Text na stránkách 2

Text: 
Seite 2 „Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 223 1. October 1898 möglich, ein Wintertheater hier im Stadttheater zu etablieren und wäre nur halbwegs auf eine Ein- nahme, die zur Regie in annäherndem Verhältnisse stünde, zu rechnen, hätten wir mit Freuden uns dafür eingesetzt. So ist es jedoch nicht unsere Sache Don Quichoterie zu treiben. (Turner-Abend im Stadttheater.) Einem schon traditionellen Brauche zufolge schließt sich alljährlich der letzten Vorstellung im Stadttheater ein Unterhaltungsabend des alten Turnvereines daselbst an, der jedesmal ein reiches abwechselndes Programm bietet und nicht nur Zeugnis ablegt von der eifrigen Turnpflege in diesem Vereine, sondern auch berufener und dilettirender Kunst aller Art Gelegenheit gewährt, vor die Oeffentlichkeit zu treten. — Auch diesmal hält der Turnverein an seiner Gepflogenheit fest und ladet seine Gönner für heute Abend in das Stadttheater ein, um ihnen wieder ein ganz besonderes Amusement zu bieten. Wir verweisen bezüglich des Programmes auf den Vergnügungsanzeiger unseres heutigen Blattes und heben nur hervor, daſs zu diesem Abende die jugendliche Violinkünstlerin Fräulein Valerie Knoll, Töchterchen des verewigten Bürgermeisters Eduard Knoll, dann das hier allgemein beliebte Mitglied des Stadttheater-Ensembles Hrr August Kretschmer, sowie Herr Capellmeister Ernst Eberhart (am Piano) und die Kurcapelle freundlichst mitwirken. — Der Abend verspricht interessant sich zu gestalten und läßt wie immer einen regen Besuch erwarten. (Das Damendampfbad) im Kurhause wird mit Samstag den 1. October l. J. geschlossen. (Das Herrendampfbad) bleibt weiter geöffnet und können Bäder in der Zeit von 9 bis 1 Uhr genommen werden. Die Kartenausgabe wird um 12 Uhr geschlossen. Die Benützung dieses Dampfbades ist reserviert: Für Herren Sonntag, Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag. Für Damen Dienstag und Freitag. Die Moor- und Mineralbäder im Kurhause sowie die Bäder im Sprudelbadehause bleiben weiter geöffnet. (Karlsbader Sängerbund.) Zu dem morgen im „Hotel Weber“ stattfindenden Unter- haltungs-Abend mit Tanzkränzchen hat der Karls- bader Sängerbund folgendes Programm zusammen- gestellt: 1. Erzherzog Albrecht-Marsch von Komzak 2. Irrfahrt um's Glück, Ouverture von Suppé. (Schwager'sche Coricert-Kapelle) 3. Es rauscht ein stolzer Strom, Männerchor mit Klavierbegleitung von F. Mair. 4. a) Waldandacht. Männerchor von Abt. b) Schwälbelein komm' wieder. Männerchor von Karl Lehnert. 5. Zauberlied. Lied für Bariton v. Mayer-Hellmund. (Solo: Rud. Neumeyer.) 6. Der vernagelte Bua. Männerchor von Koschat. 7. Muttersprache. Männerchor mit Baritonsolo von Engelsberg. (Solo: Rud. Neumeyer.) 8. Kurz und erbaulich. Potporri von Schreiner. Schwager'sche Concert-Kapelle.) 9. Ein internationales Männerquartett. Humoristische Scene von R. Wolf. (Reupert, König, Kohout Schießl.) 10. Die Flucht der Liebe. Männerchor mit Baritonsolo von Engelsberg. (Solo: Rud. Neumeyer.) 11. Die Menagerie. Komische Solo-Scene v. Böhme. (Reupert.) Die Wacht. Scene von Kunze. (Auf vielseitiges 12. Verlangen.) 13. In Reih' und Glied. Marsch von Millöcker. (Schwager'sche Concert-Kapelle.) (Verleihung des Bürgerrechtes.) Den Herren Leonhard Kohl, Pächter des Re- staurants Stadtpark und Kurhaus, Baumeister Joh. Putz und Josef Drumm, Pächter des Restaurants „Panorama“ wurde in der vorgestrigen Stadtver- ordneten-Sitzung über deren Ansuchen das Bürger- recht der Stadt Karlsbad verliehen. (Aufnahme in den Heimatsver- band der Stadt Karlsbad) In der vor- gestrigen Stadtverordneten-Sitzung wurde dem An- suchen der Herren Franz Simon Schart und Leonhard Kohl um Aufnahme in den Heimals- verband der Stadtgemeinde Karlsbad stattgegeben. (Vichy contra Karlsbad.) Die Ber- liner „Balneologische Zeitung“ schreibt: „Professor Huchard setzt in Frankreich in seinen Vorlesungen den Feldzug gegen die ausländischen Bäder fort. Diesmal ist Karlsbad daran gekommen. H. zieht nämlich eine Parallele zwischen Karlsbad und Vichy, mit welchem Richt, dies einzusehen reicht unser medi- cinisches Verständnis nicht aus Wir hielten bisher die Mineralquellen dieser beiden Orte für recht verschieden. Die Diät, wie in Karlsbad, findet sich in Vichy nicht, aber darüber kommt H. schnell hinweg, indem er es gelassen ausspricht, daſs Karls- bads Quellen eben eine strenge Diät erfordern, während die Quellnymphen in Vichy für diätetische Sünden gnädigst Absolution ertheilen. Uebrigens lasse sich ja auch in Vichy eine kurgemäße Diät einrichten. Die großartigen Kureinrichtungen und Bäder Karlsbads erkennt H als denen Vichys über- legen an; sie sind seiner Meinung nach von der Kurtax- gebaut. Zum Schluss kann er nicht umhin, zuzugeben, daſs Karlsbad und Vichy verschieden auf den Organismus wirken. Aber die Indikationen Vichys paſsten besser für die nervöse und erregbare französische Race. Dies ist jedenfalls etwas Neues. Jahraus, jahrein strömen Kurgäste aus allen fünf Welttheilen in Karlsbad zusammen und man hat noch nicht gehört, dass sich darunter „Racen“ be- fändea, bei welchen die Wirkungen seiner Quellen versagen oder deren Organismus anders darauf reagikt. Vielleicht kommt Professor Huchard noch darauf hinaus, daſs der Gott, der Quellen in Frankreich „wachsen“ ließ, sie eben auch schon für den Nationalcharakter und die Raceeigenthümlich- keiten der Franzosen express besonders geeignet zu- sammengesetzt hat.“ (Der Entomologische Verein für Karlsbad und Umgebung) bringt seinen Mitgliedern zur Kenntnis, daſs die Monatssitzungen jeden ersten Sonntag des Monats um 2 Uhr nach- mittags im Vereinslocale Café und Restaurant „Panorama“ stattfinden. In diesen Sitzungen werden wissenschaftliche Vorträge, dann das Be- stimmen der schädlichen und nützlichen Insecten, Zu- sammenstellung verschiedener Biologien, Kauf und Tausch veranstaltet. Es liegt im Interesse der Herren Vereinsmitglieder, diese hochinteressanten Sitzungen fleißig zu besuchen und das leicht über Sommer Vergessene wieder nachzuholen. Zu diesen Sitzungen haben Gäste freien Zutritt. Die erste Monatssitzung wird morgen um 2 Uhr nachmittags stattfinden. Programm: 1. Mittheilung des Ob- mannes. 2 Feststellung des Winterprogrammes. 3. Anträge der Mitglieder. 4. Tauschverkehr. 5. Vortrag des Herrn H. de Witte. Die Herren Mit- glieder werden ersucht, Tauschobjecte mitzubringen, (Die Pflasterung) der Johannes-, Sophien und Militärbadehaus Brücke mit Holz- stöckeln wurde, wie gleichfalls von uns kurz ge- meldet, in der vorgestrigen Stadtverordnetensitzung beschlossen und für diese Pflasterung der Betrag von 3976 fl bewilligt. Unsere Leser werden sich noch erinnern, daſs wir im heurigen Frühjahre dieses Holzstöckelpflaster für die Brücken deshalb empfohlen haben, weil durch das jetzige Macadam- pflaßer der Brücken von denselben an regnerischen Tagen stets der Schmutz auf das Stöckelpflaster der benachbarten Straßen geschleppt wird und hier- durch diese Straßen ein unsauberes Aussehen er- halten. Damals wurde seitens des Stadtrathes geltend gemacht, daſs sich dieses Stöckelpflaster auf den Brücken infolge der hierdurch bedingten Niveau- erhöhung nicht ausführen lasse und unser Wunsch fiel unter den Tisch. Heute wird geltend gemacht, dass die Stöckelpflasterung der Brücken nun doch ohne Niveauerhöhung möglich sei, weil man keine 15 cm hohe Betonschicht und keine 15 em hohe Stöckeln benöthige, sondern daſs hierzu auch 5 em Beton und 5 cm hohe Stöckel genügen. Sollte man das nicht auch schon im Frühjahre gewuſst haben, wo die Stöckelpflasterung der Neuen Wiese vorgenommen wurde und wo die ganze Arbeit in einem Aufwaschen — jedenfalls billiger wie jetzt — hätte fertiggestellt werden können? (Kirchenmusik.) An dem morgigen 18. Sonntage nach Pfirgsten, zugleich dem Rosenkranz- fest-Sonntage, werden im Hochamte nach der um- Roggen. Das aus diesen Bohnen bereitete Mehl ist leicht verdaulich. Außerdem hat der Anbau der Pflanze für die Landwirtschaft noch den Vortheil, daſs sie wie alle Legaminosen als Stickstoffsammlerin zur Verbesserung des Bodens beiträgt. Nach einer in Japan hergestellten Analyse enthalten die Samen 1/,% Stickstoff und nach einer anderen Untersuchung 2oEiweißstoff. Ausgetauscht. Humoresle von 5. Abt. Machdruck verboten.] rief der Station L., alles aussteigen!“ Schaffner, und den Abtheilen entquoll der hastende Menschenknäuel. Ein schlanker, junger Mann arbeitete sich noch mit etwas mehr als der allge- meinen Durchschnittseile den Bahusteig entlang, dem ausgeladenen Gepäck zu. „Bitte, recht schnell meinen Koffer, dort der graue mit rothem Lederbeschlag, E. B. gezeichnet,“ rief er einem Packträger zu, welcher nach einem flüchtig vergleichenden Blick auf Gepäcknummer und Scheinden sehr leichten Koffer nach einer Droschke „Wohin?“ fragte, den Kutschenschlag öffnend, der Rosselenker den einsteigenden Fremden. „Nach dem grünen Baum,“ kam die Antwort leise, fast ein wenig schamhaft. „Grüner Baum “ nickte der Kutscher pfiffig gedehnt, sich das rosig erglühende Riechorgan reibend. — Und sich auf seinen Sitz schwingend, trug. (1) begann er in wehmüthigem Moll den „lieben Augustin“ zu pfeifen. Der grüne Baum war just kein Gasthof, wo Leute abzusteigen pflegten, die auf einen grünen Zweig gekommen waren. Nach einer Fahrt durch enge, holprige Gassen hielt die Droschke vor dem ziemlich altersgrau aus- sehenden grünen Baum. Der Reisende folgte dem grünbeschürzten Hau-knecht, welcher in seiner Person zugleich noch die Würde eines Pförtners und Ober- kellners vereinigte, eine schmale, steile Treppe hinan und athmete angenehm überrascht auf, als er sich in einem Zimmer fand, welches zwar von jeglichem Aufwand unberührt, jedoch sauber und — was bei dem eisigen Novemberwetter das Angenehmste — behaglich durchwärmt war. „Na, adjes derweile,“ verabschiedete sich der Oberkellner alias Hauskaecht. „Wenn Sie was haben wollen, brauchen Sie nur zu rufen, ich heiß' Johann. Dort die Klingel ist jetzt entzwei.“ Der junge Mann hatte seinen Ueberrock aus- gezogen und sich ermüdet auf das Sofa geworfen; aber mochten es die schauderhaft emporsprießenden, zerbrochenen Federn desselben sein, oder die ihm unverkennbar innewohnende Aufregung: er sprang sofort wieder auf und sah nach seiner Uhr. „Halb fünf,“ murmelte er. „Noch zwei Stunden!“ Er begann im Zimmer auf und ab zu laufen. „Ruhig!“ ermahnte er sich dann, stehen bleibend und mit der weißen, schöngeformten Hand sich das etwas lange, wellige Haar aus der Stirn streichend. „Mit dieser fieberhaften Aufregung kann ich nicht vor ein scharf urtheilendes Publitum hintreten. Und doch — wenn ich denke, wie viel für mich von den nächsten Stunden abhängt — eine gesicherte Zukunft, die Ruhe und Pflege, deren meine arme alte Mutter so nöthig bedarf wie traurig würde sie sein, wenn auch diese Hoffnung mir wieder fehl- schlüge. Nein,“ rief er dann, sich aufrichtend, „ich will nicht zagen! Ich will meiner Kunst, ich will mir vertrauen! Er kniete nieder, um seinen Koffer zu öffnen. Das Schloss sprang auf, er schlug den Deckel zurück. Etwas verwundert sah er ein weißes Tuch, welches er sich doch nicht entsinnen konnte, dahin gelegt zu haben, sorgfältig über den Inhalt des Koffers gebreitet. „Sonderbar,“ murmelte er, das Tuch langsam lüftend und nun erblickte er — nicht seinen schwarzen Gesellschaftsanzug und den viel theureren Violin kasten, sondern — sondern eine zartrosa, silber- durchzogene Gazewolke bauschte sich vor ihm auf. Eine Mixute stand der junge Mann regungs- los, wie vom Blitz getroffen, jede Muskel seines Gesichts von grenzenlosem Staunen und Entsetzen gespannt, und starrte die duftige Rosenwolke an, dann kehrte ihm plötzlich die Bewegung zurück. Mit einem Ruck warf er den Kofferdeckel wieder u. Oben auf musste ja sein Name stehen! Ja, da waren allerdings die wohlbekannten großen Buch- staben „E. B.“ — Erwin Brändel. Er riss noch einmal den Deckel auf und wühlte mit beiden Händen in den Koffer hinein, — allerhand rauschendes.
Název souboru: 
karlsbader-badeblatt-1898-10-01-n223_4690.jp2