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3. Juli 1898 „Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 149 Seite 9 Telegrapsiische Nacirichken. Große Erdbeben. Uxa Wien, 2. Juli. Der Minister des Aeußern, Graf Goluchowski tritt seine Erholungsreise nach dem Vogesenbade Vittel nicht heute, sondern morger an. Wien, 2. Juli. Die „Politische Corresp.“ meldet: Die Kaiserin wird sich mitte Juli zum Curgebrauche nach Bad Nauheim begeben. Die Allerhöchste Frau leidet schon seit längerer Zeit an Anaemie, welche sich durch die im letzten Winter erfolgte Erkrankung an schwerer Nervenentzündung (Neuritis), verbunden mit vielwöchentlicher Schlaf- losigkeit, in beträchtlichem Maße steigerte, infolge dessen ein mäßiger Grad von Herzerweiterung eintrat. Diese gibt bei völlig ruhigem Verhalten zu ernsten Besorgnissen keinen Anlass. Doch wurde ärztlicherseits dringlichst gerathen, in obge- nanntem Bade sich der dort geübten methodischen Behandlung zur Kräftigung des Herzmuskels zu unterziehen. Wien, 2. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin sind heute früh nach Ischl abgereist. Wien, 2. Juli. Der Präsident des Reichs- gerichtshofes, Geheimer Rath Dr. Unger empfieng heute aus Anlass seines 70. Geburtstages Glück- wünsche, Adressen und Ehrengeschenke zahlreicher wissenschaftlicher Corporationen. Eine Deputation der Ezernowitzer Universität überreichte das Diplom eines Ehrendoctors. Die Mitglieder des Reichs- gerichtes unter Führung des Präsidenten-Stellver- treters Dr. Habietinek überreichten ein künstlerisch ausgestattetes Album mit den Bildern aller Mit- glieder des Reichsgerichtes. Eine Deputation der Wiener Universität mit dem Rector, Hofrath Dr. Toldt an der Spitze überreichten die Adresse der Wiener Universität, sowie Adressen der Universi- täten Prag. Graz, Klausenburg, Berlin, Tübingen, Straßburg, München, Kiel, Königsberg ꝛc. Erzher- zogin Maria Theresia sandte ein Glückwunsch-Tele- gramm. Ischf, 2. Juli. Erzberzog Franz Salvator und Erzherzogin Marie Valerie sind mit ihren Kindern Nachmittag hier eingetroffen und wurden auf dem Bahnhofe von Sr. Majestät dem Kaiser begrüßt. Ischt, 2. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin sind um 1 Uhr 10 Min. nachmittags hier einge- troffen und wurden von den Spitzen der Behörden empfangen. Vom Bahnhofe bis zur Villa des Kaisers bildeten Mitglieder der Aristokratie, die gesammte Beamtenschaft, die Geistlichkeit, sämmt- liche Vereine und die Schuljugend Spalier und jubelten begeistert den Majestäten zu. Lemberg. 2. Juli. Der Wiener Correspondent des „Slowo Polskie“ telegraphiert seinem Blatte, die Regierung ziehe eine sofortige Aufhebung der Sprachenverordnungen in ernste Erwägung. Die- selbe solle gleich nach dem Zusammentritte des Reichsrathes erfolgen. Budapest, 2. Juli. Der Rabbiner der hie- sigen israelitischen Religionsgemeinde Dr. Julius David stürzte sich heute morgens in selbstmörde- rischer Absicht aus dem Fenster seiner im zweiten Stockwerke befindlichen Wohnung auf die Straße, wo er mit zerschmetterten Gliedern liegen blieb. Ueber die Ursache, die den gebildeten Mann zu der verzweifelten That trieb, ist nichts bekannt, doch litt der Unglückliche an hochgradiger Nervosität. Belgrad, 2. Juli. Die Nachricht eines Pariser Blattes betreffend die Einbringung einer Gesetz- vorlage in der Skupschtina über die Aenderung der Thronfolge ist eine absolute Erfindung. Nicht bloß, daſs eine derartige Absicht nirgends bestand, wäre auch die Stupschtina gar nicht competent hiezu, da derlei Fragen, sowie alles, was eine Aenderung der Verfassung betrifft, nur durch die große verfassung- schaffende Skupschtina erledigt werden können. Fanger, 2. Juli. Die zum englischen Dampfer „Turmalin“ gehörenden Personen, welche im Jänner 1898 wegen des Versuches Waffen und Vorräthe an der Westküste zu landen, gefangen genommen wurden, sind der Schmuggelei überführt. Das Urtheil wird morgen gefällt werden. . 8 Laibach, 2. Juli. Die hiesige Erdbebenwarte meldet heute Früh große Erdbeben, von Oberitalien kommend. Dara, 2. Juli. Heute um 5 Uhr 20 Min. früh wurden zwei heftige Erdstösse in vielen Orten Dalmatiens verspürt. Im Bezirk Sinj sind bis- her 4 Todte und 40 Verwundete conflatiert. Sinj, 2. Juli. Heute wurde um 5 Uhr 20 Min. früh ein starkes wellenförmiges Erdbeben in der Richtung von Norden nach Süden beobach- tet, welches sechs Secunden andauerte und viele Häuser stark beschädigte. In der Umgebung sind einige Häuser eingestürzt. Wiesbaden, 2. Juli. In der Umgebung wurde nachmittags ein ziemlich heftiges Erdbeben wahrgenommen. Der spanisch-amerikanische Krieg. London, 2. Juli. Reuters Office meldet aus Port Said, die spänische Escadre habe sich außerhalb des Hafens begeben, um von den eigenen Kohlenschiffen Kohlen einzufassen. Das Schiff „San Francisco“ ist in den Kanal von Suez eingefahren. New-York, 2. Juli. Der „Commercial Advertiser“ meldet aus Washington, General Crooke sei zum Generalgouverneur von Porto Rico ausersehen. Es sollen über 30,000 Mann nach Porto Rico entsendet werden. Einige Regimenter seien bereits von Tampa abgegangen. New-Vork, 2. Juli. Nach einer Depesche aus Tiboney vom Gestrigen begann nach einem erbitterten fünfſtündigen Kampfe gestern um 31/2 Uhr nachmittags der Rückzug der Spanier aus den verschiedenen Verschanzungen nach Santiago de Cuba. Die verwundeten Amerikaner wurden aus der Ge- fechtslinie zurückgeschafft. New Vork, 2. Juli. Einem Telegramm aus Tiboney vom 29. v. M. zufolge herrsche in San- tiago de Cuba thatsächlich Hungersnoth. Die ein- zige Nahrung bestehe in Schwarzbrot, das zumeist für Nahrungszwecke ganz ungeeignet sei. Die so- genannte cubanische Gesandtschaft in Washington hat die Meldung erhalten, daſs sich die Aufstän- dischen unter Gomez in einer sehr schwierigen Lage befinden. New Vork, 2. Juli. Nach einer Depesche aus Playa del Este von gestern Abend dauerte der Kampf bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Amerikaner drangen vor und nahmen die Außen- werke von Santiago de Cuba. Wahrscheinlich wird das Gesecht bei Tagesanbruch wieder aufgenommen. Die Amerikaner haben schwere Verluste erlitten. Man schätzt die Zahl der Todten und Verwunde- ten auf 500. New-Vork, 2. Juli. Der Correspandent des „New-York Herald“ in Playa del Este meldet te- legraphisch Details, über den gestrigen Kampf. General Shafter griff morgens die Außenwerke von Santiago energisch an. Die Amerikaner rückten in drei Richtungen vor. General Lawton und Wheder griffen Elganey an. Kent rückte gegen Aguadoras vor, während der Insurgentenführer Gatcia mit den Kubanern sich gleichzeitig Elganey von südwest näherte. Die anderen amerikanischen Divisionen fochten in einer an der Küste bis zu den nördlichen Ver- theidigungswerken des General Linares sich erstrecken- den Linie. Die amerikanische und spanische Flotte nahmen an der Schlacht von Beginn an theil. Die Schiffe Sampson's trachteten die Batterien von Aquadores zu zerstören. Die Schiffe Cervera's schleuderten Geschosse auf die amerikanischen und cubanischen Linien. Zwei von General Shafter befehligte leichte Batterien stellten sich an die Spitze der Truppen und begannen die Schlacht, indem sie Elganey beschossen. Die Cavallerie unter Wheeler und die Cubaner unter Garcia vereinigten sich bald mit Lawion. Die Spanier schlugen sich einige Zeit verzweifelt, um Elganey zu behaupten. Die Amerikaner gewannen jedoch Schritt für Schritt an Terrain und warfen die Spanier zurück. Kent, der das Centrum commandierte, rückte um dieselbe Stunde gegen Aguadores vor, das gleichfalls hart. näckig vertheidigt wurde. Die amerikanische Flotte eröffnete nunmehr auf die spanischen Linien ein r furchtbares Feuer. Die Schiffe des Commodore Sampson hombardierten die Forts östlich von Morro, die sie in Trümmer schossen. Die Spanier muſsten sich endlich aus Elganey und Aguadores gegen Santiago zurückziehen. Die amerikanischen und cubanischen Streitkräfte bildeten nun eine ununterbrochene Linie von südwest bis zum Norden der Stadt. Während des Kampfes schleuderten die Spanier Geschosse in die ameri- kanischen Linien, von denen eine ganze Compagnie vernichtet wurde. Das Vordringen des Generals Shafter hörte erst bei den Thoren der Stadt auf. Es war schon Nacht, als der Kampf eingestellt wurde. Washington, 2. Juli. General Shafter meldet: die Amerikaner verloren bei dem gestrigen Kampfe tausend Mann. Das Kriegsdepartement erhielt bis Mittaa Nachricht von der Wiederauf- nahme des Angriffs. Madrid, 2. Juli. Der Ministerrath ist neuer- lich versammelt und beschäftigt sich hauptächlich mit den Vertheidigungsmaßregeln. Man bemerkt eine Reaction für den Krieg. Die clericalen Blätter veröffentlichen heftige Artikel gegen die Anhänger des Friedens. Sie erinnern daran, daſs die Spanier noch vor keiner Macht, auch nicht vor einer numme- rischen Ueberzahl, zurückgewichen sind. Die Priester predigen im Allgemeinen den Krieg bis auf's Messer- Die Tonservativen, die sich durch Mäßigung aus- zeichneten, geben zu, daſs jetzt nicht der rechte Moment sei, für den Frieden zu sprechen. Der Ministerrath ist Schritten zu Gunsten des Friedens entschieden abgeneigt. Washington, 2. Juli. Das Kriegsdeparte- ment erhielt gestern abends vom General Shafter aus Sikoney folgendes Telegramm: Wir hatten ein ernstes Gefecht, welches von 8 Uhr morgens bis Sonnenuntergang dauerte. Wir nahmen die Außen- werke, welche sich nunmehr in unseren Händen be- finden. Zur Zeit liegt zwischen meinen Linien und der Stadt ein offenes Feld in der Ausdehnung von etwa 3/4 Meilen. Die Truppen werden bis morgen verschanzt bleiben, bis zu welcher Zeit meine Streit- kräfte eine beträchtliche Verstärkung erfahren werden. Die Division des Generals Lewton und die Brigade des Generals Bate, die den ganzen Tag bei der Einnahme von Elganey engagirt waren, haben die ihnen zugewiesene Aufgabe bis 4 Uhr Nachmittag gelöst. Diese beiden Truppenabtheilungen werden im Laufe der Nacht in die Gefechtslinie von San- tiago einrücken. Leider muss ich melden, daſs unsere Verluste mehr als vierhundert Mann be- tragen. Getödtet wurden nicht viele. Washington, 2. Juli. General Shafter telegrafirt: Ich fürchte die richtige Zahl der Ver- luste nicht angegeben zu haben. Es ist nothwendig, sofort ein großes, ausgerüstetes Schiff zur Auf- nahme von Kranken zu entsenden. Der Chefchirurg sagte, er habe Arbeit für mehr als 40 Aerzte. Hongkong, 2. Juli. Nach hier eingelaufenen Privatbriefen aus Cavite vom 27. v. M. hätten die Aufständischen die ganze Provinz Bulacan be- setzt. Hie und da sei es zu Scharmützeln gekom- men. Die Aufständischen haben in der Bucht von Cayabas das spanische Segelschiff „Bohul“ genom- men, welches 500 Mann landen wollte. Es ent- stand ein verzweifelter Kampf, in dessen Verlaufe der commandierende spanische Oberstlieutenant ge- tödtet wurde. Der Gouverneur von Bulacan ge- rieth mit Weib und Kind in die Gefangenschaft der Aufständischen. Aguinaldo habe die Führer der Auf- ständischen Sandico und Artachio verhaften lassen, weil sie die Thatsache hatten bekannt werden lassen, daſs der kürzlich in Hongkong von den dortigen Be- hörden mit Beschlag belegte Dampfer „Pasig“ eine Jadung Waffen für die Aufständischen an Bord hatte. Sandico sei auf seinen Apell an den ameri- kanischen Consul aus der Haft entlassen worden. — Man glaubt, Aguinaldo werde Artachio erschießen lassen, wenn sich Devey nicht ins Mittel lege. Es scheint zu einer Spaltung unter den Aufständischen gekommen zu sein. Aguinaldo soll sich geäußert haben, es sei klar, daſs Sandico und Artachio eine Oppositionspartei bilden wollten.
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