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28. September 1899
„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 221
Seite 9
Ein Besuch bei Ohm Krüger.
Von einem Besuch beim „Oberhaupt der
Buren“ in Pretoria plaudert Poultney Bigelow
sehr amüsant in der „Deutschen Kolonialzeitung“.
Der Präsident Transvaals, so erzählt er, wohat
in Pretoria in einem kleinen Landhause mit einem
niedrigen Strohdache und einer kleinen Veranda
an der nach der Straße gehenden Front. An dem
Straßendamme befindet sich ein unbebauter Streifen
Landes, auf dem ich einige Zelte aufgeschlagen
fand, welche von Burenfreiwilligen besetzt waren,
welche vor ihrem Regierungspalaste Wache hielten.
Die Soldaten trugen weiße Helme, blaue Röcke
mit nur einer Reihe von Knöpfen, Barchenthosen
und Reitstiefel mit Sporen. Sie sahen nicht viel
anders aus, wie unsere eigenen Freiwilligen, welche
ich während des Krieges mit Spanien in Tampa
und Manila sah, nur daſs unsere Leute mehr
Zeichen von Disc plin zeigten. Da wir an Herrn
Krügers Hausthüre keine Klingel entdecken konnten,
so pochten wir mit unseren Kröcheln und schrieen.
Niemand antwortete. Natürlich wäre ich nicht
vorgelassen worden, wenn ich mich nicht in der
Begleitung eines wohlbekannten Mitgliedes des
Burenparkamentes befunden hätte. Da es weder
einen Thürhüter, noch eine Glocke gab, wir jedoch
irgendwo im Hause laute Stimmen hörten, ein
Geräusch, welches in mir die Einbildung hervor-
rief, als befände ich mich in einer Menagerie zur
Fütterungsstunde, so gieng mein Burenfreund durch
das Haus nach dem hinteren Hofe und rief dort
nochmals. Wiederum ohne Erfolg. Da entschlossen
wir uns kurz, dem Klange der Stimmen zu folgen
— oder wie Napoleon gethau haben würde, dort-
hin zu marsch eren, woher der Donner der Geschütze
dröhnte. Wir pochten an die Thüre, hinter welcher
Töne erschollen, wie meine Phantasie sie sich in
einer aus Stieren und Löwen g bildeten Raths
versammlung vorstellen konnte. Da ni'mand sich
um unser Klopfen kümmerte, stieß mein Freund die
Thüre auf und wir traten ein. Durch die dichten
Wolken von Tabakrauch hindurch beme kte ich un
gesähr dreißig Männer, welche in ihrem Aussehen
in seltener Weise den Landgeistlichen in Rassland
glichen. Sie hatten lange Bärte, und ihr Haar
fiel über ihren Necken hinab. In ihrer Mitte saß
einer, wlter sie alle beherrschte, nicht nur durch
Umfang seiner Stimme, sondern auch durch ein
Augenpar, welches sogleich meine Aufmerksamkeit
fesselte. Er zeichnete sich ebenfalls durch einen
Batt und reichen Haarwuchs aus und bekräftige
seine aus der Kehle gesprochene Rede von Zeit zu
Zeit durch einen Schlag mit seiner Faust auf die
Tischplatte, wonach er zahlreiche Tabakswolken aus-
stieß, indem er seinen Blick eine Zeitlang ruhig,
aber eindringlich, auf den sonderbaren Buren richtete,
der es gewagt hatte, eine abweichende Meinung zu
äußern. Seine breiten Schultern waren etwas
unter der Last der Jahre gebeugt, und sein Gesicht
zeigte Züge von Sorge und Krankheit. Aber es
war das Antlitz eines gewaltigen Mannes. Nase
und Mund waren stark entwickelt, und der Bau
des Kinnes ließ auf Eatschlossenheit, wenn nicht
auf Hartnäckigkeit schließen. Dort ist Paul Krüger's
wirkliches Pariament. Hier empfängt er formlos
seine Anhänger unter den Burghers und predigt
ihnen, bis sie mit ihm übereinstimmen oder unfähig
sind, ihm noch länger zuzuhören. Er theilt ihnen
seine Wünsche mit, und selten gelingt es ihm nicht,
sie davon zu überzeugen, dass die von ihm vor-
geschlagenen Moßnahmen für die Sicherheit des
Staates nothwendig sind. Solange ist er ihr Führer
gewesen, und so viele Erfolge hat die Republik
unter seiner Leitung davongetragen, daſs jetzt der
Durchschnitt der Bürger Trausvaals Ohm Paul
für nahezu unfehlbar hält. Kein Präsident der
Vereinigten Staaten hat sich in der Oeffentlichkeit
von königlichem Prunke umgeben gezeigt, wie ich
es von Ohm Paul bei Gelegenheit meines Besuches
in Transvaal gesehen habe. Das weiße Haus in
Washington hat nicht mehr Schildwachen und Thür-
hüt r, als das Haus jedes anderen amerikanischen,
Bürgers. Aber in Pretoria befindet sich nicht nur
ein Truppenlager vor den Thoren des Päsidenten-
hauses, sondern sechs berittene Krieger geleiten ihn
wenn er durch die Stadt fäh t, und Leute mit geladenen
Büchsen umgeben das Gebäude, wo das Buren-
Parlament tagt.
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