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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 133
14. Juni 1898
In der Ostgalerie besichtigte der Kaiser auch mit
sichtlichem In eresse die Exposition der Armaturen- und
Maschinenfabriks-Actiengesellschaft vormals J. A. Hilpert
in Wien, deren Generaldirector Herrn Richard Kuhlo
die Ehre zutheil wurde, dem Kaiser vorgestellt zu werden.
Der Monarch zog Herrn Generaldirector Kuhlo in ein
längeres Gespräch, erkundigte sich zuerst nach der gegen-
wärtigen Arbeiteranzahl und fragte, wo sich die Eta-
blissements der Gesellschaft befinden. Generaldirector
Kuhlo bezifferte den augenblicklichen Arbeiterstand mit
etwa 800 Mann und theilte weiters mit, daſs sich die
Fabriksetablissements im X. Bezirke, Erlachgasse und
in der Loxenburgerstraße, eine Centrale und eine Nieder-
lage mit sehr bedeutendem Warenlager auf dem Ge-
treidemarkt befinden. Auf die Frage des Kaisers, wie
lange die Firma in Wien bestehe, erwiderte Herr Kuhlo,
daſs sie seit etwa zwei Jahren bestehe. In dieser Zeit
hätten die beiden Fabriken ganz wesentliche bauliche Ver-
änderungen erhalten, namentlich die maschinelle Ein-
richtung sei in der vollkommensten Weise erneuert worden.
Die in der Erlachgasse bestehende Fabrik, berichtete
Generaldirector Kuhlo weiter, wurde von dem früheren
Besitzer Herrn S. Kelsen gekauft, der vor dem Ankaufe
circa 300 Arbeiter beschäftigt hatte. Auf die Frage des
Kaisers, ob noch andere Werke unter der Leitung des
Herrn Generaldirectors Kuhlo stehen, erwiderte dieser,
daſs in Oesterreich noch die Gasfabrik in Karlsbad,
eine Filiale daselbst, ferner das Elektricitätswerkin
Donitzbei Karlsbad, außerdem unter seiner Mitleitung
die Braunkohlen-Gewerkschaft in Littnitz und eine in großem
Maßstabe betriebene Filiale in Budapest stehen. Der
Kaiser interessierte sich auch dafür, ob die Armaturen-
und Maschinenfabriks-Actiengesellschaft auch im Aus-
lande Werke besitze. Herr Generaldirector Kuhlo bejahte
dies und theilte mit, daſs bedeutende Werke in Nürn-
berg und Pegnitz, außerdem auch eine Filiale in Zürich
Eigenthum der Gesellschaft seien und sämmtliche unter
seiner (Generaldirector Kublo's) Leitung stehen, außer-
dem gehöre noch die Braunlohlengewerkschaft Schwarzen-
feld, die erste und einzige in Baiern existierende Braun-
kohlen- und Briquettegewerkschaft, der Gesellschaft. Die
Exposition der Armaturen- und Maschinenfabriks-Actien-
gesellschaft schien auf den Kaiser einen sehr guten Ein-
druck gemacht zu haben, denn der Monarch besichtigte
fast alle ausgestellten Objecte und richtete verschiedene
Fragen an Herrn Generaldirector Kuhlo. Ganz be-
sonders interessierte den Kaiser der ausgestellte 1200-
Millimeter-Gasschieber, und er erhielt vom General-
director Kuhlo auf Befragen die Aufklärung, daſs bis
jetzt wohl von keiner andern Firma Schieber in so großen
Dimensionen geliefert worden sein dürften. Der Kaiser
fragte auch, ob diese Schieber für das neue Gaswerk
in Wien von der Firma geliefert wurden, worauf Ge-
neral-Director Kuhlo bejahend erwiderte, daſs bis jetzt
30 bis 40 Stück 1200. Millimeter-Schieber an die Com-
mune geliefert und noch in Arbeit seien, außerdem aber
auch eine bedeutende Anzahl Schieber kleinerer Dimen-
sionen bis zu 50 Millimeter Durchgang. Der Kaiser
nahm die Erläuterungen des General-Directors Kuhlo
mit sichtlicher Befriedigung entgegen und fragte zum
Schlusse, welche Herren mit der Führung der Wiener
Etablissements betraut seien. General-Director Kuhlo
erwiderte, daſs mit der technischen Leitung Herr Ju-
genieut und Director Jeserich und mit der commer-
ciellen Leitung die Herren Procuristen Glogau und
Kefer betraut seien. Der Kaiser verabschiedete sich dann
in freundlichster Weise vom Herrn General-Director
Kuhlo und setzte seinen Rundgang fort.
Die Acttengesellschaft vorm J. A. Hilpert ist in
Karlsbad hervorragend vertreten. Die Gasanstalt
unter Direction des Herrn G. Häffner, sowie
das Electric tätswerk unter Verwaltung des Herrn
Czerny sind Zweige der Gesellschaft. Außerdem
besteht hier seit Anfang d J. eine Engros-Nieder-
lage der Firma unter Leitung des Herrn C. xubr,
die den Absatz der Erzeugnisse der einzelnen Fa-
briken nach Deutsch Böhmen bezweckt und sich sehr
gut entwickelt. Wir freuen uns über die der Firma
und ihrem General-Director Herrn Kuhlo gewordene
hohe Auszeichnung und gratulieren beiden herzlichst.
(Die Wahlen in die Bezirksver-
tretung), u. zw. aus der Gruppe der Städte
und Märkte, finden heute statt. Die Wahlen aus
der Gruppe der Landgemeinden fanden gestern statt
und ergaben folgendes Resultat: Es entfielen bei
Abgabe von 78 Stimmen auf die Herren Franz
Gröbl-Oberlomitz (47), Wilhelm Haberz ttl-
Donitz (61), Josef Lorenz-Haid (52), AntonLube-
Pirkenhammer (61), Josef Plaß-Altrohlau (58),
Josef Rohm-Ottowitz (70) und Wenzl Siegl-Alt-
dorf (61) Stimmen. Sämmtliche Gewählten sind
die Gemeindevorsteher der genannten Orte. Wie
wir bereits vor einigen Tagen meldeten, hat eine
Verschiebung insofern platzgegriffen, als diesmal die
Orte Donitz und Oitowitz und Umgebung mit
Mandaten bedacht wurden, welche früher keine Ver-
tretung hatten. Neugewählt sind somit die Herren
Haberzettl, Lumbe und Rohm, nichtgewählt Herr
Prochaska-Donawitz Ein Mandat war unbesetzt.
(Falscher Feueralarm.) G stern abend
alarmierte das Gericht von einem Zimmerbrand im
Hause „Mont Blanc“ die Bewohner der Theater-
gasse. En Brand war wohl vorhanden aber —
in einem Osen. Ein Dienstmädchen hatte unter-
lassen, das Ofenthürl zu schließen und eine Frau
sah das offene Feuer. Dadurch entstand der falsche
Alorm.
(Richtigstellung.) Die Bauarbeiten für
die neue Schießstätte des Schützencorps in Pirken
hammer wurden Herrn Baumeister Franz Mader
und Herrn Zimmermeister Franz Heinz Fischern
nicht Johann Heinz) vergeben.
(Beilage.) Der heutigen Stadt-Auflage
unseres Blattes liegt ein Prospect der bestbekannten
Fabrik vorm. Friedr. Bayer & Co. in Elberfeld
über „Somatose“ bei.
(Wichtig für Ausflügler nach
Dresden.) Zur Erleichterung des Besuchs der
vom 30. Juni bis 5 Joli in Dresden stattfindenden
XII. Wanderausstellung der Deutschen Landwirt-
schafts-Gesellschaft lässt' die sächsische Staatseisen-
bahr Verwaltung folgende Fahrivergünstigung ein-
treten. It der Zeit vom 29 Juni bis 5. Juli d. J.
werden die auf sämmtlichen Stationen der sächsischen
Staats- und mit verwalteten Privateisenbahnen in
der Richtung nach Dresden-Altstadt, -Neustadt,
�Friedrichstadt und -Wettinerstraße gelösten einfachen
Personenzugskarten I, II. und III. Klasse den
Reisenden bei der Ankunft in Dresden auf
Wunsch belass u. Diese Fahrkarten erhalten durch
Aufbringung eines Stempelabdruckes Giltigkeit
zur freien Rückfahrt in Personenzügen von
Dresden nach der Fahrkaltenausgabestation bis ein-
schließlich 8 Juli Mitternacht. Für Aufbringung
des Stempeladdrucks, welche lediglich auf dem Aus
stellungsplatze vorgenommen wird, haben die Reisen-
des selbst zu sorgen. Die einfachen Schnellzugs-
Fahrkarten genießen die Vergünstigung nicht; doch
werden die einfachen Personenzugs-Fahrkarten auch
zu Schnellzügen auf der H'n- und Rückreise gegen
jedesmalige Lölung von Ergänzungskarten zuge-
lassen Im übrigen ist einmalige Fahrtunterbrechung
sowohl auf der Hinfahrt nach Dresden, als auch
auf der Rückreise gestattet, Freigepäck wird dagegen
nicht gewährt.
Vermischtes.
(Im Kinderspital von Professor Monti in
Wien) wurde die neuerdings als Kräftigungsmittel em-
pfohlene Somatose (ein geschmackloses Fleisch-Eiweiß) ver-
suchsweise in Anwendung gezogen und die Resultate waren
so befriedigende, daſs über dieselben in der Wiener medi-
cinischen Zeitung berichtet wird. Es ergibt sich aus den
Versuchen, daſs die Somatose nicht nur Erwachsenen,
in der Ernährung zurückgebliebenen Personen, sondern auch
schwächlichen Kindern viele Vortheile bietet. In beinahe
allen 85 Fällen war nach Verabfolgung der Somatose
eine andauernde Zunahme des Körpergewichtes zu be-
merken. Bald hoben sich Appetit und Allgemeinbefinden,
die charakteristischen Symptome der Bleichsucht verschwanden
und frisches, gesundes Aussehen folgte mit Regelmäßigkeit
dem Gebrauche dieses Kräftigungsmittels. Die Ergebnisse
aus der Klinik des Professor Monti gewinnen dadurch be-
sonderen Wert, daſs neben der üblichen Kost keine anderen
Mittel als die Somatose zur Anwendung kamen.
(Selbstmord eines türkischen Generals.)
Der türkische General Osman Pascha, Lehrer an der
Militärschule in Konstantinopel, war ein alter Ungar von
1848. Nach der Revolution floh der junge, ungarische
Patriot, Wolff mit Namen, nebst einer großen Anzahl
seiner Landsleute nach der Türkei, trat zum Islam über
und wurde unter dem Namen Osman in die türkische
Armee eingereiht, der er fast ein halbes Jahrhundert an-
gehörte. Der alte Osman Pascha war eine in Konstan-
tinopel populäre Persönlichkeit geworden; er hatte die Ge-
wohnheit, ihm völlig fremde Menschen auf der Straße
oder in öffentlichen Gärten anzusprechen und in unge-
zwungener Weise mit ihnen zu plaudern. Gut ist es ihm
niemals gegangen; aber niemand ahnte, daſs der alte
freundliche Herr sich mit Selbstmordgedanken trage. Von
den Ufern der herrlichen Insel Prinkipo im Marmara-
meere, dem beliebten Sommeranfenthaltsorte der Kon-.
stantinopolitaner, marschierte der alte Osman Pascha in
Uniform, mit dem Säbel an der Seite, direkt in das
Meer hinein, bis die Wellen über seinem Kopfe zusammen-
schlugen. Kurze Zeit nachher wurde er als Leiche gelandet.
Telegramme.
Vilsen, 13. Juni. Bei der Einfahrt des
Personenzuges Nr. 312 in die Station Böhmisch-
Kubitzen-Vollmau auf der Strecke Furth im Walde
Pilsen entgleiste gestern die Zugslocomotive und
ein Dienstwagen nach Passierung des Einfahrts-
wechsels, wodurch der Zug eine Verspätung von
2 Stunden 18 Min. erhielt. Die Reisenden mussten
umsteigen. Verletzungen sind keine vorgekommen.
Die Erhebungen sind im Zuge.
Wien, 13. Juni. Die Vertagung des Reichs-
raths wurde im Abgeordnetenhaufe erst heute früh
bekannt. Die Mittheilung wirkte, trotdem sie nicht
unerwartet kam, doch überraschend, weil man wenig-
stens auf die Abhaltung der morgigen Sitzung ge-
rechnet hatte. Die Abgeordneten, die sich im Laufe
des Vormittags einfanden, entfernten sich wieder.
Den auswärts weilenden Abgeordneten wurde die
Vertagung des Reichsraths telegraphisch bekannt
gegeben. In den Kreisen der Rechten betrachtet
man die Vertagung als ein Zurückweichen der Re-
gierung vor der Majorität. — Durch die Vertagung
des Reichsrathes werden die Verhandlungen der
beiden Quoten-Deputationen, deren Beendigung für
heute bevorsteht, nicht alterirt. Die Berathungen
dürften resultatlos bleiben.
Wien 3. Jun. Der Mnisterpräsident und
Leiter des Ministeriums des Innern, Graf Thun,
hat an die Präsidien der beiden Häuser des Reichs-
rathes eine vom gestrigen Tage datirte Zuschrift
gerichtet, mittelst welcher im Grunde Allerhöchsten
Auftrages die Vertagung des Reichsrathes ausge-
sprochen wird.
Bad Brückenau, 12. Juni. Ihre Majestät
Kaiserin Elisabeth von Oesterreich ist heute Nach-
mittag nach beendigter Cur über Würzburg nach
Müncheln abgereist.
Wien, 13 Juni. Die Kaiserin ist heute früh
hierher zurückgekehrt und wurde in Penzing von
dem Kaiser erwartet. Die Maj stäten fuhren so-
dann nach Laitz Der Aufenthalt in Lainz ist bis
Anfang Jali in Aussicht genommen.
Wien, 13. Juni. Das Siebenercomité der
ungarischen Quotendeputation wird heute um
1/212 Uhr vormittags die Verhandlungen mit dem
Siebeuercomité der österreichischen Deputation fort-
setzen. Die ungariche Qiotendeputation tritt heute
um 4 Uhr nachm tlags zusammen.
Wien, 13. Jant. Heute Vormuttag fand im
Stadtparke die feierliche Enthüllung des Makait-
denkmals unter zahlreicher Betheiligung, insbesondere
aus Künstlerkreisen statt.
Wien, 13. Juni. Bei dem gestrigen Diner
der österreichischen Quotendeputation zu Ehren der
ungarischen Deputation wurden keinerlei Toaste ge-
wechselt.
Brünn, 13. Juni. Anlässlich der Ankunft
des Prager Bürgermeisters Dr. Podlipny zur
Palacky Feier zog gestern vormittags eine demon-
strierende Menge zum Bahnhofe, und als der Pratz
vor demselben geräumt wurde, in die Stadt zurück,
wo es noch vor der Ankunft Dr. Podlipny's, die
um 12 Uhr mittags erfolgte, zu Schlägereien kam,
so daſs die Polizeiwache wiederholt einschreiten
muſste. Als dann Dr. Podlipny zum „Besedni
dum“ durch die Straßen fuhr, wurde gejohlt, ge-
pfiffen und gescheieen und einerseits deutsche, an-
dererseits böhmische Lieder gesungen. Auch bei
diesem Anlasse kam es zu Zwistigkeiten und Schlä-
gereien. Da für nachmittag ein Festzug nach Königs-
feld geplant war, versammelte sich vor dem Cajé
Beber eine große Menge von Deutschen, welche
beim Passieren des Festzuges in Johlen,
Pfuirufe und Pfeifen ausbrach und deutsche
Lieder sang, was mit böhmischen Liedern erwidert
wurde, so daſs die circa 30 Mann starke Polizei,
Název souboru:
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