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Paris, 12. Mai. Rente 108.17; Tendenz
fest, auf die Nachricht von der Unterzeichnung des
Vertrages mit China.
London, 12. Mai. Consols 101.68.
Wien, 12. Mai. Wetterprognose der meteo-
rologischen Central-Anstalt: „Rühig, heiter, Wärme
constant.“
Der Kampf um das Sozialisten-Gesetz.
Berlin, 10. Mai.
Das eigenthümliche Schicksal, welches das Sozialisten-
gesetz bisher gehabt, hat es auch während der Debatte ver-
folgt und wird es vielleicht auch noch eine Zeit lang ver-
folgen. Denn nicht nur, daß man heute, am dritten Tage
der Debatte, keine Ahnung hat, was die für gestern schon
und für heute gewiß erwartete Abstimmung für ein Re-
sultat bringen wird, man meint sogar, daß, wenn heute
eine Ablehnung nicht erfolgt, die Annahme noch keineswegs
eine definitive sein werde. Wenn nicht zwischen Lipp' und
Kelchesrand, d. h. zwischen der zweiten und dritten Lesung
etwas für das Centrum abfällt, kann die heute angenom-
mene Vorlage in dritter Lesung abgelehnt werden.
Was die zweite Berathung speziell anbetrifft, so hat
sie Viele sehr enttäuscht. Der erste Tag der Debatte war
geradezu langweilig; die einzige Rede von Bedeutung
hatte der Führer der freisinnigen Fraktion gehalten, Herr
von Stauffenberg, der die Ablehnung befürwortete, weil
das Gesetz nur kurze Zeit hatte in Kraft sein sollen und
sich nicht bewährt habe, ja schädlich wirke. Herr Windthorst
trieb mit seinem Antrag wenn auch nicht praktische so doch
theoretische Kirchenpolitik. Er machte die Regierung, die
mit ihrem schroffen „Ja oder Nein“ mehr Wahl- als So-
zialpolitik treibe, für die etwaige Ablehnung des Gesetzes
verantwortlich.
Bei Weitem interessanter war ja allerdings der zweite
Tag der Debatte. Aber auch er brachte wider Erwarten
nicht nur keine Entscheidung, sondern es war am Schluß
wie zu Beginn der Debatte, auch unmöglich auf die Frage:
„Wie steht's?“ irgend eine befriedigende Antwort zu geben.
Es war auch verhältnißmäßig wenig von der Sozialdemo-
kratie die Rede. Fürst Bismarck, der zwei lange Reden
hielt und noch sonst mehrmals das Wort ergriff, bekämpfte
fortwährend und mit großem Nachdruck die Fortschritts-
partei, der er alle ihr mit Recht oder Unrecht zugeschrie-
benen Sünden von vor 1866 an vorhielt, worauf natürlich
Abgeordneter Eugen Richter den Liberalismus vertheidigte.
Es war vom Welfenfonds- und vom Unfallgesetz, von der
Erstehung des Königreichs Hannover, von den Diäten u. s. w.
und dann auch gelegentlich einmal vom Sozialistengesetz
die Rede. Aber wer die Bismarck'sche erste Rede gehört
und gelesen ohne auf die zweite zu warten, der würde nicht
nur eine falsche, sondern sogar eine gefährliche Vorstellung
von den Zielen des Reichskanzlers erhalten haben. In
seiner ersten Rede beispielsweise erkannte der Reichskanzler
„das Recht auf Arbeit“ an und als Herr Engen Richter
auf die Gefährlichkeit dieses Prinzips, das schon zu Bür-
gerkämpfen geführt, hinwies, blieb zwar Fürst Bismarck
dabei, daß er das Recht auf Arbeit anerkenne, aber es
stellte sich heraus, daß, was der Reichskanzler unter „Recht
auf Arbeit“ versteht, das englische Recht auf das — Ar-
beitshaus sei, das Recht auch, vom Staate zu verlangen,
daß er in außerordentlichen Nothfällen (Ueberschwemmun-
gen u. s. w.) für Arbeiten sorge. Doch gehen wir speziell
auf die Sozialistengesetzdebatte des zweiten Tages zurück.;
Abg. Richter betonte, das Sozialistengesetz, das von
neun Zehnteln für ein Gesetz gegen Attentate gehalten
werde, verhüte keine Attentate, wie das beabsichtigte und
nur durch das Wetter verhütete Attentat am Niederwald
beweise, bei dem zudem im Gegensatze zu den früheren
Attentaten ein Komplot vorgelegen habe. Die sozialistische
Bewegung in Berlin sei nie so intensiv gewesen, wie gerade
jetzt. Die sozialistische Presse freilich sei verschwunden, aber
das sei kein Vortheil; denn gerade sie habe in Folge der
zwischen den Führern herrschenden Eifersucht über die Vor-
gänge in der Partei Licht verschafft. Gegen Parteien könne
man nicht mit Ausnahmegesetzen vorgehen. Zudem werde
die Sozialdemokratie gefördert durch den Staatssozialismus,
die Latifundien und Majoratswirthschaft, den Wildschaden
u. s. w. Minister v. Puttkamer fragte den Vorredner,
der auf das Dynamitgesetz hingewiesen hatte, ob er glaube,
daß durch das Dynamitgesetz das Sozialistengesetz über-
flüssig werde? Eines müsse im Gegentheil das andere er-
gänzen. Unbestreitbar sei durch das Sozialistengesetz ein
vor 1878 nicht gekannter Zustand der Beruhigung in die
Gemüther zurückgekehrt. Der Anarchismus sei nicht, wie
Herr v. Stauffenberg meint, eine Folge des Sozialisten-
gesetzes, sondern eine Folge der Sozialdemokratie. Das
Gesetz müsse ohne jede Abschwächung angenommen werden.
Fürst Bismarck ist gleichfalls der Ansicht, daß das Dyna-
mitgesetz das Sozialistengesetz nicht überflüssig mache; ersteres
treffe nicht die allgemeine Gefahr, in die der ruhige Bürger
durch die Sozialdemokratie kommen. Wenn das Gesetz
abgelehnt würde, dann würde der Reichstag aufgelöst und
am 10. August wiederzusammentreten. Bei der Gelegen-
heit sei noch erwähnt, daß der Reichskanzler wiederholt an
das Land die dringende Aufforderung richtete, keinen fort-
schrittlichen Abgeordneten zu wählen.
Was sonst noch am zweiten Tage der Debatte gespro-
chen wurde, war wohl interessant, manchmal hochinteressant,
stand aber mit der Vorlage in keinem oder nur in losestem
Zusammenhange. Auf dieselben einzugehen ist nicht Sache
dieses Berichts über die Sozialistendebatte.
Der dritte Tag der Berathung war gleichfalls lang-
weilig. Am interessantesten war die Episode, die von
Herrn Hasenclever herbeigeführt wurde, der nämlich den
Fürsten beim Wort nehmen (beim „mißverstandenen“ näm-
lich) wollte und einen Antrag auf Anerkennung des „Rechts
auf Arbeit“ einbrachte, nach einer energischen Erklärung des
Abgeordneten Windthorst aber zurückzog. Herr Windthorst
sah sich auch veranlaßt, seine sämmtlichen Anträge, obschon
einige in der Spezialberathung angenommen waren, zurück
zu ziehen, worauf um halb 5 Uhr des dritten Berathungs-
tages die Verlängerung des Sozialistengesetzes mit 189
gegen 157 Stimmen genehmigt wurde. — Windthorst bei-
läufig stimmte gegen die Vorlage.
Lokal- und Bäder-Nachrichten.
(Trauer-Gottesdienst.) Gestern Vormittag
10 Uhr fand in der Dekanalkirche ein feierlicher Trauer-
gottesdienst aus Anlaß des Ablebens der Kaiserin Maria
Anna statt, welchen Dechant Herr P. Dohner unter
Assistenz celebrirte und dem eine zahlreiche, die Kirche
in allen ihren Räumen füllende Menschenmenge bei-
wohnte. Es nahmen an der Todtenfeier Theil zahlreiche
zur Kur hier weilende Dignitäre und Angehörige der
hohen Aristokratie, an deren Spitze die Prinzen Rohan
und Lobkowitz, dann der hiesige Regierungs-Vertreter
Herr Bezirkshauptmann v. Sternfeld mit den Vorständen der
hiesigen kaiserlichen Behörden und den Beamlen derselben,
der Militärbadehaus- und Stations Commandant Herr
Major Kilian mit den zur Kur hier weilenden k. k.
Offizieren, Herr Bürgermeister Knoll mit dem Stadt-
rathe und dem Stadtverordneten-Kollegium, die Lehrkörper
der beiden hiesigen Volks- und der Bürgerschule und
viele Andere. — Das uniformirte Schützen-Korps, der
Veteranen-Verein und das Rettungs-Corps waren
zur Feier in Parade ausgerückt und bildeten Spalier durch
die Kirche von dem vor dem Hochaltare errichteten Castrum
an bis zum Hauptportale. Vom Kirchen-Chore wurde das
Requiem des verstorbenen Karlsbader Musikdirektors
Josef Labitzky zu Aufführung gebracht. — Nach dem
Gottesdienste verfügten sich die Stadtvertretung, die Lehr-
körper und die oben genannten Vereine zur k. k. Bezirks-
hauptmannschaft um daselbst dem Herrn Bezirkshauptmann
die Bitte vorzutragen, derselbe möge von dem Ausdruck der
Trauer der Bewohnerschaft Karlsbads an den Allerhöchsten
Thron berichten.
(Friedrich Spielhagen), der getreue Stammgast
Karlsbads, ist zum Kurgebrauche eingetroffen und hat, wie
alljährlich, im Hause „gold. Harfe“ Wohnung genommen.
(Der zur Kur hier anwesende) rühmlichst
bekannte deutsche Schauspieler Friedrich Haase, hat
sich mit Unterbrechung seiner Kur am Samstag nach Wies-
baden begeben. Herr Haase wird nach vorhergehenden
Proben dreimal vor Sr. Majestät dem deutschen Kaiser
auftreten und dann seine Kur hier fortsetzen und beendigen.
Dies Gastspiel war seit längerer Zeit verabredet.
(Der Statthalter von Galizien) begibt sich
zu mehrwöchentlichem Kurgebrauche nach Karlsbad.
(Erste Reunion.) Wie wir erfahren, findet die
erste dießjährige Tanz-Reunion im Kurhause am Samstag
den 24. Mai statt.
(Franzensbader 5.proz. Hypothekar-An-
leihe von 1879.) — Die Allg. deutsche Creditanstalt in
Leipzig macht bekannt, daß die im April gezogenen Obliga-
tionen dieser Anleihe: Nr. 165, 300, 438, 497, 531, 593,
661, 876, 909, 957, 1100, 1105, 1115, 1266 und 1296
vom 30. Juni l. J. anfangend, entweder bei der Stadt-
kasse in Franzensbad oder bei der Creditanstalt in Leipzig
ausgezahlt werden.
(Marienbad.) Prinz Friedrich Karl von Preußen
ist zu mehrwöchentlichem Kuraufenthalt hier eingetroffen.
(In Ischl) rechnet man auf eine gute Saison, da die
tägliche Ankunft von Wohnungssuchenden dies erwarten
läßt. Der Centralausschuß des niederösterreichischen Alpen-
vereines hat einen ganz erheblichen Betrag für dringende
Wegeverbesserungen in Ischl, St. Wolfgang, Hallstadt und
Gosau an die Section Salzkammergut zur freien Ver-
fügung übermittelt. — Der neue Heilquellenverein in Goisern
hat den Bau des Bade-Etablissements um den Betrag von
9000 fl. vereinbart und begonnen. — Ferner hat kaiserlicher
Rath Herr Dr. Wiener die im Besitze des Göß gewesene,
an der Esplanade befindliche Villa sammt Garten (früher
„Villa Perko“) käuflich an sich gebracht, um dieselbe in
eine den neuesten Auforderungen entsprechende Kaltwasser-
Heilanstalt umzuwandeln.
einer duftenden Havanna unsere Tasse Kaffee mit
Wohlbehagen schlürften.
Das Konzert war zu Ende und was nun?
fuhr uns Beiden zugleich aus dem Munde. Ins
Theater schlug ich vor. — Was bei der Hitze in
den Schwitzkasten?
Nein Bruder, so sehr ich Suppé und seine
prickelnden chansons liebe und verehre, allein an
diesem Götterabend zwei Stunden im Theater sitzen,
das wäre, gelinde gesagt, Selbstmord.
Was würdest Du aber thun, wenn Du z. B.
Referent eines Blattes wärst und über die Vor-
stellung rezensiren müßtest.
Hm! dann würde ich die Redaktion ersuchen
in den Spalten „Theater“ einzuschalten: Nachdem
unser stehender Referent über das Theater, welcher
der gestrigen Vorstellung vom Anfang bis zum
Ende beigewohnt hatte, in Folge der wahrhaft
tropischen Hitze, die da herrschte, beim Verlassen des
Theaters von einer Ohnmacht befallen wurde und
noch heute erkrankt ist, müssen wir eine Besprechung
über das Stück bis zu einer Reprise desselben ver-
schieben. Doch tröste Dich lieber Junge, dieses
Unglück wird mich nie treffen, denn ich schreibe
lieber sechs Leitartikel über die Unparteilichkeit ir-
gend eines politischen Wochenblattes als eine Theater-
rezeusion.
Dochweg mit all dem literarisch-politischem Kram.
Komm laß uns auf gut Glück weiter bum-
meln, vielleicht finden wir am Wege irgendwo einen
Garten, wo ein frisch vom Zapfen kredenztes Glas
Bier zu bekommen ist.
Wir wanderten die Parkstraße entlang und
weiter hinaus ins Grüne. Da erschallte auf einmal
der Ruf „Alle Neune“ und darauf diverse Hoch-
rufe. Was ist das? frug mein Freund. Das ist
„Klein-Versailles“, eine Gartenwirthschaft mit einer
Kegelbahn.
Aber lieber Bruder, wozu in die Ferne schweifen,
liegt das Gute doch so nah“ rezitirte mein alter
Freund Jambenreiter. In wenigen Minuten saßen
wir an einem Tische und delectirten uns an einem
frischen guten Glase Karlsbader Lagerbier, unbe-
kümmert um die Zukunftsfrage der Brau-Commune.
Als wir am Heimwege durch die Sprudelgasse
gingen, stieß mich mein Freund leicht an und mit
dem Wiener Kalauer „Habn's kan Türk'n g'seg'n?
wies er auf einen kleinen Laden mit dem Finger
hin —
Ein in schreiend rothen Farben im türkisch-
persischen etwas ramponirtem Kostüm mit dem
obligaten Fez bekleideter Mann stand vor der
Ladenthüre und rauchte eine Cigarrette.
Glaubst Du, daß dessen dunkelbraune Ge-
sichtsfarbe echt ist, fragte mein Freund. Wer
weiß das? erwiederte ich.
Na, Salemalaikum, scherzte mein Freund und
reichte mir die Hand zum Abschied.
Einheitliche Staatsschuld in Noten ..
Einheitliche Staatsschuld in Silber
Oesterr, Goldrente
Noten-Rente .
Aktien der österr.=ungar. Bank .
Kreditaktien.
...........
20-Francs-Stücke ..
K. k. Münz-Ducaten
Deutsche Reichsbanknoten .
London
Treinster
alkalischer
8085
81.50
101.50
996.25
854
321.10
121.60
9.641/2
5.73
58.50
SAUERBRUNN
bestes Tisch- und Erfrischungsgetränk,
Vorräthig in jedem Hause.
Als Trinkwasser beim Kurgebrauche ärztlicherseits
bestens empfohlen
Trinkhalle „Merkur“, Marktbrunn.
Wiener Börse vom 12. Mai 1884.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1884-05-13-n11_0270.jp2