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�Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 66
Seite 5
beständig: Ein Staatsverbrecher! Sie gehören ins
Zuchthaus!
Als der Präsident sein Programm entwickelte,
rief Abg. Wolf: „Was ist den mit der lex Falken-
hayn? Diesen Gauner lässt man frei herumlaufen,“
und als dann Dr. von Fuchs seine Stellung gegen-
über der lex Falkenhayn präcisierte, ließ sich Abg.
Wolf vernehmen: „Sie hätten gleich Justizminister
werden können, als Sachverständiger der Gauner i.“
Nachdem der Präsident geendet, nahmen die
Vertreter aller Parteien das Wort, um Erklärungen
abzugeben, daſs sie die von Dr. v. Fuchs bezüglich
der ex Falkenhayn geäußerten Ansichten nicht
theilen und darauf bestehen müssten diesbezüglich
nicht nur einen formellen Beschluss des Hauses zu
provocieren, sondern auch die an den bekannten Er-
eignissen Schuldigen zur Verantwortung gezogen
zu sehen. Jeder der Wortführer kündigt diesbe-
züglich einen Antrag an. Abg. Schönerer begeht
dabei die Geschmacklosigkeit, den Antrag zu stellen,
der Präsident sei als Staatsverräther und reif fürs
Zuchthaus zu erklären. Unter ironischem Gelächter
wurde die Unterstützungsfrage gestellt, wobei nur
die fünf Mitglieder der Schönererpartei die Hand
für den Antrag erhoben
Dann ergriff Ministerpräsident Graf Thun
zur Entwicklung seines Regierungsprogramms das
Wort?
aller Gruppen, um zu beantragen, daſs über die
Erklärungen des Ministerpräsidenten in der nächsten
Sitzung die D batte zu eröffnen sei. Nicht nur
die Opposition, sondern auch die Mitglieder der
Majoritätsparteien unterstützten den Antrag, der
auch angenommen wurde.“
Die Abg. Funke, Groß und Pergelt
bringen einen Dringlichkeitsantrag ein, auf sofortige
Aufhebung der Sprachenverordnungen vom 24. F. ber
und Einsetzung eines 48-gliedrigen Ausschusses, der
binnen 3 Monaten ein Sprachengesetz ausarbeiten
soll, in welchem unter Rücksichtnahme auf das
thatsächliche Bedürfnis in den einzelnen König-
reichen und Ländern die Normen gelten sollen, daſs
die deutsche Sprache die Staatssprache sein soll
und der Gebrauch der landesüblichen Sprache für
die einzelnen Königreiche und Länder durch Reichs-
gesetze zu regeln ist.
Hierauf wurde nach Verlesung einer schier
endlosen Reihe von Anträgen um 3/42 Uhr die
Sitzung geschlossen.
Nächste Sitzung Mittwoch den 23. März
11 Uhr vormittags. Tagesordnung: 1. Wahl der
Vic-präsidenten. 2. Debatte über die Erklärung
des Ministerpräsidenten.
Durch die Gnade Sr. Majestät zum Minister-
präsidenten und Leiter des Minsteriums des Innern
ernannt, hobe ich die Ehre mich und meine Collegen
dem hohen Hause hiemit vorzustellen. Es sei mir
sofort gestattet, das hohe Haus über die wichtigsten
Zielpunkte zu orientiren, denen nachzustreben die
Regierung den festen Willen hat. Die Regierung
betrachtet die Wiederherstellung geordneter parla-
mentarischer Z stände und des regelmäßigen Ganges
der Gesetzgebung als ihre erste und wichtigste politi-
sche Aufgabe, zumal im gegenwärtigen Augenblicke,
wo die im Interesse der Machtstellung des Reiches
und seiner wirtschaftlichen Kräftigung dringend ge-
botenen Vereinbarungen mit der anderen Reichs-
hälfte der parlamenkarischen Austragung harren.
Zur Lösung dieser Aufgabe appellirt die Regierung
an alle, denen das Ansehen des Reiches am Herzen
liegt und die Bedeutung der parlamentarischen
Formen theuer ist. Treu den geschichtlichen Ueber-
lieferungen der österreichischen Monarchie, wird die
Regierung bei der Führung der öffentlichen Ge-
schäfte als oberster Grundsatz den der Gerechtig-
keit gegenüber allen Volksstämmen und Bewohnern
dieses Staates walten lassen. Diesen Grundsatz
wird die Regierung, einstehend für Recht, Ord-
nung und Autorität, bei der Entscheidung aller
Fragen, die politische oder wirtschaftliche Interessen
oder Ansprüche betreffen, in verfassungsmäßigem
Wege zur Anwendung und Geltung bringen.
Nützliche sociale Reformen, Förderung des cultu-
Fortschritts, Hebung der nationalen und
sittlichen Verhältnisse der Bevölkerung und na-
mentlich der auf den Ertrag ihrer Arbeit ange-
wiesenen breiten Schichten derselben, Unterstützung
der Industrie und der Landwirtschaft liegen im In-
teresse der ganzen staatlichen Gemeinschaft und sollen
daher die wirkfamste Förderung durch die Regierung
erfahr
en. Wie die Regierung ihre besten Kräfte zur
Verwirklichung dieser Ziele einsetzen wird, so erwartet
sie mit Zuversicht, daſs auf diesen Gebieten die
Parteiunterschiede zurücktreten und alle Kräfte sich
zu gemeinsamem Handeln im Dienste der wirtschaft-
lichen und damit auch der politischen Machtstellung
des Staates vereinen werden. Die Vorbedingung
für die Erfüllung dieser patriotischen Aufgabe ist
die Milderung der nationalen Gegensätze, eine Frie-
densaction, für die gerade dieses Jahr am besten
berufen wäre. Das hohe Haus möge überzeugt
sein, daſs die Regierung, soweit es an ihr liegt,
alles aufbieten werde, um zu diesem erhabenen Ziel
gelangen Die Regierung wendet sich im Namen
Oesterreichs vertrauensvoll an alle Parteien dieses
Hauses und hofft, daſs sie, von patriotischem Geiste
durchdrurgen die in einem gefährlichen Rückstande
befindliche, zum Wohle des Ganzen und seiner
Theile unumgänglich nothwendige Staatsarbeit zu
leisten bereit kein werden. (Lebhaster Beifall.)
Die Rede des Ministerpräsidenten verlief un-
gestört, und nur wenige Stellen waren von schüch-
ternem Applaus begleitet. Nachdem Graf Thun
geschlossen, erhoben sich abermals die Vertreter
rellen
Telegramme.
Wien, 21. März. (Sitzung des Herrenhauses.)
Die Sitzung wird um 1/25 Uhr eröffnet. Auf der
Ministerbank befinden sich Ministerpräsident G af
Thun, und die Minister Graf Welserheimb, von
Wittek, von Raber, Graf Bylandt, Freiherr von
Kast, Dr. Kaizl, Dr. Baernreither und Ritter von
Jendrzejowich. Ministerpräsident Graf Thun stellt
das neuernannte Präsidium vor und ersucht das-
selbe die Functionen zu übernehmen. (Dies geschieht).
Präsident Fürst Alfred Windisch-Graetz richtete an
das Haus eine Ansprache, in welcher er unter
Hinweis auf die Feier des 50jährigen Regierungs-
jubiläums Sr. Majestät des Kaisers die patrioti-
schen Gefühle des hohen Hauses zum Ausdruck
bringt und das Haus auffordert, mit einem drei-
maligen Hoch auf das Sr. Majestät den Kaiser
seine Thätigkeit zu beginnen. Das Haus folgt be-
geistert dieser Aufforderung, worauf der Präsident
die Sitzung für eröffnet erklärt und die Zuschrift
betreffend die Ernennung des neuen Ministeriums
zur Verlesung bringt.
Ministerpräsident Graf Thun ergreift das Wort
um seine vorher dem Abgeordnetenhause gegebene
Erklä ung vorzulesen. — Sodann erfolgt die Bekannt-
gabe der amtlichen Bestellung der Schriftführer
und die Mittheilung des Einlaufes. — Der Präsi
dent widmet den verstorbenen Herrenhausmitgliedern
einen warmen Nachruf. — Eine Zuschrift des
Ministerpräsidenten fordert zur Wahl der Mit-
glieder der Quotendeput ation und der Delegation auf.
Wien, 21. März. Die letzten Bulletins über
das Befinden der Erzherzogin Natalie konstatiren
eine Gehirnhautentzündung. Die Nacht verlief
ruhig. Die Temperatur ist mäßig erhöht.
Wien, 21. März. Es bestätigt sich, daſs die
katholische Volkspartei in der gestrigen Sitzung die
Tagesordnung annahm und Abg. Dr. Victor von
Fuchs gebeten wurde, die Präsidentenstelle anzu-
nehmen. Abg. Freiherr von Dipauli erklärte, die
Stelle des Clnbobmannes niederzulegen und hiemit
aus dem Executiv-Comité und dr parlamentarischen
Commission der Rechten auszutreten. Abg. Zallinger
trat gleichfalls aus der Commission aus. Beide
Abgeordnete verbleiben im Club.
Wien, 21. März. Bei den heutigen 2 Er-
gänzungswahlen des Gemeinderathes aus dem 3
Wahlkörper des 1. und 8 Wiener Bezirks wurden
beide christlichsocialen Cardidaten gewählt. Das
Parteiverhältnis bleibt somit unverändert.
Berlin, 21. März. Der Herzeg von Talley
rand und Sagan ist in der verflossenen Nacht ge-
storben.
Stuttgart, 21. März. Gestern fand die Ver-
lobung der Prinzessin Pauline von Württemberg
mit dem Erbprinzen Friedrich zu Wied statt.
Belgrad, 21. März. Nach dem heute über
das Befinden des Königs Alexander ausgegebenen
Bulletin ist der Verlauf der Kraukheit ein normaler.
Temperatur 37. Das Allgemeinbefinden zufrieden-
stellend.
Paris, 21. März. Der „Temps“ führt aus,
daſs die Forderungen Frankreichs an China selbst
in der von der englischen Presse mitgetheilten
Fassang nur die maßvolle Haltung der französischen
Diplomatie ins hellste Licht setzen. Die französi-
schen Ansprüche seien nicht nur im stricten Ein-
klange mit den früheren Verträgen, sondern auch
vollkommen analog den von anderen Mächten er-
langten Zugeständnissen. Das Blatt bemerkt schließ-
lich unter Hinweis auf die etwas gereizten Er-
örterungen der englischen Presse, es erwarte ver-
trau nsvoll die officielle Kundgebung des „Foreigne
office.“
Paris, 21. März. Meldung der „Ag. Hav.“:
In den beiden Kriegshäfen Cherbourg und Brest
wurde heute morgens mit dem Versuche der Mobili-
ſierung der Nord-Escadre begonnen. In den beiden
Häfen herrscht riesige Thätigkeit.
London, 21. März. Reuters Office meldet
aus Kairo vom 20, d. M. Die combinirte britisch-
englische Armee hat heute früh das Lager von
Kaxuri am Nil verlassen und ist nach fünfstündigem
Marsche nachmittags bei den Hudifurten am Akbara
angekommen. Die Armee hat noch keine Fühlung
mit den Derwischen genommen.
Christiania, 21. März. Der 70. Geburts-
tag Henrik Josens wurde gestern mit großen Fest-
lichkeiten gefeiert. Ibsen empfieng die Glückwünsche
vom Storthingspräsidenten Ullmann im Namen des
Sto. hings.
Stockholm, 21 März. Der ehemalige
schwedische Kriegsminister Johann Magnus Björns-
tjerna ist gestern im Alter von 93 Jahren gestorben.
Angekommene Kurgäste.
Se. Durchlaucht Prinz Heinrich XVIII. Reuß j. L. mit
Diener aus Ludwigslust (Grand Hotel Pupp)
Herr Simeon B. Sarles aus Minneapolis
(Lord Byron)
Fräulein Anna Ludwig, Lehrerin aus Weimar,
Fräulein Margarethe Pochhammer aus Weimar
(Belvedere)
Herr Franz Lenz, Gastwirt aus Urfahr (Gute Hoffnung)
Herr Franz Wiltemann, Gastwirt aus Wien,
Herr Rudolph Bubenick aus Wien (Hotel Trautwein)
(Oberon)
Fräulein Berta Sabat aus Pilsen
Herr Franz Jonas aus Wlaschim
(Isolde)
Herr Dr. L. Fuchs, Universitäts-Professor mit Frau aus
Berlin
(Capri)
Herr Emil Schulz, Kaufmann aus Neidenburg“
(Casé Elefant)
Herr Franz Malek, k. k. Steuer-Oberinspector mit Tochter
aus Brünn
(Hotel sächsischer Hof)
Kur-Jrequenz in Karlsbad.
Am 21. März
wurden angemeldet
1897
1898
Plus
oder
Minus
Vom Beginn des Jahres an
ergeben sich bis 21. März
1897
1898
Plus
der
Minus
Par-
teien
Per-
sonen
+12
+16
333
403
366
449
+33
+46
Wiener Börse vom 21. März 1898
(Wiener officieller Coursbericht.)
102.25
Einheitliche Staatsschuld in Noten ..
Einheitliche Staatsschuld in Silber ..
Oesterreichische Goldrente .
Kronenrente 4/% ..
Ungarische Goldrente 4/2
Kronenrente 4/%
Oesterr-ung. Bank-Actien.
Creditactien
...
Condon vista
Deutsche Reichsbinin. für 100 Mt. d. R. W.
20-Mart-Stücke
......
Zwanzig-Francs-Stücke
Italienische Banknoten
-......
Rand-Ducaten..
122.70
102.20
102.25
121.70
39.45
3610
120.30
58.70
11.74
9.5214
2.86
45.
Salvator-Bier
aus der Bacherl-Brauerei in München
täglich
22. März 1898
in Gärtner's Altdeutscher Weinstube
„Hotel Erzherzog Karl.“
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-03-22-n66_2955.jp2