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Während sich an den Ufern der
Seine das erhabene Schauspiel geistigen
Wettkampfes, der seinen Ausdruck vor
wenigen Tagen in Eröffnung der Welt-
ausstellung in prägnantester Weise er-
hielt — abspielt: scheint es, als ob die
seit Jahr und Tag glühende Kriegslohe
im Osten immer neuen und grösseren
Brand entfachen wollte.
In der That, die Chancen für die
Hoffnung auf Erhaltung des Friedens
sind heute gleich Null. Ein Blick in
die russischen Pressorgane belehrt uns
hierüber nur allzudeutlich. So sagen
die „St. Petersburger Wiedomosti“ unter
dem 2. d. M., „dass es für Russland
heute ein Ding absoluter Unmöglichkeit
sei, nach dem es einmal so weit vor-
gegangen, irgend einen Rückweg auch
nur zu finden! Den Würfelbecher
habe man so lange in der Hand gehabt,
dass jetzt die Würfel auch fallen müs-
sen!“ Das ist doch deutlich, und ent-
spricht in Wirklichkeit der Situation.
England wird sich heute, nachdem es
einmal so deutlich an sein Schwert ge-
schlagen, durch keinerlei Zusagen
mehr beschwichtigen lassen, schon aus
dem Grunde, weil jedes diplomatische
Pacisciren den künftigen Krieg eo ipso
in sich tragen müsste, und weil das
einmal erregte britische Nationalgefühl
sich durchaus nicht, wie vielleicht an-
derswo, auf Commando urplötzlich ein-
dämmen lässt. Was daher immer von
Unterhandlungen, Zugeständnissen u. s. w.
in den letzten Stunden mitgetheilt
wurde, bedeutet nur die Sucht Zeit
zu gewinnen, und bilden alle diese
Transactionen weiter nichts, als weitere
Etappen für den künftigen Entschei-
dungskrieg. Ja, selbst die Erkrankung
Bismarks will uns als ein Symptom
gescheiterter Friedenshoffnung erschei-
nen. Die starke Faust des eisernen
Kanzlers hatte bekanntermassen in der
letzten Zeit eine Vermittlung der beiden
Gegner versucht. Es scheint aber —
nach allem, was man wahrnimmt —
ohne Glück, wenigstens bei dem bri-
tischen Löwen, und, um ein Fiasko
nicht vor aller Welt einzugestehen, kam
im günstigsten Augenblicke eine Krank-
heit, die es erlaubte, den Faden aus
der Hand zu geben; denn: Grandeur
oblige.
Politische Rundschau.
Carisbaq, 3. Mai.
Nach den allerletzten Nachrichten
aus Petersburg und London wäre die
Situation eine feindlichere und sei dies
vorzüglich dem Einflusse Deutschland's
zuzuschreiben. Ob diesen Symptomen
zu trauen, wird die Zukunft lehren.
Das neueste Ereigniss unserer
Politik soll die angeblich befohlene
Mobilisirung eines Armeecorps von
25,000 Mann unter dem Commando
des Generals Philippovic sein, was als
ein Zeichen der demnächstigen Occu-
pation Bosniens gedeutet wird. —
Petersburger Nachrichten melden, dass
an Stelle Gortschakoffs Valujew treten
solle, während von anderen Quellen die
Berufung Ignatieffs zum russischen
Reichskanzler bevorstehend wäre. —
Aus Rom liegt die Meldung vor, der
ehemalige Erzbischof Melchers von
Köln soll einen vom Papst hiezu desig-
nirten Comité von Kardinälen ein Ex-
posé über den Stand der kirchlichen
Verhältnisse in Deutschland unterbreitet
haben. —
Qurörtliche nachrichten.
(Posthof-Conzerte.) Morgen Nach-
mittags 4 Uhr nehmen die Concerte der Cur-
capelfe im Posthote ihren Anfang. Di selben
sind seit einer langen Reihe von Jahren schon
das beliebteste Rende zvous der Musikfreunde
und Gönner unserer wackeren Curcapelle und
werden es auch voraussichtlich im heu-
rigen Jahre wieder sein. Wir werden morgen
das erste Progr»mm des Eröffnungsconzertes
unseren Lesern mittheilen und wänrend der
Saison den Productionen der Capelle stets
unsere Aufmerksamkeit widmen, weil wir über-
zeugt sind, dass der weitaus“
grösste Theil
des Badepublikums dieselbe
mit Vorliebe
besucht.
(Das „Kind Otto!“) In einem Badeorte,
der just nicht weit von Karlsbad entfernt ist)
erschien, wie das Mädchen aus der Fremde,
mit jeder neuen Saison eine Dame, welche
sich stets in der stereotypen Weisè: „Frau
N. N. mit Kind Otto“ in die Liste eintrug.
Das gieng nun so fort, ein Jahr nach dem
anderen: Das Kind Gtto blieb eben Kind
Otto? Da fiel es vor Kurzem einem allzu Neu-
gierigen ein, einmal sich nach der Mutter mit
dem perenirenden Kinde „Otto“ genauer um-
zusehen, — und siehe da, das Kind Otto ent-
puppte sich dem erstaunten Forscher gegen-
über als wohl gewachsenes, längst militär-
pflichtiges, schnurbarttragendes ebé von
nicht oehiger denn zwanzig Jahren;
In competenten Kreisen wurde ob dieser Ent-
deckung die Frage aufgeworfen, ob die Mutter
des„Kindes Oεto“ nicht für die „gewissen
Kinderjahre“ die fällige Kurtaxe nachträglich
zu zahlen hätte. Vederemo!
(Verlobung.) Stroussberg's älteste
Tochter hat sich, verlässlichen Nachrichten
zufolge, mit einem Grafen Kleist aus Pommern
erlobt.
Bescheidene Anfrage.
Der Gefertigte, welcher schon seit Jahren
ein treuer Besücher Karlsbad's ist, erlaubt
sich die bescheidene Anfrage an den Herrn
Besitzer der Villa „Lutzowt zu stellen, wes-
halb gerade heuer von den rings um den
schönen Bau angebrachten Broncefiguren eine
der schönsten — die Figur des Stieres
nter einem Futteral e sich verbirgt. Jedem
Freunde schöner plastischer Werke muss diese
Thatsache, für welche man sich keinen ge-
nügenden Grund anzugeben weiss, frappiren
und würde der Herr Besitzer den bescheidenen
Anfrager sehr verbinden, wenn er eine freund-
liche Aufklärung zu geben sich entschlösse.
Ein alter Curgast.
Wiener Börse vom 4. Mai 1878.
Eipnensiche Staatsschusd In Noten
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3.81
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Getrühte Hoffnungen.
3. Mai.
Der vorgestrige Abend brachte uns Lau-
be's „Essex. Leider war — was wir schon
neulich zu beklagen hatten — auch diesmal
das Haus beinahe leer. Um so mehr ist der
Fleiss und Eiter zu loben, den beinahe alle
Darsteller auf die Reproduction ihrer Par-
thien verwendeten. „Essex“ (Hr. Barti) hatte
seine Rolle geistig aufgefasst, fein durchdacht
und wusste durch sein gelungenes Spiel das
Publicum zu lebhaftem Beifalfe zu erwärmen.
Dasselbe gilt von der Elisabeth (Fr. Bart.),
die in einigen Stellen wahrhaft mustergiltig
war. Auch Lady Rutland (Frl. Wald) hatte
einige sehr glückliche Momente, was aber
durchaus nicht von Jonathan (Hr. Carl) gilt,
der, wie beinahe immer, in Uebertreibung das
möglichste leistete, und' aus dem treuen, aber
schwachen Haushofmeister, eine widerlich
lächerliche Figurmachte.
Das „Carlsbader Badeblatt“
erscheint Montag Morgens blos
in der Stärke eines Viertelbogens,
was wir hiemit dem P. T. Publicum
mit dem Bemerken zur Kenntniss brin-
gen, dass unser Blatt hier das ein-
zige ist, das am Montage die De-
peschen und neuesten politi-
schen Nachrichten veröffent-
licht. — Annoncen für die Montags-
nummer werden stets bis spätestens
Sonntag früh erbeten.
Die Administration des
Carlsbader Badeblatt.
Eisenbahn-Verkehr in Carlsbad.
Kar sbad- (Komotau-Prag) ab 10.47 Vorm.-
11.03 Nachts
Karlsbad (Komotau) ab 5.15 Früh“)
5.12 Nachm.
(Prag-Komotau) Karlsbad an 4.55 Früh
3.42 Nachm.“)
(Komotau)-Karlsbad an 10.27 Vorm.“
9.35 Abds.
α) Anschluss nach Teplitz. ) Anschlussn Tepliti
Karlsbad-Eger.
Karlsbad ab 510 Früh. Eger an 6.50 Früh
„ 10.42 Vorm.„ 12.43 Nchm.
52 Nchm.
„ 5,30
Eger-Karlsbad.
Eger ab 8.45 Vorm. Karisbad an 10.32 Vorm.
2.30 Nachm.
452 Nchm.
9.10 Abds.
10.53 Nchts.
Die eibogner Localbahn verkehrt von der
Station Elbogen aus im Anschlusse an alle
Züge der Buschtehrader Bahn zwischen Eger-
Karlsbad
Theater- und Kunstnachrichten.
Zur gefälligen Beachtung!
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1878-05-05-n5_0140.jp2