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8. Jänner 1898
Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 5
Seite 8
Beim ersten Versuche lag das Schiff vor Anker,
bei den folgenden Versuchen dampfte es von der
Landstation fort oder kehrte nach derselben zurück.
Die Ergebnisse waren folgende: 1. Unter günstigen
atmosphärischen Verhältnissen, wozu namentlich von
elektrischer Spannung freie Luft gehört, gelang die
Aufnahme von Depeschen auf dem Schiffe in Fahrt
bis auf 165 km Entfernung gut. 2 Das Vor-
handensein von elektrischer Spannung in der freien
Atmosphäre machte die Verständigung mit dem
Marconi'schen Apparat unmöglich. 3. Auch bei
klärer, von elektrischen Spannungen freier Luft
hoben Berge, Inseln, Landvorsprünge, welche zwischen
Landstation und Schiff traten, die Uebermittlung
gänzlich auf. 4. Auch wenn die unter 2 und 3
genannten Hindernisse fehlten, wurde die Entfernung,
auf welche die Uebermittelung für Schiffe eintritt,
welche von See kommen, verkürzt, sowie die
Klarheit derselben wesentlich vermindert, wenn die
Masten, Schornsteine u. dgl. des Schiffes sich in
der Verbindungslinie zwischen Geber und Empfänger
befanden, z. B. wenn der Apparat auf dem Achter-
deck des Schiffes aufgestellt war und dieses dem
Lande zudampfte. — Da die Apparate selbst noch
mehrfache Unvollkommenheiten zeigten, deren Be-
seitigung erwünscht und wohl zu erwarten ist, so
dürfen auch noch bessere Ergebnisse erhofft werden.“
(Böhmerwaldbund-Kränzchen) Für
das am Samstag den 15. d. M. in den Salen
des Kurhauses stattfindende Kränzchen, welches von
der hiesigen Bundesgruppe des deutschen Böhmer-
waldbundes veranstaktet wird, sind die Einladungen
bereits ergangen und nehmen Reclamationen wegen
nicht erfolgter Einladung die hiesigen Buchhandlungen
sowie der Obmann des Comités Herr Lehrer Franz
Fischer entgegen. Die Musik wird diesmal die
Pleier'sche Concertkapelle unter persönlicher Leitung
des Herrn Kapellmeisters Budwig Pleier besorgen;
das Tanzarrangement hat Herr Turnlehrer Jomrich
übernommen. Das Comité, welchem auch mehrere
Hochschüler argehören, ist bestrebt alles zu bitten,
was zu einer Elite Unterhaltung gehört. Da infolge
der schweren nationalen und wirtschaftlichen Noth
in Südböhmen die an den deutschen Böhmerwald“
bund gestellten Anforderungen immer größer und
mannigfacher werden, so wäre es nur zu wünschen,
daſs durch einen großen Besuch diesem nationalen
Unternehmen ein bedeutendes Scherflein zugeführt
werden könnte.
(Das Neujahrs-Avancement) hat auch
einigen Karlsbadern Beförderungen gebracht. So
wurden die Reserve-Cadet-Officiersstellvertreter Herr
Rudolph Kreisch („Erzherzog Rainer“) zum
Lieutenant im 18 Infanterie-Regimente, Herr
Friedrich Putz zum Lieutenant im 30. Infanterie-
Regimente und Herr Franz Schram zum Lieute-
nant im 75. Infanterie-Regimente befördert.
(Eisgang.) Das plötzlich eingetretene Thau-
wetter hatte auch den Abgang des Eises im Tepl-
flusse zur Folge, ohne daſs es jedoch zu Stauungen
kam. Der Witterungsums lag trat unerwartet ein
und warf somit die Falb'schen Prognosen, welche
Kälte vorhersagten, über den Haufen. Gestern
ward uns übrigens ein so dichter Nebel beschert,
der dem Londoner gewiss nichts nachgab und erst
spät am Vormittag das Tageslicht zur Herrschaft
kommen ließ.
(Pernerstorfer in Karlsbad.) Der
ehemalige Reichsrathsabgeordnete demokratischer
Richtung, Herr Engelbert Pernerstorfer, jetzt
socialdemokratischer Agitator, wird heute Abend
8 Uhr in einer Volksversammlung im „Hotel
Weber“ sprechen. Die Popularität Pernerstorfers
bürgt dafür, daſs ein zahlreicher Andrang auch von
Nichtsocialdemokraten heute im „Wotel Weber“ statt-
finden wird.
(Spenden.) Für die Familie Otto Bach-
mann sind uns durch Herrn Josef Walter,
(Rother Stern“) 10 fl. und von einem ungenannten
Wohlthäter 2 fl. zugekommen, über welche wir hie-
mit dankend quittieren.
(Ein neuer Lehrplan für Real-
schulen.) Im Unterrichtsministerium tagte am
28. und 29. v. M. eine Commission behafs Auf-
stellung eines neuen Normal Lehrplanes für Real-
schulen. Die Commission einigte sich über Mittel
und Wege, wonach die anerkannte Ueberbürdung
der Reakschulen innerhalb der gegenwärtigen Or-
ganisation behoben werden könnte, namentlich über
die Verminderung der Schulstunden für mathe-
matische und naturwissenschaftliche Fächer und
Zeichnen.
(Eine für Advocaten wichtige mini!
sterielte Entscheidung.) Das Justizmini-
sterium hat mittels Erlass von 13 D cemoer 1897,
Zahl 25801 J. M.-B. 44, die Entscheidung ge-
fällt, dass Notare in Streitsachen die Vertretung
von Parteien nicht übernehmen dürfen, wogegen es
jedoch zulässig ist, daſs die Candidaten der Advo-
caten bei den Bezirksgerichten wie bisher ihre Chefs
vertreten können. Diese Entscheidung ist für die
Notare umso bindender als sie nach Art. 153 der
Not. O dnung der Disciplinargewalt des Justiz-
ministers unterliegen, so daſs sie im Falle als sie
Vertretungen in Streitsachen doch übernehmen
würden, laut § 158 der Nol. Ordnung eventuell
auch mit der Amtssuspendierung bestraft werden
können.
(Zur Regelung des Tabakverschleiß-
wesen.) Mit 1. Jänner 1898 traten neue Ver-
ordnungen in Giltigkeit. Nach der neuen Vorschrift
sind Diejenigen Tabaktrafikanten, die die Trafik
persönlich oder unter Beihilfe ihrer nächsten, mit
ihnen im gemeinsamen Haushalte lebenden Ange-
hörigen besorgen Entlohnte Verschleißgehilfen
werden nur im Falle des Nachweises triftiger Gründe
auf die Dauer von längstens einem Jahre und nur
bezüglich einer bestimmten Person bewilligt. Jede
Art von Abtretung oder Verpachtung der Tabak-
trafik, dann die Trafikführung unter Zuhilfenahme
von Capital des Verschleißgehilfen, sowie die Ge-
winnbetheiligung des Letzteren oder eines anderen
Darlehensgebers, ist verboten. — Jene Besitzer von
Gastgewerben, welche eine Tabakverschleißbefugnis
mit der Beschränkung auf ihre sitzenden Gäste er-
halten (Haustrafikanten), sind nur zum Verkaufe
von Cigarren und Cigaretten, dann zum Verkaufe
von Rauchtabak in Priesen und Päckchen berechtigt;
sie dürfen ihr Local von außen nicht als Tab k-
trafik bezeichnen und Tabakfabrikate an andere
Personen, als an ihre Gäste nicht abgeben. Die
Haustrafikanten haben die Tabakfabrikate bei den
ihnen namhaft gemachten Tabaktrafikanten um die
Kleinverschleißpreise zu beziehen; die Annahme von
Trinkgeldern, welche dem Geschäftspersonal von den
Gästen für Bedienung mit Tabakfabrikaten frei-
willig gereicht werden, ist erlaubt.
(Ruheversorgung der Localbahn-
Bediensteten.) Der Eisenbahnminister Dr.
Ritter v. Wittek hat die Statuten des Pensions-
Institutes für Bedienstete der österreichischen Local-
dahnen genehmigt. Auf Grund dieses Statutes
wird ab 1. Jänner 1898 für die Angestellten der
österreichischen Localbahnen ein Institut in's Leben
treten, durch welches den genannten Bediensteten
für sich und für ihre Angehörigen eine Invalidi-
täts- und Altersversorgung in demselben Ausmaße
gesichert ist, wie es gegenwärtig die Bediensteten
der großen Eisenbahn-Unternehmungen genießen.
Von den derzeit dem Verbande der öfterreichischen
Localbahnen angehörenden Bahnverwaltungen haben
vorläufig elf erklärt, dem neugegründeten Pensions-
institute beitreten zu wollen.
(„Hoch soll er leben!“) ist das Motto
eines Bildes, das in den Straßen als Plakat, dann
in den Auslagen unserer Kaufleute, sowie als
Schmuck der Familienkalender und Zeitungsinserate
zu sehen ist, und durch die gelungene Idee allgemein
auffällt. Die bekannte Firma Kathreiner kündigt
ihren Malzkaffee mit diesem Bilde an, dessen vor-
zügliche Ausführung zugleich ein Beweis ist von
der hohen Vollendung, welche die Reclame in dieser
Richtung gewonnen hat, und durch die namentlich
die Kathreiner'schen Publicationen sich seit einer
Reihe von Jahren immer mehr auszeichnen. Auch
dies Bild ist gewiſs wieder von einem ersten Künst-
ler entworfen. Das kleine Ding auf demselben hat
„Ich sehe, Sie haben davon gehört. Wissen
Sie auch, welche Beschimpfung einer solchen Strafe
vorausging?“
„Nein.“
„Ihr Name, der mir wie ein Schimpf ins
Gesicht geschleudert wurde und wie eine in der
Gesellschaft offenkundige Schuld.“
„Sir George ist ein gemeines Subjekt, von
dem mich Nichts überraschen kann, aber Sir George
ist nicht die Gesellschaft. Ueber seine Reden brauchen
Sie sich das Herz nicht zu beschweren. Wenn Sie
wollen, gehe ich nach Blankenberghe hin und fordere
ihn dort.“
„Sie wissen, daſs solch eine Handlung dem
Skandal neue Nahrung geben würde. Nein, Bothwell,
für mich giebt es nur einen Weg der Rechtfertigung
und nur Sie können mich nach einem Jahre der
Witwenschaft, wenn ich in Ehren wieder heiraten
kann, auf diesen Weg führen. Das ist die einzige
Rechtfertigung, die mir vor der Welt und vor
meinem eigenen Gewissen widerfahren kann.“
„Meine liebe Lady Valeria, ich staune, daſs
Sie, die Sie so sehr eine Dame von Welt sind,
die Gesetze der Gesellschaft nicht besser verstehen.
Glauben Sie, die Welt würde Ihnen Achtung und
Beifall zollen, wenn Sie einen Mann ohne Stellung
und Mittel heirateten? Sie, deren Schönheit,
Rang und Reichthum die ganze Welt offen steht?
Solche Ehen billigt die Gesellschaft nicht, die nur
einem steigenden und keinem sinkenden Gestirn
huldigt. Sie haben an dieser armen Flamme, die
aus Mangel an Nahrung erloschen ist, nichts ver-
loren.“
„Ist das Ihr letztes Wort?“ fragte Valeria
und sah ihn mit ihren zornigen Augen durch
dringend an.
Auch im Zorn waren diese dunkeln Veilchen-
augen schön, aber ein böses Licht flackerte in ihnen.
„Mein allerletztes.“
„Dann sprechen wir nicht mehr davon und
treten lieber zu einer neuen Phase unserer Existenz,
in die Periode der Freundschaft über. Sie werden
vielleicht so freundlich sein, mich nach meinem Gast-
haus zurückzugeleiten und mir dort meinen Thee
zu bestellen?
„Ich werde mich glücklich schätzen,“ sagte
Bothwell, und sie wanderten nach dem Gasthaus,
das eine Viertelstunde von Bothwell's Wohnung
entfernt war.
„Darf ich fragen, was Sie in dem öden Garten
zu thun hatten?“ fragte Lady Valeria.
„Ich habe über die Ausstattung meines künftigen
Heims nachgesonnen.“
„So! Und in diesem trostlosen Nest, wo Sie
nichts wie Himmel und Meer sehen, wollen Sie
leben?“
Das Meer und der Himmel und eine der
entzückendsten Küstenlandschaften Englands, Dünen
und Felsen und schroffe Hügel, sollte all das einem
Manne nicht genügen?“
„Einem Einsiedler wohl, doch keinem Mann.
Dem gebührt Stadt und Forum. Ach, Bothwell,
mein Ehrgeiz für Sie hätte keine Grenzen gekannt.
Und Sie wollen in einem solchen Nest vegetiren?
Bothwell setzte ihr seine Pläne auseinander.
„Schulmeisterei,“ spottete sie, „eine Tretmühle!“
'Er versuchte es, sie auf andere Gedanken zu
bringen, und ließ sich von den letzten Stunden des
Generals erzählen. Noch im Augenblick des Todes
hatte das Glück seines Weibes ihn beschäftigt, mit
einem Gebet für sie war er gestorben.
„Ich wünschte, wir wären Beide seiner würdiger
gewesen,“ sagte Bothwell beklommen.
„Das ist vorüber“ versetzte sie. „Nichts macht
die Vergangenheit ungeschehen,“ und ihn noch ein-
mal scharf ins Auge fassend, wiederholte sie diesen
letzten Satz.
Darüber hatten sie das Gasthaus erreicht.
Bothwell bestellte den Thee und ging dann nach
dem Stall, um den Wagen anspannen zu lassen.
Während Lady Valeria finster und einsam ihren
Thee nahm, spazierte Bothwell vor dem Hause auf
und ab. Wie konnte er je ein Weib geliebt haben,
das jetzt die Würde einer Herrscherin annahm und
im nächsten Augenblick sich zu Thorheiten herabließ,
vor denen sich eine Nähmamsell gescheut haben würde.
Ob er sie zum letzten Mal gesehen hatte?
Ihr Kommen erfüllte ihn mit Schreck und Zweifel.
Ein Weib, das solcher Thorheit fähig ist, wagt
mehr. Der heitere Horizont in Bothwell's Leben
umwölkte sich noch einmal
Er wandte sein Gesicht nach der Richtung,
wo Penmorval lag und dachte seiner Braut. Wie
anders wirkte die bloße Erinnerung an sie auf ihn
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