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Extra-Beilage des »Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt« Nr. 221. Bericht in den Stadtrath des Stadtbaudirectors Herrn Ed. Oertl zum Projecte einer electrischen Bahn in Verbindung mit der Ausführung der Hochwasserschutzthalsperren im Teplgebiete. Unter Bezugnahme auf den bauämtlichen Bericht de präs. 9. Mai 1899 Z. 6434 über die eingelaufenen Offerte, betreffend die eventuelle Errichtung einer electrischen Stadtbahn vom Rennplatze zum Central- bahnhofe und von da durch die Stadt bis zum Kaiserpark mit theil- weiser Benützung von Tepelflussgrund, erlaubt sich der Gefertigte, auf Basis der sub Z. 9275 und 9335 ex 1899 eingelaufenen Offerter- gänzungen der beiden noch in Betracht kommenden Offerenten: a) Consortium Baurath Stummer, Thomas, Wien; Oerlikon, Zürich und b) Actiengesellschaft »Electra« in Dresden neuerlich Bericht zu erstatten. Der Gefertigte hat im Berichte Z. 16.976 vom 26. November 1897, durch welchen der Antrag gestellt wurde, das von Herrn Civilingenieur Müller nach Lösung der Collissionsfragen mit den Eisenbahnen Marienbad- Karlsbad und Rakonitz-Petschau fertiggestellte »Project des Hoch- wasserschutzes von Karlsbad durch Thalsperren« der h. k. k. Statthalterei vorzulegen, was nach der beantragten Ergänzung durch eine neunte Thalsperre ober dem Aicher Gelenk mit der Eingabe Z. 8189 vom 25. Juni 1898 geschah, darauf hingewiesen, dass durch das Hochwasserschutzproject ermöglicht werden sollte, einen Theil des Teplgerinnes im Stadtinnern zu Communications- zwecken ausnützbar zu machen. Es wurde hiebei noch Folgendes gesagt: »Denkt man überhaupt daran, Karlsbad einmal ein mo- derneres locales Verkehrsmittel zu geben, als es eine»Omnibus- Tramway« ist, und berücksichtigt man, dass eine Zeit kommen kann, wo der gewöhnliche Strassenverkehr sich mit dem Stadtbahnverkehr zusammen auf dem vorhandenen Strassen- grunde nicht mehr wird abwickeln lassen, so muss man einen Theil des Teplbettes zu diesen Verkehrszwecken heranziehbar gestalten, z. B. in Form eines für den Stadtbahnverkehr dienenden, überwölbten Theils des Teplflusses, anschliessend an die rechtsufrigen Quaimauern, mit einer die Höhe der Steg- und Brückenoberflächen verbindenden, über dem Strassen- niveau etwas erhobenen Bahnnivellette und entsprechenden, zwischen den Brücken anzulegenden Halte- respective Aus- weichstellen etc.« Diese Erwägungen bestimmten den Stadtrath in erster Reihe zu der sub. Z. 16.976 ex. 1897 beantragten Hochwasserschutzprojects- Completirung und nachdem sich im Jahre 1898 Interessenten meldeten, welche die Ausführung des electrischen Stadtbahnprojectes auf vor- stehender Basis in's Auge fassten, auch zur Ventilirung der Stadtbahn- frage in diesem Sinne durch die Offerteinladung vom 20. October 1898, Z. 13.271, welche in Abschrift diesem Berichte beiliegt und deren Hauptpunkt in der Bedingung zu finden ist, dass sich die Offerenten vor Allem bereit zu erklären hatten, zu den von Civilingenieur Müller mit 781.021 fl. 42 kr. ö. W. berechneten Kosten der neun Thalsperren einen Betrag von 250.000 fl. ö. W. à fond perdu an die Stadtgemeinde beizutragen, welcher ausreichend wäre, die zwei am dringlichsten er- scheinenden Thalsperren in dem der Stadt am nächstliegenden, steil abfallenden und deshalb gefährlichsten Thale des Lomnitzbaches ehe- baldigst zu errichten, deren wasserzurückhaltende Wirkung allein die Profilsverminderung des Teplflusses im Stadtinnern bei normalen Hochwässern weitaus aufwiegt, da die Lomnitzbach-Thalsperren ein Viertel des gesammten Niederschlagsgebietes in Schach halten. Da die Ventilirung der Frage des Hochwasserschutzes durch einen Ableitungstunnel seitens des St.-V.-C. seinerzeit wegen eventueller Ge- fährdung der Heilquellen negirt wurde — trotzdem die Sohle eines solchen Tunnels unterhalb Ziegelhütten gegen Hansheiling zur Eger, um etwa 50 Meter an der Tepl und um etwa 20 Meter an der Eger höher liegt als der Sprudelausfluss in Karlsbad, — da weiters durch die inzwischen erfolgte, ziemlich tiefe Anlage des Centralbahnhofes und die wasserrechtlichen Fragen in der Egerstrecke Hansheilig-Teplmündung dieser alternative Hochwasserschutz jetzt fast unmöglich geworden ist, so gehört es wohl zu den dringendsten Pflichten der Stadt- vertretung, das Hochwasserschutzproject mittelst Retensions- Thalsperren ehebaldigst der Verwirklichung zuzuführen. Man kann sich nicht dabei beruhigen, dass im Jahre 1890 der Hochwasserkatastrophe direct kein Menschenleben zum Opfer gefallen ist, — dass nur Werte zu Grunde gingen — und dass durch die Consequenzen dieser Katastrophe Stadtregulirungen leichter durchgeführt werden konnten, als unter normalen Verhältnissen. Gott bewahre uns vor einer Wiederholung eines solchen Ereignisses in irgend einer Nacht, oder auch nur an einem Tage der Haûtesaison bei der grossen Zahl kranker, ängstlicher Kurgäste, bei den in Inun- dationsgebiete angehäuften Werten! Jeder Karlsbader muss es bedauern, dass die Projectsarbeit des Hochwasserschutzes auf so viele, erst durch lange Verhandlungen und Abänderungen, sowie Ergänzungen beseitigbare Schwierigkeiten gestossen ist und nur wünschen, dass sich das Project — mindestens in seinen wichtigsten Theilen — so bald als möglich realisiren möge! Der Stadtrath und die Stadtvertretung werden daher im Bewusst- sein der moralischen Verantwortlichkeit gewiss nicht zögern, die Re- alisirbarkeit des Hochwasserschutzes durch Beschlüsse zu fördern, die dieselbe mit ihrem Beginne in allernächste Nähe rücken können. Ein solcher Beschluss ist nun in der vorliegenden Frage der Anlage einer Stadtbahn mit theilweiser Benützung von Flussgrund zu fassen. Wer den wachsenden Verkehr auf den engen Strassen des inneren Kurortes in den letzten fünf Jahren sich vor Augen hält, muss gewiss sagen, dass diese Strassen bald entweder eine ausgreifende Erbreiterung erfahren müssen, oder eine theilweise Ablenkung des Verkehres auf anderen Grund. Nachdem eine durchgreifende Erbreiterung der Strassen auf Kosten der Häuser — mangels eines Expropriationsgesetzes für bestehende Objecte und zufolge der unerschwinglichen Mittel für ein solches Vor- haben — schon wegen des hiezu nöthigen langen Zeitraumes nicht zum bald erwünschten Ziele führen kann, bleibt wohl nichts übrig, als auf Flussgrund eine Ablenkung des Verkehres, resp. eine Reduction des- selben auf den bestehenden Strassenflächen des Stadtinnern bald herbei- zuführen u. zw. durch systematische Inangriffnahme des Hochwasser- schutzprojectes in Verbindung mit einem den wachsenden Omnibus- und Wagenverkehr zum Theil entbehrlich machenden Communicationsmittel moderner Art — also einer electrischen Stadtbahn — die auch einer übermässigen Entwicklung eines für unsere Strassenbreiten und Strassengefälle gewiss nicht sehr geeigneten Automobilismus, für den in sicherheitspolizeilicher Hinsicht noch fast überall die gesetzlichen Normen fehlen, vorgebeugt. Karlsbad mit seiner Ausdehnung in der Länge von fast 3 π1 im verbauten Theile, d. i. vom »Centralbahnhof« bis »evangelisches Pfarrhaus,« braucht ein solches Verkehrsmittel, das beweist die Sommer- liche Frequenz der Omnibusse und der sich immer vermehrenden Vehikel mit Pferdebespannung; es handelt sich nur darum, dasselbe derart zu placiren, dass es den Strassenverkehr nicht belastet, sondern entlastet und dies ist — von einer die Stadt verunzierenden theueren Schwebebahnanlage abgesehen, die doch nur als Versuchsobject be- trachtet werden könnte — wohl nur auf die angegebene Weise durch eine electrische Bahn denkbar, welche die neugepflasterten schmalen Strassen der Innenstadt fast unberührt lässt, bei entsprechender Her- stellung und mässiger Fahrgeschwindigkeit ohne Belästigung der Nach- barschaft und des Publikums aber doch ihrem Zwecke dann voll ent- sprechen wird, wenn das Publikum von Vorneherein durch billige Fahrpreise zu ihrer Benützung herangezogen werden kann. a nach dem Vorerwähnten die Anlage der Stadtbahn auf einem Theile des Teplflusses die gleichzeitige Inangriffnahme des Hochwasser- schutzes in seinen dringensten Theilen im Gefolge haben muss, so ist es erforderlich die Kosten der wirksamsten und nöthigsten Thalsperren des Müller'schen Projectes hervorzuheben, sowie deren Einfluss auf die Erniedrigung des Hochwasserstandes in Karlsbad darzuthun. Nachdem durch die Tepler Teiche, und hauptsächlich durch den bei seinem geringen Niederschlagsgebiete nie ganz gefüllten Podhornteich, im obersten Teplthale schon ein gewisser Schutz besteht, die oberste Thalsperre daselbst bei der Angermühle wegen des geringeren Nieder- schlagsgebietes und Fassungsraumes ebenso secundäre Bedeutung hat, wie der Staudamm bei Untertiefenbach im Tiefenbachthale, und weil endlich die grosse Staumauer im Hauptthale oberhalb des Aicher Gelenk's erst dann acut würde, wenn man an eine vollständige Einwölbung resp. Überdeckung der Tepl im Stadtinnern denken könnte, so handelt es sich um die Herstellung der restlichen sechs Thalsperren im Tepl-, Schöppl-, Roda-, Ritzer- und Lomnitzbachthale. Hiebei müsste die Staumauer im Teplbache oberhalb Schellen- häusern, wegen des vorläufigen Wegfalles des Staudammes ober derselben bei der Angermühle, jedoch mit vergrössertem Ablauf-Durchlass und breiterem Überfall zur Ausführung gelangen. Diese sechs Thalsperren würden genügen, den Hochwasserstand in Karlsbad trotz des Einbaues für die Bahnanlage derart zu erniedrigen, dass er selbst bei analogen Niederschlagsverhältnissen wie im Jahre 1890 die Untergurten der niedrigsten Brücken nicht erreichen würde, was die später folgende Berechnung darthut. Die Kosten der erwähnten sechs Thaleinbauten würden nach dem Müller'schen Projectsvoranschlage betragen: 1. Die Staumauer im Teplbache oberhalb Schellen- häuser nach Project rund .. fl. ö. W. 91.500.— Hiezu an Mehrkosten für Vergrösserung des 6.200. — Durchlasses und Überfalles etwa „ Der Staudamm im Schöpplbache„ 43.300.— „135.500.= Die Staumauer im Rodabache 47.000. = Der Erddamm im Ritzerbache 30.800. — Der Staudamm ober Schneidmühl 8. 140.700. — Die Staumauer bei der Donawitzer Mühle 19 Somit zusammen : fl. ö. W. 495.000.= Die Kosten für die weiteren zwei Thalsperren per fl. ö. W. 44.000.— rd. 7. bei der Angermühle und 8. bei Untertiefenbach 44.000. = Zusammen fl. 5. W. 88.000.= welche mit den erstgenannten 6 Einbauten den 1890-er Hochwasserstand von 4·80 m. bei der Johannesbrücke auf 2·30 m. erniedrigen würden, wären wohl als jener Mindestbetrag anzusehen, den das Land, der Staat und die anderen Interessenten als Beitrag zur Completirung des Schutzprojectes auf dieses Mass beizutragen hätten, nachdem die künftige Errichtung der 9-ten Thalsperre im Hauptthale doch nur für Karlsbad selbst, im Falle einer ausgedehnteren Eindeckung des Teplflusses im Stadtinnern mit rund fl. ö. W. 200.000.— in Betracht gezogen werden dürften, wodurch allerdings der Wasserstand in Karlsbad — ohne Rücksicht auf die Beeinflussung desselben durch die mit der Überdeckung verbundenen Einbauten nach oben — von 4·80 m. des Jahres 1890 auf 1·91 m. herabgedrückt werden könnte, also auf etwa 94 cm. unter den Untergurt der Johannesbrücke, der Pegelcôte von der 2·85 m. entspricht. Es frägt sich nun, wie ist der Aufwand für die erst- genannten 6 Thalsperren zu decken u. z. ohne eine die Stadt- gemeinde belastende Anleihe? Diese Frage lässt sich bejahend beantworten, wenn folgende Beschlüsse gefasst würden: »1. Die Stadtgemeinde überlässt einem der Bahn-Offerenten auf Basis detaillirt festzustellender Bedingungen die Herstellung einer
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