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�Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 234
14. October 1898
schmoren, und der auf Ungarn gleichfalls ergrimmte
Lueger, der doch die Socialisten lödtlich hasst, zu
gleicher Ansicht von der Zweckmäßigkeit
dieser Tactik des Ausdörrens gelangt, wie kann
man da auf den hirnlosen Anwurf verfallen, der
liberale Großgrundbesitz und die Fabrikanten hätten
heimlich beigedreht und möchten dem Grafen Thun
beispringen!?
Gewiss wird der Ausgleich mit § 14 zwangs-
weise decretiert, das kann aber gar Niemand
verhindern. Thut dies aber die Regierung dennoch,
dann ist sie selbst es, die eine doppelte schwere
Schuld auf sich ladet, die aus der Sackgasse, in
der sie sich verrannt hat, nurlnoch mit einem Ge-
waltstreich herauskommen kann. Den Vor-
wand dazu liefern, wäre geradezu selbstmörde-
rischer Unsinn.
Der Obmann der deutschen Volkspartei (welche
sogar die Obstruction dem Budgetpro-
visorium gegenüber nicht als zweck-
mässig erachtet hat, wie ihre Kundgebung
beweist), Dr. von Hochenburger erklärt mit
Recht, die Fortführung der alten Taktik hätte in
Folge der Unmöglichkeit, sich erfolgreich zu be-
thätigen, nur zu Niederlagen geführt, und
neben diesem moralischen Schaden noch den weiteren
zur Folge gehabt, daſs zwischen den deutschen
Oppositionsparteien eine verhängnisvolle Spal-
tung hervorgerufen worden wäre. Aufgabe der
Anhänger der alten Taktik kann nur in Hinkunft
die sein, die Wiederaufnahme derselben in geeigne-
tem Zeitpunkte vorzubereiten. Das lässt sich jedoch
nicht durch Schaffung von Zwistigkeiten,
sondern nur dadurch erzielen, daſs man andere
Gruppen an sich zu ziehen sucht. Von diesem Ge-
sichtspunkte aus, muſs der Austritt Bareuthers aus
der Volkspartei und das Bestreben, die Partei zu
zertrümmern, auf das Schärfste verurtheilt werden.“
Es muss also doch etwas Vernünfliges an der ge-
änderten Taktik sein, da auch die Volkspartei deren
Ersprießlichkeit einsieht. Den Verstand haben die
Schönererianer allein noch nicht gepachtet.
Local-Nachrichten.
(Abendconcert der Kurkapelle.)
Ein Abendconcert der Kurkapelle findet heute im
Etablissement Stadtpark statt.
(Bezirks-Lehrer-Versammlung.)
Der Karlsbader Bezirkslehrer-Verein hält am nächsten
Samstag um 2 Uhr im Gasthause „Bavaria“ nächst
dem Centralbahnhofe eine Versammlung ab. Auf
dieselbe sei nochmals aufmerksam gemacht. Durch
Lehrpersonen eingeführte Gäste haben Zutritt.
(Bahnverbindung Centralbahnhof.
Putschirn) Zufolge Statthalterei-Erlasses vom
7. October 1898 Z. 157995 wird die mit dem
Erlasse des k. k. Eisenbahn-Ministeriums vom
1. September 1898 Z. 29617/3 angeordnete Trassen-
revision über das von der a. priv. Buschtiehrader
Eisenbahn vorgelegte generelle Project für die Ver-
bindungslinie Dallwitz-Centralbahnhof Karlsbad und
Centralbahnhof Karlsbad-Putschirn am 26. October
1898 abgehalten werden. Die Commission wird
an diesem Tage um 9 Uhr vormittags in der Sta-
tion Karlsbad der a. priv. Buschtiehrader Eisenbahn
zusammentreten, sodann wird dortselbst eventuell
nach vorgenommener örtlicher Besichtigung der Strecke
die Verhandlung stattfinden.
(Im Restaurant Charwat), das seit
seiner Reconstruction im heurigen Frühjahr zu
einem der bestbesuchtesten und beliebtesten Locale
der Stadt gehört, finden während der Kirchweihtage
Concerte der Pleier'schen Salonkapelle statt. Dass
dieselben eines zahlreichen Besuches sich zu erfreuen
haben werden, ist als gewiss vorauszusetzen, denn
es ist gut weilen dort.
(Anerkennung.) Wie wir bereits in un-
serer Nummer vom 13. April d. J. meldeten, hat
der Director der vereinigten Gastwirteschulen in
Wien, Herr Adolf Hess, für den besten Schüler
jeder Gastwirtschule — solche bestehen nur in Wien
und Karlsbad — eine Jubiläumsmedaille gestiftet.
Diese Medaille erhielt in Karlsbad der bei Herrn
Franz Deistler (Hotel Königshof) bedienstet gewesene
Schüler der hiesigen Gastwirteschule, Franz
Ambros. Die Medaille ist nun hier eingetroffen,
trägt auf der Aversseite das wohlgetroffene Bild-
nis des Monarchen mit der Jahreszahl 1848-1898
und auf der Reversseite die Inschrift: „Ehrenpreis,
gespendet vom Director A F. Hess dem ausge-
zeichneten Schüler Franz Ambros“.
(Feuerwehr-Angelegenheiten.) Die
Bibliothek der Karlsbader freiwilligen Feuerwehr ist
vom 16. d. M. ab jeden Sonntag vormittag von
10 bis 111/2 Uhr für die Mitglieder offen. Die-
selbe befindet sich im Centralmagazine im Halbstock.
Da der Bücherwart Herr Miltenberger zugleich
Geschäftsleiter des Bezirks Feuerwehr-Verbandes
Karlsbads ist, so können auch in den obenbezeichneten
Stunden Auskünfte in Verbands- besonders aber
in Versicherungsangelegenheiten von den auswärtigen
Verbands-Feuerwehren eingeholt werden.
(Staub-Plage.) Bis zu den letzten
Regentagen hatte man in den Straßen der Stadt
mehr als je unter geradezu lästigem Staube zu
leiden und es war just kein Vergnügen bei etwas
bewegter Luft einen Gaug durch die Stadt zu machen.
Es ist ja richtig, daſs in Folge der langen Trocken-
heit und der lebhaft entwickelten Bauthätigkeit große
Staubmengen sich bilden mussten — aber dagegen
läſst sich ja Wasser anwenden und damit sollte man
nicht sparen. — Zum Glück hatte der Himmel ein
Einsehen und erqickt uns seit drei Tagen mit wohl-
thuendem Regen, womit die Staub-Calamität be-
hoben, dagegen allerdings die Kothmisère herbei-
geführt wird, was aber jedenfalls von den zwei
Uebeln noch das erträglichere ist. — Den meisten
Staub verursachten die Demolierungsarbeiten der
abzubrechenden Häuser — erfreulicherweise sind sie
heute bereits alle beinahe gänzlich abgetragen und eine
weiterere Staubentwicklung in so intensivem Maße
wohl nicht mehr zu fürchten. — Geklagt wird nur
noch über das Auftauchen der Kehrichtwagen am
Tage! Da müsste Wandel geschaffen werden —
man entschließe sich doch endlich einmal auch dazu!
(Die Verbreitung der Gabels-
berger'schen Stenographie in Damen-
kreisen) macht von Jahr zu Jahr erfreulichere
Fortschritte. So bestanden im Zähljahre 1896/97
bereits 56 Damenvereine mit 2,045 Mitgliedern.
Die Gesammtzahl der im genannten Jahre unter-
richteten Damen betrug 11.245; hievon entfallen
auf Oesterreich-Ungarn allein 4.169' (= 37/18 %).
Außer in den Vereinscursen wurde der Unterricht
an Damen in 139 weiblichen Lehranstalten ertheilt.
Von den Damenvereinsmitgliedern (2046) entfallen
auf Oesterreich allein 708. Der stärkste Damen-
Verein ist der „Damen- Centralverein Gabelsberger“
in Wien mit 347 Mitgliedern; ihm folgen die
Damenvereine in München mit 156, Dresden mit
150 und Brünn mit 103 Mitgliedern.
(Schoberbrand bei Premlowitz.)
Zum gemeldeten Schoberbrande bei Premlowitz wird
nachgetragen, daſs es nicht Strohschober, sondern
Getreideschober waren, welche ein Raub der Flammen
wurden. Als des Brandlegens verdächtig war ein
gewisser Josef Hanika, zuständig nach Unterjamny,
Bezitk Tepl. Derselbe stand bis Anfang September
l. J. auf dem besagten Meierhofe als Knecht im
Dienste und verließ diesen ohne jede Kündigung.
Gleich nach Entstehen des Brandes wurde Hanika
in der Nähe des Thatortes gesehen. Den Be-
mühungen der k. k. Gendarmerie ist es gelungen,
denselben schon im Laufe des Sonntags zu ernieren
und zu verhaften. Josef Hanika gestand zu, den
Brand aus Rache angelegt zu haben.
(Die Homburger Generalver-
sammlung des Vereins der Kurorte
und Mineralquellen-Interessenten.)
Ueber den Verlauf derselben entnehmen wir der
„Balneologischen Zeitung“ folgende Einzelheiten:
Nach der Begrüßung auch der verschiedenen Ver-
tretungen der Regierungen, Corporationen und
Vereinen durch den Vorsitzenden gab der Geschäfts-
führer Herr Kauffmann-Berlin den üblichen Ge-
schäfts- und Cassenbericht, aus dem für jetzt nur
hervorgehoben sei, daſs sich die Mitgliederzahl um
Ihr Modell.
(Erzählung von Hedwig Erlin.)
Machdruck verboten.]
„Nanu, wieso ist das nöthig?“ entgegnete sie
überrascht.
„Wei ... nun, weil ich sie beschützen muss,
Fräulein! Es könnt' Ihnen was widerfahren hier
im einsamen Wald.“
„Du wirst mich gewiſs beschützen können,“
spöttelte sie gutmüthig. „Schön also, bleibe hier,
mein Held, und passe auf, damit keine Räuber
kommen!Wirst dich schön langweilen!“ Sie hielt
mit ihrer Arbeit inne und betrachtete ihr Werk von
der Seite.
„Langweilen ... bei Ihnen? Nicht möglich!
Ich schaue Ihnen beim Malen zu, oder ich singe
ein Schnadahüpserl, oder ich erzähl' Ihnen was.
Und jetzt mach' ich mir's hier bequem.“
Er ließ sich auf dem weichen, moosigen Boden
nieder und lehnte den Kopf an einen Baumstamm.
Eine Pause entstand, in welcher man nichts vernahm,
als das Zwitschern der Vögel und das Summen
der Insekten.
Anita arbeitete emsig fort, und Army sah zu
den grünen Baumwipfeln hinauf; er hätte gern
geplaudert, aber er fülchtete, die Künstlerin dadurch
zu stören. So träumte er denn. Er erinnerte sich
seiner Kinderzeit, die trühe und dunk l gewesen war,
bis sie Anita erhellt hatte; er dachte an all' die
Märchen, die er in den eilenden Lauf der Wolken
hineingedichtet hatte. Er dachte daran, wie er so
oft mit klopfendem Herzen dem Gemurmel der
Wellen gelauscht hatte, als hätten sie ihm von seinem
sonnigen Leben erzählen können, das er ersehnt,
solange er seine schöne Beschützerin kennen gelernt
hatte. Er dachte an den Gott, der da oben hinter
dem blauen Himmel thronen und sein Zukunftsloos
in Händen halten sollte. —
„Du bist sehr schweigsam, Army! Woran denkst
du?“ unterbrach Anita die Stille und steich sich,
einen Augenblick pausirend, über die heiße Stirn.
„Ich ... Fräulein ... ich weiß es selber
kaum ... Wie das heut' warm ist!“
Er richtete sich auf und ging ein wenig auf
und ab.
Anita hatte indessen ihre Arbeit wieder auf-
genommen. Als sie eine Weile später zufällig nach
Army hinüberblickte, gewahrte sie, wie er dabei
war, ein Herz in die Rinde eines Baumstammes
zu ritzen.
„Der arme Baum!“ meinte sie bedauernd.
Gleich darauf lachte sie melodisch: „Nun musst
Du aber auch ihren Namen in das Herz schneiden!“
„Wess u Namen...?“
„Nun stell' Dich nicht so dumm an, Junge!
Den Nomen von derjenigen natürlich, die Du am
allerliebsten haft.“
Wieder lachte sie.
Army schüttelte trübe den Kopf. Wer auf der
weiten Welt sollte das wohl sein? Es gab keinen
Menschen, der sein Herz schneller schlagen ließ.
Da blieb sein Auge auf Anita haften — und langsam
grub seine Hand ihren Namen in die Rinde.
Ein seltsam forschender Blick ihrer großen,
klaren Augen trafen ihn. Er zuckte darunter zu-
sammen, heiße Röthe schofs ihm in die Wangen,
ein Leben führ durch seine Glieder, aber er wußste
nicht, woher das kam.
„Ei, ei, junger Mann, schon galant? „Anita
deutete lächelnd auf den Namen, dann zeichnete sie
weiter.
Er aber fühlte sich von ihren Worten merk-
würdig unangeaehm berührt. Es war ihm zu
das
Muthe, als hätte er auf irgend etwas unbestimmtes,
auf irgend ein beseligendes Etwas gewartet,
nun doch nicht gekommen war. In stummer Be-
klommenheit sah er vor sich hin.
Wie still und heiß es war! Die Natur schien
Die
dem Athem anzuhalten, als warte auch sie auf
etwas, das unwiderruflich kommen musste.
Waldblumen entsandten betäubende Düfte und das
tiefe Blau des Himmels überzog sich langsam mit
bleiernem Grau.
Vause
„Ich glaube, die Sonne steht gerade über uns:
es wird Mittag sein. Wollen wir nicht?
machen, Army?“ fragte Anita plötzlich und athu
ermüdet tief auf. „Allerdings, Du machst ja heute
überhaupt weiter nichts als Pause. — Schade, daſs
wir nichts Essbares mitgenommen haben; ich bin
ganz verschmachtet.“
sich auf einen
„Soll ich Beeren suchen gehen, Fräulein?“
erte
sagte
Sie wehrte jedoch ab und setzte
Army,
schattigen Platz nieder, der, etwas
Rücken eine Lehne bot. „Laſs nur,
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