Text auf der Seite 9
Text:
3. Juni 1896.
Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 126
Seite 9
Palisa. — Die neue Dichtung in Frankreich. Von
Edmond Pilon. — Joza Uprka. Von
Der Zerrissene. Von Hermann Bahr. — Die Woche.
— Bücher. — Revue der Revuen. — Ein Verlangen.
Von Louis Couperus.
Eine räthselhafte Gestalt.
Skizzen aus dem russischen Räuberleben von
Julius Steinbach.
[Nachdruck verboten.
(Fortsetzung und Schluſs.)
In Petersburg mussten außerordentliche Dinge
vorgehen. Kuriere durcheilten die Straßen nach
allen Richtungen. Die Bevölkerung der Haupt-
stadt ergieng sich in allen möglichen Vermuthungen
Hatte Polen oder Lithauen einen Rest von Leben
wiedergefunden? Hatten die Kosaken sich ihrer
alten Freiheit wieder erinnert? Forderten die bal-
tischen Provinzen ihre Nationalität zurück und
kämpften sie für ihre unterdrückte Religion? Hatten
sich die Leibeigenen erhoben, um die Freiheit zu
erobern und die fürchterliche Tyrannei abzuschütteln,
welche auf ihnen lastet? Unter der Regierung des
Kaisers Nikolaus konnte keine gute Nachricht die
apathische Bevölkerung in Aufregung versetzen.
Flamanoff, ein höherer, zur Disposition ge-
stellter Ofsizier, hatte eine Audienz bei dem Grafen
Benkendorf erbeten und diesem Folgendes mitge-
theilt: „Ich gieng heute im Sommergarken
spazieren, als ein gut gekleideter Mann auf mich
zutrat, meine Hand ergriff und auf dieser Zeichen
machte, die ich nicht verstand. — „Sie sind einer
der Unsrigen,“ sagte er dann zu mir, „alles geht
gut, der Oberst ist aus Sibirien entflohen und die
Zahl seiner Anhänger wächst von Tag zu Tag.
Wir werden endlich triumphiren und der Zar wird
unter unseren Schlägen fallen. Finden Sie sich
morgen zu unserer Versammlung ein.“
Flamanoff gab eine Beschreibung des Mannes,
konnte aber den Ort der Begegnung nicht näher
bezeichnen. Einige Tage nachher flüsterte man sich
ins Ohr, daſs man in der That einen aus Si-
birien entflohenen Obersten ergriffen habe, welcher
auf ein englisches Schiff geflüchtet war, um nach
dem Auslande zu gehen.
Im Innern des Reiches erzählte man sich,
Trischka verschwunden sei und daſs er that-
daſs
sächlich ein wegen des Aufstandes vom 14. December
1825 verurtheilter Oberst wäre, welcher die Grund-
besitzer des Gouvernements Smolensk und Kaluga
ausgeplündert habe. Nachdem er auf diese Weise
mehrere hunderttausend Rubel erworben hatte, habe
er an den Kaiser geschrieben, daſs er nur das ge-
nommen habe, was man ihm seiner Zeit konsiszirt
habe Einige Monate später dementirte man diese
Nachricht und versicherte, daſs niemals ein Oberst
im Spiele gewesen sei und daſs der Räuber von
Smolensk nur ein Flüchtling war, den man er-
griffen, gekautet und wieder nach Sibirien trans-
portirt habe. In Wirklichkeit ist niemals bekannt
geworden, wer und was Trischka eigentlich war;
aber noch heute kann man in einigen Gegenden
Ruſslands den Namen Trischka von der Landbe-
völkerung mit einer gewissen Ehrfucht aussprechen
hören.
Vom Büchertisch.
Schule und Haus bietet in der Mainummer fol-
genden beachtenswerthen Inhalt: Bitte, es sind Kinder
da! Von Josef Jahn. — Entsagung. Von Anton Weis.
Etwas über das Athmen. Von Dr. Rudolf Hang.
Aus der Kinderwelt: Kinderworte. — Gesetzliche Be-
stimmungen: Die Volksschule. — Beurtheilungen: Der
Ulmenhof. Von F. Czekansky. — Deutsches Lesebuch.
Von A. S. Fischer und Josef Kraft. — Meyers Conver-
sations-Lexikon. — Das Nervenleben des Menschen. Von
Dr. J. V. A. Koch. — Sprechhalle: Mittheilungen und
Auskünfte. — Allerlei Wissenswertes. — Erzählungen:
Burgl. Von A. Bogner. — Den Großen für die Kleinen:
Windröschen. Von Franz Czech. — Vöglein im Bau.
Von H. Beringer. — Zu bestellen: Wien, 3. Bezirk,
Streichergasse 10 für 2 fl. jährlich.
Von der Wiener Wochenschrift „Die Zeit“ ist soeben
das 87. Heft erschienen. Aus dem Inhalt desselben
heben wir hervor: „Ernst und ehrlich“. Von K. —
Der jüddeutsche Particularismus. Von Eduard Engels.
— Eine neue Art von Assecuranz. Von Ernst Ulmann.
Der deutsche Bauer. Von Dr. Robert Drill. —
Das Muthigwerden der Speculation. (Finanzieller
Brief aus Deutschland.) Von S. v. H. — Das
Problem der Lebenskraft und seine Lösung. Von Karl
du Prel —
Revolutionäre Astronomie. Von Dr. J.
Familien-Nachrichten.
Geborene:
16. Mai. Dem Karl Angermaier, Kellner, e. M.
27. Josef Schlossbauer, Sprudelsteinschleifer, e. K.
28. Ernst Zahles, Badediener, e. M. — 30. Jojef Stein-
müller, Portier, é. K. — 3. Mai. Franz Wölfl, Dienst-
mann, e. M. - 5. Anton Schneider, Schneider, e. K.
5. Josef Schwarz, Kutscher, e. K. — 8. Luise Schödl,
Fleischerstochter, e. K. — 10. Franz Josef Eckl, Maurer,
eM. — 11. Rudolf Heilingötter, e. K. — 15. Abraham
Löwy, Kaufmann, e. K. — 15. Willibald Frimmel, Kellner,
e. K.'— 19. Johann Lindner, Maurerpolier, e. M. —
24. Johann Zeitl, Hausbesitzer, todtg. K. — 24. Bruno
Wilt, Musiker, e.'M.
Gestorbene:
24. Mai. Emil Klein, Commis, 20 J., kath., led. —
24. Anastasia Menzl, Private, 77 J., tath., verw. — 25.
Adolf Strnad, Bäcker, 50 J., kath., verh. — 26. Franz
Kastl, Dienstmann, 48 J., lath., verh. — 26. Helene
Renz, Lehrerin, 55 J., kath., led. — 26. Otto Conried,
Privatier, 43 J., evang., verh. — 28. Heinrich Blitz,
Zimmermannssohn, 3 T., kath. - 29. Karl Kaiser, Damen-
confectionär, ο8 J., kath., verh. — 29. Heinrich Hurter,
Pfarrer, 71 J., kath. — 29. Theresia Böhner, Tagarbeiterin,
42 J., kath., verw. — 30. Adolf Jaecki, Postbeamter,
53 J., evanig., verw. — 30. Anna Spiegl, Schneiders-
tochter, 5 M., kath.
Gefundene und verlorene Gegenstände.
Verloren:
Eine Damen-Remontoiruhr von Gold, mit goldener
kurzer Gliederkette. — Eine Damenuhrkette, ö-theilig von
Gold, venetianische Arbeit mit goldenem Herzchen, in der
Mitte eine Perle und eine Raute. — Eine goldene
Herrenuhrkette mit kurzen Gliedern.
Gefunden:
Ein Cigarrenabschneider, eine Schürze, ein Sack mit
Inhalt, ein Damenschirm.
Schisss-Nachrichten publicirt vom internat
Reisebureau Rudolf Mayer.
Dampfer „Normandie“ ist am 31. Mai, um 9 Uhr
abends in Havre angekommen. — Dampfer „Bourgogne“
ist am 30. Mai, um 8 Uhr abends in Newyort ange-
kommen.
Die
Omnibusfahrten nach Pirkenhammer Hammer
zu Kempf's Restaurant u. Café vorm. Leibold und k. k. priv. Porzellan-Fahrik von Fischer & Misg
Im offenen Salonwagen, verkehren während der Saison in folgender Ordnung:
Abfahrt nur Theaterplatz. Billet-Ausgabe am Theaterplatz bei Herrn Adolf Erhardt, gegenüber dem Stadt-
Theater, Alte Wiese. — Preis per Tour 40 kr.
Abfahrt vom Theaterplatz:
Rückfahrt von der k. k. priv. Porzellanfabrik:
Vorm. 11 Uhr 30 Min., nachm. 1 Uhr 30 Min., 2 Uhr, 8 Uhr u. 3 Uhr 30 Min.,
Vorm. 11 U. 45 M., nachm. 2 U. 10 M., 2 U. 40 M., 3 U. 40 M., 4 U. 10 M
Abends nur zum Restaurant Leibold.
aufspecielles Verlangen um 5 Uhr 10 Minuten.
5 Uhr 30 M, 6 Uhr, 6 Uhr 30 M., 7 Uhr, 7 Uhr 30 M.
Ankunft im Restaurant Leibold:
Abfahrt vom Restaurant Leibold zur Stadt:
Mittags 12 Uhr, nachm. 2 Uhr, 2 Uhr 30 Min., 3 Uhr 80 Min. u. 4 Uhr.
Vorm. 10 Uhr 30 Min., mittags 12 Uhr. 1 Uhr, 2 Uhr 25 Min., 3 Uhr,
Ankunft in der k. k. pr. Porzellanfabrik der Hrn. Fischer & Mieg:
5 Uhr, 5 Uhr 30 M., 6 Uhr, 6 Uhr 30 Minuten und 7 Uhr.
Nachmittags 2 υhr 10' M., 2 Uhr 40 M., 3 Uhr 40 M. und 4 Uhr 10 X1.
Die Herren Fischer & Mieg, Besitzer der k. k. priv. Porzellanfabrik, haben zur Bequemlichkeit der geehrten
Besucher, welche die Arbeitsräume, insbesondere die Fabrikation besehen wollen, einen Führer zur Verfügung gestellt.
Auch befndet sich in der Fabrik ein grossartiges Muster- und Verkaufslager, das einem nochgeehrten Publikum nicht nur
in den billigsten und einfachsten Gegenständen die grösste Auswahl bietet, sondern auch die hervorragendsten Leistungen
dieses kunstkeramischen Etablissements vor Augen führt.
Bestaurant und Café mit grossem schattigen Garten mit neuerbauter Eisen-Veranda
Diners à la carte età prix fixe zu jeder Tageszelt ohne Vorausbestellung.
UExtra-Küche für Diabetiker. Beeftea.
Zugleich empfehle mein der Neuzeit entsprechend, mit allem Comfort eingerichtetes
Specialität feinster Weine von den altrenommiertesten Häusern des In- und Auslandes.
Daselbst ist eine elegante Wohnung bei freier Fahrt täglich zu den Brunnen, für die P. T. Kurgäste, zu sehr
mässigem Preise zu vermieten.
Für Soupers sind im Hause stets Equipagen und Omnibusse zur Verfügung.
Wilhelm Kempi,
Hochachtungsvoll
Um geneigten Zuspruch bittet
Besitzer des
Restaurant vorm. Leibold
An Sonn- und Felertagen ist die Porzellanfabrik geschlossen.
936
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1896-06-03-n126_5745.jp2