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1. März 1898
„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 48
Seite 5“
Aus dem Gerichtssaale.
Wir erhalten folgende Berichtigung: Da der in
Ihrem Blatte vom 20. Feber l. J. unter der Rubrik
„Aus dem Gerichtssaale“ enthaltene Bericht über die am
16. d. M. stattgehabte Verhandlung gegen Franz Paulus
über meine Klage, wegen Ehrenbeleidigung nicht dem
thatsächl'ichen Verlaufe der Verhandlung,
entipricht, so verlange ich unter Berufung auf §· 194
des Preßgesetzes nachstehende Berichtigung!
Esnrichtg, daſs die Verhandlung schließlich zu
dem Resultate führte, daſs Hampl, nachdem Beweis-
materiat gegen ihn vorlag, seine Klage gegen Paulus
zurcgdieKostenbezahlung übernehmen musste.
Richtig ist vielmehr, daſs über Intervention des Ver-
handlungsrichters, nachdem beide Theile erklärten sich mit
einander nicht befassen zu wollen, von der Durchführung
der Hauptverhandlung abgesehen wurde, jeder Theil die
Tragung seiner Vertretungskosten übernahm und nach-
stehendes von beiden Theilen unterfertigtes Protocoll auf-
genommen wurde:
„Nachdem beide Theile erklärt haben, daſs sie sich
mit einander nicht befassen wollen, erklärt schließlich der
Privatankläger Ferd. Hampl, daſs er von der Anklage
zurücktrete.“
aad, am 26. Feber 1898. Ferdinand Hampl.
Die Berichtigung nehmen wir deshalb auf, um durch
Vergleichung derselben mit dem Verhändlungsprotocolle,
welches wir untenstehend nach dem Originale abdrucken,
zu beweisen, daſs es sich hier nicht um Vertretungs-
tosten, sondernum Gerichtskosten handelt, unsere
Notiz also vollkommen der Wahrheit entsprach.
Protocoli
U. Iv 39/98/3
aufgenommen bei dem k. k. Bezirksgerichte Karlsbad
am 16. Feber 1898.
Gegenwärtige:
Richter: k. k. Ger.=Secretär Pick.
Schriftführer: Böse.
beide Theile und
ihre Vertreter.
Gegenstand:
Vor der Hauptverhandlung erscheinen Ferdinand
Hampl, Kutscher in Karlsbad mit seinem Vertreter Dr.
Samel' und der Beschuldigte Franz Paulus, Buch-
drucker in Karlsbad mit JEu Brrbl, undnach
dem beide erklärt haben, das sie sich mit einander nicht
befassen wollen, erklärt schließlich der Privatankläger, daſs
er von der Anklage zurücktrete, woegen der' Be-
schuldigte noch bemerkt, daſs er keine
Kosten liquidiert.
Vorgelesen, genehmigt und gefertigt mit dem, daſs
Beschuldigter um eine Abschrift des Protocolles bittet.
Hampl Ferd. m. p.
Dr. Samel m. p.
Franz Paulus m. p.
Dr. Körblm.p.
Pick m. p.
Böse m. p.
Vermischtes.
(Ans den ungarischen Leibrevieren des
Kaisers.) Vom 1. Feber 1807 bis inclusive 31. Jänner
1898 wurden in den Revieren des Leibgeheges Gödöllö
durch Seine Majesiät und verschiedene hohe Schützen
gestreckt: Nützliches Wild, und zwar Edelwild 29 jagd-
bare, 15 geringe Hirsche, 1 Spießhirsch, 16 Thiere, 4
Kälber; Schwarzwild: 3 Becker, 8 Bachen, 5 Frischlinge;
Rehwild: 21 Böcke, 2 Gaisen: ferner 808 Hasen, 34 Lapins,
5 Truthähne, 1705 Fasane, 77 Rebhühner, 20 Wald-
schnepfen und 4 Stück Verschiedenes. Schädliches Wild:
5 Füchse, 1 Steinadler, 1 Habicht, 2 Bussarde, 3 Krähen
und 3 Stück Verschiedenes. Mit Hinzurechnung des durch
das k. und k. Jagdpersonal bewirkten Abschusses sind in
der erwähnten Zeitperiode in dem Gödöllder Leibgehege
im Ganzen gestreckt worden; 50 Hirsche 144 Thiere.
die Zahl der erlegten Thiere ist deshalb so groß, weil
der Wildstand eine übermäßige Höhe erreicht hatte —
22 Stück Schwarzwild, 67 Stück Rehwild, 3335 Hasen,
631 Lapins, 5 Truthähne, 2 Königsfafanc, 4260 Fajane,
2460 Rebhühner, 110 Waldschnepfen, 76 Wildenten 112
Wachteln, 102 Verschiedenes; Summa 11.376 Stück nütz-
liches Wild, 4 Sischottern, 249 Füchse, 35 Dachse, 21
Wildtaten, 6 Steinmarder, 161 Ittisse, 447 Wiesel, 243
Igel, 5 Steinadler, 87 Habichte, 241 Bussarde, 421 kleine
Falken, 1 Uhu, 528 Eulen, 1 Kolkrabe, 2170 Krähen und
Elstern, 1057 Verschiedenes; Summa 5675 Stück schäd-
liches Wild; daher Totalabschufs 17051 Stück.
(Die Nähnadel bildet, trotz ihrer Kleinheit, doch
einen der bedeutendsten Exportartikel Deutschlands.
Während früher England nicht nur Deutschland, sondern
auch den ganzen Weltmarkt mit seinem Fabrikat be-
herrschte, macht deutsches Fabrikat sich jetzt nicht nur in
überseeischen und europäischen Ländern bemerkbar, sondern
macht dem englischen Fabrikat sogar auf dem englischen
Markt den Platz streitig — Die Hauptsitze der Nadel-
fabrikation sind Aachen, Burtscheid, Iserlohn, Altona,
Nürnberg, Schwalbach. Allein die Aachener Fabriken
producieren wöchentlich 50 Millionen Nadeln. In den
8 Jahren von 1880—1887 belief sich der deutsche Nadel-
ervort auf 11,600.000 Pfund, die etwa 50 Millionen
Mark wert waren. Von 1888—1895 wurden 15 Millionen
Pfund fertige Nadeln exportiert, die einen Gesammtwert
von über 60 Millionen Mark repräsentierten.
(Die Bierproduction Deutschlands) betrug im
Jahre 1896 60,700.000 Hectoliter gegen 55,370,000 im
Vorjahre. Der größte Theil dieser Menge wird in Deutsch-
land selbst verbraucht, denn einem Export von 647.000
Hectoliter steht ein Import von 547.000 Hectolitern gegen-
über. Auf den Kopf der Bevölkerung würden darnach
pro Jahr 116 Liter entfallen. Die nach Deutschland im-
portierten Biere stammen fast ausschließlich aus Oester-
reich, dessen Gesammtproduction im gleichen Jahre
18,675.800 Hectoliter betrug.
Böhmischer Landtag.
28. Feber 1898.
II. Jahressession. 47. Sitzung.
Oberstlandmarschall Fürst Georg Lobkowicz er-
öffnet die Sitzung um 11 Uhr 20 Min.
Am Regierungstische: Statthalter Graf Couden-
hove, Statthaltereirath Pietrzikowski und Statthal-
tereisecretär Dr. Neumann.
Es wird ein Schreiben des Rectors der deutschen
Universität, Professors Dr. Ulbrich, verlesen in wel-
chem dieser erklärt, daſs er, obgleich trotz der Re-
signation auf das Amt als Rector der deutschen
Universität zur Ausübung der Virilstimme im Land-
tage berechtigt, nach der Erklärung des Abg. Lippert
außer Stande sei. sich an der weiteren Verhandlung
des Landtages zu betheiligen.
Das Haus geht zur Tagesordnung über.
Der einzige Gegenstand derselben ist die zweite
Lesung der Vndgetcommission über den Landesvor-
anschlag für das Jahr 1898.
Nachdem Abg. Foscht als Referent der Budget-
commission den Bericht erstattet, ergreift Abg. Dr.
Vaschaty vor leeren Bänken das Wort. Er pole-
misiert gegen die bestehende und alle früheren Re-
gierungen, spricht von den Ungerechtigkeiten, die an
den tschechischen Minoritäten berübt wurden, von
den Bundesgenossen Oesterreichs und beharrt darauf,
daſs das Deficit im Landeshaushalte Böhmens mit
Hilfe der Wiener Reichscassenbestände gedeckt werde.
Abg. Dr. Gregr tritt für die Anträge der
Commission ein.
Als zweiter Contraredner führt Abg. Dr. Baxa
unter anderem aus, daſs alle Schuld an dem Uebel
an dem gegen die Tschechen gerichteten Regierungs-
systeme liege, das durch 50 Jahre vom Kaiser ge-
handhabt werde. (Redner wird zur Ordnung ge-
rufen.)
Abg. Graf Harrach spricht für die Anträge.
Nachdem Abg. Dr. Foscht das Schlußwort zu
zu den Anträgen gefprochen, erfolgt die Abstimmung.
Die Commissionsanträge werden angenommen.
Nach Verlesung mehrerer Interpellationen wird
die Sitzung um 4 Uhr 40 Min. geschlossen.
Nächste Sitzung morgen, Dienstag.
Telegramme.
Constantinopel, 27. Feber. Nachrichten aus
Gallipoli zufolge, demonstrirten 600 Personen ge-
gen die Behörden wegen der Erhöhung der Brod-
preise und wollten das Regierungsgebäude in
Brand stecken. Es wurden 36 Verhaftungen vor-
genommen.
Reichenberg, 28. Feber. Der Bezicksaus-
schuss von Reichenberg sprach den deutschen Ab
geordneten zum Landtagsaustritte seine Zustimmung
aus: Das deutsche Volk werde das Phantom des
tschechischen Staatsrechts nie anerkennen.
Wien, 28. Feber. Prinzessin Clementine von
Sachsen-Coburg liegt seit heute Nacht in Agonie.
Das Morgenhulletin besagt: Nachts verschlimmerte
sich das Befinden wesentlich. Die Herzschwäche
und der zunehmende Kräfteverfall schreiten fort.
Wien28. Feber. Ihre k u. k. Hoheit Frau
Kronpeinzessen Witwe Erzherzogin Stephanie ist an
einer linksseitigen Lungen- und Rippenfellentzündung
erkrankt. Der Verlauf der Krankheit ist bisher
normal. Das heutige Bulletin lautet: Nacht war
ziemlich ruhig. Die Lungenentzündung scheint vor-
läufig Stillstand zu machen; ob derselbe definitiv
ist, ist noch nicht bestimmbar. Das Gemüth ist
heute ruhiger, Fieber sehr vermindert.
Wien, 28. Feber. Der ehemalige Statthalter
von Böhmen, Graf Franz Thun, ist heute hier
eingetroffen. Auch der gewesene Präsident des Ab-
geord etenhauses, Ritter von Abrahamowicz, ist in
Wien eingelangt und hatte im Laufe des heutigen
Tages eine Besprechung mit dem Ministerpräsidenten
Baron Gautsch.
rakau, 28. Feber. Gestern fand im Saale
des hiesigen Turnvereines eine Papstfeier statt,
welcher die Spitzen der Civil- und Militärbehörden
sowie sehr zahlreiche Personen aus allen Ständen
beiwohnten.“
Budapist, 28. Feber. Minister des Aeußeren
Graf Goluchowski reiste heute mittags nach Wien
zurück.
Berlin, 28. Feber. In der heutigen Sitzung
des Aufsichtsrathes der Laurahütte wurde die Bilanz
für das I Semester 1897/8 festgestellt. Der Bruto-
gewinn beziffert sich auf 3,900.302 Mark, das ist
ρ88.608 Mark mehr als im Vorjahre. Davon ent-
fallen 330690 Mark auf das I. und 357.918 Mark
auf das II. Q artal
London, 28. Feber. Wie die Morgenblätter
melden, zog sich Lord Salisbury eine leichte Er-
kältung zu und hütet das Zanmer.
Tondon, 28. Feher. Wie „Reuters Office“
aus Wadihalf4 meldet, droht der Emir der Madhisten
das befeftigte Lager von Azbara anzugreifen. In-
folge dessen wurde den britischen Truppen der Befehl
ertheilt, den N l aufwärts zu marschieren.
London, 28. Feber. „Reuter's Office“ meldet
aus Yoiohama: Hier verlautet, Korea habe die
Derr Insel auf der Höhe von Fusan au Ruſsland
verpachtet.
Paris, 28. Feber. Oberst Picquart wurde
gestern in Freiheit gesetzt.
Copenhagen, 28. Feber. Bei der gestrigen
Hoftafel hielt König Christian eine Rede, in der
er Gott dankte, daſs er seinen lieben Sohn den
König von Griechenland, sowie dessen Tochter, die
Prinzessin Marie, von einer großen Gefahr' er-
rettete und die Eltern des Königs vor einem großen
Herzleid bewahrte.
Constantinopel, 28 Feber. Privatdepeschen
aus Uesküb zufolge, wurden 129 bulgarische Häft-
linge in Uesküb in Fre heit gesetzt, 15 blieben noch
in Verwahrung. Ebenso warden 107 Gefangene
in anderen Orten enthaftet.
New-Vorki, 28. Feber. Der hier eingetroffene
Dampfer „Rotterdam“ theilt mit, daſs er am
24. Feber unter 43°10' nördlicher Breite und 570
westlicher Länge ein Boot des Dampfers „La Cham-
pagne“ mit einem Offizier und 9 Mann angetroffen
habe, welche das Schiff am 18. d. M. verlassen
hatten, um Hilfe zu holen. Am 17. 8. M. ist auf
dar „Champagne“ die Schraubenwelle gebrochen,
weshalb das Schiff, welches sonst keinen Schaden
gelitten hat, nahe den Sandbänken von Neufundland
unter Anker ging. An Bord ist alles wohl. Die
Besatzung des Bootes hat durch die Kälte schrecklich
gelitten.
Attentat auf den König von
Griechenland.
Athen, 27. Feber. Der offizielle Bericht über
das Attentat gegen den König lautet: Heute um
126 Uhr nachmittags als Se. Majestät in Be-
gleitung der Prinzessin Marie im offenem Wagen
von der gewöhnlichen Spazierfahrt nach dem
alten Phaleron zurückkehrte, feuerten zwei unbe-
kannte, mit Gras-Gewehren bewaffnete Individuen
aus einiger Entfernung etwa sechs Schüsse gegen
den Wagen des Königs ab, durch welche der neben
dem Kutscher sitzende Jäger eine leichte Verletzung
am Beine erlitt und die beiden Pferde verwundet
wurden. Obschon der König sich erhoben hatte,
um die Prinzessin Marie vor den Kugeln zu
schützen, wurde Se. Majestät nicht verwundet und
kehrte unversehrt ins Palais zurück. — Morgen
wird in der Metropolitankirche ein feierliches Te-
deum abgehalten werden, welchem die königliche
Familie beiwohnen wird. Die Bevölkerung von
Athen bereitet enthusiastische Kundgebungen für den
„Bauern haltet zusammen! Runter mit Schrammel!“
Unter ungeheuerem Tummult schließt der Vorsitzende den
Bauerntag, ohne daſs es zu einem Resultate gekommen
wäre.“
Název souboru:
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