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Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 223
1. October 1898
schon voraussage, was dann geschehen wird.
(Stürmischer Beifall rechts.)
Abg. Prade bespricht die Interpretation
der Geschäftsordnung und bezeichnet sie als gesetz-
widrig. Er spricht der Regierung den guten
Willen ab, den Ausgleich auf parlamentarischem
Wege zu regeln.
Nach dem Abg. Prade ergreift Abg. Das-
zynski das Wort.
Nach dem Abg. Daszynski sprach Abg. Dr.
Groß, worauf Abg. Dr. Lueger eine über-
aus wirkungsvolle Rede hielt. Er sagte: Der
Ministerpräsident hat uns heute an unsere Auf-
gabe gemahnt, daſs wir die Gesetze votieren
sollen. Unsere Aufgabe besteht darin, daſs wir die
Gesetze prüfen und wenn wir die Ausgleichsvor-
lagen prüfen, müssen wir sagen, sie sind gerichtet, weil
sie ein Verrath an Oesterreich sind. Ein College hat
gesagt, daſs es der Regierung nur um eine Comödie
zu thun war, als sie den Reichsrath einberief.
Meine Herren, wir wollen einig vorgehen, um das
Ministerium zu stürzen. Lassen wir uns nicht pro-
vocieren, lassen wir uns nicht reizen, dann wird
die Komödie eine Tragödie werden, aber nicht für
das Vaterland, nicht für Oesterreich, sondern für
den Grafen Thun, der dann nach Tetschen nach-
hause geschickt werden wird.
Hierauf ergreift Abg. Schwegel das Wort
zur Begründung seines Antrages.
Ja namentlicher Abstimmung wird der erste
Theil des Antrages mit 172 gegen 162 Stimmen
angenommen (Auf den Bänken der Deutschen ent-
steht ein riesiger Jubel, minutenlanges Beifalls-
klatschen, Heilrufe und Rufe: Hier ist die Majorität.
Wo ist die Regierung? Auf der Rechten herrscht
großer Unmuth.)
Mit den Deutschen stimmten die deutsche Fort-
schrittspartei, die deutsche Volkspartei, die Schöne-
rianer, die Socialdemokraten, die Italiener, die
oppositionellen polnischen Abgeordneten, von der
katholischen Volkspartei die Abg. Dr. Kampferer
und Dr. Schöpfer. Die übrigen Mitglieder der
katholischen Volkspartei und einige Slovenen hatten
sich absentiert.
Nachdem sich der Applaus gelegt hat, wird
der zweite Theil, in welchem die erste Lesung der
Ausgleichsvorlagen beantragt wird, vom ganzen
Hause angenommen.
Der Präsident schließt hierauf die Sitzung.
Inzwischen hat Abg. Wolf das Wort ergriffen und
fragt den Präsidenten, warum er ihm nicht das
Wort ertheilt habe. Während der Recriminationen
des Abg. Wolf leert sich der Saal.
Nächste Sitzung Montag.
Telegrapsische Nacirichiten.
Prag. 30. Sept. Das heutige Abendblatt
der „Port k“ veröffentlicht folgende Depesche aus
Agram: Der mohamedauische Hodza Mehmed
Effendi Spasid aus Mostar setzt im „Hrvatski
Pravo“ seine Enthüllungen fort. In seiner Unter-
redung mit dem Fürsten Nikolaus von Montenegro
über die Bestrebungen, für Bosnien eine besondere
Autonomie zu ermöglichen, soll der Fürst geäußert
haben, daſs er den Gouverneursposten für einen
seiner Prinzen wünsche, und soll hinzugefügt haben:
„Geschieht dies nicht, so lehne ich jede Mithilfe
ab!“ Dies habe der Fürst dreimal wiederholt.
Auf die Bemerkung Spasic's, daſs die Mo-
hamedaner darauf nicht eingehen würden, da sie
einen Mohamedaner an der Spitze des Landes
wünschen, soll der Fürst unwillig entgegnet haben:
Der Flintenschufs von Nevesinje hat der türkischen
Herrschaft auf dem Erbe meiner Väter ein Ende
gemacht und wird es auch mit der Herrschaft des
Schwaben thun. Ich werbe als der Erste unter
die Aufständischen gehen und mich an die Spitze
meiner Montenegriner stellen, wenn Europa noch
weiter die Lösung dieser Frage verzieht.
Wien, 30. Sept. Die Sitzung des Abge-
ordnetenhauses hat bis 12 Uhr Mittag noch nicht
begonnen. Der Vormittags stattgefundenen Be-
rathung der Clubobmänner der vereinigten deutschen
Partheien wohnte außer dem Präsidenten Dr. von
Fuchs auch der Obmann des Execulivcomités der
Rechten R. v. Jaworski bei.
Wien, 30. Septl. Das Landesgericht bat die
Entscheidung bestätigt, nach welcher das Pokerspiel
als Hazardspiel verboten ist.
Wien, 30. Sept. Die „Wiener Zeitung“ ver-
öffentlicht das Gesetz vom 19. September 1898,
mit welchem Bestimmungen wegen der Gehaltszu-
lagen für einen Theil der Räthe des Obersten
Gerichts- und Cassationshofes getroffen werden —
Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ferner eine
Kundmachung des Eisenbahnministeriums vom 6.
September betreffend die Concessionierung einer mit
elektrischer Kraft zu betreibenden schmalspurigen
Kleinbahn im Gebiete der Stadt Gablonz und Um-
gebung; weiters eine Kundmachung des Eisenbahn-
ministeriums vom 6. September 1898 betreffend
die Concessionierung der Fortsetzungslinie der mit
elektrischer Kraft betriebenen schmalspurigen Klein-
bahn von Teplitz nach Eichwald zur Station Teplitz
(Schlossgarten) der Localbahn Teplitz-Settenz-
Reichenberg.
Die „Wiener Zeitung“ meldet: Der Minister
für Cultus und Unterricht hat in Durchführung
der Bestimmungen des § 14 des Gesetzes vom
19. September 1898, Nr. 167 R.-G. B., betreffend
die Regelung der Bezüge der Professoren an Uni-
versitäten und denselben gleichgehaltenen Hochschulen
und Lehranstalten die den activen ordentlichen und
den besoldeten außerordentlichen Professoren der
Universitäten in dem bezogenen Paragraphen ein-
geräumte sechsmonatliche Frist zur Entscheidung
über den Fortbezug der Collegiengelder für die
Zeit vom 1. October d. J bis zum 31. März
1899 festgesetzt.
Budapest, 30. Sept. Der Finanzausschuss
des Abgeordnetenhauses erledigte gestern die Vor-
anschläge des Justizministeriums und des Landes-
vertheidigungsministeriums, nachdem die Minister
von Erdelyi und Baron Fejervary die verlangten
Aufklärungen ertheilt hatten. Im Laufe der Debatte
erklärte Baron Fejervry in Betreff des Militär-
strafverfahrens, daſs alle competenten Factoren die
Nothwendigkeit einer Aenderung des jetzigen Zu-
standes einsehen; der Lösung der Frage stünden
jedoch solche Schwierigkeiten entgegen, dass man
sich noch einige Zeit gedulden müsse.
Kopenhagen, 30. Sept. Gestern abends find
in Anwesenheit aller Mitglieder der königlichen
Familie in dem Gemache, in welchem die Leiche
der Königin ruht, ein kurzer Trauergottesdienst statt.
London, 30. Sept. „Reuter's Office“ meldet
aus Yokohama, Kang Yu Mai sei auf Formosa
eingetroffen und von den japanischen Behörden fest-
genommen worden.
Budapest, 30. Sept. Das Amtsblatt pub-
licirt eine Verordnung des Handelsministers, nach
melcher der Canal am Eisernen Thor mit 1. Oc-
tober für den Schiffsverkehr bis auf weiteres ohne
eine Einhebung von Taxen eröffnet wird.
Paris, 30. Sept. Dem „Journal“ zufolge
befinde sich Esterhazy seit Mittwoch wieder in
Paris. Der „Gaulois“ versichert, die Regierung
werde das Gesetz vom Jahre 1893, welches zur
Präventivbeschlagnahme von Druckschriften ermächtigt,
auf der Brochüre anwenden, deren Veröffentlichung
Esterhazy beabsichtigt, falls dieselbe Enthüllungen
enthalten sollte, welche die staatliche Sicherheit nach
außen berühren würde. Dasselbe Blatt sagt, Casi-
mir Perier habe sich Interwievern gegenüber, welche
ihn um Aufklärungen hinsichtlich der jüngsten Pu-
blikation der „Daily News“ ersuchten, darauf be-
schränkt, auf seine vor den Assissen abgegebenen Er-
klärungen zu verweisen. Er kenne diejenigen That-
sachen nicht, welche sich auf die Angelegenheit be-
ziehen, mit welcher der Gerichtshof sich beschäftigt,
und hinsichtlich der übrigen lege ihm seine Pflicht
und seine Unverantwortlichkeit Stillschweigen auf.
Madrid, 30. September. Ein Telegramm aus
Iloilo meldet, daſs der Aufstand auf den Philip-
pinen eine beträchtliche Ausdehnung annimmt. Die
„Corespondenzig“ tadelt es, daſs die Amerikaner
die Erhebung der Insurgenten dulden und fordert
die Regierung auf, im Wege der Pariser Friedens-
commission dagegen Einspruch zu erheben.
London, 30. Sept. „Reuters Offiee“ meldet
aus Paris: Es verlautet aus guter Quelle, daſs
das Ultimatum inbetreff Kretas gestern dem Sultan
überreicht worden sei.
Condon, 30. Sept. Die „Times“ melden
aus Peking: Sechs Anhänger der Reformpartei
wurden wegen einer Verschwörung gegen die Kaiserin-
Witwe hingerichtet. Die Stadt ist ruhig.
(Die Mondschein-Ansichtspostkarten)
verspottet in seinem jüngsten Hefte der Kunstwart“ wie
folgt: „Ganz Deutschland reist neuerdings zumeist bei
Mondschein. Glaubst du's nicht, Leser? Dann antworte
mir, bitte: wozu verschickt man Ansichtsposikarten? Um
zu zeigen, wie die Welt aussah, als man sie gesehen hat,
nicht wahr? Gut, so sieh dir die Ansichtspostkarten an:
die meisten sind blau, und auf allen, die blau sind, scheint
der Mond, also muſs man doch wohl zumeist bei Voll-
mond reisen. Bei Vollmond, denn der Ansichtspostkarten-
mond ist immer überall ein Vollmond. Ein merkwürdiger
allerdings, nämlich einer, der bald im Süden steht, bald
im Westen, Osten und Norden, nämlich ein mit irgend-
welchen geheimen Naturkräften von der Erde aus trans-
portabler Vollmond, der sich nach des Herrn Photographen
Wunsch, immer recht freundlich in die Mitte vom Bild
stellt. Daſs die Schatten auch mitliefen, wäre freilich zu
viel verlangt, diese Mondscheinschatten stellen sich vielmehr
eigensinnig immer gerade so, wie die Sonnenlichtschatten,
und nun fallen sie allerdings dem Ansichtspostkartenvoll-
mond gelegentlich beinahe auf die Nase. Aber das thut
nichts, wenn nur die Poesie gewahrt wird. Denn Ansichts-
postkarten mit Vollmond, musst du bedenken, sind so
poetisch.
Studttheater. Großer Unterhaltungs Abend des
Karlsbader Turnvereines (gegr. 1860).
1. Spanische Lustspiel-Ouverture von Köler-Böla,
2. Stabübungen, ausgeführt von der Vorturnerschaft
3. Traum-Walzer aus der Operette „Der Feldprediger“,
gesungen von Herrn August Kretschmer. (Pianobe-
gleitung: Herr Kapellmeister Ernest Eberhart)
4. Turnen am 3holmigen Barren
5. Gruppenübungen der Vereinszöglinge
6. La Jolie Coquette von Mollenbauer, Violin-Solo,
vorgetragen von Fräulein Valerie Knoll. (Pianobe-
gleitung? Herr Kapellmeister Ernest Eberhart)
7. Sectionsturnen an 5 Pferden
8. Julchen, Polka von Nentwich, gesungen von Herrn
August Kretschmer (Orchesterbegleitung)
9. Turnen am 5fachen Schwebereck
10. Fahnenschwingen mit Schlussbild
Preise der Plätze wie gewöhnlich — Anfang 61/2 Uhr.
Ausweis der Spenden
für die unterstützungsbedürftige Schauspielers-Witwe,
welche noch weiter bei uns eingegangen sind:
Frau Marie Zörkendörfer (Villa Helenenhof) .. fl.
Ein Theaterfreund dem alten Holzweib in
Raimund's Verschwender..
Frau Toni Brachtel.
W. G. ....
M....
zusammen?
Dazu die bereits ausgewiesenen ..
Im Ganzen . fl
Im Namen der Betheilten dankt den edlen Spendern
die Hessaction.
..
Franz Wilhelm'g abführender Thee
von Franz Wilhelm, Apotheker in Neunkirchen, Nieder-
österreich, ist durch alle Apotheken zum Preise von ö. W.
fl. 1. — per Packet zu beziehen.
Wer den Thee trinken will, weil er 3/3. B. an Gicht,
Siheumatismus oder sonst einem veralteten liebel leidet,
soll von den acht getheilten Wackets durch acht Tage
täglich eines mit einem Liter Wasser auf einen halben
Liter einkochen, den abgekochten Thee durchseihen und zur
Hälfte Früh bei nüchternem Magen und zur Hälfte Abends
vor dem Schlafengehen lauwarm trinken. Bei hart-
näckigem Leiden soll der Thee beharrlich getrunken werden,
bis das Leiden behoben ist (was oft nicht mit einem
ganzen Packete erreicht wird) Ist das tiefsteckende
Leiden beseitigt, so hat man dann blos zeitweilig. z. B.
bei Beginn der vier Jahreszeiten, ein ganzes Packet zu
verbrauchen, wodurch etwa vorhandene Kkantheitsstoffe
mit dem Urin und sonst durch die Unterleibsorgane aus-
den
geschieden werden und man vor weiteren Leiden befreit
bleibt. — Während dieser Thee-Cur ist eine strenge Diät
zu empfehlen und sind Speisen und Getränke, die
Magen beschweren, zu meiden; fette, salzige, äuerliche,
Hasse
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stark gewürzte Speisen, sowie Genufs von Bier und Wein
sind nicht zu empfehlen. Vor Verkühlung und
soll man sich während der Cur schützen.
Gedenket des
„Deutschen Schulvereines“
bei festlichen Gelegenheiten, Wetten, Gewinsten ꝛc.
Bade-Bulletin.
Unter den gestern angekommenen Kurgästen befinden sich
Herr Ignatz Kron, Kaufmann mit Tochter ans Wien
(Hotel Trantwein)
Herr Alfred Göhring, Kaufmann und Konsul aus Leipzt
Hotel Schi.
Herr Francis G. Peabody, Professor mit Gemalin auf
Cambridge
Herr Curt von Byern, kgl. preuß. Oberstlieutenant
DDeſterr. Wappen)
D. aus Berlin
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-10-01-n223_4700.jp2