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Ur. 82
Sonntag den 10. April 1898
XXII XXXVII. Jahrgang
Karlsbader
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Herausgeber: Ernest Franien.
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Der beiden hohen Feiertage wegen erscheint
die nächste Nummer unseres Blattes Mittwoch
den 13. d. M., früh.
Keine Osterhoffnung!
(O.-B.) Wien, 8. April.
Die hässlichen Klänge aus Eger tragen nichts
zur frohen Osterstimmung bei. Wenn einer der
Tapfersten auf ein bloßes Milsverständnis hin den
ärgsten Insulten ausgesetzt ist, wem sollte es da
freuen, ein Deuscher zu sein, als Deutscher zu
kämpfen? Und heute noch dazu, wo für den
Deutschen nichts als Kampf in Aussicht steht! Die
kurzsichtigen Thoren, die es für möglich halten,
daſs die Deutschen die Flinte ins Korn werfen
könnten, werden bald eines Besseren belehrt werden.
Auch wenn es Dumme gäbe, die an das Mähr-
lein vom „deutschen“ Grasen Thun glauben, was
würde ihnen das nützen? Dieser Graf Thun, auch
wenn er ein Deutscher sein wollte, wozu er nie die
Lust in sich verspürte, könnte er denn, wie er wollte?
Als kürzlich der junge Prinz Friedrich Schwarzen-
berg mit seiner schönen Gemalin das Aogeordreten-
haus verließt da nahmen sie beide vom jungen
Grafen Deren in tschechischer Sprache herzlichen
Abschied. Und der eigentliche Führer des feudalen
Adels Böhmens ist dieser junge Prinz Doctor, der
heute aus Patriotismus tschechisch ist und sein will.
Kann da Graf Thun, der Schwager dieses Prinzen,
ein Deutscher sein? Oder glaubt man, daſs die
Jungtschechen aus bloßer Zuneigung mit dem
Mininerpräsidenten herzliche Händedrücke wechseln,
wie man sie jetzt täglich im Volkshause beobachten
kann?
Nein, mit dem Umschwenken ist es jetzt noch
absolut nichts und die Sorge wäre eine sehr über-
flüssige, wenn sie der Aog. Schönerer je gehegt
hätte. Aber er hat sie nie gehegt. Als er in der
Sitzung nach dem stürmischen Auftritte dem Abg.
Kittel lachend die Zustimmungskundgebungen zeigte,
die er inzwischen erhalten hatte, da sah er aus
wie Einer, der seinem miſsliebigen Bruder einen
derben Nasenstüber gegeben. Und darum drehte
sich wohl auch der ganze Zwist. Eine rücksichtslose
rechthaberische Natur wie die seine, will nur den
eigenen Willen durchsetzen, gleichviel ob es das
Richtige ist oder nicht; um Anderes handelte es
sich da nicht. Die Strategie würde jetzt gebieten,
den erfochtenen Sieg auszunützen, was, nach Moltke
bekanntlich schöner ist, als das Siegen selbst Aber
was ist dem Herrn Schönerer die Strategie; bei
ihm ist immer der Hieb die beste Parade. Ja,
wenn aber in einem Gaſthause ein Poltron seine
Energie unausgesetzt geltend macht, was geschieht?
Die Andern gehen hinaus und lassen den Poltron
sitzen. Wird es im Parlament anders sein?
Zwischen energisch sein und unausgesetzt keifen, ist
ein großer Unterschied; sollen alle Deutsche keifen,
weil die Peitsche des Herrn Schönerer knallt?
Man täusche sich nur darüber nicht: die Ob-
struction wird und muss beginnen, wenn die
Regelung der Sprachenfrage nicht alsbald erfolgt.
Die Deutschen werden weder Ausgleich noch Budget
bewilligen, wenn diese Frage nicht gelöst ist, und
sofort mit der Obstruction beginnen, wenn die
Regierung nicht an die Lösung dieser Aufgabe
schreitet. Sie können gar nicht anders, weil sie
sonst ihre mühsam erkämpfte Aatorität wieder aufs
Spiel setzen würden. In diesem guten Bewuſst-
sein lassen sie sich nicht in die Obstruction hetzen;
sie wissen, daſs das nicht nothwendig ist. Und das
Compromiſs mit den Tschechen wegen der Dele-
gationswahlen? Es ist nicht eben heroisch von
den Abgeordneten, welche heute indirect das „Ge-
heimnig“ verbreiten lassen, sie hätten nicht für das
Compromiss gestimmt, aber sie wären in der
Majorität geblieben. Das Compromiss war voll-
ständig belanglos und für die Deutschen nur
vortheilhaft, weil sie ohne Gegenleistung Man-
date erhielten. Wer das heute nicht zugesteht, ist
einfachg. Die Wahlen selbst sind nicht zu
hindern; wer nicht den Delegationen beiwohnen
will, braucht es nicht zu thun. Wo ist denn da
der Verrath?
Nach der Lage der Dinge steckt der Verrath
nur da, wo die Einigkeit durchbrochen wird. Es
kann nicht oft genug gesagt werden: Nicht vor der
lauten Stimme fürchten sich Regierungen und
Ministerpräsidenten, sondern vor der starken Zahl
einer festgeschlossenen Masse. Die Abgeordneten
Wolf und Schönerer könnten sich ihre Stimmbänder
zerreißen, sie würden den Ministerpräsidenten zu
keinem Zugeständnis bewegen; die Macht der Ge-
sammtheit zwingt ihn dazu, sonst nichts. Und
darum wäre Einigkeit vonnöthen, feste und starke
Einigkeit. Aber die scheint leider nicht mehr mög-
lich zu sein, sie hat sich offenbar schon überlebt.
Und darum erhoffen wir auch nicht viel von der
Position der Deutschen. Nach Ostern wird der
Tanz beginnen, und wenn der Augenblick der Ge-
fahr die lockeren Bande nicht wieder festigt, dann
ist es mit dem endgiltigen Siege nichts. Denn die
Regierung braucht ja nichts als Uneinigkeit, um
über die Leiber der Parteien zum Siege zu schreiten.
Die „rebellischen“ Elemente aus den Mehrheits-
parteien werden entfernt, mit den andern wird ver-
handelt und wenn eine Majorität ohne Partei-
Die Sct. Magdalenen-Pfarrkirche
in Karlsbad
nebst Streiflichtern auf den Meister (Kilian Ignaz Dienzen-
hofer) und zahlreicher Bauwerke des Zeitalters der Barocke.
Von Josef Hofmann.
Dies der Titel eines für die Karlsbader Be-
wohnerschaft ungemein interessanten Essay über die
Karlsbader Sck. Magdalenen Kirche, welche als
Hauptwerk Dienzenhofers gilt, und welches Essay
dem diesjährigen Jahresberichte der Karlsbader
gewerblichen Fortbildungsschule angeheftet ist.
Bürgerschullehrer Hofmann hat mit der Wahl
gerade dieses Themas einen glücklichen Griff ge-
than, wofür ihm die Karlsbader Welt dankbar sein
wird, denn so oft auch schon Bruchstücke über dieses
schöne Bauwert Karlsbads veröffentlicht wurden
ein großes Ganzes, ein Compendium, wie es
dieses Denkmal der Barocke verdient, wurde bisher
nicht veröffentlicht.
Wir haben früher des öfteren einzelne Daten
über diese Kirche mitgetheilt, aber es waren eben
nur kleine Details, die zwar an und für sich inter-
essant, jedoch kein übersichtliches Bild hoten und
meist auf den Aufzeichnungen Stöhr's fußten. Wir
anerkennen daher den Bienenfleiß Hofmanns, der
endlich einmal etwas Uebersichtliches, gewissermaßen
die Genesis dieses Bauwerkes uns vor Augen führt
und hierdurch dem diesjährigen Rechenschaftsberichte
der Fortbildungsschule einen literarischen local-
historischen Werk verleiht. Das Essay ist noch
nicht vollständig — die zweite Hälfte wird im
Jahresberichte der Bürgerschule erscheinen, welcher
im Juli dieses Jahres zur Ausgabe gelangt —
aber schon diese erste Hälfte bietet ungemein In-
teressantes. Sehr vortheilhaft kommen dem ge-
schichtlichen Aufsatz die Illustrationen zu statten
und zwar sind es: ein Porträt des Erbauers Kilian
Ignaz Dienzenhofer (geb. zu Prag 1690, gestorben
ebenda 1752); die Kirche (Außenansicht); der
Grundriſs; ein Theil des Altars; eine alte An-
sicht aus der Zeit der Fertigstellung der Kirche und
eine Init ale, welche die Mittelkuppel, wie sie früher
bestand, veranschaulicht.
Welchen architectonischen Wert für die Schätzung
der Barocke unsere Kirche jedoch besitzt, sagt uns
schon die „Geschichte der deutschen Kunst“ von
Wilhelm Lübke, welcher sich über die Karlsbader
Kirche wie folgt äußert: „Endlich ist als eine der
schönsten Centralanlagen der Zeit die seit 1732
erbaute katholische Pfarrkirche zu Karlsbad zu nennen,
mit ihrem stattlichen ovalen Mittelraum und den
ihn umgebenden Kapellen und Emporen wie eine
Uebersetzung von S. Gereon zu Köln in den
Barockstil anzusehen. Ueberaus harmonisch in
Raumgestaltung und Lichtwirkung ist das Jnnere,
bei einfach derben Formen, während das Aeußere
durch die in geschwungenen Linien componierte Façade
mit den beiden Thürmen und durch die centrale
Kuppel mit Laterne sich gefällig darstellt.“
Ueber den Barockstil selbst spricht sich Hof-
mann in dem Aufsatze wie folgt aus:
Wie verschieden der Geschmack selbst der be-
nachbarten Volksstämme, z. B. in Böhmen, Baiern
Oesterreich und Sachsen, aber auch der verschie-
denen Meister in derselben Stadt zur Zeit der
Errichtung unserer Kirche sich äußerte, erweisen die
von den größten Architecten der Epoche gleichzeitig
aufgeführten wichtigsten Bauten. Wenn man z.
B. die Johanniskirche der Geb. Asam in München
(erbaut 1733 bis 1746), die Prandauer'sche Stts-
kirche zu Melk (1702 bis 1736), die Bähr'sche
Frauenkirche zu Dresden (1726 bis 1740), die
Nikolauskirche auf der Kleinseite in Prag von Christof
Dienzenhofer und die Kirche in Karlsbad (1732
bis 1734) von dessen Sohn Kilian Ignaz Dien-
) Leider ist diese Lichtwirkung heute durch die in
neuester Zeit erfolgte stilwidrige Einführung färbiger Glas-
fenster gänzlich verloren gegangen! Lübte oder dessen Ge-
währsmann muss die Kirche in einer Zeit gesehen haben,
als deren Fenster noch mit den einzig stilgerechten Butzel-
scheiben verglast waren.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-04-10-n82_3645.jp2