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1. October 1898
Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 223
Seite 3
410 Uhr beginnenden Predigt die Messe in D
von Ignaz Reimann, das Graduale „Benedicta“
(Alt-oFrulein Bertha Lucka) von Moritz
Brosig op 52 und das Offertorium „Ave Maria“
für Sopran-Sold (Fräulein Franziska Krauskopf)
von Wenzl Rank op. 15 zur Aufführung gelangen.
Im Hochamte am Namenstage Sr. Majestät,
Dienstag den 4. d. M. vormittags 10 Uhr werden
die Messe Nr. 1 in F von W. E. Horat, das
Graduale „O Deus“ für Alt-Solo (Fräulein Bertha
Lucka) von Laurenz Weiß op. 57 und das Offer-
torium „Intende voci“ für Sopran und Alt (die
Fräulein Franziska Krauskopf und Marianne
Statk) von Stanislaus Moniuszko zur Aufführung
gebracht werden. Zum Schlusse des Gottesdienstes
werden das „Te Deum“ („Großer Gott wir loben
Dich“
und das Kaiserlied gesungen.
(Zweigverein Karlsbad vom Frauen-
Hilfsverein vom Rothen Kreuz) Morgen
Sonntag vormittags 1/212 Uhr findet im Sitzungs-
saale des Neubades eine außerordentliche General-
versammlung dieses Vereines behufs Trauerkund-
gebung anfässlich des Ablebens weiland Ihrer
Majestät Kaiserin Elisabeth statt.
(Restaurations- Uebernahme.) Das
bisher von Herrn Hotelier Karl Wacker geleitete
Hotel „Bairischer Hof“ hat der bisherige Restau-
tateur im „Schwedischen Haus“, Herr August Reis
pachtweise übernommen. — Das Restaurant
„Schwedisches Haus“ wird dessen Besitzer, Herr
Kail Sippert in eigener Regie weiterführen.
(Geschäftliches.) Das Stadtbureau der
Fixma Ulrich & Groß, welches sich bisher im Hause
„Goldner Löwe“ befand, wurde von der Firma
aufgelassen und in das Haus „Stadt Watschau“,
Kaiserstroße, verlegt.
(Preiscongress in Karlsbad.) Auf
dem in Lissavon tagenden Journalisten Congresse
wurde über Vorschlag der österreichischen, deutschen
und schweizerischen Journalisten von Prof. Koch
beantragt, dase der Congress im Jahre
1901 iu Karlsbad abgehalten werde. Diese
heute morgens uns zugekommene telepraphische
Nachticht wird hier allgemein freudig aufgenommen
werden —
Im Jahre 1902 findet der Congress in
Schweiz und im Jahre 1903 in Heidelberg statt.
(Die Abend-Concerte der Kur-
pelle) beginnen von nun an bereits um 7 Uhr.
(Straßensperre in Drahowitz)
Die Straße durch Drahowitz (Gießhüblerstraft)
bleibt infolge der Herstellung der Straße durch die
Dampistroßenwalze bis incl. 4. October für den
Durchzugsverkeht gesperrt.
(k. k freie Bergstadt Sankt Joat
chimsthal.) Se. Maj'stät der Kaiser hat mi-
Allerhöchster Entschließung vom 4 September zu
bewilligen geruht, daſs die Stadt Joachimsthal den
„Kaiserliche königliche freie Bergstadt Sankt
Joachimsthal“ amtlich gebrauchen und führen darf.
knisterndes, leichtes Zeug kam ihm dabei zwischen
Finger — aber keine Spur von seiner Geige.
Herr Erwin Brändel bearbeitete grausam mit
beiden“
Fäusten sein lockig Haupt und ftöhnte herz-
ud auf.
(Er hatte einen falschen Koffer vor sich — dem
sehen nach zweifellos ein Zwillingsbruder des
sein“
gen, aber doch falsch, falsch!
„Meine Geige!“ rief er verzweiflungsvoll,
mein neuer Frack — noch nicht bezahlt — das
Lonzert -
wenn
ohne meine Geige. Ich bin vernichtet,
ich meine Violine nicht wiederfinde!“ tiferte
nit heftigen Gesten die Treppen hinabstürzend,
fort.
fort zur Bahnstation.
pfschüttelnd schaute ihm der im Hausflur
wichsende Oberkellner nach.
„Verrückter Kauz,“ murmelte der Johann für
diederfindet. Ich wär' noch heilfroh, wenn mir
„vernichtet, wenn er seine Linie nicht
Jette verloren ging.“
Der Güterinspektor des Bahnhofs hatte als
bildeter Mann schon mehr Verständnis für das
Tra
agische der Sachlage. Er versprach sein Mög-
zu thun, befragte die Packträger, durchsah
e
gelieferten Frachtscheine, telegraphirte noch
allen möglichen Richtungen und versprach dem ver-
zweifelnden Künstler unbedingt den Austausch seines
Rof
Freilich — kam der unangenehme Nach-
� nach
bgehinkt — ein oder zwei Tage können dar-
ver
gehen.
(Fortsetzung folgt.)
meine
die
bre h
Teplitz, 28. September. [O. C] (Rein deutscher
Poststempel in Turn. — Ernennung. — Die
Forderungen der Bergarbeiter abgelehnt.) In
der gestern stattgehabten Sitzung der Gemeindevertretung
in Turn kam das Ansuchen des dortigen Gewerbevereines
um Verwendung eines nur deutschen Poststempels zur
Verhandlung. Die Eingabe weist darauf hin, daſs Turn
eine deutsche Gemeinde sei und die Bezeichnung „Trnovan“
im Poststempel (tschechisch) gäbe oft Anlass zu Verwechs-
lungen, weil in Böhmen gleichnamige Orte bestehen.
Der Antrag des Gemeinderathes, welcher geht dahin, daſs
die Gemeinde geeignete Schritte unternehme, damit die
tschechischen Aufschriften auf dem Poststempel und dem
Amtslocale entfernt werden, und dem deutschen Postamte
Turn nur deutsche Beamte zugetheilt werden. — Der
k. k. Statthaltereiconceptspraktikant Dr. Laika in Teplitz
wurde vom Statthalter zum Concipisten ernannt. — Die
Werksbesitzer des hiesigen Braunkohlenrevieres haben nun
auch die Forderungen der Bergarbeiter rundweg abge-
lehnt.
Abgeordnetenhaus.
Wien, 30. September 1898.
Da am Vormittag die parlamentarische Com-
mission der Rechten und die Clubobmänner-Con-
ferenz der Linken versammelt waren, um die in
Angelegenheit des Dringlichkeitsantrages des ver-
fassungstreuen Großgrundbesitzes bestehende Mei-
nungsverschiedenheit mit dem Präsidenten auszu-
gleichen, erfolgte der Beginn der Sitzung erst
mittags. — Der von der parlamentarischen Com-
mission der Rechten gemachte und von den Ob-
männern der Linken acceptirte Compromißvorschlag
besteht in folgendem: In der heutigen Sitzung
wird zunächst die Wahl der Quotendeputation vor-
genommen.
Dann erhält Abg. Freiherr von Schwegel
das Wort zur Begründung seines Dringlichkeits-
antrages, worauf Ministerpräsident Graf Thun eine
kurze Erklärung abgibt. Implicite wird in der
Debatte über die erste Lesung der Ausgleichsvorlage
auch die Debatte über den Ausgleich betreffende
Dringlichkeitsanträge enthalten sein.
Nach Verlesung des Einlaufes und Inter-
pellationen der Abg. Schönerer und Stoja-
lowski wird zur Wahl der Quotendeputation ge-
schritten. Der Abg. Schönerer beantragt, daſs die
Wahl mittels Namensaufrufes vorgenommen werde,
und daſs über diesen Antrag die namentliche Ab-
stimmung erfolge. Der Antrag auf namentliche
Abstimmung wird nahezu einstimmig abgelehnt.
(Abg. Schönerer ruft: „Die Obstruction ist fertig
in nationaler Beziehung.“) Auch der Antrag auf
Vornahme der Wahl mittels Namensaufrufes wird
abgelehnt. (Großer Lärm bei den Christlichsoci-
alen. Abg. Bielohlawek: Wir sind nicht mit Gold-
markstücken bezahlt, wir sind nicht im Dienste
Bismarck's!)
Vor Uebergang zur Tagesordnung ertheilt
der Präsident dem Ministerpräsidenten das Wort.
Das ganze Haus verlässt die Bänke und drängt
sich an die Ministerbank heran.
Ministerpräsident Graf Thun: Hohes Haus!
Es sei mir gestattet, das hohe Haus zu begrüßen
und die Hoffnung auszusprechen, daſs diese Session
eine Session der Arbeit sein werde. Eine große
Reihe wichtiger Fragen sind der Erwägung des
Hauses zu unterziehen. Die Interessen der weite-
sten Kreise der Bevölkerung drängen gebieterisch zur
Aufnahme der parlamentarischen Thätigkeit. (Lärm
bei der Schönerergruppe. Rufe: Heben Sie die
Sprachenverordnungen auf. Der Präsident läutet
und ruft dem Abg. Schönerer zu: Sie haben nicht
das Wort. Abg. Schönerer: Das weiß ich. Die
Zurufe kommen ja nicht ins Protokoll. Lauter
Widerspruch und Färm auf Seite der Christlich-
socialen. Abg. Wolf: Sie sind nicht hier im Ge-
meindetathe, Herr Bürgermeister!) Graf Thun:
Es muss gesorgt werden für eine Gemeinsamkeit des
Zollbündnisses mit Ungarn, es muss Alles ver-
mieden werden, was der Einigkeit im Wege steht
und Alles gesucht werden, was zur Einigkeit
führt. In der Einigkeit liegt die Kraft und
Wohlfahrt des Volkes, in der Trennung der wirt-
schaftlichen Interessen ein Niedergang und eine
große Schädigung beider Theile des Reiches.
Wenn es nicht gelingen sollte, die wirtschaftliche
Gemeinsamkeit herzustellen, würde unsere Industrie
der schwersten Krise zugeführt werden. Tausende
von Händen würden ihrer Arbeit beraubt, dem
Elende zugeführt werden und fern von der Heimat
ihren Broterwerb suchen müssen. (Lärm bei der
Schönerergruppe. Rufe: Seien Sie doch ruhig!)
Graf Thun fordert zur Aufnahme der parlamentarischen
Thätigkeit auf und erklärt, daſs es nicht angehe,
den Ausgleich zu begraben. (Unruhe auf der Linken.
Abg. Wolf: Sie wollen nur dem Badeni helfen.
Ihnen handelt es sich darum, unsere Volksrechte zu
verschachern!) Graf Thun: Wir sehen, daſs ver-
schiedene Strömungen und eine Theilung der Mei-
nungen sich kundgibt. Die Majorität ist nach wie
vor für die parlamentarische Arbeit, in den Reihen
der Minorität theilen sich erfreulicher Weise ...
(Stürmische Unterbrechung seitens der Schönerianer.
Abg. Schönerer: „Hört! Hört!“ Abg. Wolf: „Das
ist das Zeugnis aus dem Munde des Ministerpräsi-
denten!“ Der Präsident läutet und ruft: „Ich
bitte um Ruhe!“ Abg. Schönerer: Sie waren Mit-
glied des Präsidiums Abrahamowicz. Sie sollten
ruhig sein!“ „Staatsverbrecher gehören ins Zucht-
haus. Holen Sie die Polizei herein.“)
Der Präsident ruft den Abg. Schönerer zur
Ordnung. (Abg. Schönerer: „Lassen Sie nur
wieder die Polizei herein!“)
Ministerpr. Graf Thun: Ein anderer Theil
der Minorität ist nicht gewillt, seine Opposition
aufzugeben. Wir dürfen über dieser für die
Monarchie so wichtigen Aufgabe nicht vergessen,
dass wir auch noch andere der Bevölkerung ge-
genüber wichtige Aufgaben zu erfüllen haben.
(Ruse bei der Schönerergruppe: Wichtig ist die
Aufhebung der Sprachenverordnung. Die Abg.
Iro, Wolf und Schönerer schreien wild durchein-
ander). Graf Thun: Den großen Rechten, die
das Parlament besitzt, stehen aber auch große
Pflichten entgegen, nämlich die Pflichten, die Arbei-
ten auf allen Gevielen wieder aufzunehmen. (Abg.
Wolf: Es gibt positive und negative A beiten, die dem
Volke Millionen Gulden kosten. Regiert nur weiter
mit dem § 14!) Graf Thun beschwört schließlich
die Minorität, den Kampf einzustellen und mit der
Majorität gemeinsam vorzugehen. (Abg. Schönerer:
Erst müssen Sie die Sprachenverordnungen auf-
heben; sie sind die Ursache alles Uebels. Abg. Iro:
Wenn' wir die parlamentarische Verhandlung zu-
lassen, dann kriegen wir noch mehr Sprachenver-
ordnungen.) Graf Thun: Arbeit liegt genug vor,
wir haben den Ausgleich ... (Lärm bei Schö-
nerianern). Unter großem Lärm zählt der Minister-
präsident die legislatorischen Arbeiten auf und
schließt: Wenn das Haus wirklich positiv arbeiten
will, dann wird es sich erweisen, ob die Geneigt-
heit, den Ausgleich in Berathung zu ziehen, wirklich
dem Wunsche entsprungen ist, diese ersprießliche
Arbeit zu leisten. Im Wogen des parlamentarischen
Lebens entstehen oft heftige Kämpfe, aber es darf
nicht soweit kommen, daſs die schärfste Form dieses
Kampfes zum Selbstzwecke wird. Die Regierung
ist vollkommen geeint mit der geehrten Majorität.
(Rufe links: Das glauben wir!) Graf Thun: Ge-
eint in dem Bestreben, ernste Arbeit auf allen
Gebieten zu beginnen und auszuführen, und mit
diesem Streben wird jeder Patriot den größten
Erfolg erzielen. Graf Thun schließt mit der Bitte,
auf die Berathungen des Ausgleiches einzugehen.
(Beifall rechts. Großer Lärm und Wiederspruch
links.) —
Abg. Wolf wünscht das Wort. Unterdessen
hat aber Abg. Freiherr von Schwegel das Wort
erhalten. Er ergreift dasselbe, wird aber von
wüthenden Zurufen der Schönerianer unterbrochen.
Nachdem Adg. Wolf wiederholt das Wort verlangt
hat, ruft er: „Herr Präsident, ich verlange zum
letztenmale das Wort! Da er es nicht erhält,
ruft er nach einer Pause: „Dann spreche ich Ihnen
meine tiefste Verachtung aus.“ Abg. Schwegel
spricht unterdessen weiter.
Nach ihm erhält Ministerpräsident Graf
Thun das Wort. Ich kenne, sagt er, die parlamen-
tarischen Regeln nicht, die es gestatten, Fragen zu
stellen, die Eventualitäten betreffen, über welche die
Entscheidung dem hohen Hause obliegt Wenn das
Haus seinen Aufgaben nicht gerecht werden wird,
wird es Sache der Regierung sein, die Entscheidung
zu treffen. Es geht aber nicht an, daſs ich jetzt
Název souboru:
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