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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 66
22. März 1898
gruppe, abseits. Das ist freilich kein erhebendes
Schauspiel, muss aber als eine nicht zu beseitigende
Thatsache hingenommen werden. Die Regierung
wird leider mit dieser Zersplitterung des Deutsch-
thums rechnen können; sie wird aber doch auch
mit dem Willen der Deutschen, wenigstens in
nationalen Dingen einig zu sein, rechnen
müssen. Sie wird wenigstens nicht sofort, mit
deutschgegnerischen Anschlägen, wie die Sprachen-
verordnungen es waren, auf dem Plane erscheinen.
Das Drängen der Mehrheitsparteien wird sie aber
bald wieder vorwärts treiden und dann hoffen
wir die vorläufig zuwartende deutsche Opposition
noch größere Schwung- und Sprungkraft
entwickeln zu sehen, wie selbst zuletzt Badeni
gegenüber.
Die vereinigten Parteien der deutschen Linken
haben beschlossen, das Anerbieten der Rechten, der
Minderheit eine der beiden Vicepräsidentenstellen
zu überlassen, anzunehmen. Das heißt nur von
einem der Minorität zustehendem Rechte Gebrauch
machen. Daſs die Rechte zuletzt von dieser be-
deutungsvollen Gepflogenheit absehen wollte, hat
damals die Opposition zu einer Verwahrung ver-
anlasst und nicht wenig dazu beigetragen, die
Parlamentsstürme zu entfesseln. Die Majorität
scheint jetzt unter dem Einflusse der Regierung vor-
läufig geneigt, alles zu vermeiden, was zu neuen
Stürmen führen könnte. Sie hat sich bezüglich
des Präsidiums willig erwiesen und will auch die
„Lex Falkenhayn“ begraben, wobei die Opposition
nicht unterlassen wird, den Todtenzettel mit der
richtigen Anmerkung zu versehen und die Missethäter
gegen die Immunität der Abgeordneten in Anklage-
zustand zu versetzen. Es darf nichts ungesühnt
bleiben. Die einzelnen Clubs der Opposition
werden wohl die Abmachungen ihrer Obmänner
genehm finden. Solcherart dürften die ersten
Sitzungen des Reichsrathes und die Constituierung
desselben vor sich gehen können, da Freund und
Feind sich vorläufig auf das Abwarten verlegt
haben. Auch steht zu vermuthen, daſs Graf Thun
in seinen ersten Erklärungen sich sehr vorsichtig ver-
halten werde, um auch bei der Opposition nicht
anzustoßen. Weniger leicht wird es ihm sein, um
die Klippen der Sprachenverordnungen herum-
zusegeln, die jedenfalls zur Sprache kommen werden.
Die Gegner messen sich vorläufig und denken:
Nun, wir werden sehen!
Local-Nachrichten.
ture z. Op. „Bergmann's Traum“ von Kersen. —
3. „In den Sternen steht's geschrieben“, Walzer
von Fetras. — 4 Cavatine und Finale a. d. Op.
„Ernani“ von Verdi. — 5. „Schelmerei“, Polka
Mazurka a. d. Op. „Die Kosakin“ von Brandl.
— 6. „Zigeunerständchen“ von Nehl. — 7. „Du
bist die Ruh“ für Streichinstr. von F. Schubert.
— 8. „Hirtenleben in den Alpen, Tongemälde von
Kling. — 9. „Diana“, Galopp von Kéter-Béla.
(Jux-Abend des Männergesang-
Vereins.) Wie nicht anders zu erwarten, hatte
sich am verflossenen Samstag ein äußerst zahlreiches
Publikum im Kurhause versammelt, welches den
Darbietungen unseres wackeren Männergesang-
vereins reichen und wohlverdienten Beifall zollte.
Jede Nummer des heiteren amüsanten Programms
wurde ausgezeichnet wiedergegeben und vermag der
Verein mit dem Totalerfolge seines Abends nur
zufrieden sein. Das Quodlibet „Lustiges Allerlei“
von Schreiner, ferner der Männerchor „Die zwoa
Pfeiferlbuam vom Grundlsee“ von Pommer ver-
riethen wieder die tüchtige Schulung des Chors
durch den Chormeister des Vereins Herrn Wirkner.
In der italienischen Opernparodie Francesca da
Rimini brillierten wieder die Herren Stolz, Reis
und Heintich Zimmermann. Hrr Reis wurde
als gelungener Damenimitator und auch in der
Heinze'schen komischen Scene „Im Wartesaal“
wieder viel belacht. In Herrn Heinrich Erb
gewann der Verein eine Kraft, welche in humoristi-
schen Vorträgen als vorzüglich bereits bekannt ist.
Als Gast wirkte Herr Anton Haas mit, der als
Musikal Crown wirklich Ausgezeichnetes leistete und
reichen Beifall erntete. Den Schluss bildete das
Siagspiel „Die Wilddiebe“ von Cursch Bühren in
welcher fast alle Solisten des Vereines Gelegenheit
fanden, sich Geltung zu verschaffen. Den Löwen-
antheil nahm wie stets Herr Stolz als Edi vom
Hohentrieb in Anspruch doch auch die Herren L.
Beuer, Hezoudy, Reis, Schray und Ferd. Beuer
standen ihm wacker zur Seite. Die Handlung
kommt hier wohl weniger in Betracht, Hauptsache
bei solchen Einaktern ist stets, daſs sie die Heiter-
keit erregen und dem Charakter eines Jux-Abendes
keinen Abbruch thun. Diesen Zweck erfüllt auch
dieses Singspiel und mehr kann man nicht ver-
langen. Das sanglich Schönste in demselben ist
das Entréelied des Ei (Herr Stolz) welches denn
auch den regsten Beifall erhielt, sowie das Trink-
lied der Radfahrer (F. Beuer und Reis.) Infolge
des zahlreichen Besuches hatte der Abend auch in
materieller Beziehung ein zufriederst llendes Er-
gebnis.
(Vom Karlsbader Unterstützungs-
verein.) Vorgestern fand im Restaurant „Pano-
rama“ die General-Versammlung des Ersten
Karlsbader Unterstützungs-Vereines statt und war
dieselbe so stark besucht, daſs der Saal sich als
viel zu klein erwies und zahlreiche Mitglieder keine
Plätze fanden. Der Obmann, Herr Dr. Göwen-
stein begrüßte die Versammlung und brachte so-
dann den Rechenschaftsbericht zur Verlesung, aus
dem wir folgende Daten entnehmen: Wie aus dem
Cassaberichte ersichtlich ist, schließt der Verein heuer
mit einem Vermögenszuwachs von rund 4000 fl.
ab, eine Summe, die umso bedeutender den Verein
zur Geltung kommen lässt, wenn man die für die
Vereinsverhältnisse enormen Auslagen per 3652 fl.
43 kr. in Berücksichtigung zieht! Der hauptsäch-
lichste Grund in diesem erfreulichen Vermögens-
zuwachse ist vor Allem zwei Factoren zu verdanken:
der Munificenz der hiesigen Sparcasse, welche in
gerechter Würdigung der volkswirtschaftlich emi-
nenten Bedeutung des V reines demselben im
abgelaufenen Jahre die Spende von 1000 fl zu-
kommen ließ — in zweiter Richtung aber der Ver-
anstaltung zweier Tombolas im Etablissement Popp
und im Café Stadtpark, welche das namhafte Er-
trägnis von 1283 fl. 54 kr. lieferten. Der Aus-
schuss hält es daher für seine vornehme Pflicht,
an dieser Stelle sowohl der löbl. Spatcassa und
dem Protector des Vereines als Directions-
Vorsitzenden Herrn Bürgermeister Schäffler, in
welchem der Verein einen wackeren Fürsprecher
gefunden, den verbindlichsten Dank zum Ausdrucke
zu bringen — er dankt aber auch allen Jenen,
welche theils persönlich, theils durch Spenden an-
lässlich der Tombolas sich in den Dienst der guten
Sache gestellt! Wie aus dem Cassaberichte
ersichtlich, beziffert sich das gesammte Vereins-
vermögen mit Jahresschluss auf 31.411 fl. 16 kr.
Die Zahl der neu beigetretenen Mitglieder im ver-
flossenen Jahre beziffert sich auf 59) gegen 18 im
Vorjahre, und die Mitgliederbewegung selbst ver-
theilte sich in den letz'verflossenen Jahren wie folgt:
1890—397, 1891—412, 1892—27, 1893—448,
1894—507, 1895—518, 1896—508 und 1897 —
549 Mitglieder. Im Ganzen wurden 276 Wochen
Krankengeld ausbezahlt. Im Vorjahre wurden
395 Wochen Krankengeld ausbezahlt, somit im
heurigen Jahre um 119 Wochen weniger. — Ueber
Antrag des Ausschusses sollte dann zur Statuten-
berathung geschritten werden und wurden auch
einzelne Paragraphe angenommen, schließlich musste
jedoch die Versammlung infolge eines Chaos ver-
tagt werden und wird in den nächsten Tagen eine
zweite stattfinden, welche die unterbrochene Tages-
ordnung zu erledigen haben wird. Ursache an
diesem Misserfolge war einmal die Unsolidarität
des Ausschusses, indem ein Mitglied desselben ein
Minoritätsvotum einbrachte ohne es angemeldet zu
haben, das anderemal war die schlappige Hand-
(Abend-Concert der Kurkapelle.)
Heute Abend 1/28 Uhr findet im Kurhause ein
Concert mit nachfolgendem Programme statt:
1. „Cadetten-Marsch“ von Peters. — 2. Ouver-
er wenigstens künftighin nicht mehr besorgen, daſs
ihm die k. k. Inspektion selbst ein n solchen Tadel
einbrocken wird.
Es bleibt übrigens ein Räthsl, wie die
Communal Verwaltung zu dem Namen Kurator
komme, da es ihr doch niemals beifiel, über die
Kurgäste eine Art Kuratel zu verhängen.
Versteht der k. k. Rath Richter von Ilsenau,
etwa darunter seine — in Folge h. Auftrag be-
sorgte Jnvigilirung im Geiste des früheren ver-
haßten Polizeisystems?
ad 5) In den Bädern der seit Jahren kon-
stitutionell organisirten Staaten bestehen Regierungs-
beamte unbeanständet, welche man Badekönige nennt,
und nur allein für das Vergnügen der Kurgäste
Sorge tragen.
Die Regierung wird sich übrigens durch die
Aufhebung der k. k. Inspektionen nicht dem geringsten
Vorwurfe einer malplacirten Knauserei aussetzen,
vielmehr die allgemeine dankbare Anerkennung
erndten, daß sie durch jene Behebung von den Kur-
gästen die ängstliche Besorgniß verscheucht, einer Be-
lauerung ihres Handelns und Treibens preis ge-
geben zu sein, welche so manchen Lebensgenuß ver-
leidet, ja selbst die Empfänglichkeit dafür unter-
gräbt.
Karlsbad am 10. Mai 1848.
Lenhart,
Bürgermeister.
Die Dr. Anger'schen Tagesneuigkeiten lauter:
Der erste konstituirende Reichstag ist nun be-
reits officiell auf den 27. Juni nach Wien zu-
sammenberufen. Er wird aus einem Senat und
einer Kammer der Abgeordneten bestehen. Der
Senat besteht aus Prinzen von Geblüt und den
größten Grundbesitzern, die Zahl seiner Mitglieder
ist auf etwa 200 bestimmt Die Kammer der Ab-
georducten besteht aus 383 Mitgliedern; für Böhmen
entfallen 37, davon hat das Flachland 83, Prag
4, Reichenberg, Eger und Budweis je ein Mitglied
zu stellen. Auf 50000 Einwohner entfällt ein Ab-
geordneter; die Wahl derselben geschieht nach be-
stimmten, arondirten Wahlbezirken indirekt durch
Wahlmänner; auf je 500 Einwohner kommt ein
Wahlmann. Jeder 24 Jahre zählende unbescholtene
Staatsbürger ist zum Wahlmann, und jeder der
30 Jahre zählt, ist zum Abgeordneten berechtigt.
Die Wahl der neuen Regierungskommission
für Frankreich fiel auf Arago, GarnierPagés,
Lamartine, Marie, Ledru-Rollin.
In Folge der aus Italien eingetroffenen Nach-
richten — päpstliche Truppen kämpfen nämlich im
feindlichen Heere — wurden dem päpstlichen Nun-
tius seine Pässe zugeschickt.
Am 5 Mai wurde von unseren Truppen
Belluno besetzt; am 6. haben sich die Armeekorps
Radetzky's und Nugent's vereinigt, und am 8. soll
Radetzky neuerdings einen Sieg über die Plemon-
tesen ersochten haben.
Palacky wurde nach Wien berufen, und ihm
das Ministerium des Unterrichtes angetragen. Er
lehnte es aber ab. Nach Prag zurückgekehrt, er-
stattete er im National Ausschoß Bericht über seine
Ablehnung, wobei er unter anderem sagte, daß das
Ministerium in Betreff der Beschickung des deutschen
Parlaments ganz seine Meinung theile, und daß es
nur jetzt noch nicht offen damit hervortreten will.
Sollte wohl Herr Palacty von Seite des Ministe-
riums berechtigt worden sein, dessen Meinung im
Nationalkomité zu Prag offen zu verlünden? Wahr-
lich dieser Mann, der vorgibt, daß ihm die deutsche
Sprache eine ungeläufige und fremde sei, der aber
nichts destoweniger seine Geschichte Böhmens in
Ver-
deutscher Sprache geschrieben, hat durch seine takt-
losen, unpolitischen Aeußerungen eine groß?
antwortung auf sein Haupt geladen, und viel
heil über unser schönes Vaterland heraufbeschworen.
Die Dänen erregen in Schweden und Nor-
wegen sehr viel Sympathie, so zwar, daß sich
Freischaaren bilden. Auch soll Schweden bereits
erklärt haben, daß es, falls der Krieg sich über
Schleswig hinauszöge, mit gewaff eter Hand für
das dänische Nachbarland Parthei nehmen werde;
anderen Nachrichten zu Folge sei aber Schw den
entschlossen, die ſtrengste Neutralität zu beobachten.
Am 8. Mai wurde in Turin das National:
parlament eröffnet. Der Stellvertreter des Königs
wies in der Thronrede auf die gewünschte Ver-
schmelzung mit anderen Theilen der Halbinsel. Eine
in der That sehr naive Aeußerung; wahrscheinlich
meint der Herr Stellvertreter Kallabrien.
und
Nach einer brieflichen Mittheilung hat sich
Verein der Deutschen aus Böhmen, Mähren
Schlesien in Wien zu einem Vereine der Deutse
in der österreichschen Monarche erweitert. I
diesem Vereine hielt Palsty, der Gesandschafts-
Název souboru:
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