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den konnte nur der Herr Polizeirath erledigen,
doch dieser — feierte wie alle Andern und ließ
sich darin natürlich nicht gern stören, was man
ihm eigentlich auch nicht verdenken kann. — Nun
sollte man meinen, Ernst wäre untröstlich ge-
wesen. — Aber nein: er fand sich in sein Schicksal
wie ein Mann und schlief sogar nach verhältnis-
mäßig kurzer Zeit den Schlaf des Gerechten.
In derselben Zeit ging es im Salon des
Großkaufmanns und Stadtältesten Richthaus
lustig her. Ein lukullisches Nachtmahl hatte die
Verwandten und Freunde der Familie vereinigt
und der goldige Wein zauberte blühende Rosen
auf die Wagen der fröhlichen Gesichter. Jugend
und Freude, Schönheit und Anmuth, vereinigten
sich zu einem schönen Kranze, dessen Glanz auch
die Augen der älteren Herren und Damen ver-
klärte und sie förmlich verjüngte. Die Tafel war
aufgehoben, summendes Geräusch, ein fröhliches
Durcheinander plaudernder und lachender Stimmen
erfüllte die Räume. Allmählich aber ward es still:
Fräulein Julie, die Königin des Abends, hatte
sich an das Klavier gesetzt und sang:
„Ob ich Dich liebe, frage die Sterne“
entschwebte es mit weichem, innigen Klange ihren
Lippen und die Saiten des Instruments schienen
es nachzufühlen, was Julie sang.
Ach, wie sie dasaß, die holde Mädchengestalt
in dem einfachen weißen Kleide, eine Rose in
dem goldblonden Gelock, Rosen auf den zarten
Wangen, wie ihre Blicke dann wie suchend umher
irrten und dann auf Karl haften blieben, da
hielt es ihn nicht länger, er eilte hinaus in ein
entlegenes, matt erleuchtetes Gemach und blickte
durchs Fenster, empor zum klaren blauen Himmel,
an welchem die Sterne glitzerten und funkelten
wie die Augensterne der Einzigen, die ihm ver-
loren war.
„Frage die Sterne!“ Ja, was sollte er noch
fragen, sie gaben ihm ja doch nur eine trübe,
trostlose Antwort. Er öffnete die Lider gewaltsam
und weit, um die Thränen nicht hervorbrechen
zu lassen, die langsam empor steigen wollten.
Thränen! Er, ein Mann, ein Arzt und Thränen,
opfui! Er seufzte tief, und drückte das Taschentuch
energisch auf die Augen. Dann hustete er und
eilte festen Schritts zurück in den Salon. Wie
heiter sie war, sie strahlte vor Schönheit und
Glück! Ja sie hatte es leicht, glücklich zu sein,
während er — o! Er hätte doch lieber nicht
der Einladung folgen sollen, die Last war zu
schwer für seine Kraft. Jetzt erhob sich Julie.
Den lauten Beifall wehrend kam sie direkt auf
ihn zu, wollte sie ihn anreden? Nur das nicht,
jetzt, wo ihn das Lied so mächtig ergriffen hatte,
wo er seiner Gefühle nicht mächtig war, jetzt
durfte er ihr nicht gegenüber treten. Er wollte
fliehen, doch es war zu spät, sein Fuß war wie
gebannt und jetzt hörte er auch schon den bestrickenden
Klang ihrer süßen Stimme.
„Wo ist ihr Freund, Doktor?“ sagte sie,
„ich finde es sonst beleidigend, daß er sich nicht
sehen läßt, trotzdem er zu kommen fest versprochen
hatte.“
Ja wahrhaftig, wo war denn Haase? Erst
jetzt fiel es ihm ein, daß gerade er, der die erste
Veranlassung hatte, pünktlich zu erscheinen, noch
immer fehlte.
„In der That, mein gnädiges Fräulein, es
befremdet mich in hohem Grade, ihn nicht hier
zu sehen. Er hatte es mir zugesagt, erst heute
Abend versprach er es.“
„Ah,“ machte Fräulein Julie, „das ist in der
That wunderbar. Nun, der Herr Referendar
hat wahrscheinlich einen guten Freund gefunden
und kommt später, heute machen wir ja die
Nacht zum Tage.“
Wie leicht sie das hinwarf! Wenn ihr das
Fernbleiben des Geliebten nicht näher ging, dann
konnte die Liebe nicht so groß sein, dann —
dann ... Ja was dann! In Karls Brust
stürmten die widersprechendsten Gefühle gegen
einander, seine Gedanken wirbelten ihm wie toll
geworden im Kopfe herum und heiß brannte
die Stirn.
„Sollten Sie wirklich nicht wissen, wo unser
alter Freund stecken könnte?“ fragte der Apotheker
den jungen Mann und kniff die Augen zusammen.
„In der That, ich weiß es nicht,“ brachte.
Karl mühsam hervor, „wie sollte ich?“
„Hm,“ sagte der Apotheker, „es kam mir nur
so in den Sinn, weil ich bemerkt zu haben glaube,
daß der Herr Referendar mit einer gewissen
Dame vor zirka zwei Stunden an mir vorüberging
und so vertieft war, daß er selbst für mich keinen
Blick hatte.“
„Schändlich!“ rief Papa Richthaus und die
ganze Gesellschaft stimmte ein fröhliches Gelächter
an, von welchem sich sogar Julie nicht ausschloß.
Karl glaubte zu träumen, er traute seinen
fünf Sinnen nicht mehr. War etwa sein Freund
toll geworden, oder war er selbst es, oder gar
die ganze Gesellschaft? Hastig stürzte er ein
Glas Portwein hinunter, gewissermaßen um sich
zu befestigen und seine fiebernden Nerven zu be-
schwichtigen. Irgend etwas war hier nicht in
Ordnung und er wollte der Sache auf den
Grund gehen.
Julie hatte sich dem Kreise ihrer Freundinnen
zugewendet und scherzte und lachte mit ihnen.
Plötzlich öffnete sich die Thür, — ein neuer,
verspäteter Gast erschien, der Regierungsbaumeister
Leutke. Er begrüßte die Damen, küßte der
Tochter des Hauses die Haud und entschuldigte
sich bei ihr und ihren Eltern wegen seines späten
Erscheinens, welches er mit dienstlichen Abhaltungen
motovierte. Dann trat er unauffällig an Flemming
heran und flüsterte ihm einige Worte in's Ohr,
Flemming entfärbte sich.
„Nicht möglich“, rief er, „verhaftet! Aber
weshalb den? Was liegt denn vor?“
Der Baumeister berichtete, was er von anderen
gehört, der Referendar sei in einem Streit mit
einigen jungen Leuten gerathen und mit diesen
zum Polizei-Gewahrsam gebracht worden. Er
habe bereits versucht, ihn zu befreien, der
Versuch sei jedoch mißglückt, vor übermorgen sei
die Freilassung des Aermsten nicht zu erwarten.
Der Doktor bat, die Sache nicht weiter zu
erzählen und drängte sich in einem passenden
Augenblick an Julie mit der Bitte, ihm auf zwei
Minuten in das Nebenzimmer zu folgen, da er
ihr eine geheime, wichtige Mittheilung zu machen
habe. Julie erröthete und schlug die Augen nieder.
Aber da sie sich momentan unbeobachtet glaubte,
entzog sie sich der Gesellschaft und ließ sich in
einer Nische von Blattgewächsen am Fenster des
bezeichneten Nebengemaches nieder. Kurz darauf
trat auch Karl dort ein, und näherte sich der
Geliebten mit mannigfaltigsten Gefühlen.
(Fortsetzung folgt.)
Humoristisches.
Höhere Botanik. Backfisch (eine Butterblume
pflückend): „Wie lehrreich doch so ein bischen
Botanisiren ist. Nun weiß ich doch wenigstens,
wie die Blume aussieht, von der die Butter
gemacht wird.“
Auf Flügeln der Liebe. Telegramm: „Innigst-
geliebte! Auf Flügeln der Liebe eile ich zu dir!
Komme morgen mit dem Bummelzug dort an.
Eduard.“
Aus der Instruktionsstunde. Unteroffizier:
„Ihr dürft nie von hinten an ein Pferd heran-
treten, ohne zu sprechen. Das Pferd erschrickt
sonst und haut euch gegen eure Dickschädel und
dann hätten wir in der ganzen Schwadron nur
noch lahme Gäul'!“
Trost. Und wär' eine alte Jungfer noch so
alt, so wird sie doch, sobald sie heirathet, eine
junge Frau.
Drohung. Schmutziger Bettler (zum Haus-
herrn): „Wenn S' mir nix schenken, dann lehn'
ich mich a paar Stund' an ihr frisch angestrichenes
Haus!
Eine nette Gemeinde. Bischof:
... Und
warum hätten Sie Ihren Herrn Pfarrer gern
aus der Gemeinde weg?“ Führer der Deputation:
„Er ist uns doch gar zu wenig sanft; denken
sich Euer bischöfliche Gnaden: In zwei Jahren
hat er schon drei Kanzeln durchgestampft!“
Eingesendet.
Amtszengnis!
Vom k. k. Kreisgerichte Eger wird nach An-
hörung der k. k. Staatsanwaltschaft dem Franz
Döllner, Bäckergesellen in Kleinschüttüber, über
dessen Ansuchen de præs. 28. November 1892
Z. 11.917 Stf. hiermit das Amtszeugnis darüber
ertheilt, daß zur weiteren gerichtlichen Verfolgung
gegen ihn wegen des am 5. September 1892 an
Johann Mühlbach in Asch verübten Diebstahles
kein Grund vorhanden ist.
Aufforderung.
Im Monate Januar 1893 sind die Nach-
weise der nach § 34 des Wehrgesetzes in die
Erſatzreserve übersetzten Mannschaft, sowie der nach
§ 60 der Wehr-Vorschriften I. Theil für die
Dauer des Friedens Beurlaubten, über den
unveränderten Fortbestand der die Begünstigung
begründenden Verhältnisse, bei Androhung der Ab-
erkennung beizubringen, u. zw.:
Johann Ernst Müller, geb. 1869, Niederreuth,
Louis Wölfel, geb. 1869, Neuberg,
Michael Müller, geb. 1859, Roßbach,
Georg Adam Zimmermann, geb. 1868, Rommers-
Gustav Grüner, geb. 1868, Roßbach, freuth,
Johann Ludwig, geb. 1868, Neuberg,
Hermann Wolfram, geb. 1867, Neuberg,
Johann Biedermann, geb. 1869, Rommersreuth,
Johann Christ. Schmutzler, geb. 1867, Roßbach,
Johann Frey, geb. 1869, Rommersreuth,
Josef Andrasek, geb. 1869, Neuberg,
Johann Eduard Mayer, geb. 1869, Haslau,
Josef Deistler, geb. 1869, Hirschfeld,
Christian Voit, geb. 1870, Asch,
Sebastian Goldschald, geb. 1872, Halbgebäu,
Ernst Schmidt, geb. 1870, Asch,“
Christian Lahm, geb. 1869, Asch,
Johann Baier, geb. 1871, Rommersreuth,
Gustav Karl Wunderlich, geb. 1871, Roßbach.
Asch, am 17. Dezember 1892.
Der k. k. Bezirkshauptmann: Tittmann.
Kundmachung.
Laut Mittheilung des kgl. bayr. Bezirksamtes
in Rehau ist wegen Ausbruches der Maul- und
Klauenseuche in den Stallungen der Kuhhändler
Peter Hager und Johann Hertel in Rehau die
Gehöftssperre verfügt worden, was hiermit all-
gemein verlautbart wird.
Asch, am 19. Dezember 1892.
Der k. k. Bezirkshauptmann: Tittmann.
Danksagung.
Herr Hermann Gottlieb Künzel, Bäckermeister
in Asch hat dem Fonde zur Errichtung eines
Waisen- und Asylhauses in Asch 10 fl., dem
Fonde zur Errichtung einer Kinderbewahranstalt
10 fl. und dem Armenunterstützungsvereine 5 fl.,
zusammen 25 fl. gespendet, wofür hierdurch
bestens gedankt wird.
Stadtrath Asch, am 19. Dezember 1892.
Der Bürgermeister: Emil Schindler.
Effekten- u. Wechsel-Kourse
an der k. k. öffentlichen Börse in Wien am
20.
19.
Dezember:
17.
97.85
97.8597.95
Staatsschuld in Noten
97.45
Staatsschuld in Silber
97.40
97.45
Goldrente
116.15
116.25
116.15
100.50
5 ,0 Märzrente
100.65
100.45
980. —
Bankaktien
978.
979.=
Kreditaktien
316. —
315.25
315. —
London
120.05 120.16 120.10
Napoleonsdor
79.57
9.571/29.57
K. k. Münz-Dukaten
5.685.68
100 Mark
59.021/2 59.0559.071/2
Leipziger Börse, 20. Dez ember. Oesterreichische
Bank- und Staatsnoten 169.50.
Wirn:
Lotto-Ziehung.
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K. k. Kreisgericht Eger, den 6. Dez. 1892.
Der k. k. Kreisgerichtspräsident:
Englisch m. p.
Harlaß m. p.
Název souboru:
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