Kaufmann aus Hamburg.
(3 Lerchen.)
Prinz und Prinzessin Engen Lubomirski, Rentiers mit
Kindern aus Polen?
(Bernharth's Haus.)
Richard Zenner, Bankier aus Hanan.
Theodor A. Ricard, Wechselmakler a. Frankfurt a. M.
Paul Munk, Rentier aus Berlin.
(Etabl. Pupp)
Fouis Hirsch, Kaufmann aus Mannheim.
Marianne Hirsch Privatiere aus Mannheim.
Johann Fial, Fabrikant aus Wien.
Karl Baron Bagge, Rittergutsbesitzer aus Kurland.
Herr Hermann Kahn, Bankier mit Gem. a. Frankfurt a. M.
Frau Josefine Benes, Hotel- und Realitätenbesitzerin mit
Tochter aus Prag.
Herr Hugo von Wahl, Privatier a. Livland. (gold. Schild)
Herr
Frau
Herr
Herr
Vergnügungsanzeiger.
Café Posthof.
Symphonie-Konzert
der Kur-Kapelle.
unter Leitung des Musikdirektors A. Labitzky.
Programm.
1. Marche Militaire op. 51'v. Frz. Schubert.
2. Petite Snite dOrchestre (jenx'd'enfants) von G. Bizet.
3. Konzertino für Clarinette von Coenen.
Clarinette: Herr P. Klupp.
Herr
Herr
Herr
Stadtpark.
Heute Abends halb 8 Uhr:
Abend-Konzert der Kur-Kapelle.
Eutrée frei.
Stadttheater.
Gastspiel des Herrn Richard Korschen.
Der kleine Herzog.
Komische Operette in 3 Akten von H. Meilhac
Halevy. Musik von Charles Lecocq.
Herzog von Parthenay .....Frl. Ilma
Herzogin von Parthenay ...Frl. Mahr
De Montlandry ..
..... Herr Korschen a. G'
Frimousse
...... Herr Netsch!
Diane de Chateau-Lansac ..... Frau Raul
-Hoppe
Edelfräuleins, Pagen, Bäuerinnen.
Anfang halb 7 Uhr.
und L.
Telegramme
des Correspondenz-Bureau.
Wien, 22. Mai. Der Eisenbahn-Ausschuß
genehmigte die Verstaatlichung der Pilsen-Priesener
Bahn, sowie den österreichisch-sächsischen Staats-
Vertrag betreffs der Bahn-Anschlüsse und begann
die Berathung der Anträge des Sub-Comités in
der Nordbahnfrage.
London, 22. Mai. Gegenüber der Pall-
Mall-Gazette weiß „Times“ zu melden, daß be-
treffs der Sudan-Expedition bis jetzt keine Ent-
scheidung getroffen sei, obwohl ein dießbezüglicher
kriegsministerieller Plan der Regierung vorliegt.
Rom, 22. Mai. Anläßlich der Debatte über
das äußere Budget betonte Mancini im Senate
hervor.
Wien, 22. Mai. (Börse). Der heutige
Privatverkehr verblieb nur in kleinen Dimensionen;
positive Anhaltspunkte zur Besserung waren nicht
vorhanden; theilweise negativ wirkten die schwachen
pariser Abend-Course. Kreditaktien differirten zwischen
314.80 und 314.50, Tramway 222.50, Länder-
bank 107.50, ungarische Rente 91.95; sonstige
Effekten blieben still.
Politische Briefe.
Berlin, 21. Mai.
Fürst Bismarck hat sich ein großes Verdienst um die
Ruhe nicht bloß der deutschen Gesellschaft dadurch erworben,
daß er vor einigen Tagen in seinem Leiborgan erklären
ließ, was er unter „Recht auf Arbeit“ jener ominösen
am 9. Mat in der Debatte über das Sozialistengesetz aus-
gegebenen Parole verstanden wissen will. Es ist das in
dem vielleicht am wenigsten sozialistisch angekränkelten Lande
der Welt, in England, seit Jahrhunderten anerkannte Recht
auf das — Arbeitshaus. Nichts von einer Organisation
der Arbeit, von Nationalwerkstätten à la Louis Blanc, die
so kläglich Fiasko gemacht. Nichts von der Pflicht des
Staates, für das Unterkommen aller Arbeiter zu sorgen,
d. h. die ganze Produktion in die Hand zu nehmen, kurz
nichts von dem sozialistischen Staat, der nach meiner An-
sicht überhaupt unmöglich, zum mindesten auf längere Zeit
und gar für ein wie Deutschland zentral gelegenes Land
unmöglich und wenn möglich, keineswegs wünschenswerth
ist, gleichviel ob ein solcher sozialistischer Staat republika-
nisch oder monarchisch, demokratisch oder aristokratisch sein
würde. Es soll nur kein Mensch verhungern müssen,
es soll Jedem, der verschuldet oder unverschuldet keine Ar-
Ist die Zivilisation ein Segen?
Die oft schon und von den besten Männern
(wie z. B. Chamisso) aufgeworfene Frage, ob die
sogenannte „Civilisation“ für die damit „beglückten“
wilden Völker in vielen Fällen nicht eher ein Un-
segen als ein Segen sei, wird in einem anziehenden
Artikel der „Natur“ mit besonderer Anwendung
auf die polynesischen Inselbewohner, die Kanaken,
besprochen. Als Cook vor 100 Jahren nach den
Sandwich-Inseln kam, wurde die eingeborene Be-
völkerung auf 400.000 veranschlagt; heute beträgt
sie höchstens 40.000 — das ist der Segen der
Zivilisation; und für diese Dezimirung (im wört-
lichsten Sinne) müssen sich die Kanaken damit trö-
sten, daß sie jetzt in Kleidern gehen, keine Tänze
mehr aufführen und vom Könige bis zum gemeinen
Mann sich über Schreibtafel und Lesebuch be-
mühen, auch Kirchen und Gefängnisse, Gesetze, Ver-
fassung, Banken und Zollhäuser und Volkszählun-
gen haben.
Was ist nun die Ursache dieser furchtbaren
Abnahme der Bevölkerung? Darauf antwortet
Dr. Pontoppidon Folgendes:
Die Hawajanen haben niemals das Schwert
des weißen Mannes gefühlt; sie sind im Gegen-
theil immer selbst Herren im Lande gewesen und
die Weißen haben ihnen nicht mit Gewalt Land
oder Eigenthum genommen, sondern sie haben sich
den Zugang auf friedlichem Wege verschafft. Der
zweite Faktor, welcher als eine Hauptursache des
Aussterbens wilder Volksstämme angeführt wird,
nämlich das Feuerwasser, hat gleichfalls keine Schuld.
Die Missionäre haben von Anfang an völlige Ent-
haltsamkeit eingeführt, und sie haben nicht allein
die berauschenden Getränke der Weißen fernge-
halten, sondern auch für einen großen Theil den
Genuß des nationalen Trankes Ava eingeschränkt.
Es ist unter hohen Strafen verboten, irgend einem
Kanaken Trinkwaaren zu geben, und wenn man
ihn nur mit einem Glase Bier traktirt, so kostet
dies 500 Dollars. Außerhalb Honolulus ist es
schwierig und an manchen Stellen selbst für einen
Fremden unmöglich, etwas zu bekommen, das
stärker als Thee ist, und bekommt man Spirituosen,
so sind sie, des hohen Zolles wegen, unerschwinglich
theuer.
Von größerer Bedeutung für die Sterblichkeit
sind sicher die ansteckenden Krankheiten, welche die
Einwanderer in das Land gebracht haben. Auf
den Fidji-Inseln starb unter Anderem vor einigen
Jahren ein Dritttheil der Bevölkerung an den Ma-
sern. Aber selbst dies ist nicht im Stande, den
gewaltigen Niedergang in der Zahl der Kanaken
während der letzten Jahre zu erklären, und zwar
in einem gesunden Klima und bei einer Race, deren
Reste fortfahren, sich als gesunde, starke Individuen
zu zeigen, oft wahre Riesengestalten, an deren Seite
wir Europäer uns wie bleiche, schwächliche Männ-
lein ausnehmen. Die Einführung der Kleidertracht
hat ohne Zweifel einen unglücklichen Einfluß auf
den Gesundheitszustand der Kanaken ausgeübt.
Früher bestand die tägliche Toilette zum größten
Theile in dem Einreiben mit Kokosnußöl; dann
befahlen die Missionäre aus einem mißverstandenen
Anstandsgefühl eine Kleidertracht, welche in Bezug
auf die Weiber aus einem einzelnen sackartigen
Kleidungsstücke besteht, und zwar in Form eines
Nachtrockes. Die ersten Missionär-Frauen, denen
man dieses Monstrum verdankt, müssen einen sehr
schlechten Geschmack gehabt haben. Doch ist mein
Raisonnement nicht dasselbe, wie dasjenige Mark
Twains, der an einer Stelle sagt, daß, als er nach
den Sandwich-Inseln gekommen, er es ausgezeichnet
gut verstanden habe, weshalb die Kanaken aus-
sterben, denn wenn eine Kanak-Dame sich selbst im
Spiegel erblicke, in dieses „Missionary nightgown“
gekleidet, dann müsse sie absolut einen solchen Wider-
Fenilleton.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1884-05-23-n20_0445.jp2