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19. Juni 1894.
„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 138
Seite 3.
(„Darlehen nach Wunsch“) besorgen, wie
fast täglich in einzelnen Blättern zu lesen ist, ver-
schiedene Firmen in Pest. Ein Berliner Hand-
werksmeister brauchte nun, so erzählt das „Int.-
Bl.“ 3000 Mk. und wandte sich an einen der
menschenfreundlichen Herren. Er erhielt bald ein
Antwortschreiben, in welchem zu lesen war, daß
man ihm das gewünschte Geld besorgen werde,
vorher aber möchte er 12 Mk. 40 Pf. einsenden
als „Informationsgebühr“. Der Mann sandte die
verlangte Informationsgebühr“ ab und erhielt
schon wenige Tage darauf einen weiteren Brief
aus Pest mit der erfreulichen Mittheilung, daß
das Geschäft im Gange sei; er habe nur noch
10 Mk. 20 Pf. Stempelgebühr einzusenden, dann
werde der Abschluß sofort erfolgen. Wirklich wurde
auch diese Summe noch abgesandt. Die Rück-
antwort traf wiederum postwendend ein — und
bestand in einer — Empfangsbestätigung! — Die-
selbe Geschichte, wie sie hier erzählt wurde, er-
eignete sich in Karlsbad und ist das Opfer die
Witwe eines hiesigen Fiakers gewesen. Die bei
der hiesigen Gendarmerie erstattete Anzeige hatte
zur Folge, daß bei der eingeleiteten Untersuchung
noch mehrere Beschädigte sich eruiren ließen, welche
von einer Anzeige Abstand genommen hatten. Der
betreffende Anstaltsbesitzer in Budapest wurde eruirt
und behördlicherseits gegen denselben vorgegangen,
so daß wenigstens in dem einen Falle die Be-
schädigte zu ihrem Gelde kam.
Landsturmpflichtige Feuerwehr-
männer.) Infolge ertheilten Auftrages wurden die
Gemeindevorstehungen seitens der k. k. Bezirks-
hauptmannschaften aufgefordert, alle in ihrem Rayon
sich aufhaltenden landsturmpflichtigen Feuerwehr-
männer den zuständigen politischen Bezirksbehörden
namentlich bekannt zu geben.
(Subventionen.) Aus Staatsmitteln wurden
den gewerblichen Fachschulen des Egerer Kammer-
bezirkes für das Jahr 1894—95 folgende Unter-
stützungsbeiträge bewilligt: Asch 500, Brüx 650,
Chοdan 300, Duppau 450, Eger 700, Graslitz 300,
Joachimsthal 400, Jungfernteinitz 50, Kaaden 300,
Karlsbad 600, Kolleschowitz 300, Komotau 400,
Kriegern 200, Laun 350, Podersam 250, Postel-
berg 250, Preßnitz 300, Radonitz 250, Saaz 500,
Schmiedeberg 300, Weipert 450 fl.
(Bei dem jetzt bevorstehenden Schul-
schlusse) stehen viele aus der Schule tretenden
Knaben vor der Wahl, entweder ein Gewerbe zu
erlernen, oder Taglöhner zu werden Es kann
nicht oft genug betont werden, daß das Handwerk
auch heute noch, wenn es mit Verständniß und
Fleiß geführt wird, einen goldenen Boden hat.
Eltern und Vormünder werden daher immer wieder
aufmerksam gemacht, daß die Erlernung eines Ge-
werbes ihren Kindern eine sichere Zukunft bietet. Der
deutsche Handwerkerverein ist gern bereit, Lehr-
stellen bekannt zu geben und wendet sich unter
Einem auch an die Lehrherren, ihren Bedarf schon
jetzt anzumelden. Zuschriften sind zu richten an
den deutschen Handwerkerverein in Prag, Char-
watgasse 41/II. Der deutsche Handwerkerverein
in Prag besorgt die Unterbringung von Lehrlingen
unentgeltlich.
(Bahnbauprojekt Karlsbad—Lichten-
stadt.) Nach der Erklärung der Regierung, daß
die Bahn Karlsbad — Johanngeorgenstadt statt über
Lichtenstadt über Neudek gebaut wird, hat sich nun
neuerdings ein Aktions-Comité gebildet, das den
Bau einer Bahn entweder von einem Punkte der
neu zu erbauenden Bahn Schlackenwerth-Joachims-
thal oder von der Station Karlsbad der Busch-
tiehrader Bahn nach Lichtenstadt anstrebt. Das
erstere Projekt würde einen Kostenaufwand von
zirka 600000 fl., das letztere einen solchen von
800.000 fl. erfordern. Trotz des Mehraufwandes
würde sich dieses Aktions-Comité in wohlverstandenem
eigenen Interesse für die Linie Karlsbad — Lichten-
stadt entscheiden, da dann eher ein Ausbau bis an
die Landesgrenze zu erwarten ist. Die Bezirks-
vertretung Karlsbad hat, wie wir bereits gemeldet,
einen Betrag von 15.000 fl. für diese Linie gewidmet.
(Im Kurhause) findet am heutigen Abende
die interessante Vorstellung von Homes und
Madame Fey und Frl. Davenport auf dem
Gebiete der Ananmestik, des Somnambulismus, der
Gedankenübertragung und Spiritual-Manifestation
statt. — Alles Nähere bel ebe man aus der be-
züglichen Annonce zu entnehmen.
Nachrichten aus der Umgebung.
Gießhühl-Puchstein, 15. Juni. In unserem wegen
seiner romantischen und reizenden Lage beliebten und
interessanten Badeorte, der Quelle des weltberühmten
„Gießhübler“, ist wie schon gemeldet eine elektrische Be-
leuchtungsanlage feierlichst in Betrieb gesetzt worden,
welche in jeder Beziehung als eine sehr gelungene be-
zeichnet werden darf. Der Besitzer des Kurortes, Herr
kais. Rath Heinrich Edler von Mattoni hat durch diese
Einführung neuerdings den Beweis geliefert, wie sehr es
ihm an der Verschönerung des Badeortes gelegen ist.
Gleichzeitig ist aber auch die erfreuliche Thatsache zu
verzeichnen, daß auch hier die Wasserkraft für die Elektrizi-
tät ausgenützt wird, was jedenfalls nunmehr in Böhmen,
wo so manche Wasserkraft noch zur Verfügung steht, viel-
fach Nachahmung finden wird. Die Lichtanlage selbst
wurde von der bekannten Firma Waldeck und Wagner
in Prag in ungemein kurzer Zeit installirt. Die unge-
fähr 21/2 Kilometer von dem eigentlichen Consumpunkte
aufgestellten zwei Dynamomaschinen werden von Turbinen
getrieben, welche außerdem eine Säge und eine Mühle
in Betrieb setzen. Es sind im Ganzen 6 Bogenlampen
und circa 350 Glühlampen installirt, welche das Schloß
und den Kurpark mit den Restaurationen und Hotels
taghell beleuchten. Sämmtliche angebrachten Beleuch-
tungskörper, wie Luster, Candelaber, Ausleger ꝛc. sind
sehr geschmackvoll und elegant ausgeführt. Herr v. Mattoni
gab am Abende des Eröffnungstages ein Banket, bei
welchem er mit rückhaltloser Anerkennung der installiren-
den Firma gedachte.
Eger, 16. Juni. (Unglaublich — aber wahr.)
Auf dem hiesigen Markte wurde vorgestern früh der
Dienstmagd Anna Fischer aus Stabnitz eine große blecherne
Kanne mit Milch beschlagnahmt und der Inhalt seitens
der Aufsichtsorgane in den Kanal geschüttet, weil sich am
Grunde des Gefäßes ein ganzes — Wespennest befand.
Diese kaum glaubliche Thatsache läßt sich nur auf die
Weise erklären, daß die Kanne wahrscheinlich durch län-
gere Zeit nicht benützt wurde, und als sie dann wieder
in Gebrauch kam, ohne vorherige Reinigung ihren Zwecken
zugeführt ward.
Teulitz, 17. Juni. [O-C.] (Verschiedenes.)
Die 25. Teplitz-Schönauer Kurliste verzeichnet 1800 Per-
sonen. — Die gestern Samstag abends in den Pracht-
sälen des „Hotel Neptun“ stattgehabte erste diesjährige
Tanzreunion, vom Kurverein arrangirt, verlief in glän-
zender Weise. Es hatten sich Kurgäste und Einheimische
in großer Zahl eingefunden. Die Musik besorgte die
74er Regimentskapelle. — Morgen Montag hält der Be-
zirksschulrath eine Sitzung ab, in welcher das vom Orts-
schulrathe einstimmig befürwortete Gesuch um Verlegung
des Schulschlußtermines an der Teplitzer Volks- und
Bürgerschule auf den 15. Juli zur Verhandlung gelangen
soll. — Der Direktion der hiesigen k. k. Fachschule ist von
Seite des Magistrats der Stadt Bunzlau in Preußisch-
Schlesien ein schmeichelhaftes Dankschreiben zugekommen.
— Das heute Sonntag stattgefundene Koschat-Konzert
war sehr stark besucht und gestaltete sich zu einer spon-
tanen Ovation für den gefeierten steierischen Komponisten.
Der Schuhmacher Kühnel aus Settenz bei Teplitz,
ein Sozialist, welcher in Zürich dem Vorstande der un-
abhängigen Sozialisten angehörte, wurde vom Bundes-
rathe aus der Schweiz ausgewiesen. — Dieser Tage
wurde in der Eichwalderstraße von einer Droschke ein
Kind überfahren; glücklicherweise kam dasselbe mit leichten
Verletzungen davon. — Gestern Samstag mittags kam
im Dorfe Zuckmantel Feuer zum Ausbruch, welches ein
alleinstehendes Haus ganz einäscherte. Die Ursache der
Entstehung ist unbekannt.
(Othello als Nigger.) In Winslik, Wiskounsin,
wird gegenwärtig ein Stück „Der Nigger“ gegeben, welches
in der Gegenwart spielt, sonst aber Wort für Wort
Shakespeares „Othello“ ist; nur zum Schlusse wird dem
modernen Bedürfnisse Rechnung getragen und der Nigger,
der seine weiße Frau ermordet hat, unter dem Jubel des
Publikums gelyncht.
(Großer Diebstahl. ) Im Kurorte Johannisbad
wurde in der Nacht vom 2. zum 3. d. das Gewölbe der
Kaufmannswittwe Marie Baudisch erbrochen und Folgen-
des entwendet: 150 Einguldennoten, 10 Fünfernoten,
13 Silbergulden, 10 Kronen, 50 fl. bestehend aus 10 und
20 Kreuzern- und 10 und 20 Hellerstücken, 2 Hundert-
markscheine, 1 Fünfzigmarkschein, 100 Mark, bestehend
aus 10 und 20 Markftücken in Gold, 150 Mark, bestehend
aus Thalern, 2 Mark- und 50-Pfennigstücken, 1 öster-
reichischer Vereinsthaler, 1 Siegelring mit blaugrünem
Steine und den Buchstaben F. B. gezeichnet, Regalita-
und Trabucozigarren im Werthe von 4 fl. und 2 Spazier-
stöcke. — In der Nacht vom 5. zum 6. d. M. wurde
abermals in die Villa des Thomas Sedlacek in Johannis-
bad eingebrochen und zwei große Oberbetten, sechs Polster,
eine Steppdecke und ein Leintuch im Gesammtwerthe
von 80 fl. entwendet. Beide Diebstähle dürften von
Zigeunern ausgeführt worden sein.
Aufruf und Bitte.
Die Katastrophe in Karwin
erfüllt momentan alle Welt mit tiefem Mitgefühl
und die Nachrichten die in den letzten zwei Tagen
über den aller Beschreibung spottenden Unglücks-
fall bekannt wurden, müssen jedes fühlende Menschen-
herz ergreifen. —
Die „Neue freie Presse“ leitet ihren sonn-
tägigen Bericht über die Katastrophe mit folgenden
Worten ein, die wir der allgemeinen Beherzigung
empfehlen:
„Zweihundertsiebenundzwanzig.
Todte — so lautet das traurige Ergebniß, das
heute bei der Lohnauszahlung und durch behörd-
liche Einvernahmen gewonnen wurde — Zwei
Beamte und sieben Aufsichtsorgane
haben in der Erfüllung ihrer schweren Pflicht
das Leben eingebüßt. Einhundertsieben-
unddreißig Witwen und tausend Waisen
haben ihre Ernährer verloren. Tausende fleißige
Hände werden wochenlang gezwungen sein, zu
ruhen, und der materielle Schaden des Werks-
besitzers Grafen Larisch-Moennich beträgt
Hunderttausende von Gulden. Namenlos ist das
Elend, welches diesen Theil des Ostrauer Kohlen-
beckens heimgesucht hat, und nur die Alles lindernde
Zeit wird Balsam in die Wunden zu gießen ver-
mögen, welche durch die Katastrophe geschlagen
wurden. Werkthätige Theilnahme und
ausgiebige materielle Hilfe ist unter
solchen Umständen das Einzige, was die
Mitwelt den Hartbetroffenen zu bieten
vermag. Beides wird hoffentlich in aus-
reichendem Maße vorhanden sein.“
Indem wir der Schlußbemerkung vollkommen
beipflichten und nur aufrichtig wünschen, daß die
allgemeine Mildthätigkeit den armen Hinterbliebenen
in reichstem Maße zu Theil werde, erklären wir,
daß wir mit heutigem Tage eine Sammelstelle
milder Spenden für die Hinterbliebenen
nach der Karwiner Katastrophe in unserer
Leihbibliothek am Markte „3 Lämmer“ er-
öffnen und als erste Spende den Betrag von Ein-
hundert Gulden von einem ungenannt sein
wollenden Wiener Kurgaste ausweisen. —
Die Administration
des
„Karlsbader Bade- und Wochenblatt“.
Vom Büchertisch.
Freie Bildungs-Blätter. Das Juniheft dieser
Monatsschrift ist sehr reichhaltig und umfaßt diesmal
20 Seiten. Es enthält ein wohlgelungenes Bild des in
den letzten Tagen so vielfach in Oesterreich gefeierten und
von Sr. Majestät ausgezeichneten Abtes von Melk Herrn
Prälaten Alexander Karl, welcher als getreuer Gast unserer
Thermenstadt wieder hier eingetroffen ist. Die Biographie
des Gefeierten stammt aus der Feder des Schrift-
stellers Herrn Franz Xav. Linde, Apotheker und Sparkassa-
Direktor in Melk. Eine bisher noch nirgends veröffent-
lichte Arbeit „3 ur Geschichte des Melker Gym-
nasiums““ von Herrn Herrmann Ulbrich, f. k.
Gymnasialdirektor und Kämmerer des Stiftes Meli
d.
(Billige Zigaretten.) Der Preis der
im Ausverkaufe stehenden Zigarrensorte „Khalif“
wird vom 15. d. an von 11/2 kr. auf 1 Kreuzer
per 1 Stück herabgesetzt. Vom obigen Termine
an werden diese Zigaretten unter der Kennzeichnung
der betreffenden Kartons mit den Etiquetten der
Zigarettensorte „Sport“ in Verschleiß gebracht.
Vermischtes.
(Höchste Auszeichnung.) Die Jury der Inter-
nationalen Ausstellung für Volksernährung, Armeever-
pflegung ec. in Wien 1894 hat der Firma
Kathreiner für den von ihr ausgestellten Malzkaffee
die höchste Auszeichnung, u. zw. das Ehrendiplom,
verliehen.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1894-06-19-n138_6155.jp2
Porta fontium