Text na stránkách 4
Text:
10.000 Volt, wodurch er in dem Bruchtheil
einer Sekunde getödtet wird.
Die Stundenzählung von 024. Die Pa-
riser Sternwarte hat bekannt gegeben, daß sie
seit Neujahr die Stundenzählung von Mitter-
nacht bis Mitternacht, also von 024, als offi-
ciell betrachtet. Das Publikum wird eingeladen
sich dieser Neuerung zu bequemen.
— Große Heiterkeit erweckte es im Städte-
wahlbezirke Hohenelbe-Arnau, als das jüdisch-
liberale „Trautenauer Wochenblatt“ einen Be-
richt über die Wahlbewegung brachte, in wel-
chem es mittheilte, daß dem deutschvölki-
schen Wahlwerber Stein ein „ebenso geist-
reicher wie mächtiger“ Gegner entstanden
ist, und von den besten Aussichten desselben
sprach. Dieser „geistreiche und mächtige“
Wahlwerber war der Fleischhauermeister J.
Walsch in Arnau. Wie mächtig dieser Geg-
ner und seine Anhänger waren, geht aus dem
Wahlergebnisse hervor. Der deutschvölkische
Bewerber Stein erhielt von 431 abgegebenen
Stimmem 420, 5 Stimmen wurden leer abge-
geben, 4 Stimmen waren zersplittert und der
„geistreiche und mächtige“ Gegenbewerber Walsch,
der sich seinen Wählern u. a. auch als „guter
Oesterreicher“ vorstellte erhielt wohlgezählte
2 Stimmen!
Eine romantische Liebesaffaire hat in Wands-
beck einen traurigen Abschluß gefunden. Dort
hat der frühere holländische Marineoffizier v.
H. durch einen Revolverschuß seinem Leben ein
vorzeitiges Ende bereitet. Die Liebe zu einer
bildschönen Schauspielerin, welche er später als
Gattin heimführte, war zunächst die Ursache,
daß, der junge Mann seine militärische Lauf-
bahn aufgeben mußte, und diese Liebe brachte
ihn noch mit seiner Familie in Zerwürfnis.
Dann gieng er mit seiner Frau nach Deutsch-
land und nach einer Kette von Enttäuschungen
kamen Beide vor einigen Jahren nach Hamburg,
wo v. H. endlich als Straßenbahnschaffner eine
Anstellung fand. In dieser Stellung zeichnete
sich der frühere Offizier durch ein entgegen-
kommendes und freundliches Benehmen bei den
Fahrgästen und im Kreise seiner Collegen aus
und erwarb sich auf den Barmbecker und Wands-
becker Linien, auf denen er als Schaffner thätig
war, viele Freunde. Vor kurzem mußte von
H. seinen Dienst quittieren und wurde Acquisi-
teur für eine Hamburger Versicherungsgesellschaft.
Als solcher hatte er aber nur ganz geringe Ein-
künfte, so daß er mit der jungen Frau Nah-
rungssorgen durchkosten mußte. Schließlich
drückte ihm Verzweiflung den Revolver in die
Hand und er machte mit einem wohlgezielten
Schuß seinem Leben ein Ende.
Eine Sübelpistole. Von einer neuen „Säbel-
pistole“ genannten Waffe gibt die französische
Zeitschrift „Armee en Marine“ folgende Be-
schreibung: Diese Waffe ist so eingerichtet, daß
bei jedem Stoße eine Kugel abgeschossen wird.
Ein einfacher Rückschlag der Klinge um 2 Milli-
meter genügt, um das Abfeuern des Schusses
herbeizuführen. Man denkt, auf diese Weise
das Eingreifen der Cavallerie wirksamer zu
gestalten, als es augenblicklich ist, besonders
wenn sie gegen feindliche Cavallerie zu kämpfen
hat. Die Säbelpistole ist besonders geeignet,
die Panzer zu durchbohren und wird somit die
leichte Reiterei in Stand setzen, gegen Kürassiere
anzukämpfen. Die mit der neuen Waffe ausge-
rüsteten Cavalleristen werden, da sie wissen,
daß es hinreichend ist, den Gegner, wenn auch
noch so leicht zu berühren, sich an diese Angriffs-
weise, die einzige wirklich wirksame, halten.
Die Säbelpistole ist schwerer als der gewöhn-
liche Säbel; aber dieser Gewichtsüberschuß
kommt nur auf die Hand und übersteigt kaum
ein Drittel des Gesammtgewichtes des jetzigen
Cavallerie-Säbels. Die nicht geladene Waffe
kann natürlich wie ein einfacher Säbel ver-
wendet werden.
Muttermord. Aus Kaschau wird berichtet:
Am Sylvestertage kam der Handwerksbursche
Josef Franko nach Kaschau und lud seine Mutter
ein, den Sylvesterabend und den Neujahrstag in
seinem Dorfe zu verbringen. Die Frau nahm
einige Effecten, sowie ihre Ersparnisse von 5
Gulden mit sich. Auf der Landstraße packte der
Sohn die Mutter und forderte das Geld von
ihr. Als sie sich weigerte, würgte er sie so
lange, bis sie leblos zusammenstürzte. Dann
warf er den Leichnam in den Straßengraben
und entfloh.
Eine schwere Blutthat wird aus dem Havel-
städtchen Werder gemeldet. Dort hat ein bisher
unbekannt gebliebener Mann, welcher mit Frau
und Kind sich in der letzten Nacht bei dem
Gastwirt Jacob einlogiert hatte, diese beiden er-
drosselt. Die Frau steht Anfang der Zwanziger,
das Kind mag 14 Tage alt sein. Der Doppel-
mord wurde entdeckt, als das Dienstmädchen das
Zimmer betrat. Der Thäter ist flüchtig.
Eine Fürstung. Der Deutsche Botschafter
in Oesterreich Graf zu Eulenburg wurde
vom Deutschen Kaiser gefürstet und heißt jetzt
„Durchlaucht Fürst zu Fulenburg.“
Massenhafter Schneefall wird aus dem baye-
rischen Wald gemeldet. Der Schnee liegt über
drei Meter hoch und geht bis an die Hausdächer,
so daß die Bewohner sich unter der Schneedecke
durcharbeiten müssen, um den gegenseitigen Ver-
kehr herzustellen. Die mit Schnee dichtbe-
hangenen Wälder haben ein wunderbares Aus-
sehen. Das Wild leidet sehr.
Das Prager „Montagsblatt“ des Oskar
Kuh brachte in der Neujahrsnummer eine belle-
tristische Beilage mit Originalbeiträgen von
Friedr. Adler, Josef Adolf Bondy, Emil
Faktor, Fidus, Alfr. Guth. Dr. Holzner
Letti, Hugo Salus, Heinr. Teweles und
Oscar Wiener. Das sind die Prager „deut-
schen“ Schriftsteller.
Neueinführung und Verbesserung von Zugs-
erbindngen. In der letzten Sitzung des Staats-
eisenbahnrathes wurden unter anderem folgende
Anträge von Neueinführungen und Verbesserungen
von Zugsverbindungen gestellt: Fortsetzung
des Abend-Personenzuges der Buschtehrader
Bahn von Karlsbad bis Eger; Veranlassung
daß im Sommer der Schnellzug Nr. 5/205
der Strecke Wien — Gmünd — Prag in der
Station Gmünd den unmittelbaren Anschluß
an einen auf der Strecke Gmünd — Pilsen
— Eger — neu einzuführenden Schnellzug
findet, und daß dieser Zug zeitlich Morgens
auch als Schnellzug von Eger nach Gmünd
derart abgelassen wird, um in Gmünd an den
Schnellzug Nr. 204/104 (Prag — Gmünd —
Wien) Anschluß zu finden.
Die Schule der Armut.
Roman von Arthur Zapp.
(Fortsetzung.)
Auch zwischen den Söhnen, den beiden jungen
Offizieren, schien sich mehr und mehr ein freund-
schaftliches Verhältnis anzubahnen, was, da Ger-
hard von Hauenthal bereits Premierleutnant
war, für den jüngeren Helmuth Jawer nur von
Nutzen sein konnte. Leutnant von Hauenthal
erschien auch ein paarmal in der Begleitung
seines Kameraden im Hause des Rentiers und
verschmähte es nicht, gelegentlich an dem Abend-
brot der Familie, das dann natürlich einen
opulenteren Anstrich erhielt als gewöhnlich, teil-
zunehmen.
Um die Bande zwischen seiner Familie und
den beiden Herren von Hauenthal noch fester
zu knüpfen, hielt Franz Jawer es für angezeigt,
eine große Abendgesellschaft zu geben. Leider
war der Verkehrskreis der Familie Jawer nur
ein sehr beschränkter; mit den früheren Feunden
und Bekannten hatte man, seit Helmuth Offizier
geworden, den Verkehr nach und nach einge-
stellt und von den vornehmen Familien der
Stadt sahen viele den ehemaligen Maurermei-
ster immer noch über die Achsel an Aber es
war Franz Jawer doch gelungen, zu einem
jungen Amtsrichter, einem Arzt und dem Post-
direktor, einem Offizier a. D., in gesellschaftliche
Beziehungen zu treten. Von seinen Verwandten
hatte der Rentier niemand geladen, sonst war
wenigstens sein Neffe, der Bauführer Fritz Ja-
wer bei allen gesellschaftlichen Veranstaltungen
im Hause ein regelmäßiger Gast gewesen.
Diesmal würde der junge Mann, der den kühnen
ehrgeizigen Plan gehegt hatte, Franz Jawers
Schwiegersohn zu werden, sicherlich keine Ein-
ladung erhalten haben, selbst wenn er noch in
der Lage gewesen wäre, ihr Folge leisten zu
können. Aber Fritz Jawer weilte nicht mehr
in der Stadt. Seit der Rentier seinen Wün-
schen und Hoffen ein schroffes „nein“ entgegen-
gengesetzt, hatte der junge Mann seine Stellung
aufgegeben und war nach Berlin übersiedelt, um
in der Ferne die ihm wiederfahrene bittre Ent-
täuschung zu überwinden.
Den Hauptglanz des Abends strahlte die
Anwesenheit des Forstmeisters und seines Sohnes
auf den im Stillen hochbeglückten Gastgeber
aus. Natürlich hatte der alte Baron den Ehren-
platz neben der Hausfrau inne, während der
Premierlieutenant Dora zu Tisch hatte führen
dürfen. Freilich, seine Bemühungen, sich als
gewandter, unterhaltender Gesellschafter zu er-
weisen, fanden bei Dora wenig dankbare Aner-
kennung. Ihr Teint zeigte nicht die rosige
Frische wie sonst und über ihre sonst so klar
und freundlich blickenden Augen lag es wie ein
trübender Schleier. Und so sehr auch Lieutenant
von Hauenthal sich in drolligen Scherzen aus
dem Soldatenleben erschöpfte, ihn lohnte kein
aus dem Innern hervorquellendes, fröhliches
Lachen, sondern nur ein höfliches, äußerliches
Verzerren der Mundwinkel.
Von desto innigerer Genugthuung und Zu-
friedenheit fühlte sich Franz Jawer durchdrungen.
Der Appetit und die frohe Taune der Gäste ließ
nichts zu wünschen übrig und das Menu, das
in der Küche des ersten Hotels der Stadt auf-
gestellt und zur Ausführung gebracht worden
war, fand allgemeine Anerkennung. Ja, Baron
Hauenthal versetzte dem Gastgeber, als die Tafel
aufgehoben worden war, einen jovial-freund-
schaftlichen Schlag auf die Schulter, während
er bemerkte: „Mein Kompliment, lieber Herr
Jawer. Ihre Tafel und Ihr Weinkeller sind
über alles Lob erhaben. Ich habe nur einmal
in meinem Leben besser gespeist, als ich mich
gelegentlich
meiner Beförderung zum Forstmeister
bei seiner Excellenz dem Herrn Minister vor-
stellte und von ihm zur Tafel gezogen wurde.“
Und dann steckte er vertraulich seinen Arm
unter den des Gastgebers und ging so, Arm in
Arm, mit ihm in das Nebenzimmer, in dem
Cigarren bereit standen und Spieltische für die
alten Herren aufgestellt waren, während für das
junge Volk in dem Eßzimmer rasch Raum zum
Tanzen geschaffen wurde.
Kurz vor dem Aufbruch der Gesellschaft
nahm der Forstmeister Franz Jawer beiseite.
„Lieber Freund Jawer“, sagte Baron von
Hauenthal mit seiner liebenswürdigen, gewin-
nenden Weise, „gestatten Sie mir eine Frage
„Wann kann ich Sie einmal ungestört sprechen??
Ich meine unter vier Augen, gewissermaßen
geschäftlich.“
„Franz Jawer, ohnehin in weinfroher Stim-
mung, war ganz Entzücken. Die Anrede, mein
lieber Freund, mit der ihn der Baron zum
ersten Male beehrte, rührte ihn fast zu Thränen.
„Herr Baron haben nur zu befehlen,“ beeilte
er sich zu versichern. „Ich stehe Ihnen jeder-
zeit gern zur Verfügung.“
Der Forstmeister klopfte dem vor ihm
Dienernden wohlwollend auf die Schulter.
„Ich danke Ihnen, lieber Freund. Also
sagen wir morgen nachmittag fünf Uhr. Paßt
Ihnen das?“
„Gewiß, Herr Baron. Ich sehe Ihrem Be-
suche mit Freuden entgegen .
Franz Jawer erwachte am anderen Vormit-
tag mit schwerem Kopf. Er hatte sich im Essen
und Trinken wieder einmal übernommen. Das
erging ihm seit einiger Zeit immer so nach jeder
größeren Tafelei. Daß sein Magen auch gar
nichts Schweres mehr vertrug! Bis gegen
Mittag hin lag der Stöhnende und Seufzende
im Bett. Frau Hulda hatte alle Hände voll
zu thun, um die Wünsche des Klagenden zu be-
friedigen. Bald verlangte er Umschläge um den
Kopf, bald wieder mußte sie ihm eine Tasse
Kamillenthee aufbrühen. Zuletzt erhob er
sich endlich und Frau Hulda mußte ihn auf
einen Spaziergang begleiten, durch den er seinen
Zustand zu lindern hoffte. Aber die Wirkung
schien nicht die erwünschte, denn dem Mittagessen
sprach der Uebellaunige fast gar nicht zu und
nach Tisch-streckte er sich sogleich im bequemen
Schlafrock auf das Sopha, um von neuem zu
ruhen. Aber als die fünfte Stunde herankam,
sprang er plötzlich lebhaft und elastisch auf.
Das hätte er beinahe vergessen: Der Herr
Baron von Hauenthal hatte sich ja angemeldet.
Unwohlsein und Uebellaunigkeit war mit
einemmale vergessen. In voller Eile machte
Franz Jawer von neuem sorgfältig Toilette.
Dann erteilte er den Seinen allerlei Verhaltungs-
maßregeln. Das Mädchen sollte den Herrn
Baron sogleich in sein Arbeitszimmer führen
und daß niemand sich unterstehen würde, ihn
und den Baron in ihrer Unterredung zu stören.
Erst wenn der Herr Forstmeister selbst den
Název souboru:
soap-ch_knihovna_ascher-zeitung-1900-01-09-n4_0170.jp2