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Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 252
5. November 1898
einem geeigneten anderen Tage, an welchem sodann
bezüglich der betreffenden Schule ebenso wie am
2. December 1898 jeder Unterricht zu entfallen
hat, stattzufinden.
(Deutscher Böhmerwaldbund.) Zu
den vielfachen Aufgaben, die sich der Deutsche
Böhmerwaldbund gestellt hat, gehören auch die zahl-
reich nothwendigen Schulunterstützungen. Die
deutsche Ackerbauschule und die Haushaltungsschule
in Budweis, mehrere deutsche gewerbliche Fort-
bildungsschulen in Südböhmen erhalten alljährlich
Beiträge zu ihrer Erhaltung zugewiesen. Die Fach-
schulen in Wallern, Bergreichenstein und Neubistritz
erhalten ebenso alle Jahre größere Beträge zur
Unterstützung bedürftiger Schüler. Außerdem er-
halten zahlreiche Studierende an den Mittelschulen
in Budweis, Prachatitz und Krummau Studien-
unterstützungsbeiträge bewilligt. Hiezu kommt noch
die Beistellung von Lernmitteln an viele Volks-
schulen und im Winter die Unterstützung der be-
stehenden Suppenanstalten an vielen Gebirgsschulen
und die Veranstaltung von Weihnachtsbescherungen
besonders in den Orten an der Sprachgrenze. Bei
den verhältnismäßig geringen Einnahmen des
Deutschen Böhmerwaldbundes und bei den vielen
anderweitigen Anforderungen, welchen derselbe zu
genügen hat, ist eine thatkräftige Unterstützung des-
selben seitens unserer Volksgenossen unumgänglich
nothwendig. Für besonders wichtig halten wir die
Veranstaltung von Weihnachtsbescherungen für arme
deutsche Kinder an der Sprachgrenze, sowie die
Unterstützung armer deutscher Studenten nicht nur
vom humanitären, aber vielmehr vom nationalen
Standpunkte aus. Aus vielen Jahresberichten
haben wir uns überzeugt, wie segensreich der Deutsche
Böhmerwaldbund bisher in dieser Hinsicht gewirkt
hat, und empfehlen wir daher den Deutschen Böhmer-
waldbund wärmstens der Förderung und Unter-
stützung aller unserer Volksgenossen. Spenden für
Weihnachtsbescherungen, Suppenanstalten u. s. w.
bitten wir an die Bundesleitung des Deutschen
Böhmerwaldbundes gelangen zu lassen.
Vermischtes.
(Das Deficit der Stadt Wien.) Wie Wiener
Blätter melden, soll in dem Voranschlag der Stadt Wien
für 1899 ein Deficit von 4,292.980 fl. vorhanden sein.
Dasselbe soll entweder durch Einschränkung der dringendsten
Bedürfnisse, oder durch Contrahierung neuer Schulden,
oder schließlich durch eine 35procentige Erhöhung der Zins-
und Schulkreuzer gedeckt werden.
(Literarisches aus Japan. ) Seit dreißig Jahren
lesen die Japaner ungeheuer viel, und die Lectüre hat
ihre ganze geistige Bildung umgestaltet. Berühmte aus-
ländische Werke der schönen Literatur sind übertragen
worden, und zwar die allerlängsten und schwierigsten: die
„Misérables“ von Victor Hugo, „Wilhelm Meister“,
„Pendennis“ von Thackeray und Hauptwerke von Dickens.
Die verbreitetsten modernen Autoren Europas sind jedoch
Nagel war mit seinem neuen Kunden unterdess
die Treppen heruntergestiegen und schritt nun auf
der Straße weiter. Im hellen Tageslicht sah sich
Wegener den Detectiv genau an und war eigentlich
erstaunt darüber, daſs er nicht älter war. Er hatte
geglaubt, Nagel, der so lange bei der Kriminal-
polizei war, müsse mindestens ein Fünfziger sein.
Er war aber in Wirklichkeit höchstens ein Dreißiger.
Man kann sich über das Alter von Leuten aber
sehr täuschen, besonders bei diesen Kriminalisten,
welche darauf angewiesen sind, sich bald in dieser,
bald in jener Verkleidung zu bewegen. Sonst war
Herr Nagel ein sehr liebenswürdiger Mann, von
äußerst verbindlichen Formen. Sein Aeußeres und
sein Auftreten waren nicht nur anständig, sondern
sogar vornehm.
Das Restaurant war in wenigen Minuten er-
reicht und Wegener nahm in demselben Platz. Es
waren keine zehn Minuten vergangen, als Nagel,
der sich von ihm getrennt hatte, wieder bei ihm
erschien und sich nun die Leidensgeschichte des Herrn
Wegener erzählen ließ. Trotzdem dieser durch die
Erzählung ganz und gar in Anspruch genommen
wurde, konnte er doch nicht umhin, den kolossalen
Scharfblick des Detektivs zu bewundern, welcher
die Dinge, die ihm Wegener erzählen wollte, zum
größten Theil schon errieth, bevor sie Wegener noch
ausgesprochen hatte. Dieser Spürsinn, dieses Ver-
trautsein mit den Manipulationen des Gegners
in Japan noch gänzlich unbekannt, zum Beispiel Zola,
Tolstoj u. s. w. Die einheimischen Schriftsteller, die sehr
wenig verdienen, etwa 60 Mk. für einen Roman von
300 Seiten, werden nur vom Volke gelesen. Ihre Werke
sind auch darnach, denn sie speculieren nur auf die niederen
Neigungen des gemeinen Mannes, erzählen die banalen
Liebesgeschichten der „Geishas“, Mord- und Todtschläge
und die abscheulichsten Greuelthaten werden so dargestellt,
als ob sie in Japan das Alltäglichste, Amüsanteste wären.
Nie versteht ein Antor, Seelenstimmungen zu schildern oder
seine Helden poetisch zu gestalten. Eine vornehme Frau
wird nie einen Roman zur Hand nehmen, und der ge-
bildete Japaner hält das Romanlesen für ein Zeichen von
geistiger Inferiorität. Dafür findet er reichliche Entschä-
digung an wissenschaftlichen Werken, Essays u. dgl., die
er am meisten bevorzugt. Spencer, Schopenhauer, Kant,
Hegel, Nietzsche, Fouillée, Ribot sind in guten Uebersetzungen
vorhanden. Ferner existieren alle wichtigen Veröffent-
lichungen über den deutsch-französischen Krieg von 1870/71
und über den russisch-türkischen Feldzug von 1877. Die
Werke Pasteur's, Billroth's u. a. m. sind weit verbreitet.
Unter den wissenschaftlichen Revuen nehmen „Taiyo“ (Sonne),
„Taikoka Bangoka“ (nationale Literatur), „Nipponjia“
(Japauer) die erste Stelle ein und behandeln alle inter-
essanten Themata des wissenschaftlichen und literarischen
Gebietes. Im Jahre 1896 wurden nach einer Mittheilung
der Zeitschrift „Aus fremden Zungen“ in Japan 26965
Bände veröffentlicht, was noch mehr Bedeutung gewinnt,
wenn man bedenkt, daſs die Romane nur 462 Bände aus-
machen, während die schönen Künste 3000 Bände umfassen.
(Wie die deutsche Kaiserin Ansichtskarten
schreibt!) Es war beim Abschied von der deutschen
Schule in Pera. Die Herrschaften waren schon an Bord
der „Hohenzollern“, als eine Abordnung der deutschen
Kolonie, bestehend aus den Herren von Kapp, Sitz und
Meißner, erschien, um dem Kaiser zu danken und der
Kaiserin Blumen zu überreichen. Auf die Abschiedsworte
des Herrn von Kapp erwiderte der Kaiser: „Ich lasse
die Kolonie bestens grüßen und den Schulkindern herzlich
danken.“ Als die Abordnung wieder in ihrem Boote
saß, rief der Flügeladjutant Oberst Mackensen: „Meine
Herren, warten Sie ein Bischen, Sie möchten für Ihre
Majestät ein paar Postkarten besorgen.“ Die Kaiserin
lehnte an der Reeling und schrieb Ansichtskarten an „ihre
Vier“ in Potsdam und an „ihre Drei“ in Ploen. Die
Karten hatten etwa folgenden Inhalt: „Herzliche Grüße
an Euch alle vier. Wetter schön. Papa und an Bord
Alles wohl. Mama.“ Kaum war das Boot wieder in
Bewegung, als seine Insassen noch einmal zum Halten
aufgefordert wurden, weil die Kaiserin noch fünf Post-
karten besorgt haben wollte. „Das Porto bleiben wir
Ihnen schuldig, bis wir wiederkommen,“ rief Oberst
Mackensen den Herren nach; dann setzte sich die „Hohen-
zollern“ in Bewegung. Die Karten wurden nicht der
Post übergeben, sondern durch den Botschaftscurier
befördert.
(Königin Viktoria von England) ist eine große
Freundin der Hunde. Die Thiermalerin Miß Mand
Earl hat manchen Lieblingshund der Monarchin im
war geradezu verblüffend! Als Wegener geendet
hatte, erklärte Nagel:
„Ich habe mit solchen Fällen schon mehrmals
zu thun gehabt, und ich kann mich rühmen, jedes-
mal den richtigen Blick gehabt zu haben. Die
Sache wird immerhin drei bis vier Wochen in
Anspruch nehmen, aber dann kann ich Ihnen auch
einen Erfolg versprechen!“
„Und darf ich nach den Kosten fragen?“ be-
merkte Wegener schüchtern, denn es war ihm un-
angenehm, mit dem so vornehm aussehenden Manne
über den Kostenpunkt zu sprechen. „Darf ich Ihnen
eine Anzahlung machen?
„Ich nehme niemals Anzahlungen von meinen
Kunden. Ich lasse mich überhaupt erst bezahlen,
wenn die Arbeit verrichtet ist. Einen Preis kann
ich Ihnen noch nicht machen, da ich nicht weiß,
wie lange die Sache dauert. Soviel indess kann
ich Ihnen erklären, mehr als zweihundert Mark
kostet die Sache mit allen Nebenausgaben unter
keinen Umständen. Gelingt es mir, die Sache bald
zum Abschluſs zu bringen, so verringern sich natürlich
die Kosten bedeutend. Es liegt Ihnen natürlich
daran, daſs die Sache so bald wie möglich aufge-
nommen wird?!“
„Natürlich, Herr Nagel.“
Nagel zog sein Notizbuch hervor und blätterte
in demselben einige Minuten herum.
(Fortsetzung folgt.)
Bilde verherrlicht. In der Neigung der Königin zu den
treuen Vierfüßlern nimmt die erste Stelle unbestritten
der weiße Schäferhund „Schneeball“ ein. Die Königin
befitzt 50—60 Leibhunde. Stets sind einige um ihre
Herrin. Wenigstens einmal die Woche steigt die Herr-
scherin Großbritanniens vor dem prächtig eingerichteten
Hundehause ab. Dann wird die ganze Meute losgelassen.
Sind Junge da, so werden sie an die Equipage getragen
und die Königin besichtigt das junge Volk.
(Ueber die Schuldenlast der Welt) im ver-
flossenen Jahre veröffentlicht die „Zeitschrift für das ge-
sammte Aktienwesen“ eine Zusammenstellung, die einen
interessanten Vergleich liefert über die zunehmende Ver-
schuldung der Kulturstaaten. Die Gesammtschuld aller
zivilisirten Staaten betrug danach im Jahre 1897
122.420 Millionen Mark. Davon hat Frankreich zu
tragen in Millionen Mark: 24.840, England 12897,
Oesterreich-Ungarn 12.127, Italien 10.185, die deutschen
Einzelstaaten 9992, die englischen Kolonien 9492, Rufs-
land 7900, Spanien 5660, Nordamerika 3972, Portugal
2525, das deutsche Reich 2204, Egypten 2088, Brasilien
2072, Holland 1849, Belgien 1832 u. s. w. Nach dieser
Berechnung müssen die Steuerzahler, wenn man für die
gegenwärtig vorhandene Weltschuld eine Verzinsung zu
4 Perzent annimmt, eine Zinsenlast von jährlich 4896
Millionen Mark tragen, d. h. von der Milliarde Menschen,
die (ohne China) zu der Verzinsung mit beitragen müssen,
hat Jeder jährlich eine Kopfsteuer von 5 Mark zu leisten.
Die Schulden mancher Staaten finden jedoch in ver-
schiedenen Vermögensstücken, namentlich in den Staats-
bahnen, ein gewisses Gegengewicht. Der Gesammtschuld
von 122 Milliarden stehen etwa 27 Milliarden Vermögen
gegenüber, wovon Deutschland allein schon 10 Milliarden
Oesterreich-Ungarn gegen 4 Milliarden besitzt. Da aber
neben diesem Vermögen andererseits die Provinzen und
Gemeinden der Staaten in der Regel auch noch Schulden
haben, deren Weltbetrag auf rnnd 17 Milliarden geschätzt
wird, so bleibt doch auf den Kopf jeden Erdenbürgers
eine ererbte Zinslast von annähernd 5 Mark für das
Jahr bestehen.
(Weibliche Schützen.) Jüngst wurde in Atting-
hausen (Kanton Uri) ein Gemeinde=Schützenfest abge-
halten. Die Gemeinde zählt etwa 500 Einwohner, wo-
von 184 des Schießens kündig sind. Unter diesen 184
sind 43 weibliche Schützen. Manche Frauen machten
schöne Treffer, während ihre Männer fehlten. Den ersten
Preis errang Jungfrau Katharina Wirsch mit 50 Punkten
(Zweckschufs); sie ist die 14-jährige Tochter des Mathias
Wirsch, der mit sieben Söhnen und drei Töchternam
Schießstand erschienen war. Diese Schützenfamilie hat
neun Prämien errungen.
Vom Büchertilch.
Von der Wiener Wochenschrift „Die Zeit“ ist soeben
das 213. Heft erschienen. Aus dem Inhalt desselben
heben wir hervor:
Die Krise innerhalb des Marxismus. Zum
Stuttgarter Parteitag. Von Professor Dr. Th. G.
Majaryk. — Missstände bei Wiener Straiverhandlungen.
Von Dr. Karl Gombrich. — Der Wiener Tramway-
vertrag Von Walther Federn. - Stirner. Von Paul
Mongré. — Ein Besuch bei Gabriele d'Annunzio.
Von Antonio Cippico. — Künstlerhaus. Von Her-
Hermann Bahr. — Der Vielgeprüfte. Von Max
Burckhard. — Die Woche. — Bücher. — Revue der
Revuen. — Sein letztes Abenteuer. Von Gustav Falke.
Abonnements auf diese Wochenschrift, vierteljährlich
3 fl. = 5 Mark, nehmen die Post, alle Buchhand-
lungen und die Ädministration, Wien IX/3, entgegen.
Einzelnummer à 30 tr. = 50 Pf. — Probenummern
gratis und franco.
„Wir müssen sparen“, hat das Haupt der Familie
Frau und Töchtern soeben eindringlich klar gemacht,
„die Sommerreise hat das Budget stark erschüttert, im
kommenden Winter stellt die Einführung der erwachsenen
Tochter in die Gesellschaft erhöhte Ansprüche, — es muſs
gespart werden, — vor allem müssen die hohen Schneider-
Rechnungen aufhören!“ Darüber zunächst Schrecken und
Entsetzen im weiblichen Lager, aber fassen Sie Muth,
meine Damen, — es ist nicht so schlimm, wie es sich
anhört. Wozu gäbe es denn Modenzeitungen, wozu eine
„Modenwelt“! Fragen Sie Ihre Freundin, die stets
so elegante junge Hauptmanns-Frau, die mit einem mini-
malen Nadelgeld auskommen muss. Freilich, die Hände
rühren gilt es, und Fräulein Marie wird wohl zunächst
einmal einen Cursus in der Schneiderei absolvieren
müssen, aber dann wird sie bald ein ganz besonderes
Vergnügen darin finden, ihre gesammte Garderobe nach
den verlockenden Vorbildern und mit Hilfe der trefflichen
Schnitte der „Modenwelt“, gegründet 1865, (nicht zu
verwechseln mit „Kleine Modenwelt“, gegründet 1889,
und „Große Modenwelt“, gegründet 1892) selbst herzu-
stellen. In der soeben ausgegebenen Nummer vom
15. October ist die Auswahl von einfachen, geschmackvollen
Haus- und Promenaden-Anzügen nebst Hüten für jüngere
und ältere Damen geradezu stberraschend, und auch für
die ersten Gesellschafts-Zwecke ist bereits gesorgt.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-11-05-n252_6030.jp2