Text na stránkách 1
Text:
Nr. 121.
Donnerstag den 18. September 1890.
XKII. Jahegung.
Bal
Karlsbader
Saison-Abonnement:
Saison-Tagblatt.
Er Karlsbad
....4 fl. — kz.
a,nland6 fl. — r.
Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich
deu'12 Reichsmk.
um 7 Uhr Morgens.
Monatl. Abonnement:
Aür Karlsbad .......1 fl. — kr.
Einzelne Nummer 5 kr.
Herausgeber: Ernest Franieck.
Matt.
Redaktion und Administration
im Hauft „Bellevue“, Stefanspromenade.
Telephon-Nr. 59.
Inferate werden nur gegen Vorauszahlung an-
genommenu.kostet die 4spaltige Petitzeile o.
deren Uaum 6 kr. Pränumerationen u. Inserate
werden in der Köministration dieses Blattes
und in der Teihbibliothek „3 Tämmer“,
Warkt, bis um 2 Uhr achmittags
entgegengenommen.
Inserate übernehmen die Annoncenbureans Haasenstein & Vogler in Wien, Rudolf Mosse in Berlin und Wien und sämmtliche anderen Filialen dieser beiden
Firmen, sowie G. 9 Daube & Comp., Frankfurt c. M.
Unter den Angekommenen des gestrigen Tages befinden sich:
Herr Berthold von Ploetz, Hauptmann a. D. a. Döllingen,
(Prinz von Wales.)
Rabz. Merseburg
Herr W.'R. H. Märtin, Kaufmann mit Gemalin und
(Kolumbus.)
Sohn aus Newyork City
(3 Linden.)
Herr A. Lönnies, Kaufmann aus Stettin
Herr Clemens Jolles, Privatier a. Wien (Kaiser Wilhelm.)
Herr George Tolmidi aus Crajova (Hotel National.)
Herr Karl Pirl. Landwirth aus Michlberg a. d. Elbe
(Weißer Schwan.)
Herr Nicolai Alexandsen, Privatier mit Gemalin und Kind
(Stadt Annaberg.)
aus Bucarest
Herr Adalbert Albrecht, k. u. k. Oberstlieutenant im 6. Inf.“
Ramte. aus Budapest (k. u. k. Militär-Badehaus.)
Herr Wm. Bolton, Fabrikant aus Troy.
Herr Wm. S. Flack, Fabrikant aus Troy, V. St. v. N.-A.
(Hotel de Russie.)
Lemberg
Herr J. A. Baczewski. Fabriksbesitzer aus
Württemberg.)
(König von
Königsvilla.)
Prinzessin Maria Scherbatoff aus Rußland
Gensdarmerie-
Herr Karl Hildebrand, Major in der 6.
Fischer.)
Brigade aus Oppeln in pr. Schlesien
Herr Med.=Dr. Le Debrand und
Herr L. A. Sevrin, Banquier aus Paris (Feigenbaum.)
Vergnügungs-Anzeiger.
Etablissement Pupp: Konzert der Kurkapelle.
1. Für's Vaterland, Marsch a. d. Op. „Bettel-
student“ von Millöcker.
2. Ouverture z. Op. „Die Zauberflöte“ v. Mozart.
3. Die Vertrauten, Walzer von Waldteufel.
4. Erstes Finale d. Op. „Lohengrin“ v. R. Wagner.
5. Agnus Dei a. d. Manzoni-Messe von Verdi.
6. a) Entr'acte-Gavotte, b) Loin du bal, für Streich-
instrumente von Gillet.
7. Soldatenspiel, Polka von Joh. Strauß.
8. Reise durch Europa, Potpourri von Conradi.
Anfang 4 Uhr.
Theater: Unter der Direktion Emanuel Raul.
Der arme Jonathan. Operette in 3 Akten von
Hugo Wittmann und Julius Bauer. — Musik
von C. Millöcker.
Mister Vandergold ...... Josef Rust a. G.
Jonathan Tripp....... Rudolf Netsch.
Tobias Quicly, Impresario .. Anton Matscheg.
Cattalucci, Componist ..... Karl Femminger.
Brostoloni, Bassist......Carl Mailler.
Dr. Dryander, Professor .... Karl Friedheim.
Harriet, seine Nichte ...... Hansi Jerg.
Graf Nowalsky ........Adolf Rauch.
Arabella, seine Schwester.... Lisa Schleh.
Advokat ...... Albert Schwartz.
Holmes.
bedienstet bei... Josef Gilzinger.
Vandergold .... Anna Leonardi.
.... Hans Claar.
Inspektoren:
.... Friedrich Sieger.
Studentinnen.... Helene Falkenstein.
.... Marie Köck.
der
Universität .... Marie Gabler.
Boston.... Josefine Telona.
Cooper.
Diener bei Vandergold .... Josef Rieder.
Ein Sheriff...... Eduard Schenk.
Ein Hausbeamter ....... Peter Mentzl.
Ein Croupier ........ Hans Rieger.
Anfang halb 7 Uhr.
Grant,
Hunt,
Big.
Molly.)
Francois,)
Viktoire,
Billy.
Schießstand des k. k. priv. Schützen-Corps
an der neuen Bahnhofstraße,
ist täglich zur gefälligen Benützung geöffnet.
Gut eingeschossene Gewehre u. Pistolen stehen zur Verfügung.
Daselbst gute Restauration, luftige Speisesalons.
hübsche Garten-Anlagen.
Telegramme
des Correspondenz-Burean.
Wien, 17. Sept. Das durch Bukarester
Depeschen als im Schwarzen Meere gekentert be-
zeichnete Stations-Schiff in Konstantinopel „Taurus“
ist heute in Konstantinopel eingelaufen, womit die
Meldung von der Kenterung, die wahrscheinlich auf
einer Verwechslung beruht, von selbst sich dementirt.
Paris, 17. Sept. Heute Vormittags stießen
auf dem Bahnhofe in Andelot zwei Züge zusammen,
wobei zwei Reisende getödtet wurden und zwölf
Personen, darunter acht Bahnbedienstete, schwer ver-
letzt wurden.
Madrid, 17. Sept. Der Ministerrath nahm
den Entwurf des Kriegsministers betreffs um-
fassender Reformen der Organisation der Armee an.
Der Brandschaden am Alhambra-Palaste wird
auf fünfzig Tausend Piaster geschätzt.
Oderberg, 17. Sept. Der Kaiser Franz
Josef ist um halb 10 Uhr früh hier eingetroffen
und wurde vom Grafen Kalnocky, vom Landes-
präsidenten von Schlesien, von den Herren des
preußischen Ehrendienstes und den Spitzen der
Behörden unter stürmischen Hochrufen einer großen
Menschenmenge empfangen. — Der Kaiser trug
die preußische Oberst-Uniform und reiste, nachdem
er die Begrüßung der Erschienenen entgegenge-
nommen hatte, um 93/4 Uhr unter Pöllerschüssen
und brausenden Hochrufen weiter nach Breslau.
Herkulesbad, 17. Sept. Bei dem gestrigen
vom Minister Baroß den Festgästen gegebenen
Bankett trank der österreichische Handelsminister
Marquis de Bacquehem auf das Gedeihen des Ver-
kehrs und toastete auf das Wohl Ungarns. — Der
serbische Minister-Präsident Gruic erklärte: wir
scheiden als Freunde und ich wünsche eine glückliche
Beendigung des gemeinsamen Werkes. —
Liffabon, 17. Sept. Das Kabinet demissionirte;
Chrisostomo Abren wurde mit der Bildung des
neuen Kabinets betraut.
Badebulletin.
Komödianten-Latein.
Theatergeschichten von Victor Léon.
Komödiantenlatein — synonym mit „Jäger-
latein“, bekanntlich ein Idiom, in dem es der selige
Münchhausen zur größten Vollendung gebracht,
rangirt unter jene Kultursprachen, die, ohne sie ge-
lernt zu haben, von vielen Schauspielern gesprochen
wird. Man könnte sie eine individuelle Sprache
nennen, die jeder spricht, wie ihm der Schnabel
und der Kamm gewachsen, die aber in den ver-
schiedensten Mundarten von Jedermann verstanden,
wenn auch nicht geglaubt wird, wie nachfolgende
Histörchen, in dem erwähnten Komödiantenlatein
geschrieben, es beweisen werden.
Das Benefice.
„Es war in Steyr!“ erzählt der Held und
Liebhaber A., unter seinen Berufskollegen der
„Direktorenfeind“ genannt, da er noch jedem Direk-
tor, bei dem er engagirt gewesen, seine Heldenhand
in's Antlitz gedrückt, eine manuelle Beschäftigung,
die billigst mit 5 fl. taxirt wird. Kein österreichi-
sches Gericht kann's wohlfeiler thun. „Also — es
war in Steyr! Und daß ich mich nur recht er-
innere, an einem Donnerstag war's; der Direktor
hatte zu meinem Benefize „Die Räuber“ angesetzt.
Wer hat mich von Euch schon als Karl gesehen,
na, ich will mich nicht selbst loben! Der Krastl,
ich bin viel zu bescheiden, mich mit ihm zu ver-
gleichen, ist ein besserer Schauspieler als ich, aber
als Karl oder als Mortimer oder Ferdinand, über-
haupt in Schillerrollen bin ich ihm über. Das
sag' nicht ich, das sagt die Welt, notabene die vor-
urtheilsfreie Welt. Leider gibt's aber sehr wenig
Leute, die vorurtheilsfrei sind. — Die Vormittags-
probe zu meiner Benefize-Vorstellung war brillant
gegangen; Alle waren ausgezeichnet studiert, ich
habe die Regie geführt. Nur mit dem Charakter-
darsteller, der den Franz verzapfte, bin ich ein Bis-
chen über's Kreuz gekommen. Er hat fortwährend
markirt und kein lautes Wort ausgelassen, mit der
Ausrede, daß er heiser sei. — O, ich habe den
wackern Burschen durchblickt; er war mir nicht gut
gesinnt, weil ich ihm ein Mädel weggeschnappt
habe. Wie gern würde er mir das Benefize ver-
dorben haben, wenn er nicht den Franz gespielt
hätte; aber diese Rolle läßt er nicht aus. — Der
Vorverkauf war glänzend: 60 fl. waren bis Mittag
drinnen. Nachmittags, als ich im Kaffeehaus saß
und meinen Tapper machte, da sah ich bereits circa
ein Dutzend Kränze in's Theater tragen. Auf
einer prachtvollen Schleife stand sogar — das las
ich in der Eile — „Dem Sonnenthal von Steyr!
Seine glühende Verehrerin Anna.“ Dieser Kerl
von Intriguant hatte das auch gesehen und die
Anna war eben das Mädchen, das sich für mich
begeistert hat und in das er unglücklich verschossen.
war. Im Kaffeehause äußerte er sich zu dem
zweiten Liebhaber, der den Kosinsky spielte und der
mir auch nicht grün war, weil ich ihm das gute
Fach wegspielte, zu dem äußerte er: „Pass' auf,
heut' Abend gibt's noch eine Grand-Hetz!“ Das
wurde mir natürlich sofort hinterbracht. Aber ich
kenne ja jedes Komödiantengesindel (diese Art Schau-
spieler sprechen nämlich gewöhnlich in größter Hoch-
achtung von ihren Berufskollegen) —“o, ich kenne
sie Alle, Alle und ihre leeren Drohungen! Heut'
Abend wird's auch „aus“ werden!
Es schlägt 6 Uhr; wir gehen in's Theater.
Mein Platz in der Garderobe war aufgeputzt wie
ein Grab am Allerseelentag. Ich bin sonst kein
Gefühlsmensch, aber da sind mir die Thränen ge-
kommen — das hat mich aufrichtig gefreut und
gerührt. Wir ziehen uns an. Der Inspicient
gibt das erste Zeichen, das zweite Zeichen — Alles
war schon fertig in meiner Garderobe. Plötzlich
— es mochte ungefähr 10 Minuten vor 7 Uhr
sein — da stürzt der Direktor athemlos, bleich zu
mir, läßt sich auf einen Sessel fallen und wischt
sich den Angstschweiß von der Stirne.
„Was gibt's denn, Direktor?“ rief ich.
„Denken Sie sich, lieber Freund“ — stammelte
er — „das Haus ist bummvoll, keine Steckuadel
kann fallen — ausverkauft — Ueberzahlungen —“
„Na, und darüber jammern Sie?“
Feuilleton.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1890-09-18-n121_3645.jp2