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23. September 1899 „Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 217. Seite 3 auf dessen Witwe, beziehungsweise Gattin oder Kinder überzugehen. 3. Ein Corcessions-Inhaber darf nicht mehr als eine gastgewerbliche Concession ausüben. 5. Wo Concessionen des Gast und Schankgewerbes nicht persönlich ausgeübt werden, können Stellvertreter oder Pächter nur diejenigen Persouen sein, die die Befähigung zur Erwirkung einer eigenen Concession besitz n. 5. Die Ertheilung einer Concession zur Ausüburg eines Gast und Schankgewerbes kann nur nach vorher eingeholtem Gutachten der Genossenschaft erfolgen. 6. Der Commission zur Begutachtung der Eignung eines Locales zur Ertheilung einer Concession muss ein von der Genossenschaft gewählter, behördlich be stätigter Gewerbs-Inhaber, der zugleich gelernter Fachmann ist, beigezogen werden. 7. Ausmi tung oder Auspachtung der Gasthäuser seitens der Brauereibesitzer und Ertheilung von Concessionen an dieselben oder an deren Stellvertreter ist un- bedingt zu verbieten. 8. In der Auskocherei in Privathäusern erblicken wir eine schädliche Corcurrenz des Gast- und Schankgewerbes und sind Con- cessionen für Auskochereien nur an Concessions- berechtigte im oben ausgeführten Sinne zu ertheilen. Nachdem noch beschlossen wurde, je ein Exemplar der gefassten Resolution an Herrn Meißner Erb, Delegirter beim Gastwirtetag in Innsdruck und an Herrn Alois Brusatti in Baden bei Wien, welcher beim genannten Gastwirtetag das Referat über den Befähigungs-Nachweis übernommen, zu senden, um auch dort nach Thunlichkeit die Wünsche der Ge- hilfen zu unterstützen, schloss der Vorsitzende die Versammlung mit der Zuversicht, die beschlossene Resolution möge das bezwecken, was man von ihr erhofft. (Ueber die Hochwasser-Verheerungen in Reichenhall) am 14. September gibt ein dort ausgegebenes Extrablatt des „Reichenhaller Grenzboten“ eine detcillierte Schilderung. Einen Einblick in dieses Blatt verdanken wir Herrn Musik- director Auqust Labitzky, der in der Schreckens- nocht in Reichenhall weilte. — Da eine größere Anzahl Karlsbader alljährlich Reichenhall besuchen, so ist es vielleicht für dieselben von Interesse, wenn wir denselben einiges aus diesem Berichte hier mit- theilen. Derselbe besagt: Heute nachts 1 Uhr wurde unsere Stadt durch Hornsignale aus ihrer Ruhe aufgeschreckt. Die wilden Wogen der Saalach waren derart durch die fortgesetzten wolken bruchartigen Regengüsse angeschwollen, daſs sie jeden Augenblick überzulaufen schienen. Auf Veranlassung des kgl. Bezirksamtsassessors Herrn Baron von Moreau war die Feuerwehr unter ihrem Commandanten an die ge- fahrdrohende Stelle an der Lnitpoldbrücke beordert, welche durch stetes Entfernen der sich stauenden Bäume und Einhängen solcher zum Schutze des Ufers das Menschen- möglichste leistete. Inzwischen waren auch die Bewohner der besonders gefährdeten Stadttheile veranlasst worden. ihre Parterrequartiere zu räumen, da die Wogen bereits das Brückenniveau streiften. Trotz der angestrengtesten Arbeiten der wackern Feuerwehr wäre ihr Bemühen den- noch ein fruchtloses gewesen, hätte nicht plötzlich der so- genannte Ludwigbau mit seiner Wehranlage nicht mehr Stand halten können. Mit einem fürchterlichen Gekrache stürzte der Holzbau in die brausenden, schäumenden Wogen und schuf dadurch eine Bresche, welche eine große Wasser- menge von Reichenhall ab- und dem Kirchbergufer zu- leitete. Nur diesem Umstande ist es zu danken, daſs das fast unabwendbar erscheinende Uebertreten der Saalach nach unserer Stadt verhütet wurde; der Fluſs fiel so- fort um fast 1 Meter. Infolge dieses wurde die Ge- fahr für beseitigt angesehen und konnte die Feuerwehr nach 3 Uhr einrücken. Die Saalach treibt inzwischen fortgesetzt ihre tosenden Wassermassen einher, gefüllt mit den größten Baumstämmen, Brettern, allem möglichen Hausrath, Thür- und Fensterstöcken ꝛc. ꝛc. Heute morgens wurde das zwischen den beiden Brücken gelegene ge- quaderte Joch der ehem. langen Brücke nebst der einen darauf befindlichen Linde und diversen Holzvorräthen ein Raub der Fluten. Eine gähnende Kluft von circa 10 Meter trennt nun Kirchberg von Reichenhall und ist somit auch der Verkehr mit diesem eingestellt Da in- dessen die Fluſshöhe bereits stark zurückgegangen ist, ist nun jede Gefahr als vorüber zu betrachten. Ebenfalls heute früh wurde auch der Nonnersieg hinweggerissen und die Stauffenbrücke in ganz bedenklicher Weise ver- schoben. Das Wagner-Anwesen in Kaitl ist von dem daherbrausenden Seebache vollständig unterspült und unrettbar dem Einsturze verfallen. Hinter dem Lilien- bade in St. Zeno hat eine riesige Erdabrutschung statt- gefunden, welche eine Anzahl der größten Bäume mit sich führte. An der freigelegten Stelle entspringt nun- mehr eine große Quelle. Heute nachmittags wurde ver Stellwagen eine Postverbindung mit Salzburg her- gestellt und bereits die hiesige Post nach dort befördert. Die erste Post von Salzburg ist bereits heute abends eingetroffen. (Warnung. ) Unter der falschen Firma „Direction der Commerce & Creditbank“, Amster- dam, Nicolaas Wilsenkade 13, wird sich durch Zeitungsa kündigungen an das große Publikum in Oesterreich-Ungarn gewendet, um es unter bestechen- den Vorspiegelungen zum Beitritte als Mitglieder einer „Vereinigung zur Ausnützung sicherer, in ganz Oesterreich Ungarn erlaubter Wertpapiere“ aufzu- fordern. Bei dem gegenwärtigen Anlasse muss her- vo gehoben werden, daſs es hierzulande beständig einige solche Unternehmungen im Losgeschäfte gibt, welche, in mehr oder minder rascher Aufeinander- folge wechselnd, wenigstens eine Zeit lang, oft sogar auch Jahre hindurch, bestehen können. Sie legen sich alle irgend einen Titel einer natürlich nicht existierenden Bank bei und täuschen so mit Anwendung einer lockenden Reclame, häufig noch unterstützt durch gewandte Agenten, die leicht- gläubigen Massen der ausländischen Bevölkerung. (Controlversammlung der Land- wehrmänner.) Die diesjährige Contvolver- sammlung der Landwehrmänner wird in Karlebad am 15., 16., 17. und 18. und in Petschau am 19. October abgehalten werden. Hiezu haben alle Landwehrmänner, welche im Laufe dieses Jahres weder zu einer Waffenübung noch sonst zu einer activen Dienstleistung eingerückt waren, an den hiezu bestimmten Tagen, zu der in der Kundmachung bestimmten Stunde auf dem Controlplatze u. zw. in Karlsbad im „Schützenhause“ und in Petschau im Gasthause „zum Paradies“ in nachstehender Ordnung zu erscheinen u. zw.: Auf dem Control- platze in Karlsbad: am 15 October früh 10 Uhr die in Karlsbad; am 16. October früh 9 Uhr die in Fischern, Janessen, Ottowitz, Putschirn, Sittmes- grün, Tüppelsgrün, Weheditz und Zeitlitz; am 17. October früh 9 Uhr die in Altrohlau, Dona- witz, Dallwitz, Drahowitz, Engelhaus, Espenthor, Funkenstein, Kohlhau, Pirkenhammer, Schneidmühl und Schobrowitz; am 18. October früh 9 Uhr die in Rich, Altdorf, Donitz, Edersgrün, Ellm, Gfell, Grasengrün, Haid, Halmgrün, Lichtenstadt, Lang- grün, Lappersdorf, Overlomitz, Unterlomitz, Ranzen- grün, Rodisfort, Ruppelsgrün, Schlackenwerth, Schömitz, Welchan, Zwetbau und Satteles. Auf dem Controlplatze in Petschau am 19. October früh 9 Uhr die in sämmtlichen Gemeinden des Gerichtsbezirkes Petschau wohnenden Landwehr- männer. — Die Nachcontrole findet am 19. November l. J. um 9 Uhr früh in Eger statt. (Eine Zimmergarnitur aus Zünd- hölzchen-Schachteln) Wir haben seiner- zeit berichtet, daſs der Cafétier Oskar Zunaaus Tetschen a. E. die Absicht hatte, seine originelle, durchwegs aus Zündholzschachteln versettigte Zimmergarnitur während der Hochsaison in Karls- bad öffentlich zur Ausstellung zu bringen. Wie uns Herr Oskar Zuna mittheilt, ist leider dieser Plan durch die bedauerliche Thatsache zu Wasser geworden, daſs es ihm vollkommen unmöglich war, bei dem heuer so enormen Andrang von Kurgästen ein passendes Local zu finden, weshalb die Verwirklichung dieses Ausstellungs- projectes bis zur nächstjährigen Saison hinaus- gschoben erscheint. (Warnung für Auswanderer.) Laut Erlasses des t. k. Ministeriums des Innern vom 22. Juli 1899 müssen österreichische und un- garische Auswanderer auf dem Wege nach Chili häufig in Montevideo bis zur Abfahrt des An- schluss Dampfers Aufenthalt nehmen, ohne hierauf „Dort kommt Onkel Ernst,“ sagte sie hastig, „ich kann ihm jetzt unmöglich gegenübertreten.“ Sie nahm den duftenden Blumenstrauß und verließ, der Mutter flüchtig einen Gruß zunickend, die Beranda. Die Matrone seufzte wehevoll auf. „Nun werde ich auch noch das Vertrauen meines geliebten Kindes, meines einzigen Kleinods verlieren,“ flüsterte sie in bebenden Lauten, „dies war der erste Schatten, der sich zwischen uns ge- drängt hat, doch“ — sie richtete sich plötzlich höher auf dahin soll es trotz Allem nicht kommen. Steht schließlich das Letzte, was mir geblieben, die Liebe meines Kindes auf dem Spiele, dann wird auch meine Nachgiebigkeit ein Ende haben, und so schwer mich Ernst bedroht, von heute ab werde ich seiner Willkür, seinem Machteinflasse zu be- gegnen wissen.“ — Dies mochte seit langer Zeit die erste ener- gische Willensäußerung der Majorin sein. Ihre erschlafften Züge, die ausdruckslosen Blicke ihrer eingesunkenen Augen ließen darauf schließen, daſs sie es gewohnt war, sich dem Willen eines Anderen, eines Stärkeren, zu beugen. „Nun, das muss ich sagen, Ottilie, das Be- nehmen Elfas gegen mich ist zum mindesten sonderbar.“ Die Worte wurden von dem Herrn, welcher hastig die wenigen Stufen zur Veranda empor eilte, in sehr aufgeregtem Ton gesprochen, ja, aus den dunklen Augen sprühte unverhalten hoch- gradiger Zorn. Der Bruder der Majorin war eine gar statt- liche Erscheinung. Ein wenig über Mittelgröße, dazu kräftig und gedrungen gebaut, gaben die schnellen, doch nicht unangenehmen Bewegungen demselben etwas charakteristisch Interessantes. In- teressatzt war auch das ovale, gelblich blasse Ge- sicht, umrahmt von einem dichten, wohlgepflegten, tiefschwarzen Vollbart. Aus den sehr schönen, dunklen Augen sprühte fast ununterbrochen leiden- schaftlich bewegtes Leben. Dafür, daſs er kein berechnender, sondern den augenblicklichen Einge- bungen folgender Charakter war, sprach die Ge- sammt-Physiognomie des Gesichtes — die hochge- wölbte Stirn zeugte von Geistesklarheit und Edelmuth. Es musste dieser Mann einer jeden Frau, mit der er in näheren Verkehr trat, imponieren, und es war nicht zu verwundern, daſs die energie“ lose Majorin sich nachgerade widerstandslos dem Einflusse des Bruders gebeugt hatte. Auch jetzt, trotzdem sie sich erst vor wenigen Secunden kampfbereit aufgerichtet hatte, zuckte es bei den heftigen Bemerkungen des Mannes nervös und angstvoll über ihr Gesicht. „Du bist so grenzenlos empfindlich, Ernst,“ gab sie beschwichtigend zurück. „Bedenke doch, daſs Elfa jung ist und wohl das Recht besitzt, den augen- blicklichen Impulsen zu folgen.“ Ernst gab keine Antwort — die Hände in den Taschen seines Beinkleides versenkt, rannte er, bemüht, um jeden Preis seiner Erregung Herr zu werden, mit dröhnenden Schritten die Verande auf und ab. „Es muss endlich einmal wieder klar zwischen uns werden,“ begann er dann mit erkünstelter Ruhe, „es ist in letzter Zeit so viel Fremdes und auf die Dauer Unhaltbares zwifchen uns getreten — „Ich bitte Dich, nicht heute,“ unterbrach ihn die Majorin abwehrend, „nimm auch einmal auf uns Rücksicht, Ernst. „Morgen zu jeder Stunde stehe ich zu Deiner Verfügung, heute aber, an Elsas Geburtstage, gib Ruhe.“ „Nein, es geht über meine Kräfte, heute noch, jetzt sofort muss ich Dir sagen — „Ernst!“ „Soll ich es etwa heute wieder ruhig mit an- sehen,“ brach es nun doch grollend von seinen Lippen, trotz der beschwörenden Worte der armen, gequälten Mutter, „soll ich es mit ansehen, wie Elsa Zärtlichkeitsblicke, Zeichen heimlichen Einver- ständnisses mit diesem Laffen, diesem hergelaufenen Abenteurer wechselt —“ „Wie kannst Du so etwas behaupten, Ernst, Du gehst entschieden zu weit in Deinem Misstrauen. wenn zwischen Elsa, und dem Grafen auch nur das leiseste Einverständnis herrschte, dann wüsste ich darum. Deine Aufregung hat gar keinen Grund- Und dann muss ich Dich doch dringend bitten, von dem Manne, der als gern gesehener Gast in unserem Hause verkehrt, in anderen Ausdrücken zu sprechen. Unser Freund ist so wenig ein Laffe als ein Aben- teurer. — Graf Exwald zu Northof hat durchaus
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