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3. Juli 1898
„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 149
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Vertrauen zu ihm im Gegensatze zu den übrigen
Cabinetsmitgliedern betonten, spricht nicht sonderlich
für die Aussichten der Militärpartei.
Ich habe, sagte Cavaigrac, (als Deroulède
erklärt hatte, er stimme für das Cabinet, welchem
als Kriegsminister Cavaignac angehört, der in der
Dreyfus-Affaire klar und deutlich Stellung zu
Gunsten der Ehre der Armee genommen hat) —
mit Bedauern gehört, daſs der Vorredner einen
Unterschied zwischen mir und meinen Collegen ge-
macht hat. Ich erkläre, daſs ich nicht weniger als
sie entschlossen bin, für ein Programm der
Reformen einzutreten, und daſs sie nicht weniger
entschieden als ich entschlossen sind, die großen
nationalen Interessen zu wahren.
Man wird unter solchen Umständen schon bis
Donnerstag sich gedulden müssen. Auf diesen Tag
ist die Interpellation Castelins über die Dreyfus-
Affaire auf Wunsch Brissons verschoben worden.
Local-Nachrichten.
(Personalia.) Reichstagsabgeordneter Dr. Max
Falk aus Budapest, ein treuer Stammgast Karls-
bads, ist mit Familie zum Kurgebrauche angekommen
und hat in Pupp's Grand-Hotel Wohnung ge-
nommen.
(Kirchenmusik). An dem heutigen fünften
Sonntage nach Pfingsten, zugleich dem Festtage
Maria Heimsuchung, werden im Hochamte um 9 Uhr
vormittags die „Missa brevis“ für vierstimmigen
Chor mit Orgelbegleitung von Karl Reinecke op. 114,
das Graduale „Benedicta et venerabilis“ von
C. A. Leitner und das Offertorium „Ave Maria“
für Sopran-Solo (Fräulein Franziska Krauskopf)
von Cyrill Wolf zur Aufführung gelangen.
(Musica sacra.) In dem feierlichen
Hochamte am gestrigen Samstage um 9 Uhr vor
mittags wurde die Choralmesse aus C. En's „Can-
tica sacra“, das Graduale „Intende voci“, Duett
für Sopran (Fräulein Franziska Krauskopf) und
Alt (Fräulein Marianne Stark) von Stanislaus
Moniußko, ferner ein Offertorium desselben Com-
ponisten, vorgetragen vom Herrn Alexander Ritter
von Brandowski Opernsänger (Tenor) aus Frank-
furt a. M., zur Aufführung gebracht.
(Gartenliedertafel des Karlsbader
Männergesangvereins.) Wir machen hier-
mit nochmals auf die heute nachmittags 4 Uhr
im Café „Posthof“ stattfindende Gartenliedertafel
des Karlsbader Männergesangvereins aufmerksam.
Wenn halbweg günstiges Wetter herrscht, wird der
Posthofgarten voraussichtlich dicht besetzt sein, denn
die Productionen unseres Männergesangvereins
unter der Leitung seines tüchtigen Dirigenten Herrn
Karl Wirkner erfreuen sich großer Beliebtheit,
nur durch eine Allee getrennt. Es ist die in ihrem
Innern architektonisch wunderbar wirkende Haupt-
halle der vorjährigen Gartenbauausstellung, mit der
sich keine Festhalle der früheren Turnfeste nur
entfernt messen kann. Dann aber werden die
prächtigen Bilder der Villenvororte an der Alster,
die Fahrt elbabwärts nach der Perle der Unterelbe.
nach Blankenese u. s. w ihren Eindruck auf die
Festtheilnehmer nicht verfehlen.
sowohl bei dem einheimischen, wie bei dem Kur-
publikum. Wir bemerken noch, dass die Lieder-
tafel bei jeder Witterung stattfindet.
(Amerikanische Feier) Wie wir be-
reits meldeten, begehen die hier weilenden Ameri-
kanischen Kurgäste den Jahrestag der Unabhängig-
keits Erklärung durch Veranstaltung eines Bankets
im Grand Hotel Pupp. — Auch die Pleier'sche
Concertkapelle wird aus dem gleichen Anlasse sowohl
in dem Nachmittagsconcerte im Etablissement Pupp
als auch im Abendconcerte im Hotel „gold. Schild“
der Feier durch den Vortrag mehrer „National
Airs“ gedenken.
(Schwedische König-Oscarstiftung.)
Wir machen hiermit nochmals hier weilende Schwe-
den auf die morgen 11 Uhr vormittags am Stadt-
hause zur Vertheilung gelangende Zinsen der
König-Oscarstiftung aufmerksam.
(Das Damendampfbad) steht von Montag
den 4. Juli l. J. zur Benützung an folgenden
Tagen offen: Montag, Dienstag, Donnerstag und
Samstag.
(Repertoir des Karlsbader Stadt-
theaters) für die Zeit vom 3. bis 9. Juli.
Sonntag den 3.: Letztes Gastspiel des k. k. Hof-
schauspielers Karl v. Zeska, vom k. k. Hofburg-
theater in Wien: „Die Fledermaus“, Operette in
3 Acten von J. Strauß. Montag den 4.:
Gastspiel Dr. Rudolf Tyrolt, erster Charakterkomiker
vom deutschen Volkstheater in Wien: „Das grobe
Hemd,“ Volksstück in 4 Acten von C Karlweis.
Dienstag den 5.: „Lolo's Vater,“ Volksstück in 4
Acten v. A. L'Arronge. Mittwoch den 6.: Gastspiel:
José Benz, erster Operettensänger vom königlichen
Gärtnerplatztheater in München: „Der Bettel-
student,“ Operette in 3 Acten von C Millöcker.
Donnerstag den 7.: (Novität) „Anna's Traum,“
Schwank in 3 Acten von L'Arronge. (Donnerstag
und Freitag Gastspiel Dr. Rudolf Tyrolt.) Freitag
den 8.: „Der Herr Senator,“ Lustspiel in 3 Auf-
zügen v. Fr. v. Schönthan und G. Kadelburg.
Samstag den 9.: „Die verkaufte Braut“, komische
Oper in 3 Aufzügen von F. Smetana.
(Ein Gradmesser für die Saison.)
In Karlsbad zählt man verschiedene Symptome
auf, auf Grund welcher man das Steigen und
Fallen der Kurfrequenz während der Saison fest-
stellen will — bis heute wurde aber eines Factors
hiebei vergessen: das Zeitungsexpedit un-
seres Postamtes. An der Hand statistischen
Materials haben wir wiederholt nachgewiesen, daſs
Karlsbad hinsichtlich des postalischen Verkehrs mit
vielen Großstädten in eine Linie gestellt werden
kann — hinsichtlich des Zeitungs xpedites respective
des Zeitungsverkehrs jedoch übertrifft es ganz ge-
wiss eine sehr große Zahl von Hauptstädten. Wer
In meinem Jnnern die Saiten klingen,
Ein neues schönes Lied zu singen.
Viel Töne gleiten auf und nieder,
Und Schwingen rauschen, ein zartes Gefieder.
Mit Palmenwedeln fächelt die Luft.
Die Rosen athmen berauschenden Duft. —
sich einmal hievon überzeugen will, der bemühe
sich in das hiesige Zeitungsexpedit des Postamtes
am Markt, dritte Etage, in der Zeit vor 8 Uhr
früh oder nach 6 Uhr abends. Das einheimische
und das Kurpublicum haben eine Ahnung, welch
enormer Andrang dort vorherrscht und welch colos-
sale Zahl von Zeitungen innerhalb verhältnismäßig
ganz kurzer Zeit expediert werden müssen. In zwei
primitiven kleinen Räumen sind nur vier Beamte
beschäftigt, eine halbe Million Zeitungen zu
expedieren. Und doch klappt, dank der praktischen
Eintheilung und trotz der unzulänglichen Locale
alles wie am Schnürchen — keine Klagen, keine
Beschwerden, glatt geht die Abfertigung vonstatten
und mit einer staunenswerten Schnelligkeit werden
die großen Ballen Tagesblätter sortiert, vertheilt
und an die Adressen befördert, wozu im Innern
der Stadt sieben Zeitungsausträger und 22 Brief-
träger nöthig sind. — Interessant sind hiebei die
Daten, welche fremden Zeitungen in Karlsbad am
meisten gelesen werden und da stehen denn in erster
Reihe die reichsdeutschen. Es ist dies natürlich
wieder erklärlich, wenn man bedenkt, das ein Drittel
der Karlsbader Kurgäste sich aus Deutschland
recrutiert. Von diesen Zeitungen nehmen wieder
das „Berliner Tagblatt“, die „Vossische Ztg.“, die
„Münchener N. Nachrichten“, die „Frankfutter
Ztg.“, das „Leipziger Tagblatt“, die „Saaleztg.“,
der „Berliner kleine Anzeiger“, die „Deutsche Tages-
Zig.“, die „Berliner Neuesten“, die „Breslauer Zig.“,
die „Schlesisch- Ztg.“, die „Magdeburger Zig“,
die „National Ztg.“, die „Königsberger Hartung'sche
Ztg“, “Dresdener Nachrichten“, „Dresdener Zig.“,
„Dresdener Journ l“ und „Dresdener Anzeiger“,
„Post“, Norddeutsche Allg. Ztg.“, die „Täg iche
Rundschau Berlin“, „Kreuzzeitung“, „Freisinnige
Ztg.“, Börsencouriet“ den ersten Platz ein, welche
sämmtliche in einer Zahl von 70 bis 300 Exem-
plaren hier eintreffen. Von den inländischen Zei-
tungen dominieren die „Neue Freie Presse“ (4000
Exempl.), „Neues Wiener Tagblatt“ und „Bohemia“,
welche in mehr als tausend Exemplaren expediert
wird Weniger Verbreitung findet das „Prager
Tagblatt“ und die übrigen hauptstädtischen Blätter,
— mehr schon sind die ungarischen Journale vertreten,
von welchen der „Pester Lloyd“, „Hirlap“, „Pesti
Naplo“ (ci ca 1000 Exemplare) am meisten ver-
ausgabt werden. — Eine ungeahnte Verbreitung
finden die englischen Journale hier und zwar in
3500 Exemplaren. Auch Frankreich ist durch 1500
bis 2000 Zeitungs Exemplare hier vertreten von
welchen vornehmlich „Figaro“, „Temps“ und
„Herald“ zu nennen sind. Rumänien ist in bei-
läufig je 50 Exemplaren des „Romanul“. „Timpul“
am Platze und selbst die einzige deutsche Zeitung
Chinas, der „Ostasiatische Lloyd“ ist mit einem
Und als der letzte Tact verhallt,
Das Echo in den Bergen schallt,
Rauscht fort in den Wipfeln lang noch, lang.
Ein wunderbarer Naturgesang.
Nun klappern die Tassen, die Gläser klingen
Und dienstbare Nymphen hüpfen und springen.
Ein Sprachengewirr, ein Zungenschwall,
Eine Springhornflut mit plätscherndem Fall,
In der eine Perle mit süßem Getön
Stets neu erklingt: „Bei Pupp ist es schön!“
Es wird ein völkerpsychologisch intetessantes
Fest werden. Zu den blonden reckenhaften Söhnen
Niederdeutschlands mit ihrer Ruhe und Zurückhal-
tung kommen die frohgesinnten begeisterungsfähigeren
Söhne Mittel- und Süddeutschlands und die Deutsch-
Oesterreicher. Sie dürften zuächst glauben, daſs
jene kalt und gleichgiltig seien, aber sie werden
ihnen im Verlaufe des Festes näher treten und er-
kennen, es schlägt in deren Brust kein minder treues
deutsches Herz.
Abendconcert bei Pupp.
(Orig. -Beitrag.)
Heut' drängt es mich, zu Pupp zu geh'n,
Bei spiegelndem Lichte das Leben zu seh'n.
Die Uhr zeigt eben drei Viertel auf acht,
Das ist die Zeit, wo das Leben erwacht
Mit lieblichem Lächeln, berückendem Schein
Der Kurstadt Schmerz schlief beruhigt ein.
Schon bin ich mitten im Getriebe
Mit hellen Augen, das Herz voll Liebe,
Beseelt von echtem Lebensmuth.
Dem alles schön und lieb und gut.
Nun öffnet sich die dunkte Allee
Und wie geblendet vor Pupp ich steh'!
Es flutet der hellen Lichter Glanz
Bunt durcheinander im magischen Tanz!
Juwelen blitzen an Busen und Hand,
Aus Locken und Flechten sprüht funkelnder Tand,
Und selbst der Lackschuh, der arme Wicht.
Guckt aus dem Sand und spielt mit dem Licht.
Und in der Flammen flackernden Garben
Wogt auf und nieder ein Meer von Farben:
Viel blühende Leiber in Blütengewändern
Aus aller reichen Herren Ländern;
Mit Märchenblumen geschmückte Hüte,
Die Schleier und Spitzen von kostbarer Güte;
Dazu die Augen, wie Morgenthau
Im Lichte funkelnd. Entzückende Schau.!
Inmitten des Zaubers, prächtig und hold.
Die Officiere, verschnürt mit Gold.
Gleich schillernden Faltern, die emsig kreisen
Um lockende Blumen, die lieblich gleißen.
Die Bäume neigen die Wipfel sacht,
Und Zweige greifen hinab in die Pracht.
Musik ertönt. Ein Jägerchor.
Gleich neigen alle Köpfe vor.
Die Damen lauschen, versunken in Traum,
Spazieren einsam im Waldesraum
Und schließen die Augen und lächeln mild,
Entzückt von dem geträumten Bild.
Die Herren drehen die Schnurrbärte auf
Und sinnen nach neuem Siegeslauf;
Die Jägerweise erfrischt das Blut.
Weckt Jugendlust und Jugendmuth.
Mit
Nun wieder Musik. Zum Schluss die Gavotte.
Von Tisch zu Tisch hupft der kleine Gott
Und sendet die letzten Pfeile aus
Und führt schon die ersten Paare nach Haus.
Ein Händedrücken und Gruß um Gruß,
Tepl entlang ein Menschenfluss
kosenden Wogen und kichernden Wellen,
Mit süßem Geflüster an einsamen Stellen9
Der
Bei Pupp ist's still und menschenleer,
Nur Kellner huschen hin und her.
Erloschen ist der Flammen Pracht,
Einsame Laternen halten Wacht.
Auch die Fontaine sich schläfrig neigt,
Ein letztes Plätschern — sie träumt und schweigt.
Ein Gnome taucht hinab die Hand,
Wäscht aus den Augen sich den Sand,
Hüpft eilig in die Berge fort
Und erzählt den Seinen mit kundigem Wort,
Was heute er bei Pupp geseh'n,
Wo er zur Zierde durfte steh'n —
Dann greift er zum Ränzel nach seinem Lohn:
Eine Omelette und einen Syphon!
Joh. Alboth,
Název souboru:
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