Text auf der Seite 1

Text: 
Dienstag den 15. September 1891. Sadeblatt. Karlsbadet Redaktion und Administration Saison-Abonnement: im Hause „Bellevue“, Stefanspromenade. Zür Kurlsbad �. 4 fl. — kr. aison-Tagblatt. Telephon-Nr. 59. er, nland..6 fl. — kr. eutn12 Reichsmk. Inserate werden nur gegen Porauszahlung an- Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich genommen u. kostet die 4spaltige Petitzeile o. deren Naum 6 kr. Pränumerationen u. Inserate um 7 Uhr Morgens. werden in der Köministration dieses Blattes Monatl. Abonnement: und in der Teihbibliothek „3 Tämmer“ Für Kartsbad.....1 fl. — kr. Markt, bis um 2 Uhr Nachmittags entgegengenommen. Einzelne Nummer 5 kr. n Nr. 118. XIW. Jauranng. Herausgeber: Ernest Tranieck. Inserate übernehmen die Annoncen-Bureaus Haasenstein & Vogler in Wien, Andolf Mosse in Berlin und Wien und sämmtliche anderen Filialen dieser beiden Firmen, sowie G. L. Daube & Comp., Frankfurt a. M. Nach der heute zur Ausgabe gelangenden Kurliste Nr. 378 sind bis 12. September 25.011 Parteien mit 23.571 Personen zur Kur hier eingetroffen. Unter den am gestrigen Tage angemeldeten Gästen befinden sich: Se. Excellenz Herr J. Pavlovic, fürstl. montenegr. Minister für Cultus u. Unterricht a. Cetinje (Hotel Paradies.) Herr Heinrich v. Stephanides, Hofrath am obersten Ge- richtshofe zu Budapest (Kaiser von Oesterreich.) Herr Wilhelm v. Klitzing, Landeshauptmann von Schlesien mit Tochter aus Breslau (Schöne Königin.) Frau Melanie Gräfin von der Schulenburg-Wolfsburg aus Hannover (Goldene Krone.) Herr Wilhelm Scheel, Commerzienrath u. kgl. dän. Consul aus Rostock i. Mckl.=Schw. (Hotel Kroh.) Miß J. E. Brown. Miß Canin B. Holcomb mit Mr. Frank J. Brown, Mr. J. E. Brown, Mr. Louis Paul Brown aus Lowa, U.=St. Amerika (Hotel Continental.) Vergnügungs-Anzeiger. Etablissement Pupp: Nachmittags-Konzert der Kurkapelle. 1. Jubelfest-Marsch von Joh. Strauß. 2. Ungarische Ouverture von Keler-Beid. 3. Aufforderung zum Tanze von C. M. v. Weber für Orchester von H. Berlioz. 4. Einleitung und Chor a. d. Op. „Lohengrin“ von R. Wagner. 5. Marietta, Polka von Jos. Gungl. 6. Elegie von H. W. Ernst. 7. Le Reveil du Lion, Caprice heroique v. Kontsky. 8. Die Reise um die Welt in 15 Minnten von Schreiner. Anfang 4 Uhr. Theater: Unter der Direktion Emanuel Raul. Doktor Klaus. Lustipiel in 5 Akten von Adolf L'Arronge. Leopold Griefinger, Juwelier .. Gustav Maran Julie v. Boden, dessen Tochter . Annie Trenner Max v. Boden, deren Gemal .. Fritz Großmann Dr. Ferdinand Klaus ..... Theodor Steinar Marie, dessen Gattin ..... Josefine Kraus Emma, deren Tochter ..... Hermine Kadle Paul Gerstel, Referendarius .. Hermann Zilesch Marianne, Haushälterin .... Sophie Netsch ...... Rudolf Netsch Lubowsky, Kutscher Auguste, Dienstmädchen .... Josefine Telona Frau v. Schlingen ...... Helene Falkenstein -........Anna Leonardi Anna .. Bohrmann .... Peter Mentzl Colmar.) ....... Hans Rieger ....... Louis Rafael. JakobBauern Anfang halb 7 Uhr. Schießstand des k. k. priv. Schützen-Corps an der neuen Bahnhofstraße, ist täglich zur gefälligen Benützung geöffnet. Gut eingeschossene Gewehre u. Pistolen stehen zur Verfügung. Daselbst gute Restauration, luftige Speisesalons, hübsche Garten-Anlagen. Telegramme des Correspondenz-Bureau. 14. September. Erzherzog Karl Wien, Ludwig tritt morgen seine Inspizirungsreise als Protektor des Vereines vom rothen Kreuze an und begibt sich vorläufig nach Görz. Konstantinopel, 14. September. Die Agence du Konstantin opel ist von competenter Seite zu der Erklärung ermächtigt, daß das sowohl in Kon- stantinopel wie auswärts verbreitete Gerücht, wo- nach Kiamil Pascha ein Gesuch um Entfernung des Sultans mit vierzig Unterschriften dem Scheikh ul Islam soll unterbreitet haben, was ein hoher arabischer Ulema dem Sultan verrathen habe, als auch die Version daß das plötzliche Erlöschen des Gases im Yildizkiosk und die dadurch hervorge- rufene Beunruhigung im Zusammenhange mit dem letzten Ministerwechsel steht, vollständig auf Erfin- dung beruht. Weder ein Complot, noch Furcht vor einem solchen, war hier jemals vorhanden. Bukarest, 14. September. Die Reise des rumänischen Kriegsministers Lahovary nach Bistritz erfolgte um den Kaiser von Oesterreich zu begrüßen. San Francisco, 14. September. (Mel- dung des Reuter'schen Bureaus). Berichten aus China zu Folge protestirte der englische Gesandte energisch gegen die saumselige Art und Weise der Be- strafung der Anstifter der letzten Unruhen. — Die Action Englands wurde auch von den anderen Mächten unterstützt. — Man glaubt es wird zur Anwendung von Gewaltmaßregeln kommen, falls China nicht einen versöhnlicheren Weg einschlägt. — In Lungchow und in der Provinz Hunan fanden große Zusammenrottungen statt, wobei 1000 Tele- grafenstangen vernichtet wurden. London, 14. September. Einer Meldung aus Bombay zufolge sind auf den Kriegsschiffen Marathon und Redbreast fünfzehn Cholera-Fälle vorgekommen. Bistritz, 14. September. Der Kaiser kehrte um 2 Uhr Nachmittags vom Manöver zurück. Zum heutigen aus 49 Gedecken bestehenden Hofdiner sind Bade-Bulletin. Vom verstorbenen Präsidenten Greny, der als Achtzigjähriger an einer Lungenentzündung am letzten Mittwoch gestorben ist, werden allerlei Anekdoten erzählt. Wir lassen hier einige folgen: „Jules, steh' auf!“ — „Warum?“ — „Der Marschall hat ja doch abgedankt!“ — „Ich weiß.“ „Man wird Dich zum Präsidenten der Republik wählen.“ — „Wahrscheinlich.“ — „Also, darum steh' doch auf!“ — „Ich hab' noch eine Stunde Zeit.“ Dieses Gespräch, das sich vor elf Jahren zwischen Jules Grevy und seinem Bruder abgespielt haben soll, wurde damals von den Zeitungen als ein Beweis des Phlegmas angeführt, womit der Erstere seiner Wahl zum Oberhaupte des Staates entgegensah. „Herr Präsident,“ fragte ihn einst der Justiz- minister, als mit dem Ausbruche von sozialistischen Wirren gedroht wurde, „was rathen Sie mir nun?“ „Lassen Sie“, antwortete der Präsident lächelnd, „Alles sagen, aber nichts thun.“ Hunderte von Anekdoten, von mehr oder minder gelungenen Witzen, beschäftigten sich mit der „Spar- samke Grevy's. Eine dieser Anekdoten, die wohl kaum bekannt ist und die den Vorzughat, authentisch zu sein, mag hier einen Platz finden. In dem Haus- halt eines wohlhabenden Mannes, der viele Herren empfängt, spielt die Ausgabe für Cigarren eine ge- wisse Rolle. Feine und gute Eigarren haben be- kanntlich einen sehr hohen Preis erreicht, ganz ab- gesehen davon, daß der Staat sie mit einer starken Abgabe belegt. Gegen 11 Uhr Vormittags pflegte Grèvy die hervorragenderen Deputirten, die Sena- toren und andere politische Persönlichkeiten zu em- pfangen. Das war so die „Sprechstunde“ des Präsidenten, zum Unterschied von den offiziellen Empfangsstunden, von den förmlichen Audienzen. Man kam und ging; die Konversation war zwang- los, oft befanden sich in dem Salon zwanzig und mehr Personen. Auf dem Tische in der Mitte des Salons befand sich Alles, was zum Rauchen ge- hört, Cigaretten von verschiedenen Sorten, Feuer- zeuge, Aschenbecher und ein Kistchen mit Cigarren. Der Präsident selbst gab das Beispiel; behaglich und bedächtig, den Rauchwölkchen nachschauend, ver- dampfte er seinen Glimmstengel. Der Abgeordnete Clemenceau, der vormals zu den im Elysee gern gesehenen Personen gehörte und an dessen raschem Wesen, an dessen scharf pointirter, geistvoller Con- versation der alte Herr ein besonderes Gefallen hatte, der Abgeordnete Clemenceau tritt ein und nach einer Weile geht er zu dem Tisch, um sich aus dem Kistchen eine Cigarre zu nehmen. In demselben Augenblicke erhebt sich Grevy von seinem Fauteuil, geht auf Clemenceau zu, führt ihn in eine Fensternische und flüstert ihm einige Worte in's Ohr. Gewiß eine interessante Mittheilung, denken die übrigen anwesenden Personen, vielleicht gar eine Mittheilung von besonderer Wichtigkeit! „Laissez ces saltés“, das sind die Worte, welche der Präsi- dent dem Führer der Radikalen ins Ohr raunte, was bei uns beiläufig so viel heißt: „Geben Sie doch diese Stinkadores weg!“ Und indem der Präsi- dent die Cigarre Clemenceau mit der einen Hand wegnimmt, schüttelt er vorsichtig den andern Rock- ärmel, aus welchem eine Cigarre in die vorgehaltene Hand gleitet. Diese reicht der Präsident, indem er sich umsieht, ob es nicht bemerkt wird, seinem Gaste mit der leisen Bemerkung: „Rauchen Sie das hier, das ist für Kenner wie Sie!“ Die Cigarre aber, die er Clemenceau aus der Hand genommen hatte, legte Grevy säuberlich zurück in das Kistchen auf dem Tische. Es wäre ja schade darum, obgleich es eine schlechte Sorte ist. Allerdings gut genug für die — Anderen. Manchmal bereitete der Sparsamkeitssinn Grevy's sogar der Regierung arge Verlegenheiten. Hören wir folgende Geschichte. Der König Alfonso von Spanien hatte aus Anlaß eines zwischen Frankreich und Spanien abgeschlossenen Staats- vertrages den Beschluß gefaßt, dem Präsidenten der Republik den Orden vom Goldenen Bließ zu ver- leihen. Auch Spanien führt nämlich diesen Orden, der zu den höchsten Auszeichnungen gehört. Die Installation eines Ritters des Ordens vom Golde- nen Vließ wird mit einem besonderen, sehr feier- lichen Zeremoniell vollzogen. Darüber waren zwischen Feuilleton.
Dateiname: 
karlsbader-badeblatt-1891-09-15-n118_2345.jp2