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Frankfurt a. M., 10. Juli. 251.—
Paris, 10. Juli. Rente von 106.97 auf 106.75,
zum Schluß 106.90.
Wien, 10. Juli. Wetterprognose der meteo-
rologischen Central-Anstalt für den 11. Juli:
„Trübung, vielfach Gewitter.“
Zu den Tandtagswahlen in Mähren und
Niederösterreich.
In den Kreisen der Verfassungspartei hat die Ernen-
nung des Grafen Vetter von der Lilie zum Landes-
hauptmann in Mähren und des Dr. Schrom zu dessen
Stellvertreter sehr verstimmt. Ersterer ist Mitglied der
Mittelpartei im mährischen Großgrundbesitze, gehörte im
Reichsrathe gar keiner Fraktion an, stimmte aber in allen
bedeutenden Fragen mit der slavisch-klerikalen Majorität.
Dr. Schrom ist Mitglied des czechischen Klubs und ge-
hört zu dessen Führern. —
Die Landtagswahl im niederösterreichischen Großgrund-
besitze ist güustiger ausgefallen, als man auf liberaler Seite
gehofft hatte, denn die von dem liberalen Wahlcomité auf-
gestellte Kandidatenliste ist mit einer einzigen Veränderung
welche jedoch politisch indifferent ist, weil statt eines libe-
ralen Kandidaten ein anderer Liberaler gewählt wurde,
durchgedrungen. — Allerdings gelangten auch die beiden
Kandidaten der Mittelpartei, die man mitzunehmen sich
verpflichtet hatte, mit in die Reihe der Gewählten.
Die Stellung Preußens und des Herzogs
Adolf von Nassau zur „Kuxemburger Frage.“
Noch immer wirbelt die Luxemburger Frage
viel Staub auf und dieselbe hat insofern mit der
Braunschweiger Erbfolgefrage eine gewisse Aehnlich-
keit, als in beiden Staaten Prinzen zur Erbfolge
berechtigt sind, welche durch den Krieg von 1866
depossedirt wurden. Wenn aber die Thronbestei-
gung des Herzogs von Cumberland eine — recht-
lich allerdings unzulässige — Verhinderung oder
einen Einspruch erfahren könnte durch die Lage
Braunschweigs innerhalb der politischen Machtsphäre
Preußens, so ist diese Befürchtung bei dem Herzog
Adolf von Nassau ganz und gar ausgeschlossen, da
Luxemburg politisch durchaus nach Westen gravitirt
und aus einem etwaigen preußisch deutschen Ein-
spruch alle möglichen staatsrechtlichen Fragen ent-
stehen könnten.
Was nun die Wünsche der Luxemburger Be-
völkerung, nach denen bisher sehr wenig gefragt
wurde, betrifft, so ist man in Luxemburg viel zu
sehr antipreußisch gesinnt, als daß es räthlich er-
scheinen dürfte, die Bevölkerung zum Anschluß an
Deutschland zu zwingen. Man hat in dieser Be-
ziehung mit dem Elsaß zu üble Erfahrungen ge-
macht und es fehlt jeder Anhalt dafür, daß die
Einwohner des Großherzogthums später einmal
ihre Gesinnung ändern und von selbst dem Wunsch
nach näherer Verbindung mit dem deutschen Bru-
derstamm kundgeben sollten. Wir können aus zu-
verlässigster Quelle versichern, daß man sich in
dieser Beziehung an maßgebender Stelle durchaus
keine Illusionen macht und keineswegs Verlangen
trägt, die in Schleswig, Polen und Elsaß-Lothrin-
gen gemachten Erfahrungen um eine neue zu be-
reichern. Politisch betrachtet ist eben jeder An-
schluß einer widerwilligen Bevölkerung ein Fehler,
der sich stets früher oder später bitter gerächt hat
und man wird bei der einstmaligen Thronbesteigung
des Herzogs Adolf von Nassau lediglich auf den
Standpunkt von 1867 beharren, von welchem aus
die Neutralisirung des Großherzogthums als die der
preußischen Regierung genehmste Lösung der „Luxem-
burger Frage“ betrachtet wurde und betrachtet
werden wird, gleichviel, wer die Luxemburger
regiert.
Lokal- und Bäder-Nachrichten.
(Vier Kurlisten.) Die letzten Tage brachten so
viele Gäste, daß gestern vier Nummern der Kurliste und
heute abermals vier Nummern ausgegeben werden mußten.
(Fräulein Gusti Zimmermann), die
zum Besuche hier weilende beliebte Soubrette der vor-
jährigen Saison, betritt heute als Gast die Bühne unseres
Stadttheaters und zwar als „Anina“ in der Operette
„Nacht in Venedig.“
(Kurorte in Oesterreich.) Einer statistischen
Zusammeustellung des Sanitäts-Departements im Mini-
sterium des Innern entnehmen wir, daß in Oesterreich
206 offiziell anerkannte Kurorte existiren. Dieselben waren
im Jahre 1883 von 150.650 Kurgästen besucht und zwar
von 98.340 Inländern und 52.310 Ausländern. Bezüg-
lich der Frequenz steht wie immer Karlsbad obenan mit
27.000 Kurgästen, sodann kommt Marienbad mit 15.210,
Baden mit 10.410, Teplitz 7560, Franzensbad mit 6940,
Gastein mit 6200, Ischl mit 5400, Ausee mit 4360,
Meran mit 4100, Vöslau mit 3840 und Gleichenberg
mit 3500 Kurgästen. Alle übrigen Kurorte haben weniger
wie 3500 Besucher aufzuweisen.
(Mineralwasser-Versandt.) Einer verglei-
chenden Statistik entnehmen wir: Es wurden aus Oesterreich
ausgeführt 1878 103,062 Meterzentner diverse Mineral-
wässer, dagegen 1883' 153,333 Meterzentner, daher 1883
Plus 50,271' Meterzentner. Eingeführt wurden 1878
18,068 Meterzentner, 1883 23,386 Meterzeutner, daher
1883 Plus 5318 Meterzentner. Unter den ausgeführten
Mineralwässern folgten der Rethe nach 1) Karlsbad, 2)
Franzensbad, 3) Gießhübl, dann Saidschützer, Ofener
Bitterwasser, Borszeker Säuerlinge, Gleichenberger, Rohit-
scher ꝛc. Unter den eingeführten Wässern nahm Selters-
wasser den ersten Rang ein.
(Sterbefall.) Im Schlosse zu Netluk bei Lobositz
ist am 4. d. Frau Bertha Baronin Mladota v. Solopisk,
Witwe des am 4. Jänner 1853 verstorbenen k. k. Kämme-
rers und Majors Baron Johann Mladota, im 77. Lebens-
jahre gestorben. Die Verblichene war am 9. April 1808
als Tochter des mecklenburg-schwerin'schen Kammerherrn
und Hofmarschalls Joachim Otto Ullrich von Lewetzow
geboren und war die Schwester der hochbetagten Besitzerin
von Trschiblitz, Ulrike von Lewetzow, der letzten Liebe
Goethe's.
(Die Autorschaft der Société de Berlin)
tritt wieder einmal in den Vordergrund des öffentlichen
Interesses und das Thema wird um so gieriger von allen
berufenen und unberufenen Kreisen aufgegriffen, als die
schreckliche ereignißlose Zeit im Anzuge ist und die Contro-
versen über jene seiner Zeit bis zum Ueberdruß durchge-
hechelte Angelegenheit eine dankbare und ergiebige pièce
de ésistance bieten. Die „Enthüllungen“, welche dies-
mal über die Autorschaft des „Pamphleis“ gegeben werden,
hüllen sich freilich in das Prunkgewand der Officiosität,
die mit den ministeriellen Kreisen in engem Kontakt stehen-
den „B. P. N.“ sind es, die nunmehr den Schleier der
Pseudonymität, der so lange über der sensationellen Schrift
lag, lüften. Die bisher angestellten Konjekturen bewegten
sich nach jenen neuen und offiziösen Enthüllungen auf we-
sentlich richtiger Fährte. Nach diesen Mittheilungen stammt
das Material zu der ganzen ersten Hälfte des Buches aus
vertraulichen Briefen des bekannten ehemaligen Vorlesers
der Kaiserin, Gerard, an den verstorbenen französischen
Staatsmann Léon Gambetta, welche die Erbin des litera-
rischen Nachlasses Gambetta's, Madame Adam, in Gam-
bettas Schreibtische vorfand. Die Charakterschilderungen
in dem Bliche hat die Feder eines elsässischen Hauslehrers
in einer russischen Familie, Namens Weiß, gezeichnet. Mit
der Uebermittelung der Weiß'schen Aufzeichnungen an Ma-
dame Adam befaßte sich die bekannte Frau v. Novikow,
indem sie dieselben jener Dame nach Paris überbrachte.
Madame Adam ihrerseits ließ sich unter Beihilfe des ehe-
maligen Legationssekretärs Otto v. Co6 die Vervollständi-
gung des Materials angelegen sein und gab dem Stoffe
die äußere stilistische Form, in welcher das Pamphlet so-
dann vor der Oeffentlichkeit erschien. Es ist nicht unmög-
lich, daß hinter den Koulissen noch andere Handlanger an
der Veröffentlichung betheiligt gewesen sind; als festgestellt
aber darf betrachtet werden, daß die oben genannten Per-
sönlichkeiten sich in die eigentliche Autorschaft des Pam-
phletes theilen.
(Prof. Rud. Virchow) veröffentlicht in
der „Nation“ einen ersten Artikel über die Cholera, in
welchem er darauf hinweist, daß es wegen der Behandlung
der Krankheit sehr wichtig war, zu entscheiden, obes
mit der sporatischen Cholera (ctolera nostras) oder mit
der wahren asiatischen Cholera zu thun habe. Die franzö-
sische Sanitätspolizei und auch die Pariser Regierung seien
in dieser Beziehung nicht richtig vorgegangen. Man brauchte
nicht erst den Baccillns aufzufinden, das alte Verfahren
der Diagnose hätte auch in Toulon ausreichen können. Dann
heißt es in dem Artikel wörtlich weiter: Bis jetzt ist kein
weiterer Beweis für die spezifische Natur des Cholerabaccillus
vorhanden, als daß er ausschließlich bei afiatischer Cholera
beobachtet worden ist. Der direkte Beweis, daß er der Ur-
heber der Cholerakontagion sei, konnte nicht erbracht werden,
weil es nicht gelungen ist, bei Thieren durch Einführung
des Baccillus Cholera zu erzeugen, und weil man begreif-
licherweise davor zurückscheut, das Experiment an Menschen
zu machen. Ob der Baccillus bei Chofera nostras nicht vor-
kommt, ist nicht entschieden. Unser Wissen über dieses Pflänz-
chen ist also noch nicht so weit gefördert, daß wir darauf
allein zuverlässige Schlüsse bauen könnten, am wenigsten so
weit, daß wir nunmehr ein ganz verändertes Verfahren
einschlagen müßten, wie manche Enthusiasten glauben. Es
ist in hohem Maße wahrscheinlich, daß der von Herrn Koch
gefundene Baccillus der Krankheitskeim ist, aber es wird
doch noch mancher Ergänzung des Wissens bedürfen, ehe
die Sanitätspolizei dahin kommt, nur mit ihm zu rechnen.
Die Delegirten des französischen Ministers haben sich denn
auch endlich, wiewohl sie den Baccillus nicht gesehen haben,
dahin erklärt, daß in Toulon die asiatische Cholera ausge-
brochen ist Ich hatte dasselbe schon einige Tage vorher
im Reichstage behauptet, obwohl ich keinen der Fälle ge-
sehen hatte; ich schloß das aus dem Gange der Erkran-
kungen oder, sagen wir sofort, der Epidemie, welche deutlich
erkennen ließ, daß es sich nicht um das zufällige Erkranken
einer Mehrzahl von Personen aus örtlichen Schädlichkeiten,
sondern um die Weiterverbreitung einer kontagiösen Seuche
handelt. Darüber scheint ja nun auch alle Welt einig zu
sein, abgesehen von einzelnen Aerzten in Toulon und Paris.
welche sich der Hypothese von der Cholera nostras etwas
zu warm angenommen hatten. Die französischen Delegirten
sagen jetzt, es sei eine milde Form der asiatischen Cholera.
Wir wollen es hoffen. Es fehlt in der That nicht an
Beispielen, daß die Cholera, auch wenn sie eingeschleppt
war, sich an gewissen Orten nicht zu einer Epidemie, oder
nur zu einer kleinen und bald vorübergehenden entwickelt
hat. Wir haben solche Beispiele in Berlin wiederholt ge-
habt, so 1852, 1854, 1857, 1859. Indeß Niemand ist bis
jetzt im Stande, mit Sicherheit vorherzusagen, ob eine
Einschleppung nur vereinzelte Erkrankungen und keine Epi-
demie hervorrufen werde und ob die Epidemie, nachdem
sie entstanden ist, schwer oder milde werden wird. Daher
muß ich dringend warnen, den recht angenehmen Trost,
der uns von Paris gespendet wird, nicht zu ernst zu neh-
men und sich dadurch einschläfern zu lassen. Sicher werden
wir erst sein, wenn die Erkrankungen in Toulon, Mar-
seille und so weiter gänzlich aufgehört haben, und wenn
Europa wieder frei von Cholera ist.
und Hummer in Remoulade nur noch belegte Butter-
brode vor, dieweil routinirte Reisende schon Alles
durch vorherige Bestellung weggeschnappt haben.
Oder wir wollen im Coupé für Nichtraucher schnell
die Wäsche wechseln während der Durchfahrt durch
einen stockfinstern, scheinbar endlos langen Tunnel
und während wir eben glücklich das alte Oberhemd
abgestreift haben und das frische über den Kopf
stülpen wollen, schießt der Zug schon heraus in die
Helligkeit und ein sechsstimmiger weiblicher Ent-
setzensschrei, wie er der Wolter keine Schande ma-
chen würde, nebst ebenso vielen Ohnmachten über-
zeugen uns, daß wir den Reisekatechismus nicht
inne haben, daß wir nur Dilettanten des Reisens
sind!
„So was kommt vor,“ singt Thomas, aber
es wird noch hundert- und tausendmal vorkommen
und ich könnte noch hundert und tausend solcher
„oder“ anführen, wenn man nicht den Reisekomfort
durch ein praktisches Buch mit genauen Regeln der
Reisekunst der Allgemeinheit anstatt jetzt einigen
Eisenbahnhabitué's zugänglich macht. Verhungert,
verschlafen, verschämt, gequetscht, gerädert und ge-
räuchert für all' sein schweres Geld am Bestim-
mungsort ausgeladen zu werden, kann nicht „Rei-
sen“ im schönen Sinne des Wortes genannt wer-
den, wir wollen uns heimisch fühlen im Waggon
und dazu gehört eine gewisse Anleitung.
Nochmals, an einem Katechismus fehlt es, der
ungefähr folgende Regeln enthält: „Willst Du auf
österreichischen Bahnen ungestört schlafen, oder auf
der Hochzeitsreise mit Deinem Lieb' die Bevorzu-
gung eines isolirten Coupés genießen oder Dich
sonstiger nur durch die Gefälligkeit des Schaffners
zu erreichender Annehmlichkeiten theilhaftig machen,
so versieh' Dich mit guten Cigarren, — österrei-
chische Schaffner sind fast durchweg passionirte
Raucher. Zu gleichem Zweck brauchst Du auf
italienischen Bahnen Cirescheine, auf russischen Wutki
und Primtabak, auf schwedischen und lapländischen
Thran“ u. s. f. mit Grazie in infinitum. Ferner
unter Kapitel Toilettenwechsel: „Die Durchfahrt
durch den X. Tunnel dauert zwanzig Minuten, man
halte Strümpfe und Hemden bereit, die Durch-
fahrt durch den Y. Tunnel nur zehn Minuten —
man kann während derselben nur einen frischen
Halskragen umbinden.“
Ein in dieser wahrhaft praktischen Weise ab-
gefaßtes Reisehandbüchlein wäre ein wahrer Schatz
für unsere sommerlichen Völkerwanderer und ich
hoffe, daß meine Winke die Anregung geben wer-
den zu Werken wie „Das A B C des Reisens“
oder „Der Reisende, wie er sein soll“ von Odysseus
redivivus.“
EIESSHÜ
MATTONf-
SAUERBRUNN
bestes lisch- und Erfrischungsgetränk,
Vorräthig in jedem Hause.
Als Trinkwasser beim Kurgebrauche ärztlicherseits
bestens empfohlen
Trinkhalle „Merkur“, Marktbrunn.
Einheitliche Staatsschuld in Noten .
Einheitliche Staatsschuld in Silber
Oesterr. Goldrente....
.....
Noten-Rente
Aktien der österr.=ungar. Bank
Kreditaktien
..........
20-Francs-Stücke
K. k. Münz-Ducaten
Deutsche Reichsbanknoten ...
Condon
alkalischer
81.50
102.85
95.75
853
30050
121.90
9.671/.
5.76
58.60
Teinster
80.35
Wiener Börse vom 10. Juli 1884.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1884-07-11-n62_1330.jp2