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Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 78
6. April 1897
(Der Verein Gesellschaft „Kinder-
freund“) hält seine diesjährige Vollversammlung
Samstag den 10. d. M. im Restaurant „Königs-
hof“ u. zw. um 1/28 Uhr abends beginnend, ab.
(Jahr- und Viehmärkte.) Im Monate
April finden im ehemaligen Egerer Kreise statt:
Jahrmärkte: Buchau 26., Dreihacken 12, Einsiedl
13, Girsch 1., Gossengrün 5, Haslau 26., Joa-
chimsthal 19., Luditz 8., Neudeck 5., Neumarkt 6,
Neustadtl 19., Petschau 12., Plan 13., Sandau 5,
Sangerberg 10., Schönwald 7., Solmus 13.,
Tachau 12., Tepl 14., Theusing 15, Waltsch
20, Zettlitz 7. — Viehmärkte: Asch13, Blei-
stadt 5., Buchau 26., Chiesch 8., Donawitz 28,
Eger 12., Einsiedl 23, Falkenau 19., Girsch 1.,
Gossengrün 12. und 29, Graslitz 5., Haid 30.
Heinrichsgrün 26., Joachimsthal 7., Kuchenbirk
26, Königsberg 6' und 21., Kuttenplan 28, Leskau
21., Lichtenstadt 22., Luditz 7. und 8., Maria-
kulm 20., Neudek 12, Neukirchen 28, Neustadl
jeden Samstag, Plan 14., Roßbach 5., Sandau
5. und 26., Sangerberg 10., Schlaggenwald
12., Schlackenwerth 12., Schönbach 1., Schön-
feld 8., Solmus 13., Tachau jeden Mittwoch, Tepl
14., Unterchodau 13., Waltsch 20, Wildstein 7.
(Die Statuten) des Vereines für Werk-
meister und Angestellte der keramischen Branche für
Böhmen in Altrohlau wurden von der Statt-
halterei bestätigt.
(Kalendarisches vom April.) Der
Monat April genießt als ein Bruder Luftikus und
ein besonders launenhafter Herr einen ausnehmend
schlechten Ruf. Sagt man doch: „Wetterwendisch
wie der April.“ Ob auch heuer der April uns
seine bösen Launen zu verkosten geben wir, das
wird die Erfahrung lehren. Hoffen wir, daſs er
sich besser erweisen wird, als sein schlechtes Re-
nommé. Zwei Thatsachen machen uns aber den
April trotz allem lieb und wert, und zwar das
Osterfest am 18. und 19., welches als der eigent-
liche Frühjahrsbeginn gelten kann, und das
Längerwerden der Tage, welche von zwölf
Stunden 43 Minuten zunehmen bis 14 9tunden 37
Minuten. Ueber das zu gewärtigende Weiter im
April besagt der hundertjährige Kalender: Bis zum
10. kalt, hernach gelindes Wetter bis 23, dann
Reif und rauhes Wetter bis 29., worauf es schön
wird. Falb prophezeit für den April verhältnis-
mäßig schönes, meist trockenes Wetter.
(Für jeden etwas.) Nausen hat durch
seine Vorträge in London, Paris und in diesen
Tagen in Berlin seine Zuhörer begeistert. Eine
weit umfassendere Wirkung wird aber seinem im
Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig erscheinen-
den Werke „In Nacht und Eis“ beschieden
sein. Die bisher ausgegebenen Lieferungen erwecken
im Leser den lebhaften Wunsch, das ganze Werk
bald in Händen zu haben, um es in einem Zuge-
genießen zu können. Es bietet für jeden etwas;
Ernst wechselt mit Humor, wissenschaftliche Arbeiten
mit Abenteuern aller Art. Die Eswüsten um den
Nordpol, in denen Nausen mit seinen zwölf Ge-
fährten über drei Jahre lang so tapfer allen
Stürmen und Gefahren Trotz geboten hat, gewinnen
vor dem Leser Leben, und unmerklich fühlt man
sich selbst in die arktischen Länder versetzt, mitten
unter die tapfere Bemannung der „Fram“ In
den nächsten Tagen sind wir in der Lage, einen
Abschnitt aus „In Nacht und Eis“ zu veröffent-
lichen, aus welchem unsere Leser selbst sehen werden,
wie interessant Nausen's Werk ist: eine willkommene
Gabe für jedermann!
Falkenau, 3. April. (Zur 500-jährigen Grün-
dungsfeier Falkenaus. ) Der Stadtrath hat in seiner
Sitzung vom 1. d. M. beschlossen, ein siebengliedriges
Comité mit der Ausarbeitung der Vorschläge zu einer im
August projectirten Festlichkeit anlässlich der 500-jährigen
Gründung Falkenaus, zu betrauen, dessen Beschlüsse so-
dann einem großen Festausschuſs zur Durchführung zu
übergeben seien.
Franzensbad, 4. April. (Die Franzensbader
Bahnhofrestauration) wird am 1. Mai pachtfrei.
Bewerber haben ihre Gesuche bis längstens 21. d. M.
beim Oberbahnamt in Weiden einzubringen.
Marienbad, 4. April. (Amtsantritt.) Der neu-
gewählte Rabbiner der israel. Cultusgemeinde Marienbad,
Herr Dr. Philipp Goldberger aus Wien, welcher bis jetzt
in Breslau thätig war, hat am 2. d. sein Amt in Marien-
bad angetreten.
Teplitz, 4. April. O.-C.] (Verschiedenes.)
In der letzten Sitzung des Stadtverordneten-Collegiums
am Freitag abends erschien auch Herr Bezirkshauptmann
Prinz Hohenlohe, weil das Kurfondspräliminare berathen
wurde. Der Referent, Stadtrath Sanitätsrath Dr. Heller
stellt namens der Kursektion den Antrag, den Abgang
per 11.795 fl. 57 kr. aus den Stadtrenten zu decken;
wurde angenommen. Das Ersuchen des kgl. sächsischen
Militärbadehauses um Ermäßigung von Bäderpreisen
wird bewilligt. Das Collegium beschloſs, für Erbauung
eines neuen prachtvollen Kursaales vorläufig 150.000 fl.
in's Präliminare zu setzen; auch Fürst Clary hat zum
Baue seine Unterstützung zugesagt. — Ferner entspann
sich eine kleine „Musikdebatte“, der Referent gab bekannt,
daſs sich die Kursection mit dem Gedanken trage, im
nächsten Jahre (1898) mit Anträgen zur eventuellen Auf-
lassung der Militär-Musik, beziehungsweise Verstärkung
der Kurkapelle, hervorzutreten. — Das Collegium beschloss
weiters die Einführung des Auer'schen Gasglühlichtes in
der k. k. Fachschule, einem Wunsche der Unterrichtsver-
waltung entsprechend. — Stadtverordneter Fürth inter-
pellierte den Vorsitzenden wegen der zu hohen Fahrge-
schwindigkeit bei der elektrischen Bahn im Weichbilde der
Stadt. — Bezirkshauptmann Prinz Hohenlohe bemerkt,
daſs die Fahrgeschwindigkeit vorgeschrieben ist; er werde
auf Grund der Interpellation eine Untersuchung durch
den Staatstechniter vornehmen lassen. — Das Collegium
genehmigte die Widmungsurkunde zur Erwirkung der
dauernden Steuerbefreiung für das neue Volksküchenhaus.
Im hiesigen Stadttheater gelangt noch knapp vor
Thoresschluſs am 9. d. M. das Spektakel-Wandelbild
„Teplitz 1896—97', ausgeführt vom gesammten Personale,
zum Besten des Theater-Chorpersonales, zur Aufführung.
Fischern, 5. April. (Todesfälle.) Samstag abends
1/48 Uhr saßen im Gastzimmer des „Hotel Adler“ der
Oberingenieur der k. k. Staatsbahnen Herr Robert Ort
und der hiesige Baumeister Herr Anton Schöberl neben-
einander und unterhielten sich nach hien und wieder
aufgeworfenen Fragen und gegebenen Antworten mit
Zeitungslesen, worüber der Erstere noch einen ganzen
Wecken, welche Brotgattung er sehr liebte, mit größtem
Appetite verzehrte, worauf er das Zeitungsblatt weglegte
und zu seinem Tischnachbar äußerte: Jetzt gehe ich noch
auf ein Glas Piljner im „Deutschen Hof.“ Doch fast
zur selben Zeit sagte er, mit der Hand zum Kopfe
fahrend: Wie wird mir denn! neigte das Haupt und
war sofort eine Leiche, da alle Wiederbelebungsversuche
fruchtlos waren und der rasch herbeigerufene Gemeinde-
arzt Herr Dr. Lorinser nur den bereits eingetretenen
Tod constatieren konnte. Dieses so plötzlich hereinge-
brochene traurige Ereignis hatte aber im selben Lokale
leider noch ein anderes trauriges Vorkommnis im Ge-
folge, da die daselbst bedienstete Kellnerin, welche den
bereits Verblichenen immer noch mit Essig im Gesichte
rieb, bei Ausspruch des eben angekommenen Arztes, daſs
der Oberingenieur bereits todt sei, von schweren Krämpfen
befallen wurde, die Sprache total verloren hat und nun
krank darniederliegt. Wie ich jedoch soeben höre, soll sich
die Sprache nach und nach bereits wieder eingestellt haben. —
Auch Herrn Bildhauer Karl Watzek hat ein schwerer Schlag
getroffen. Dessen Frau weilt seit einiger Zeit mit ihrer
etwa 16-jährigen kranken Tochter in Arco, welcher Aufenthalt
nach den dem Vater bisher zugekommenen Nachrichten sehr
günstig auf die Kranke eingewirkt haben sollte. Da kam
Samstag nachmittag ein Telegramm an ihn, daſs dieselbe
plötzlich sehr schwer erkrankt sei, dem 2 Stunden später ein
anderes mit der Todesnachricht seiner einzigen Tochter
folgte.
Telegramme.
Die Cabinets-Demission vom Kaiser
nicht angenommen.
Wien 5. April. Im gestrigen Kronrathe
fand die Cabinetskrise ihre endgiltige Lösung,
indem der Kaiser die Annahme des Demissions-
gesuches des Gesammtministeriums ablehnte,
welches unverändert im Amte verbleibt.
Wien, 5. April. Das „Fremdenblatt“ schreibt:
Das Cabinet Badeni hat zwar die von ihm ge-
wünschte Mehrheit, in welche die liberalen Groß-
grundbesitzer eingezogen werden sollten, nicht ge-
bildet, aber andererseits seine Mitwirkung auch
der Organisirung einer Mojorität ohne diese
Gruppe verfagt, in welche die katholische Volks-
partei als wesentlicher Bestandtheil Aufnahme
finden sollte. Unter solchen Umständen wird weder
eine Umbildung des Ministeriums eintreten, noch
eine Aenderung des Regierungsprogramms, das in
der Thronrede niedergelegt einscheint. Ebenso
selbstverständlich ist die baldige Activirung der
böhmischen Sprachenverordnung. Die Gründung
der von der Regierung beabsichtigten Mehrheit
ist dadurch vereitelt worden, daſs die von den
liberalen Großgrundbesitzern abgegebene Er-
klärung der Regierung keine ausreichende Grund-
lage für die von ihr angestrebte Parteicom-
hination gewährt hat. Dessen ungeachtet darf
angenommen werden, daſs sich der Vorbehalt dieser
Gruppe wesentlich auf die Sprachenverordnung
bezog. In allen anderen Fragen jedoch, o-
weit sie vor der Thronrede in das Programm
des Cabinetes eingefügt worden sind, darf auf
die Cooperation dieser in erster Linie auf das
Staatsinteresse bedachten Verhindung gerechnet
werden, sowie auch die Regierung durch ihr Ver-
halten stets bemüht sein wird, diesen liberalen Ele-
menten auch die Mitwirkung an ihrer Politik zu
ermöglichen. Es wird demnoch, wenn, einmal die
Stromschnelle der Sprachenverordnung passiert ist,
immerhin eine solche Mehrheiteconstruction im
Hause möglich sein, an welcher die liberalen Ele-
mente theilnehmen werden.
Die Sprachenverordnung ist da!
Wien, 5. April. Die morgige „Wiener
Zeitung“ veröffentlicht zwei Ministerialverord-
nungen vom 5. April 1897. Die erste betrifft
den Gebrauch der Landessprachen bei den Be-
hörden in Böhmen, dieselben verpflichtend, die
an Parteien ergehenden Erledigungen und Ent-
scheidungen in der Landessprache auszufertigen,
worin das Anbringen oder die Eingabe ab-
gefasst war. Die Verordnung enthält weiter
Bestimmungen bezüglich protocollarischer Er-
klärungen, Zeugenaussagen, des Verkehrs mit
den anderen, nicht militärischen Behörden, amt-
lichen Bekanntmachungen, des Vorgehens in
strafgerichtlichen Angelegenheiten, bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten und Eintragung in üffent-
liche Bücher.
Für den Verkehr bleibt es bei den be-
— Der Verkehr mit
stehenden Vorschriften.
autonomen Organen richtet sich nach der Ge-
schäftssprache, deren sich dieselben bekannter-
maßen bedienen. — Die Geltung der Dienst-
sprache bei den Militärbehörden und der Gen-
darmerie und der Verkehr mit denselben bleibt
unverändert. — Die Verordnung tritt mit dem
Tage ihrer Kundmachung in Wirksamkeit und
hebt alle früheren widersprechenden Verord-
nungen auf.
Die zweite Verordnung betrifft die sprach-
liche Qunlification der bei den Behörden
Böhmens angestellten Beamten. Die Beamten,
die nach dem 1. Juli 1901 augestellt werden,
haben die Kenntnis beider Landessprachen nach-
zuweisen. Der Nachweis ist entweder gelegent-
lich der für den betreffenden Dienstzweig vor-
geschriebenen Prüfung, oder bei einer eigens
anzuberanmenden Prüfung, der sich der Beamte
spätesteus drei Jahre nach seinem Dienstantritt
zu unterziehen hat, zu erbringen. Nähere Be-
stimmungen über die Vornahme der Prüfungen
werden im Wege besonderer Verordnung ge-
troffen.
Unbeschadet der obigen Bestimmungen ist
bereits dermalen nach Thunlichkeit und Zu-
laſs des Dienstes vorzusorgen, daſs in den
Zweigen des Staatsdienstes, worin die Ver-
ordnung vom 5. April 1897 betreffend den
Gebrauch der Landessprachen bei den Behörden
des
Böhmens gilt, daſs die einzelnen Behörden
mit sprachkundigen Beamten nach Maß
thatsächlichen Bedürfnisses besetzt werden.
Wien, 5. April. Das Cabinet bleibt im Amte.
Es hat zwar die von ihm gewünschte Mehrheit, in
welche die liberalen Großgrundbesitzer einbezogen
werden sollten, nicht gebildet, aber andererseits seine
Mitwirkung auch der Organisierung einer Majo-
rität ohne diese Gruppe versagt, in welcher die ka-
tholische Volkspartei als wesentlicher Bestandtheil
Aufnahme finden sollte. Unter solchen Umständen
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1897-04-06-n78_3370.jp2