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8. Jänner 1898 �Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 5 Seite 5 Prag, 7. Jänner. Auf der Kleinseite hat sich gestern der Hauptmann Franz Fodermayer des 8. Artill.-Regim. erschossen. Das Motiv ist nicht bekannt Prag, 7. Jänner. In Duschnik bei Dobrsch wurde in der Nacht zum Donnerstag der 70jährige Zieglbrenner Math. Kosarsch ermordet. Er ging nach 11 Uhr zu Bette und unterhielt sich noch mit seinem Weibe. Da hörten sie ein Geräusch, Kosarsch ging hinaus, um die Ursache zu erforschen und kam nicht mehr zurück. Die Frau ging mit einem Lichte nach und fand den Greis in den letzten Zügen Mit Hilfe eines Nachbars schaffte sie ihn in die Stube, wo er bald darauf starb. Der Mörder, welcher dem Greise mit einer Hacke das Elbogen- gelenk und den Fuß unterhalb des Knies durch- schlagen hatte, ist spurlos verschwunden. Prag, 7. Jänner. Heute war hier allgemein das Gerücht verbreitet, daſs im Laufe des Tages das Standrecht aufgehoben werden soll. Dieses Gerücht, das durch eine bestätigende Mel- dung eines hiesigen Morgenblattes Nahrung erhielt, wurde mit der gestrigen Rückkehr des Statthalters aus Wien in Zusammenhang gebracht. Amtlich ist bis jetzt von einer Aufhebung des Standrechtes gar nichts bekannt. Auch an eine Aenderung der nun- mehr allerdings schon sehr drückenden Sperrvor- schriften wird vorläufig nicht gedacht. Prag, 7. Jänner. (Zur Sicherheit des Abgeordneten Wolf im böhmischen Land- tage). Das heutige „Prager Abendblatt“ schreibt: „In den letzten Tagen wurden deutsche Gemeinden von einem Comité eingeladen, Schutz für den Ab- geordneten Herrn Wolf zu fordern, der, nach einem angeblichen Ausspruche Dr. Grégrs dem LAB. Herrn Lippert gegenüber, ermordet werden solle, sobald er den böhmischen Landtag betreten werde. Aus jeder deutschen Gemeinde Böhmens möge sich am 7. d. M. mindestens ein Vertreter in Prag einfinden, um die für den genannten Abgeordneten nöthigen Schutz- maßregeln zu besprechen. Wir zweifeln keinen Augen- blick, daſs dem Herrn Abgeordneten Wolf der poli- zeiliche Schutz im Falle einer wirklichen Gefahr, wie jedem Anderen, im vollsten Maße zu Theil werden würde. In einem uns vorliegenden Briefe erklärt aber Herr Dr. Grégr ausdrücklich, daſs er weder im Ernst, noch im Scherz den obigen Aus- spruch gethan habe, und da auch Oberstmarschall- Stellvertreter Herr Lippert auf's bestimmteste angibt, einen derartigen Ausspruch Dr. Grégr's niemals erzählt zu haben, so ist die deutsche Oeffentlichkeit in diesem Falle von irgend einer Seite in unver- antwortlicher Weise irregeführt worden. Wien, 7. Jänner. Der General-Truppen- inspektor F.-Z.-M. Freiherr von Schönfeld ist gestorben. (Anton Freiherr von Schönfeld wurde am 3. Juli 1827 in Prag geboren. Mit 21 Jahren war er bereits Oberlieutenant und focht als solcher 1849 unter Radetzty. Im Jahre 1850 wurde er zum Hauptmanne im General- quartiermeisterstab, 1859 zum Major, 1862 zum Obersi- lieutenant und Generalstabschef des 7. Corps befördert. Während des dänischen Feldzuges im Jahre 1864 war er Militärbevollmächtigter im preußischen Hauptquartier und wurde ein Jahr darauf zum Oberst ernannt. Das Jahr 1870 brachte ihm den Freiherrnstand und das Avancement zum Generalmajor. 1874 rückte er zum Feldmarschall-Lieutenant vor, wurde dann im Jahre 1876 zum Chef des Generalstabes und wirklichen Geheimen Rath, zehn Jahre später zum Feldzeugmeister und nach dem Tode des Erzherzogs Albrecht zum General- Truppen-Inspector ernannt. Freiherr v. Schönseld war mit mehreren hohen österreichischen und fremden Orden ausgezeichnet und besaß unter anderem das Großtreuz des Leopoldordens (seit 1899) und den Orden der eisernen Krone 1. Classe (seit 1879). Auch war er Inhaber des Inf. Reg. Nr. 82. Der General weilte noch an den Weibnachtsfeiertagen in völliger körver- licher Frische mit seiner Gattin in seiner Heimastadt Prag. begandann aber plötzlich zu kränkeln und starb nach kurzen Krankenlager.) Wien, 7. Jänner. Nach einstündiger Bera- thung des Verwaltungsgerichtshofes über die Be- schwerde gegen die Entscheidungen des böhmischen Landesausschusses in Angelegenheit der Demolierung des Hoftractes der deutschen Volksschule in Wrscho- witz, welche Entscheidungen den Bau des Hoftractes als consenswiedrig bezeichneten, gab der Vorsitzende Graf Schönborn bekannt, daſs sich die Nothwendig- keit ergeben habe, behufs Requirirung von Acten eine zweite Verhandlung anzuordnen und bis dahin die Entscheidung hinauszuschieben. Die zweite Ver- handlung wurde auf den 3. Februar anberaumt. Wien, 7. Jänner. Der Kaiser empfieng heute in besonderer Audienz den sächsischen Gesandten Grafen Wallwitz, welcher sein Abberufungsschreiben überreichte. Hierauf empfieng der Kaiser den neu- ernannten Gesandten Grafen Rex, der sein Accre- ditive überreichte. Wien, 7. Jänner. Das „N. W. T.“ schreibt: Jetzt, wo die politischen Vorgänge in den kleinen Balkanstaaten, dank dem Einvernehmen zwischen Oesterreich-Ungarn und Ruſsland viel von der ihnen früher beigelegten Wichtigkeit verloren, wird man in der Ernennung Milans zum Commandanten des serbischen activen Heeres eine lediglich die inneren Verhältnisse Serbiens betreffende Episode erblicken dürfen. In diese Verhältnisse sich einzumengen bekunden jedoch die an den Balkanstaaten zunächst interessirten Großmächte keinerlei Neigung. Für die internationale Politik bleibt die Ernennung Milans gewiſs gleichgiltig, wenn sie auch eine eigen- thümliche Entwicklung der Dinge in Serbien zeigt. Budapest, 7. Jänner. (Abgeordnetenhaus.) Im Einlaufe defindet sich eine Petition, welche die Personalunion mit Oesterreich verlangt. Abg. Peter Apathy unterbreitet den Bericht des Incompatibili- tätsausschusses betreffender Angelegenheiten der Ab- geordneten Heltav und Thege. Dem Berichte zu- folge liegt kein Incompatibilitätsfall vor. Das Haus setzt die Specialdebatte über den Gesetzent- wurf betreffend die provisorische Regelung der Bank- und Zollangelegenheiten fort. § 1 wird nach der Schluſsrede des Referenten August Pulszky mit der Modification des Ministerpräsidenten votiert. Da das Haus nicht beschluſsfähig ist, wird die Sitzung auf zehn Minuten suspendiert. Nach Wiederauf- nahme derselben wird § 2 ohne Debatte votiert. Zu § 3 ergreift Ministerpräsident Baron Banffy das Wort. Derselbe legt dem Hause Modificationen vor, nach welchen das Gesetz am Tage der Verkündigung Ge- setzeskraft erlangt und seine Giltigkeit auf alle Ver- fügungen erstreckt wird, welche die Regierung im Interesse der Aufrechthaltung des status quo seit 1. Jänner 1898 getroffen. (Lebhafte Zustimmung rechts.) An der Discussion betheiligen sich noch die Abg. Kossuth, Graf Apponyi, Major und Graf Stefan Tissa, worauf die Vorlage mit den Stimmen der Liberalen und der Nationalpartei sowie der Volkspartei in zweiter Lösung angenommen wird. Der Beschluſsantrag des Ministerpräsidenten, das Haus möge die getroffenen Verfügungen zur Kennt- nis nehmen, wird mit den Stimmen der Liberalen angenommen. Die dritte Lesung wird auf morgen vertagt. — Budapest, 7. Jänn. Abgeordnetenhaus (Schluß.) Nachdem das Haus nach kurzer Debatte die vom Magnatenhause vorgenommenen Modificationen an dem Gesetzentwurfe betreffend die amtliche Benen- nung der Orts- und Gemeindenamen votiert hatte, wurde die Sitzung geschlossen. Auf der Tagesordnung der morgigen Sitzung steht die Verhandlung über den Gesetzentwurf betreffend die Regelungder Rechts- verhältnisse zwischen den Arbeitgebern und landwirt- schaftlichen Arbeitern. Szegedin, 7. Jänner. Nach einem Telegramm des Bürgermeisters von Hod Mezo Vasarhely haben sich daselbst der Stadthauptmann Poka und der Concipient Gosztoni das Leben genommen Diese Selbstmorde stehen mit der wegen der jüngsten De- fraudation eingeleitteen Untersuchung im Zu- sammenhange. Berlin, 7. Jänner. Der „Norddeutschen All- gemeinen Zeitung“ zufolge nahm heute Kaiser Wil- helm den Vortrag des Reichskanzlers in dessen Amts- wohnung entgegen. Paris, 7. Jänn. Die „Ag. Havas“ meldet: Aus authentischer Quelle wird die Nachricht von einer zwischen England und Japan abgeschlossenen Alliance für unbegründet erklärt. Die japanische Diplomatie beobachte eine reservierte Haltung, woraus sich schließen lasse, daſs sie Wert darauf legt, gleich freundschaftliche Beziehungen zu allen Mächten zu unterhalten. Daris, 7. Jänner. „Sièele“ veröffentlicht die bisher geheim gehaltene Anklageschrift im Processe Dreyjus, aus welcher thatsächlich hervorgehe, daſs das Borderean die einzige materielle Grundlage der Anklage bildete. „Siécle“ behauptet, Oberst Picquard habe schon im August und September 1896 gegen Esterhazy die Anzeige wegen Ver- dachtes der Spionage erhoben. London, 7. Jänner. In einem Artikel über Kiaotschau-Angelegenheit sagten die „Times“: Wir dürfen annehmen, daſs Deutschland die Verpachtung von Kiaotschau, was alle practischen Zwecke er- langt, als endgiltige Abtretung in volle Souverä- nität betrachtet und daſs die chinesischen Behörden im Grunde ihres Herzens derselben Meinung sind. London, 7. Jänner. Eine Sonderausgabe des „Globe“ meldet, an der Fondsbörse war das Ge- rücht im Umlauf, daſs die britische Regierung eine chinesische Anleihe im Betrag von 16 Millionen Pfund Sterling zu 3 Perzent mit dem Emissions- preise von 100 garantirt habe. Madrid, 7. Jänner. Infolge der Entschei- dung des obersten Militärgerichtshofes betreffs des Generals Weyler wird die Demission des Kriegs- ministers General Correa als möglich betrachtet. Der Ministerrath wird sich morgen mit dieser Frage beschäftigen. Constantinopel, 7. Jänner. Infolge wieder- holt vorgekommener Verhaftungen von Engländern in Svedla an der syrischen Küste und Verhinderung an ihrer Weiterreise erhob der hiesige englische Bot- schafter erfolgreiche Reclamationen und verlangte die Absetzung des Mutessarifs von Spedla, die auch verfügt wurde. — Wie verlautet, wird der russische Botschafter Sinowjew nach Ueberreichung seiner Creditive die jüngsten Schritte wegen Zahlung des Rückstandes aus der Kriegsentschädigung erneuern. Constantinopel, 7. Jänner. Die wiederholt aufgeschobenen Verhandlungen zwischen der Türkei und Griechenland über die Spezialkonventionen werden definitiv am Samstag beginnen. Einer offiziellen Verlautbarung zufolge ergab die Armee- substription rund 51/2 Millionen Gulden, die Sub- stription für Kreta circa 75.000 Gulden. Für letztere hofft man aus der Erhöhung der Schaftaxe in Constantinopel und den Hafenstädten über 10.000 Gulden zu erzielen. Kairo, 7. Jänner. Es wurde beschlossen, die bis Abuhamed fertige Eisenbahn bis Ed-Dammer an der Mündung des Asbara in den Riel zu ver- längern. — Bombay, 7. Jänner. In den letzten 48 Stunden sind 142 Erkrankungen an der Pest vor- gekommen, von denen 105 tödtlich verliefen. Die Epidemie ist jetzt wieder annähernd so heftig, wie bei ihrem ersten Auftreten. Für den Fall, daſs bis zum Eintritte der Sonnenfinsterniß am 22. d. M. noch keine Besserung erfolgen sollte, werden zahl- reiche Auswanderungen auch eine allgemeine Ge- schäftseinstellung befürchtet. Suez, 7. Jänner. Um 9 Uhr vormittags passierte das deutsche Geschwader unter dem Salut des englischen Kreuzers „Gent“ und der Festung die Mündung des Canales. Port Said, 7. Jänner. (Meldung des Reu- ter'schen Bureaus). Der russische Kreuzer „Rossija“ ist aus Kreta auf der Fahrt nach Chma hier ein- getroffen. COGNAG franz. Cognagfabrik Promontor. RUDA &BLOCHMANN Wien-Dvtave Ueberanheben.“ Karlsbader Turnverein (gegr. 1860.) Vereinsturnen jeden Dienstag u. Samstag von 8 -9 Uhr abends. Vorturnerstunde jeden Mittwoch von 1/29 -1/210 Uhr abends in der Turnhalle, (Schulgasse). Die alte Herren-Riege findet an Mittwochen und Samstagen von 7—8 Uhr abends statt. Ordentl. Mitglieder: Eintrittsgebür 50 lr Monats- beitrag 30 kr. Beitragende Mitglieder: Jahresbeitrag 2 fl. Zöglinge: Einmalige Aufnahmsgebür von 1 fl. ohne weiteren Beitrag. Anmeldungen werden daselbst an obigen Turnstunden entgegengenommen. Der Turnrath.
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