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16. Juni 1896
�Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 136
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neuen Costüme machen wir darauf aufmerksam, daſs
dieselben bei voller Beleuchtung einen geradezu
wunderbaren Eindruck machen müssen. Jedenfalls
dürfen wir diese Kurhaus-Concerte im Interesse
unserer Badegäste nur aufs wärmste empfehlen.
(Gastspiel Karl Blasel.) Kaum hat ein
liebwerter Gast, Dr. Rudolf Tyrolt, unsere Bühne
verlassen, betritt ein Anderer dieselbe — es ist dies
der unverwüstliche Karl Blasel, der morgen sein
für mehrere Abende berechnetes Gastspiel als
Batterlley in der Posse „Charleys Tante“
eröffnet. Beinahe vier Decennien ist es her, daſs
Blasel am Beginne seiner Künstlerlaufbahn an der
hiesigen Bühne mimte — damals junger Anfänger,
heute in der Kunst vielleicht ergrauter, aber in ihr
jung gebliebener Meister. — Wir begrüßen den
Gast mit warmer Sympathie und sehen seinem
Auftreten mit besonderem Interesse entgegen.
(Die Aussichten auf Obst) sind dieses
Jahr recht erfreulich, sie sind indes wegen der
Verschiedenheit des Klimas nicht gleich. Im allge-
meinen ist zwar Regen in die Kirschblüte gekommen,
aber dagegen ist sie von Frösten verschont geblieben.
Sie lässt eine gute Ernte erwarten, wenngleich die
zeitigen Arten in ihrer Befruchtung durch die Nässe
gelitten haben, ebenso die Birnen. Die Apfelbäume
blühen reichlich und scheinen gut anzusetzen. Anderen-
falls aber zeigen die Pflaumen eine sehr geringe
Aussicht auf eine auch nur leidliche Ernte.
(Lamborg-Soiree.) Demnächst steht un-
serem Publikum ein besonders heiterer Genuſs in
Aussicht. Herr O. Lamborg, der bekannte Wiener
Gesangs- und Clavierhumorist wird hier im Kur-
hause am 25. d. M. eine humoristische Soiree
veranstalten. — Wer also lachen will, der suche
an diesem Abend das Kurhaus auf.
(Bezirks-Lehrerconferenz.) Im
Nachhange zu der von uns gebrachten diesbezüglichen
Notiz theilen wir nachträglich mit, daſs die dies-
jährige Bezirks-Lehrerconferenz wieder im Kurhause
zu Karlsbad abgehalten werden wird.
(Leitung der Naturalverpflegs-
station Karlsbad.) Der Bezirksausschufs
Karlsbad hat den städtischen Polizei-Inspector
Herrn Karl Leeb in Karlsbad als Stationsleiter
und den städtischen Gefangenaufseher Herrn Johann
Angyel in Karlsbad als Stationspfleger für die
Naturalverpflegsstation in Karlsbad ernannt.
(Der Karlsbader Lehrer verein
hatte diesmal Gießhübl-Sauerbrunn zum Sitze
seiner Versammlung auserwählt und somit die
Pflicht gleichzeitig mit dem Vergnügen, einem schönen
Ausfluge verbunden. Zur Versammlung hatten sich
an 40 Lehrer eingefunden, welche mit lebhaftem
Interesse den einzelnen Vorträgen des Referenten
folgten. Der Vereinsobmann Herr Lehrer Sacher-
Fischern gedachte in warmen Worten des Hinscheidens
Erzherzog Carl Ludwigs und widmete einen warmen
Nachruf dem verstorbenen Meister der Lehr- und
Unterrichtskunst Dr. Friedrich Dittes. Sein sodann
folgendes Referat über die Hauptversammlung des
deutschen Landeslehrervereines wurde mit Beifall
zur Kenntnis genommen. Herr Lehrer E. Baum-
gärtl—Karlsbad referirte über die notwendige
Schaffung eines Reichserziehungsgesetzes und ent-
warf in treffenden Zügen die allgemeinen Punkte
eines solchen. Nach Erledigung der internen Ver-
einsangelegenheiten wurde sodann die Versammlung
geschlossen.
(Was der Radfahrer nicht thun
soll.) Unter dem Titel „Don'ts for Bicyclists,“
bringt der „New-York Herald“ folgende Regeln
für Radfahrer: Poussiere nicht auf dem Rad.
Fahre nicht vor dem Frühstück. Versuche nicht,
einen Eisenbahnzug zu schlagen. Glaube nicht,
die Straße gehöre Dir allein. Es sind auch noch
andere Leute da. Versuche nicht, bei starkem
Verkehr auf der Straße Kunststücke zu machen.
Es ist gefährlich. Trinke kein Bier nach einer
Fahrt in heißer Sonne. Fahre nicht vor einem
Wagen der Straßenbahn her. Fahre nicht auf
dem Bankett! Die Straße ist breit genug für
Dich. Lasse Deine Aufmerksamkeit nicht durch ein
Paar schmucke Bloomers (Radfahrerinnen-Bein-
kleider) ablenken. Fahre bei Nacht nicht ohne
brennende Lampe. Setze das Fahren nicht fort,
wenn Du müde bist. Fahre nicht im Renntempo
um Straßenecken: es sei denn, Du liebtest Aus-
einandersetzungen mit der Polizei. Stopfe Deine
Strümpfe nicht mit Sägemehl aus, wenn Deine
Beine etwas dünn sind. Gib Dich nicht mit Rad-
reparaturen ab. Es zahlts sich aus, dies einem
erfahrenen Fachmann zu überlassen. Versuche
nicht, zu gleicher Zeit zu rauchen und Rad zu
fahren. Es ist ungesund. Kehre nicht in jedem
Wirtshaus ein, an dem Du vorüberfährst. Es ist
sehr schädlich für das Gleichgewicht.
(Enquete beim Landesausschusse
zur Vertheilung der Feuerwehr-
beiträge.) Am 6. d. M. fand unter dem Vor-
sitze des Landesausschussbeisitzers Herrn Dr. L.
Schlesinger die Berathung über die Vertheilung
des realen Feuerwehrfondes statt, welcher die Ver-
treter der Versicherungsgesellschaften: Generali,
Rionione, Sct. Florian in Eger (durch Director
Gamringer), Donau, Zuckerfabriken-Assecuranz-
verein, I. böhm. Wechselseitige und Slavia, ferner
3 Vertreter des deutschen und 3 Vertreter des
tschechischen Feuerwehr Landescentralverbandes an-
wohnten. Die deutschen Feuerwehren Böhmens
zählen dermalen 86977, die böhmischen 63.844 Mann.
An 2 % Feuerwehrbeitrag sind im Jahre 1895 von
den Aſsecurangesellschaften eingegangen 148.808 fl.
81 kr., wovon 25% = 37.202 fl 20 kr. dem
Unterstützungs- und Pensionsfonde zugewiesen werden
mussten. Der nach Abzug der Verwaltungskosten
verbleibende Restbetrag wurde derartig vertheilt,
daſs (48 deutsche Feuerwehren ungefähr mit 50,000 fl.
und 768 tschechische Feuerwehren ungefähr mit
53000 fl. betheilt wurden. Eingelangt waren 1575
Gesuche u. zw. 720 von deutschen und 849 von
tschechischen Feuerwehren. Aus dem Bezirke Karls-
bad erhielten Subventionen: Aich 120 fl, Dallwitz
100 fl., Edersgrün 120 fl., Espenthor 70 fl., Fischern
90 fl., Halmgrün-Sodau 70 fl., Janessen 70 fl.,
Karlsbad Feuerwehr 100 fl., Karlsbad Rettungs-
corps 90 fl., Kohlhau 70 fl., Neudörfl 70 fl., Unter-
lomnitz 70 fl., Oberlomnitz 70 fl., Schankau 70 fl.,
Spittengrün 70 fl., Zettlitz 60 fl.
(Im Theater Varieté) treten heute neue
Kräfte auf, und zwar: Truppe Pauly (4 Herren,
1 Dame), Production auf dem vierfachen Trapez;
Mister Kaoly, genannt der Wundermann, acro-
batisches Potpourri; The Dantes, elektrische Flammen-
menschen; Clowns H. Ho, vorzügliche Instrumenta-
listen; Brothers Pauly, Production an den römi-
schen Ringen, abwechselnd mit Darstellung von
Marmorbildern. Der gesangliche Theil ist vertreten
durch Fräulein Emmy Bender, eine vorzügliche
Liedersängerin, welche hier noch nicht engagiert war.
Von dem alten Programme bleibt Fräulein Betty
Kühn, der weibliche Gesangskomiker und Herr
Karl Maxstadt, welchen Herr Stalla noch in letzter
Stunde für einige Tage gewann und welcher
seine unübertreffliche Soloscene „Der Bettelbua“
zum Vortrage bringen wird.
(Ein Wegelagerer.) Wir brachten in
unserer vorgestrigen Nummer eine Notitz, daſs es
der Gendarmerie gelungen sei, einen gewissen Wzl.
Lorenz zu verhaften, der in der Joachimsthaler
Gegend sich vielfacher Verbrechen schuldig gemacht
habe. Wie wir nun erfahren, hat dieser Lorenz
auch den Uhrenraub am oberen Plobenwege ver-
übt, wie durch eine Confrontation mit dem be-
treffenden Promenadenaufseher erwiesen. Die Dame
welcher die Uhr entwendet wurde, wird sich heute
nach Joachimsthal begeben.
(Landes-Inspectorat für die Natu-
ral-Verpflegs- und Schubsstationen.)
Die Natural-Verpflegs- und Schubstationen des
Karlsbader Vertretungsbezirkes unterstehen dem
Landes-Inspectorate mit dem Amtssitze in Pilfen.
(Landes Inspector Herr Franz Kucera).
(Bedquerlicher Unglücksfall.) Im
Anhange zu der von uns gebrachten Notiz betreffs
Das Denkmal auf dem Kyffhäuser.
(Originalbeitrag)
(Eröffnung am 18. Juni 1896.)
In den dämmernden Tiefen des Kyffhäuser-
berges) unter den verwitterten Trümmern seines
alten Kaiserschlosses barg sich die patriotische Sehn-
sucht und Hoffnung des deutschen Volkes in
gläubigem Beharren vor all dem Leid und Elend
hundertjähriger politischer Zerissenheit. Dem Tages-
licht ertlögen, in den Schlünden und Gründen
romantischer Erinnerungen fand die Seele des
Volkes eine Zuflucht vor den Drangsalen der
Gegenwart. Heute erhebt sich auf den Höhen des
Sagenberges das schöne Denkmal als hochragendes
Symbol der glänzenden Erfüllung dieses herrlichsten
Traumes der deutschen Seele, die so lange körper-
los im Reiche der Ideale umherirren musste und
die nun endlich auch ihr irdisches Heim wieder ge-
funden hat.
Der Mann, in dessen Kopfe die Idee des
Kyffhäuser=Denkmals und der Plan zur Auf-
bringung der Kosten damals entstand, der mit
eiserner Energie alle Schwierigkeiten überwandt,
welcher die Seele der „Geschäftsleitung des Denk-
malsbaues“ von der ersten Stunde an bis heute
angesichts des vollendeten Werkes blieb, darf stolz
sein auf seine patriotische That! Der Vater des
Denkmals ist der Professor Dr. Westphal zu Berlin!
Sein Plan wurde von dem Deutschen Krieger-
bunde mit Wärme begrüßt und sodann auch von
den übrigen Kriegerverbänden freudig willkommen
geheißen. Sofort begann die Sammelthätigkeit,
während gleichzeitig die Geschäftsleitung sich kon-
stituirte. Die fürstlich schwarzburg-rudolstädtische
Regierung bot großherzig den Baugrund und das
Baumaterial dar; die Ausführung des Denkmals
wurde dem Architekten Bruno Schmitz übertragen,
welcher vor sechs Jahren das Riesenwerk in An-
griff nahm. Auf eine Million Mark wurde die
Kostensumme veranschlagt und deren Aufbringung
auf die Schulter von einer Million alter Soldaten
gelegt!
Zur Erbauung dieses Denkmals mnssten sich
die Schwesterkünste Bildhauerei und Baukunst ver-
einen, um ein Kunstwerk zu schaffen, das „von der
Ferne gesehen, sich einfach und verständlich vom
Himmel abhebt“ und „in der Nähe durch die
stumme und doch so beredte Sprache der Steine
und der massigen Verhältnisse bedeutenden Eindruck
macht.“ Diese beabsichtigte Wirkung ist thatsächlich
in glänzender Weise erreicht worden.
Von einem halbrunden Plateau, welches un-
mittelbar an den Abhängen steil emporsteigt, durch-
schreitet man ein dreifaches Thorgewölbe und blickt
in die Tiefe des Burghofes. Nicht wie andere
Burghöfe ist er mit kunstvoll behauenen Steinen
zierlich gepflastert. Wildzerklüfteter Fels wächst
hervor aus dem Grunde und vereinigt sich mit dem
Quadern des umgebenden Mauerwerks. Höher
hinauf bildet der Fels einen natürlichen Thron,
auf dem der Unterbau des Thurmes zu ruhen
scheint. In diesem Unterbau, von einer Nische
überwölbt, „im unterirdischen Schlosse“ sitzt
träumerisch sinnend die Riesengestalt Barbarossas
in der Rechten das Schwert, die Linke an den
bis zu den Knieen wallenden Bart gelegt. — Zu
beiden Seiten des Thorgewölbes, dessen originelle
Säulenstellung mit höchst eigenartigen, phantastischen
Kapitälen geschmückt ist, führen große Treppenan-
lagen zu der den Burghof und Thurmbau umge-
benden Plattform. Das dem Burghof vorgelagerte
Thorgewölbe bildet eine 11 Meter breite Terrasse,
von welcher man über den Burghof weg den ge-
waltigen Thurm in seiner ganzen Größe und
Schönheit bequem übersehen kann. An der Stirn-
seite, dem Beschauer entgegenreitend, grüßt Hund-
riesers Riesenreiterbild Kaiser Wilhelms, in Kupfer
getrieben, von den Gestalten des Friedens und
Krieges begleitet, weithinausschauend und sichtbar
über die Lande, Dörfer und Städte der goldenen
Aue. „Für Kaiser und Reich“ liest man auf dem
die Reiternische abschließenden, auf allen vier Seiten
den Thurm umgürtenden Bande, darüber ist das
Wappen, der Reichsadler, mit vollendetem künst.
lerischen und heraldischen Sinn ornamentirt, ein-
gelassen. Ein kräftig ausladendes Gesims, an den
Ecken mit gewaltigen Zinnen gekrönt, schließt den
Hauptbau ab. Vier Wasserspeier an den Ecken
geben der sich sammelnden Nässe Abfluſs. Ueber
dem Ganzen wölbt sich die Kuppel, in ihrer Con-
struction eine Riesenkrone aufs Glücklichste nach-
ahmend, und darüber erhebt sich als Schluss, aus,
einem Block gemeißelt die Reichskrone.
Der Thurm ist, von der Hochterrasse ausge-
rechnet, 57 Meter hoch und enthält eine Mauer-
masse von 6650 Cubikmetern im Gewicht von 14
Millionen Kilogramm. Von der Thurmhalle bis
Název souboru:
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Porta fontium