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9. April 1897 Karlsbader Badeblatt und Wochenlatt Nr. 81 Seite 3 brechende Saison zur Beschleunigung dieser Arbeiten, denn das Belassen des jetzigen Grünmarktes im Stadtpark zählt nur noch nach Tagen und die Transferierung desselben muss alsbald erfolgen. Wie wir seinerzeit berichtet haben, wird ein Theil des Grün- resp. Obstmarktes auf dem bisherigen Standplatz unterhalb der oberen Kaiserstraße, ein Theil auf der Terrasse des Feuerwehrmagazins und ein Theil am Platze vor dem Stadtthurme unter- gebracht werden. Ebenso verbleibt der Blumen- handel wie bisher vor dem Neubade. (Deutscher Böhmerwaldbund.) Wir machen hiemit nochmals auf die heute abends 8 Uhr im „Hotel Trautwein“ stattfindende Hauptversamm- lung der hiesigen Bundesgruppe des Deutschen Böhmerwaldbundes aufmerksam. (Abendconcert der Kurkapelle.) Im Kurhause findet heute Abend ein Concett der Kür- kapelle statt. (Evangelische Kirchengemeinde.) In der hiesigen evangelischen Kirche findet am Palm- sonntag um 10 Uhr vormittags die Confirmation, am Ostersonntag um 9 Uhr vormittags Beichte und Communion, um 11 Uhr Gottesdienst statt. (Das Café und Restaurant Aberg) ist nun auch eröffnet und somit für einen der weitesten Ausflüge, ein beliebter Erholungsort erschlossen. Das Kurpublicum, welches nach dem Brunnentrinken einen weiteren Spaziergang vorzieht, wird diese Mittheilung gewiss mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen und die gutgepflegten Promenadenwege dorthin oft benutzen. (Waffenübungen der Artillerie-Re- serve-Officiere.) Jene Reserveofficiere und Cadetten der Feldartillerie, welche die erste Waffen- übung abzuleisten oder zu wiederholen haben, werden innerhalb' April, Mai, Juni einberufen und nehmen an den scharfen Schießübungen nicht theil. (Das 25jährige Berufsjubiläum) feierte am 5. d. M. Herr Thierarzt Heinrich Pschierer. Aus diesem Anlasse fand am Abende des genannten Tages im Restaurant „Steinerner Brunnen“ eine Feier statt, die bei einem solennen Festmahle den engeren Freundeskreis des Judilars vereinte. Die Tafelmusik besorgte ein Theil der Eberhart'schen Concertkapelle bei persönlicher An- wesenheit des Kapellmeisters. Herr Anton Drumm hatte die Menu-Karten beigestellt, deren humorvoll künstlerische Ausführung wahrhaft überraschte. Als Senior der Anwesenden sprach Herr Karl Drumm in herzlicher Weise die Glückwünsche der Theil- nehmer aus und überreichte bei dieser Gelegenheit dem Jubilar einen Zinnhumpen, der von Herrn Franz Mayrhofer, Graveur in Karlsbad, mit meister- haften Gravuren versehen worden war. Herr weiß, daſs sie heftig schluchzte, als Hugo sie fragte, was er zu ihrer Befreiung thun könne. „Morgen schon ist die Auktion,“ sprach sie unter unaufhaltsam fließenden Thränen. „Entsetz- lich, zwei mir fremde Männer, davon der eine sich als Diener eines Advokaten ausgab, und angeblich im Auftrage desselben wegen des Rachlasses meiner verstorbenen Großmutter, lockten mich aus der Präsident-Street, um mir sodann, auf dem Broad- way die Arme zusammenzuschnüren. Ich rief um Hilfe, allein sie überschrieen mich, und das sich an- sammelnde Volk schien ihnen auch zu glauben, ich wäre eine entsprungene Sklavin. Sie schleppten mich zum nächsten Polizeigericht, legitimirten sich dort als Abgesandte eines Pflanzers in Virginien, der höchst wahrscheinlich gar nicht existirt, und be- schworen ohne Zögern ihre Lüge. Nun kann ich mir auch ungefähr denken, wer der Urheber meines Ungemachs ist. Jener Mensch ist es, vor dessen Anmaßungen Du mich dazumal in Schutz nahmest. Ramirez nennt er sich — er war gestern hier und lachte mich höhnisch ar, und schon vorher stellte er mir nach, mir dabei öfters drohend, ich würde es sicherlich noch bereuen, ihn nicht erhört zu haben. In seinen Augen lauerte nichts Gutes; jedenfalls sind die Zwei, die mich in diese furchtbare Lage gebracht, seine Freunde. Wahrhaftig, seine Rache wird eine vollständige sein, da er noch Geld aus mir — aus einer Ware! — herausschlagen wird.“ Ich ging nachher an Bord zurück. Hugo kam erst spät am Abend heim, — aber seine dütere Miene verkündete im Voraus eine traurige Nach- Pschierer dankte in herzlichen Worten, worauf zahl- reiche Trinksprüche, dem Anlasse des Tages ent- sprechend, ausgebracht wurden, die bald eine über- aus animierte Unterhaltung anbahnten. Heitere Vorträge der Herren Fritsche, Hofmann, Drumm, Gebrüder Heyer und Heyer sen, die Verlesung der zahlreich eingetroffenen, häufig humorvollen Telegramme und Glückwünsche, schließlich die Vor- träge der Kapelle hielten die Gesellschaft bis zum frühen Morgen beisammen. (Personalia.) Der Geheime Sanitätsrath Herr Dr. Jacques Mayer hat seine ärztliche Thätigkeit hierselbst wieder aufgenommen. (Kirchenmusik.) Heute nachmittags nach der um 3 Uhr beginnenden (vorletzten) Fasten- predigt wird der Hymnus „O crux ave“ (Choral) und hierauf das „Miserere“ für gemischten Chor und Orgel von Claudio Casciolini zur Aufführung gebracht werden. (Eisenbahn Marienbad-Karlsbad.) Laut einer in der „Prager Zeitung“ enthaltenen Kund- machung gelangt die Ausführung des Unterbaues, dann aller Ober- und Hochbauarbeiten in den Theil- strecken: Bahnhof Marienbad bis Prosau und Petschau bis Centralbahnhof Karlsbad der Eisen- bahnlinie Marienbad-Karlsbad zur Ausschreibung. Offerte werden bis längstens 6. Mai 1897 mittags bei dem Einreichungsprotocolle des k. k. Eisenbahn- ministeriums in Wien entgegengenommen. Beding- nisse und sonstige Behelfe können bei dem Depar- tement 18 des genannten Ministeriums und bei der k. k. Eisenbahnbauleitung in Karlsbad eingesehen werden. (Facturenstempel in Ungarn.) Ueber diese, für viele unserer Leser wichtige Angelegenheit hat der „Oesterr. Kfm.“ bei der Budapester Fi- nanzbehörde Erkundigungen eingezogen, beziehungs- weise dort die decidierte Frage gestellt: ob die in Oesterreich ausgestellten Facturen, die in Ungarn zahlbar sind, der ungarischen Stempelpflicht unter- liegen. Die Behörde hat diese Frage unbedingt bejaht. Der Stempel für Facturen in Ungarn beträgt bis 50 fl. 1 Kreuter, bei Beträgen über 50 fl' 5 Kreuzer. In Oesterreich zahlbare Fac- turen unterliegen, wenn sie für ungarische Firmen ausgestellt sind, und nach Ungarn gelangen, der gleichen Stempelpflicht. Ebenso sind in Ungarn zahlbare Wechsel mit ungarischen Stempelmarken zu versehen, beziehungsweise werden in der Praxis in Ungarn die zur Acceptation eingesandten Blan- quette zurückgesendet und, statt diese zu benützen, auf ungarischen ämtlichen Formularen das Accept neu ausgestellt. (Schöner Sommer in Sicht?) Der Gothaer Weiterkundige H. Habenicht kündigt an, richt. Ueberall wäre er gewesen, klagte er mir, bei Richtern und sonstigen Amtspersonen, doch nirgends Hilfe. Er müsse, habe man ihm gesagt, den Beweis erbringen, daſs jene beiden Spitzbuben einen falschen Eid geschworen, — und wie schwer war das zu beweisen. Während der ersten Hälfte dieser Nacht hatte ich die Wache (es muss ja einer von der Mann- schaft auch im Hasen den Sicherheitsdienst ver- richten), was mir schließlich recht war denn die peinigenden Gedanken hätten mich doch nicht schlafen lassen. Hugo hatte sich in furchtbarer Stimmung in seine Kavine zurückgezogen. Ich dachte an die arme Miss Susan, die so schön und jung, und so schwer zu leiden hatte. Ihr herbes Geschick hatte all den Groll, den ich gegen sie gefasst, aus meinem Herzen verscheucht. Schmerzlich bewegt lauschte ich dem verworrenen Särm, der von der nie ganz schlummernden Weltstadt herüberscholl. Sonst tiefe Ruhe über dem mondscheinbeglänzten Wasser; eine laue, würzige, amerikanische Nacht, durchhaucht von Düften, und malerisch in ihrem Sternenschimmer. Auf Deck umgab mich Einsam- keit und Stille; die meisten Leute waren noch am Lande — auf Baltimores heißem Pflaster. Ob ich nun die Gegenwart vergessen oder auch vielleicht etwas eingenickt war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daſs ich plötzlich aufschreckte — und auf- schauend einen Mann ohne Kopfbedeckung vor mir gewahrte. Der Mann war naſs und schüttelte sich wie ein Pudel; und dann flüsterte er mir ängstlich und leise zu: Seit still, um der heiligen Jungfrau willen. Ein Glück, daſs ich noch schwimmenkonnte. daſs durch die im ostgrönländischen Meere herr- schende Südströmung nun wohl bald auch der Süden desselben eisfrei werden wird, was in Ver- bindung mit den geringen Eismengen bei Neufund- land zur Hoffnung auf einen schönen Sommer ir Mitteleuropa berechtigt. Nach dem verregneten vorjährigen Sommer, dem niederschlagreichen Winter und Vorfrühling sehr erwünscht! (Der Zettlitzer Jahrmarkt) erfreute sich vorgestern eines ungemein zahlreichen Besuches, sowohl seitens der Marktfieranten als auch seitens der Käufer. Der Geschäftsgang war infolgedessen ein recht flotter und die Klagen der Geschäftsleute über flauen Absatz waren heuer weniger bemerkbar als in früheren Jahren. — Ausnahmsweise hatte diesmal auch die Gendarmerie keinen Anlass in Thätigkeit zu treten, kein einziger Diebstahl wurde gemeldet. — Am Abend begegnete man ganzen Scharen von Marktbesuchern, die alle möglichen Einkäufe nach Hause trugen in dem stolzen Be- wusstsein, vielleicht um ein oder zwei Percent billiger eingekauft zu haben als in Karlsbad, ohne hiebei die Qualität der Waren und die Zeitver- säumnis in Anschlag zu bringen. (Das Turnen an den Mittelschulen.) In einem Erlasse des Unterrichtsministers, welcher sich mit dem Turnunterrichte an unseren Mittel- schulen beschäftigt, wird als Ziel des Lehrplanes für den Turnunterricht „allseitige und ebenmäßige Kräftigung des Körpers, Befestigung der Gesuad- heit, geistige Gewecktheit und Frische, Erziehung zu bewusster, willensbeherrschender Bewegung, zu Gewandtheit, Muth, Ausdauer und Ordnung“ be- zeichnet. Der Turnunterricht, für welchen in allen Classen der Mittelschulen wöchentlich zwei Stunden in Anspruch genommen werden, ist in der Verord- nung in allen Details genau präcisirt und ver- zeichnet alle Uebungen und Spiele, die in jeder Classe vorzunehmen sind. Bemerkenswert sind noch nachstehende Stellen: „Die bloße Befriedigung des Bewegungsbedürfnisses der Jugend oder die Kraft- entwicklung allein wäre nicht minder einseitig als die Abrichtung zu turnerischen Kunstleistungen oder andere, der Schule fremde, eine Sonderstellung des Gegenstandes bedingende Bestrebungen ...“ Des Weiteren betont die Instruction, daſs eine die militärische Befehlweise und Behandlung nach- ahmende Art der Unterrichtsertheilung beim Schul- turnen nicht stattfinden könne. Aber je gewissen- hafter die dem Turnunterrichte gesteckten allgemeinen Ziele verfolgt werden, desto besser werde die Jugend für den Waffendienst vorgebildet sein, während militärische Exercitien in der Schule weder der körperlichen Erziehung, noch den künftigen Soldaten unmittelbar dienen können. Die Verordnung weist Ein famoser Einfall, derart zu verschwinden — ich bin nämlich von jeher ein ideenreicher Kopf ge- wesen. Zum Henker, Ihr werdet mich hoffeutlich nicht ausliefern?! Es geschah alles so unversehens. Wir spielten so ganz gemüthlich beisammen — feines Local, Sir, —, bis meine gesammte Bar- schaft flöten ging und es zu gewissen Meinungs- verschiedenheiten kum. Caramba! Da griff ich zum Messer — und dann jagte man mich, und ich flüchtete ins Wasser. Und daſs von Eurem Kasten so ein Tau runterhing, kam mir gerade gelegen.“ Sein Englisch war fehlerlos, aber die Aus- sprache derselben klang fremdartig. Ich erholte mich rasch von meinem Erstaunen — allein ich konnte doch nicht anders, als ihn schaudernd betrachten. „O,“ meinte er, als hätte er meine Gedanken errathen, „gemordet habe ich keinen. Blos etwas die Haut geritzt — aber der Gentleman, der die drei oder vier Tropfen Blut verloren, ist aus einer der besten Familien des gesegneten Maryland, mit Richtern und Senatoren verwandt, und würde man somit mit mir armen Teufel nicht viel Federlesen machen. Diese beutehungrigen Polizisten hetzten mich fast zu Tode. Stößt Ihr mich nun wieder hinaus, falle ich ihnen sicher in die Hände. Santa madre, Ihr werdet doch nicht so unbarmherzig sein?! Auf Eurem Schiffe wird sich wohl ein Schlupfwinkel für mich finden lassen. Sucht Senor und morgen oder übermorgen, wenn die Luft wieder rein sein wird, werde ich schon weiter Fersen- geld geben. In einigen Tagen kriege ich eine hübsche Summe in echten, giltigen Dollars und da werde ich Euch fürstlich belohnen.“
Dateiname: 
karlsbader-badeblatt-1897-04-09-n81_3485.jp2