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deutschen Kaisers mit allen oder doch fast allen deutschen Bundesfürsten oder Angehörigen derselben muß auf ihn eine bezaubernde, richtiger eine einen bösen Zauber lösende Wirkung ausüben. Das, was wir zwischen der in unserer Sage fortlebenden deutschen Kaiserherrlichkeit und dem jetzigen Er- scheinen des deutschen Kaisers erlebt, war nur ein böser Traum. Jetzt erwachen wir. Wir sehen den deutschen Kaiser, deutsche Fürsten, Deutsche in Wehr und Waffen, nicht um uns zu bekriegen, sondern um uns zu beschirmen. Wir sind selbst Deutsche! So etwa sagen sich die Elsässer, wenn auch vielleicht nicht laut, so doch in ihrem Innern. Kaiser Wilhelm erweckt eben durch sein Erscheinen die Stimme der Natur und erwirbt sich so ein Verdienst um die deutsche Nation und besonders auch um den wiedergewonnenen Bruderstamm. Aber der Kaiser erwirbt sich auch durch seine Anstrengungen im Reichslande einen Verdienst um den Frieden. Er zeigt zwar die mächtige deutsche Kriegswaffe dem auf Rache sinnenden Nachbar, und das sieht eher einer Herausforderung ähnlich. Dem ist jedoch nicht so. Gerade der greise Kaiser an der Spitze des kriegsgerüsteten Heeres besagt, diese Waffe soll nur gezückt werden, wenn die deutsche Nation herausgefordert wird. Der neunzig- jährige Greis fordert wahrlich nicht zum Kriege heraus. Außerdem ist, wenn man die Richtigkeit des si vis pacem, para bellum anerkennt, viel- leicht nichts so geeignet, den kriegslustigen Nachbar zum Frieden zu bewegen, als das Zeigen der mächtigen, tüchtigen und zum Gefecht klaren Waffe. Kaiser Wilhelm wird aber im Reichslande auch für sein Erscheinen belohnt werden. Der Anblick des sich erweiternden und verschönernden von dem letzten Kriege so schwer heimgesuchten Straßburg muß seinem Herzen wohlthun, da ja auch und gerade dem Kaiser, wie jedem Deutschen Straßburg, Straßburg, die wunderschöne Stadt an das Herz gewachsen ist. Kaiser Wilhelm wird aber dort auch finden, daß, seitdem er zum letztenmale 1879, da gewesen, der deutsche Einfluß sich be- deutend erweitert und in der Stadtverwaltung von Straßburg und Metz und auch sonst sich mit Nach- druck und Erfolg geltend gemacht. Im Reichslande gerade muß Kaiser Wilhelm fühlen, daß er als deutscher Fürst Großes geleistet, und wenn er die schlagfertige Armee, die geeinten deutschen Fürsten und die jubelnden Alt-Deutschen sieht und hört, wird ihm vielleicht ähnlich wie seinem vor hundert Jahren gestorbenen Ahn mit Bezug auf Schlesien das Wort entschweben? Die lassen sich Elsaß-Loth- ringen nicht wiedernehmen. Und wenn er dem Landvolk in die blauen Augen sieht und sonst Um- schau hält, kann er sich vielleicht sogar schon sagen Die Elsässer werden sich nicht wiedernehmen lassen.“ Der deutsche Bundesrath hat, wie vorauszusehen war, dem spanischen Handelsvertrag seine Zustimmung ertheilt. Die Vertretung des letzteren in dem am nächsten Donnerstag um zwei Uhr zusammentretenden Reichstage wird, wie man annimmt, in der Hauptsache der Staatssekretär des Aus- wärtigen Graf Herbert Bismarck zu übernehmen haben. Es werden demselben dabei erforderlichen Falls Vertreter der Finanz- und des Landwirthschafts-Ressorts zur Seite stehen. Es fragt sich nun, ob der Reichstag am Donners- tag beschlußfähig sein wird, in der Regel ist es der Reichs- tag in den ersten Tagen bisher nie gewesen. Die Präsi- dentenwahl, auch per Acclamation, kann aber nicht vor- genommen werden, wenn nicht erst die Anwesenheit einer beschlußfähigen Anzahl von Mitgliedern durch Namens- anfruf festgestellt ist. — Ueber London kommt uns die noch der Bestätigung bedürftige Nachricht, daß die Deutschen ein Protectorat über Crepi, ein Hinterland der deutschen Besitzungen an der Goldküste, hergestellt, das von den Häuptlingen bereits anerkannt ist, und Agotini annectirt haben. Saloga, noch tiefer im Binnenlande, soll dasselbe Schicksal theilen. Allgemeiner Deutscher Congreß zur Förderung überseeilcher Interessen. (Original-Bericht des „Karlsbader Badeblatt“.) Berlin, 13. September. Nachdem gestern im Ausstellungsparke die Begrüßung der Gäste stattgefunden, erklärte heute Vormittags 11 Uhr Herr Dr. Carl Peters den im Hauptsaale der Phil- harmonie tagenden Congreß für eröffnet. Das Präsidium ist gebildet aus Dr. Peters, Dr. Jannarsch, Vice-Admiral Livonius, sämmtlich in Berlin, v. Koceritz-Porto-Allegre, Prof. Wolff-Hermannstadt, Prof. Knoll-Prag und Graf Behr=Bandelin-Berlin. Der Congreß ist einberufen im Namen des Centralvereins für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande und der Ge- sellschaft für deutsche Colonisation. — Dr. Peters heißt die Versammelten im Namen dieser beiden Gesellschaften willkommen. (Der deutsche Colonialverein hat sich bekannt- lich von der Betheiligung ausgeschlossen.) Nicht politische Fragen sind es — so führte der Vorsitzende in seiner Er- öffnungsrede aus, — mit denen sich der allgemeine deutsche Congreß befassen will, sondern der wirthschaftlichen Entwickelung unseres Volksthums und der Stärkung des Gefühls der nationalen Zusammengehörigkeit soll die Aufmerksamkeit zugewendet werden. Dies sind von jeher zwei Aufgaben gewesen, die aus den Tiefen des Volks- bewußtseins anzufassen waren, sollte Gedeihliches erreicht werden. Die ruhmreichen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte bieten den Rückhalt, unserem Volksthume als solchem ein stärkeres Bewußtsein der Zusammengehörigkeit zu verleihen. Derartige Bewegungen regen sich heute in fast allen Culturvölkern der Erde. Im Gegensatz zu diesen jedoch, die mehr oder weniger politische Gestaltungen zum Ziele haben, verfolgt der allgemeine deutsche Congreß nur practische Zwecke, er will nur die Förderung von Inter- essen und dadurch neue friedliche Bande um Deutschland und seine Söhne schlingen. Diese großen Aufgaben kön- nen in dem Congreß nicht ihre Lösung finden, sondern nur den Anstoß zur Lösung. — Die förmliche Eröffnung des Congresses geschieht durch ein Hoch auf Kaiser Wilhelm. Dr. Jannasch erklärt hierauf im Namen des Central- vereins für Handelsgeographie seine volle Zustimmung zu den von Dr. Peters geäußerten Ansichten und verbreitet sich über den Zweck des Congresses. Zunächst ist er ein Symptom des öffentlichen Lebens. Er beweist den Geg- nern der colonialen Seite, daß ein kräftiger colonialpoli- tischer Zug im Volke herrscht und er leistet Positives für die Freunde der Colonialpolitik, indem er Ziele festsetzt, aus denen sich ein Programm kristallisiren soll; er soll weiter ein Executivorgan zur Ausführung dieses Programms schaffen, d. h. der allgemeine deutsche Congreß soll ein solches Executivorgan werden. Anschließend hieran gibt Dr. Peters eine Uebersicht über den gegenwärtigen Stand der deutschen Colonisation. Er constatirt Resultate, die in Anbetracht der kurzen Zeit, welche der deutschen Colonial- bewegung vergönnt war, um sich in festen Kristallisations- punkten zu consolidiren, recht achtungswerth zu nennen sind. Die Colonialpolitik des neunzehnten Jahrhunderts habe mit anderen Factoren zu rechnen, als die des sechzehnten, siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts. An Stelle mühelosen Gewinns ist der Ertrag harter Arbeit getreten. Dank den genialen staatsmännischen Blicken unserer leiten- den Staatsmänner weist die deutsche Colonialpolitik eine Verbindung privater Initiative mit vorsichtiger Deckung auf, welche für die Zukunft nur erfreuliche Per- spektiven eröffnet. Diese hoffnungsfreudige Auffassung unserer kolonialen Entwicklung begründet der Redner, indem er die Resultate der deutschen Kolonialentwicklung vorführt. Für das deutsche Südwest-Afrika haben sich zwei Gesellschaften ge- bildet, nämlich die Gesellschaft für deutsche Kolonisation in Südwest-Afrika und die deutsch-westafrikanische Kompagnie, die miteinander in ein Vertragsverhältniß getreten sind. Es kann eine Ausbeutungsfähigkeit nach zwei Richtungen hin festgestellt werden. Kupferbergwerks-Unternehmung und Viehwirtschaft, womit Handel im Kleinen zu verbinden, ren- tabel erscheinen. Die erstere Gesellschaft kümmert sich mehr um die Metallschätze, die Letztere um die eigentliche Besie- delungsthätigkeit. Eine reiche Kolonie ist doch aber keines- falls zu erwarten. Ganz anders sind die Verhältnisse in Kame- run, in Toyo, die vor allem alte Handelsgebiete sind. Hier hat infolgedessen das Reich selbst die Hoheit übernommen und einen Gouverneur eingesetzt. Neben der Handels- ausbeutung sind Plantagenversuche gemacht und zwar durch eine hamburger Gesellschaft, die jedoch günstige Re- sultate noch nicht erzielte. Die Tendenz zum Vorwärts- kommen ist unverkennbar vorhanden. Was die Südsee betrifft, so sind unsere dortigen Besitzungen ebenfalls das Resultat alter Handelsunternehmungen. Hier gehören die Hoheitsrechte einer Kompagnie, nach Vorbild der anglo- ostindischen; sie verzichtet auf eigenen Handelsbetrieb, unternimmt dafür aber Verwaltung und Plantagenaus- beutung. Es ist alles noch in den ersten Anfängen, die Kompagnie schafft zunächst die Anfänge geordneter Ver- waltung. Der Schwerpunkt wird demnächst wahrscheinlich vom Finsiehafen in Neuguinea nach Matasti auf Neu- britannien verlegt. Circa 25 Herren sind in dem Gebiete thätig. Im vollen Gegensatze dazu steht das deutsch-ostafri- kanische Unternehmen. Hier waren die Besitzergreifungen spontane Akte, nicht wie dort, an bestehende Verhältnisse angeknüpft. Haben unsere drei anderen Gebiete erst zu beweisen, was sie an Resultaten zu vieten im Stande sind, so haben wir in Ostafrika ein uraltes Handelsgebiet vor uns. (Araber, Portugiesen.) Sind Kamerun und Neuguinea ein wesentlich unbekanntes Terrain, so ist Zentral-Ostafrika nach allen Richtungen schon durchzogen. Ostafrika ist ein Handelsgebiet mit jährlichem Umsatz von circa 40 Millionen Mark. Daher mag der Entwickelungsgang hier anders sein, als in den Kolonien. Er muß schneller, die Aus- sichten müssen bedeutungsvoller sein. Die eigentliche Hoheit besitzt die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft, ein Theil ihres Gebietes steht unter Oberhoheit des Reiches. Alles in Allem umfaßt ihr Besitz ein Gebiet von 30,000 Quadrat- Meilen, d. h. Deutschland, Frankreich und Oesterreich zu- sammengenommen. Nach der Erwerbung kam die prak- tische Kolonisationsarbeit an die Reihe. Auf dem Fest- lande bestehen neun blühende Stationen; sie dienen land- wirthschaftlichen und Handelszwecken; auch militärische sind nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft hat festgestellt, daß das Klima durchaus nicht unzuträglich für Curopäer ist, daß der Boden alle unsere Gemüse, sowie vorzüglichen Tabak ernährt, und daß ein organisches Verhältniß zu den Eingeborenen hergestellt werden kann, die sich jetzt bereits zur Arbeit anbieten. Eine Besiedelung des Gebietes mit Deutschen wird wahrscheinlichmöglich sein. Es handelt sich um praktische Landwirthe mit genügend Kapital. Eine deutsch-ostafrikanische Plantagengesellschaft ist in Bildung begriffen, welche mit größeren Anlagen los- gehen wird. Ein eigener Dampfer mit Ausrüstung für drei Stationen trifft in diesen Tagen an der Comali-Küste ein. Alle diese Entwickelungen sind in erfreulicher Fort- bewegung begriffen. Als zweiter Redner spricht Dr. Otto Karsten in Berlin kurz über afrikanische Erfahrungen und lenkt die Aufmerksamkeit der ostafrikanischen Gesellschaft auf Süd- ost-Afrika. Hierauf macht Graf Pseil Vorschläge bezüglich der Erziehung der Neger zur Arbeit. Man müsse vor Allem die verschrobenen und überhumanen Anschauungen aufgeben. Durch Verzärtelung werde der Neger arbeitsunfähig. Der Kulturmensch habe das Recht vom Naturmenschen Arbeit zu fordern. Der Letztere müsse sich dem Ersteren assimiliren. Aber wie ist das zu erreichen? Vor allem ist eine gewisse Macht nothwendig. Man treffe ein Abkommen mit einem kriegerischen Häuptling, der die anderen nöthigenfalls mit den Waffen zur Arbeit zwingt. Die friedlichen Stämme werden sich dann lieber den Weißen unterwerfen als den grausamen Schwarzen sich ausliefern. Geschickt durchge- führt, habe diese Methode nie die Anwendung von Gewalt nöthig. Dabei gewinne man auch eine Kolonialtruppe, die gerade deshalb nöthig sei, um dem Neger die Noth- wendigkeit des Gehorsams beizubringen. Den jetzt leben- den Negern einen Drang zur Arbeit einpflanzen, könne nicht gelingen, man müsse auf die Zukunft vertrauen. Man müsse daher auch die Weiber zur Arbeit heranziehen, in deren Gefolge die Kinder stets seien. Diese würden dann instinktiv die Arbeit als etwas unvermeidliches betrachten lernen. Man soll die Neger in Lokationen theilen und ihnen eine Kopfsteuer auferlegen. Sind erst selbstständige Farmer in dem Kolonialgebiete, so kann jeder eine Anzahl schwarzer Familien übernehmen, die von der Kopfsteuer gegen Arbeitsleistung zu entbinden wären. So würde nie Arbeitsmangel herrschen. Ein wichtiger Faktor könnte die Mission werden, wenn sie mehr zum Arbeiten als zum Beten anhalten wolle, wenn sie den Schwarzen zuerst zu einem praktischen Handwerk anleiten wollte, statt Bibel- und Leseunterricht zu ertheilen. Ueberhaupt seien weiche Mittel nicht am Platze. Man emanzipire sich von dem Urtheil fremder Völker und überlasse ihnen ihre erfolglose Humanität. Die einzigen Erziehungsmittel beim Neger seien eine sich nie verläugnende Autorität und eiserne Konsequenz. Lokal- und Bäder-Nachrichten. (Das Waldfest), welches Sonntag Nachmittags und Abends im und nächst dem „Jägerhause“ stattfindet, verspricht in der That großartig zu werden. Das Interesse für dasselbe, welches Anfangs hinter gewissen Grenzen sich hielt, beginnt mit dem Herannahen des Tages zu wachsen und ein allgemeines zu werden und von überall her kommt man dem Comité in seinen Vorbereitungen entgegen, dieselben fördernd. So sind es besonders die Sammlungen für die Gewinne zum Bestkegelschieben, Kletterbaum, Gretelwerfen und für die Menagerie-Geschenke, dann von Viktualien und Eßwaaren, welche in reichen Gaben dem Unternehmen zufließen. Gestern Abend wurde das Detailprogramm entgiltig festgestellt, es ent- hält dasselbe eine lange Reihe von Nummern, die in reicher Ab- wechslung die vielseitigsten Amusements bieten. Mit der Herrichtung des Festplatzes ist man schon eifrig beschäftigt; die Einfriedung des ganzen Raumes ist fertig, die Buffets und Buschenschenken sind aufgestellt, die Verbindungs- treppen und das Musikpodium sind vollendet, kurz am Festplatz regt es sich bereits emsig, ebenso wie in den ver- schiedenen Sub-Comités des großen Festausschusses, welche die Beschlüsse desselben auszuführen haben. — Die Vereine, welche an dem Feste sich betheiligen, versammeln sich Sonntag vor zwei Uhr in der Mühlbrunn-Colonnade und begeben sich im Festzuge von da nach dem Jägerhause. Vom Hirschen- (Kaiser sprunge her wird ein historischer Jagdzug, Karl IV.) auf dem Festplatze seinen Einzug halten, wofür in der denselben ausführenden Gruppe eben die letzten Vorbereitungen getroffen werden. — Das Fest verspricht wie schon erwähnt, den besten Ausfall, wenn das Wetter des der
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