Text auf der Seite 4
Text:
Seite 4
Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 33
11. Februar 1896
officier anstreben, von nun an die Ergänzungs-
prüfung zum Berufsofficier bei den Truppen-
Divisions-, beziehungsweise Brigade-Commanden
ablegen und nach Erfüllung aller Bedingungen mit
18. August in den Berufsstand übersetzt werden.
Zur Durchführung dieser Entschließung, sowie der
in Hinkunft auf die Activierung in den Berufs-
stand maßgebenden Bestimmungen, wird verfügt:
1. Für die Uebersetzung in den Berufsstand können
Einjährig-Freiwillige nur dann in Betracht kommen,
wenn sie während des Präsenzjahres in practischer
Beziehung besonders geeignet classificiert wurden,
nach ihrer Vorbildung und Gesammtindividualität
tüchtige Berufsofficiere zu werden versprechen
und von den „Truppencommandanten“ zweifel
los als eine besonders wünschenswerte Acquisition
für den eigenen Truppenkörper erachtet werden.
Jene Einjährig-Freiwilligen, welche sich dem Berufs-
stande zu widmen beabsichtigen, sind nach Beendi-
gung ihres Präsenzjahres in der activen Dienst-
leistung zu belassen und den Truppen-Divisions-,
beziehungsweise Brigade-Commanden, sowie dem
Reichskriegsministerium als „Berufsofficiers-Aspi-
ranten“ mittelsst Nominal-Verzeichnisses zur Kennt-
nisnahme nachzuweisen 2. Die Berufsofficiers-
Aspiranten sind mit 1. October zu „wirklichen“ wenn
dies auf Grund der bestehenden Abgänge an Cadet-
Officiers-Stellvertretern thunlich, — sonst zu Titulat-
Feldwebeln (Oberjägern),“ beziehungsweise „Wacht-
meistern“ oder „Feuerwerken“ zu befördern. Mit
1. Jänner wird deren Ernennung zu „Reserve-
Cadet-Officiersstellvertretern“ erfolgen. Bis zu
diesem Zeitpunkte sind alle Berufsoffieiers-Aspiran-
ten durch Belassung des Freiwilligen-Börtchens
besonders zu kennzeichnen. 3. Die Ergänzungs-
Prüfungen werden grundsätzlich in der Zeit vom
1. bis 10. April vorgenommen werden.
(Essenbrand.) Im Hause „Stadt Stock-
holm“, Sprudelgasse, kam gestern nach 11 Uhr
vormittags ein Essenbrand zum Ausbruche, der
durch überheiztes Küchenfeuer entstanden ist. Eine
Abtheilung der Feuerwehr mit Herrn Brand-
directorstellvertreter Gottschalt waren rasch zur Stelle,
der Brand brachte jedoch weiter keinen Schaden,
der bemerkenswert wäre.
Donitz9. Feber. [O.-C.] (Ein Fest in den öster-
reichischen Alpen.) Der Männergesangverein in Donitz
arrangiert wie schon in früheren Jahren am Fasching-
dienstag den 18. Feber l. J. im Gasthause „Kaiser von
Oesterreich“ ein Costümkränzchen unter obigem Titel.
Die Einübungen der Gruppentänze haben bereits am
7. d. M. ihren Anfang genommen. Der Tanz der Sen-
nerinnen mit ihren Holzerbuam verspricht namentlich ein
recht farbenreiches schönes Gruppenbild zu werden. Die
Betheiligung kann nahezu eine allgemeine genannt werden,
weil schon jetzt, wie wir erfahren, gegen 100 Costümierte
angemeldet sind. Eine vollständig eingerichtete Senn-
hütte wird statt des üblichen „Gemüthlichen“ hergestelltt
werden, worin eine dralle Sennerin — Zwar nicht mit Milch
und Käs — doch aber mit Wein die Besucher erfrischen
und mit herzigen Gstanzeln und Jodlern erfreuen wird.
Kasperltheater, Clowns, herumziehende Musiker, Zigeuner,
Drahtbinder ꝛc. werden nicht fehlen. Weiter ist uns auch
verrathen worden, daſs selbst ein kräftig gebauter, wohl-
beleibter „Gambrinus“ mit all seinem Anhang und Ge-
folge seinen Einzug per Wagen in dem kleinen Dörflein
des Alpenlandes halten wird. Die vom Männergesang-
verein in Donitz veranstalteten Vergnügungsabende sind
noch in steter guter Erinnerung und verbürgen auch für
den 18. Feber l. J. den Theilnehmern einen recht ver-
gnügten animierten Abend. Masken sind willkommen.
Für ff. Biere und gute Küche ist wie immer bestens ge-
sorgt und für Aschermittwoch ist die Beschwichtigung des
üblichen Katers durch einen Frühschoppen vorgesehen.
Teplitz. 9. Feber. O.-C.] (Verschiedenes.)
Der Stadtrath von Teplitz-Schönau hat aus Anlaſs des
Rücktrittes Sr. Excellenz des Grafen Thun als Statt-
halter von Böhmen diesem das innigste Bedauern über
seinen Rücktritt ausgedrückt, sowie den wärmsten Dank
gesagt, für seine der Stadt Teplitz stets erwiesene Für-
sorge, die ehrerbietigste Huldigung für seine ausgezeich-
nete Leitung der Landesverwaltung ausgesprochen. —
Der Wiederaufbau der Schlossberg-Restauration hat in
seinen vorbereitenden Schritten bereits begonnen. Wenn
nicht ungünstige Witterungsverhältnisse eintreten, so kann
mit Sicherheit der Vollendung zu Beginn unserer nächsten
Badesaison entgegengesehen werden und diese alte ehr-
würdige Schlossruine mit neuer Restauration wieder ins
Thal herabgrüßen. — Eine Volksbibliothek soll nun doch
in unserer Stadt ins Leben gerufen werden und zwar
seitens des deutschen Volksbildungsvereins. — Die in
Aussicht stehende Errichtung eines Kreisgerichtes in Teplitz
hat bereits die Frage wegen eines geeigneten Platzes ins
Rollen gebracht. Jedenfalls dürfte hierzu der Schmeykal-
platz ausersehen werden. — Der „Beseda-Ball“ am
gestrigen Abende war riesig stark besucht. Der „städtische“
Kursaal beherbergte viele Hunderte Tschechen. Die
Socol-Kapelle aus Kolin besorgte die Ballmusik. Es
dürfte wohl das erste und auch das letzte Mal gewesen
sein, daſs der Kursaal der Stadt Teplitz zu einem tsche-
chischen Balle vergeben worden ist. — Die Orts-
gruppe Teplitz des Bundes der Deutschen Nordwestböhmens
hat es bereits dahin gebracht, daſs die zweisprachigen
Courszettel nicht mehr ausgegeben werden und daſs an
den Straßenecken keine tschechischen Placate mehr affigiert
werden können.
Neue Revue gegründet von Dr. A. Bauer Heraus-
geber Heinrich Osten, Dr Edmund Wengraf. Abonne-
mentspreis: Vierteljährig fl. 1.75 nebst Portozuschlag-
M. 3.55- Frs. 140 Verlag Wien, 1. Wallnerstrafe
Nr. 9. Leipzig: Ed. Kummer. Inhalt: —, Sclaven-
handel in Oesterreich. J. Newald, Zur Entstehung des
französischen Krieges. Das hohe Haus (Parlamentarische
Köpfe). J. Fleischner, Volkshochschulen. J. Pav, Künstler-
haus. H. Lavedan Berufswahl. Miniaturbilder aus
der Zeit.
Allgemeine Kunstnachrichten. Zeitschrift für Theater,
Literatur, bildende Künste und Kunstunterricht. Erscheint
Mitte jedes Monats. Herausgeber: Director Rudolf
Kaiser. Abonnement jahrlich fl. 2, halbjährlich fl. 1.10,
vierteljährlich fl. —.60. Haupt-Administration und Er-
vedition: Wien. VIl., Zieglergasse 29. Die Jänner-
nummer hat folgenden Inhalt: Projvekt. — Pointiertes
und Pikantes. Gedichte (von M. J. Friedl). — Ueber
die neuere ungarische Erzählungsliteratur (von Ludwig
Wechsler, Budapest). — Wiener Musikbrief (von Dr.
Max Dietz). — Feuilleton: Eine österreichische Malerin
(von Wilhelm von Wartenegg.) — Londoner Brief (von
H. Land.) — Pariser Brief (von W. Waldau.) —Ber-
liner Brief (von W. Waldau.) — Berliner Brief (von
E. Brausewetter.) — Berichte: Original-Correspondenzen
aus Brüssel (von A. Arouwer.) — Dresden (von Georg
Scheufler.) — New-York (von O. Greenhill). — St. Louis
(von Alban.) — Wien (von Benjamin Schier.) — Lite-
ratur. (Einläufe und Besprechungen.) — Notizen.
Correspondenz der Redaction. — Inserate.
Telegramme.
Wels, 10. Feber. Seine Majestät der Kaiser
traf gestern um 12 Uhr 18 Min. nachmittags in
Begleitung des General-Adjutanten G. d. C. Grafen
Paar hier ein und wurde im Bahnhofe, da jeder
officielle Empfang abgelehnt war, von Ihren k. u.
k. Hoheiten dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog
Franz Salvator und der Frau Erzherzogin Marie
Valerie begrüßt. Se Majestät begab sich sofort
mit Ihren k. u. k. Hoheiten nach Schloss Lichtenegg.
Belgrad, 10. Feber. Zum serbischen Ge-
schäftsträger in Athen soll der jetzige Sectionschef-
Stellvertreter Marinkovic ernannt werden.
Hiesige Blätter melden, König Alexander werde
Ende Feber mit der Königin Natalie zu einmonat-
lichem Aufenthalte nach Biarritz abreisen.
Vom Büchertisch.
Walhington, 10. Feber. Im Staatsschatze
wurde für die Zahlung der neuen Goldsonds Gold
im Werte von 1,640.000 Dollars hinterlegt.
nämlich darum, ob der Mord unter allen Umständen
unentschuldbar sei, ein Verbrechen, das unbedingt
gesühnt werden müsse. Mein Freund vertrat die
alte Schule und sprach sich namentlich scharf gegen
die Gepflogenheit der Geschwornen-Gerichte aus,
welche Korrekturen der Gesetzgebung vorzunehmen
sich anmaßten, indem sie erwiesene Mörder aus
Gründen der Sentimentalität, wie er es nannte,
freisprächen. Ich dagegen meinte, es mögen Fälle
vorkommen, wo der Verbrecher uns nicht mehr als
solcher erscheinen könnte. Ich wies darauf hin,
daſs ja schon das Duell beweise, daſs es Fälle
gäbe, wo eine Schuld nach der Anschauung der
Welt nur durch den Tod des Schuldigen gesühnt
werden könne, und daſs gewisse Morde eben auch
nichts weiter als eine Form von Duellen sei, in
welchen der angegriffene Beleidiger eben wehrlos
bleibt.“
„Auch ich stimme Ihnen vollkommen bei,“
fiel Frau von Bülau ein, „es liegt in der mensch-
lichen Natur, daſs gewisse Beleidigungen für unser
Gefühl nicht anders gefühnt werden können, als
durch die Vernichtung des Beleidigers, und da die
menschliche Justiz diese Vernichtung nicht ausspricht,
so nimmt das Individuum das Richteramt selbst
in die Hand.“
„Wenn dieses Prinzip adoptirt würde,“ warf
scherzend mein Freund ein, „dann würden die
Frauen alle ungetreuen Liebhaber ermorden.“
„Es wäre gut, wenn es geschehe,“ erwiderte
kalt und mit einer gewissen Schärfe Frau v. Bülau.
Inzwischen waren wir wieder zur andern Gesell-
und unser Gespräch hatte
schaft zurückgekehrt
Als wir aber schließlich auf-
natürlich ein Ende.
brachen, kam Frau von Bülau noch einmal auf
mich zu und lud mich ein, ihr Haus zu besuchen.
Ich folgte dieser Einladung früher, als ich mir
vorgenommen hatte. Eine seltsame Unruhe hatte
mich getrieben, den Besuch schon am nächsten Tage
abzustatten. Sie empfing mich mit Lächeln und
meinte, sie hätte mich erwartet. Ich erwiderte,
sie scheine ihrer Gewalt sicher zu sein, die sie aus-
übe, und daſs Jeder sich glück ich schätze, in ihre
Nähe gelangen zu dürfen.
„Wenn Ihre Worte nicht blos eine Phrase
der Höflichkeit sind,“ war ihre Antwort, „sondern
auch auf Sie Anwendung finden, dann preise ich
zum erstenmale das Glück, das mir diese Gabe
verliehen hat.“ Was wir dann sprachen, weiß ich
nicht mehr, ich weiß nur, daſs ich berauscht, meiner
kaum mehr mächtig, sie verließ und dass ich am
nächsten Tage wieder kam und immer wieder, Tag
für Tag. Ich glanbte vollkommen das Recht zu
haben, mich als den erkorenen Günstling zu be-
trachten. Hatte ich ja bereits jede Gunst, die ein
Weib gewähren kann, erhalten. Nicht sie, sondern
ich war es, der da verlangte, daſs sie mein Weib
werde. Es mochte mich befremden, daſs sie diesen
Wunsch kühler aufnahm, als ich erwartet haben
mochte. Doch setzte sie keinen Widerstand entgegen,
sondern erklärte sich bereit, demnächst unsere be-
vorstehende Verbindung der Welt bekannt zu geben.
Unser Verlobungsfest sollte stattfinden an jenem
Tage, an welchem, wie Du Dich vielleicht noch
erinnern kannst, Julius v. Marbod aus dem Ge-
fängnisse entflohen war. Meine Berufspflicht zwang
mich, an jenem Abend an der Berathung des Ge-
richtshofes Theil zu nehmen. Als ich nach der-
selben in das Haus der Frau von Bülau trat,
fand ich es schon geschlossen, und auf meine Frage
wurde mir die Antwort zu Theil, sie sei verreist.“
„Ließ sie denn keine Nachricht zurück?“ fragte
Dr. Führer, als Lang ene Pause machte.
„Keine! Ich erkundigte mich bei dem
Geheimrath, ob er vielleicht wisse, wohin sich die
Dame gewendet habe. Er wusste es nicht, ja er
theilte mir mit, daſs sie nicht einmal sich von ihm
verabschiedet habe. Bei dieser Gelegenheit erfuhr
ich auch, daſs Frau v. Bülau an ihn von unserem
Botschaftssekretär Baron M. in Paris empfohlen
worden sei. Näheres über ihre Verhältnisse sei
ihm auch nicht bekannt geworden.“
„Schriebst Du auch an Baron M.?“ —
„Allerdings: aber dessen Antwort brachte mir eine
sehr peinliche Ueberraschung. Er schrieb mir, er
könne sich an eine Dame dieses Namens nicht
erinnern; wohl habe er verschiedene Empfehlungs-
briefe, um welche man ihn ersucht, ausgestellt, und
es sei möglich, daſs darunter auch ein solcher für
eine Frau v. Bülau gewesen sei. Doch kenne er
diese Dame nicht. Baron M. ist nun freilich ob
seiner liebenswürdigen Zuvorkommenheit in Paris
bekannt, und bei seinen ausgebreiteten gesellschaft-
lichen Beziehungen kann es wohl vorgekommen sein,
daſs eine dritte Person ihm jenes Schreiben für
die Dame herauslockte. Anders kann ich mir
wenigstens die Sache nicht erklären, denn daſs Baron
M. mir absichtlich die Wahrheit verhehlen wolle,
ist nicht anzunehmen.“
„Das ist wahr, ich kenne ihn selbst und Deine
Vermuthung hat die höchste Wahrsch inlichkeit für
sich. Die Angelegenheit wird aber dadurch wirklich
mysteriös. Ich denke, daſs Du das Opfer einer
— nun einer Abenteurerin, Du wirst mir den
Ausdruck verzeihen, geworden bist.“
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1896-02-11-n33_1430.jp2