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22. November 1900
„Karlsbader Badeblatt“ Nr. 266
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Personal und Karlsbad ist um eine Stufe weiter
verwenzelt. Wir haben genug deutsche Arbeitskräfte.
die unterzubringen sind und wir danken entschieden
für jeden tschechischen Zuzug.
(Gegen den Kohlenwucher.) Die Stadt-
vertretung von Asch hat in der Frage der Kohlen-
theuerung folgende Entschließung gefasst: Angesichts
der ins Maßlose und Unerschwingliche gesteigerten
Kohlenpreise sah sich die Gemeindevertretung der
Stadt in der Sitzung am 8. November zu folgen-
der Entschließung veranlasst: „Die Kohlenpreise
haben durch den von den Werkbesitzern und Groß-
händlern in der unverschämtesten Weise betriebenen
Kohlenwucher eine Höhe erreicht, die für Jedermann
in gleichem Maße drückend ist. Im nordwestlichen
Böhmen sind durch fortgesetzten Ankauf von Kohlen-
werken die Kohlengewinnung und der Verkauf zu
einem förmlichen Monopole in den Händen einzelner
geworden. Falls die Erwerbung von Schurfbe-
willigungen für Private auch fernerhin der weitest-
gehenden Specnlation überlassen bleibt, ist überhaupt
an eine Hintanhaltung dieser schamlosen Ausbeutung
nicht zu denken. An die Regierung ergeht deshalb
die Bitte, schleunigst im gesetzlichen Wege, eventuell
durch Abänderung des bestehenden Bergbaugesetzes,
die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Ge-
sammtbevölkerung vor der willkürlichen und schranken-
losen Preisbestimmung für dieses zum täglichen Ge-
brauche unentbehrliche Naturproduct zu schützen.“
(Volkszählung 1900.) Die nächste Volks-
zählung wird bekanntlich nach dem Stande vom
31. December l. J. vorgenommen werden. Da bei
dieser Zählung das Alter und die Zuständigkeit jeder
Person genau verzeichnet werden muss, wird gesetz-
lich gefordert, sich bis zu diesem Zeitpunkte mit Tauf-
oder Geburts- sowie Heimatsscheinen (beziehungs-
weise Arbeits- oder Dienstbotenbüchern oder Legiti-
mationskarten) zu versehen, welche den Zählungs-
commissären, beziehungsweise in den Gemeinden, wo
mittelst Anzeige-Zetteln gezählt wird, den contro-
lierenden Gemeindeorganen auf ihr Verlangen vor-
zuweisen sind. Insbesondere werden die Herren
Hauseigenthümer, Familienväter und Arbeitgeber
dafür Sorge zu tragen haben, daſs den Zählungs-
commissären, beziehungsweise Gemeindeorganen genaue
und verlässliche Daten über Alter und Zuständig-
keit der Hausbewohner, Familienangehörigen und
Bediensteten gegeben werden können.
(Zehn-Kronen-Banknoten.) Nach den
bisherigen Dispositionen sollen die neuen Banknoten
zu 10 Kronen im Feber 1901 in den Verkehr ge-
bracht werden. Der Umlauf dieser Noten ist im
Höchstbetrage von 160 Millionen Kronen festgesetzt.
Die Bedeckung erfolgt durch Gelderläge der beider-
seitigen Regierungen bei der österreichisch-ungarischen
Bank. Die neuen Banknoten sind zunächst dazu be-
stimmt, die Staatsnoten zu fünf Gulden zu ersetzen.
(Unser Brennmateria!), sofern es zu den
festen, fossilen gerechnet wird, zeigt bekanntlich verschiedene
Heizkraft. Es ist demnach nicht gleich, wofür man beim
Heizmaterial sein Geld verausgabt. Die größere oder
geringere Heizkraft bestimmt aber auch die Preise. Was
die Entstehung der festen fossilen Brennstoffe betrifft,
die wir der Erde entnehmen, so neigen die Gelehrten
immer mehr zu der Annahme hin, daſs die Steinkohle
ihrer Eigenart, den Umwälzugen, die sich unter der Erd-
rinde vollziehen, verdankt. Die Steinkohle, so nimmt
man an, entsteht aus jedem beliebigen Pflanzenmaterial,
sobald die zu ihrer Bildung nöthigen äußeren Bedingun-
gen, als Wasser, Druck und Hitze vorhanden sind. Die
Braunkohle hingegen, die jüngeren Datums als die Stein-
kohle ist, soll bei gewöhnlicher Temperatur aus jedem
Stück Holz, das in die Tiefe der Erdrinde versenkt wird,
entstehen können, da sie ihre Consistenz den mineralischen
Ueberlagerungen des Bodens verdankt. Sie besitzt er-
fahrungsgemäß auch weniger Heizkraft als jene, greift
aber auch bei dauerndem Gebrauch die Kachelöfen weni-
ger als die Steinkohle an. Torf ist ein minderwertiges
Brennmaterial im Vergleich zu den andern. Er entsteht
aus den Wurzeln der Pflanzen und hat daher eine ge-
wisse Aehnlichkeit mit der Braunkohle, aber durchaus
nibt soviel Heizkraft. Auch entwickelt sich beim Torf-
brennen meist ein wenig angenehmer Geruch, der bei
unvorsichtigem Hantieren in der Küche sogar den Speisen
anhaften kann, so daſs manches Essen merklich nach Torf
schmeckt, namentlich, wo man in den eisernen Röhren der
Stubenöfen kocht. Bei Torffeuerung muss man auf recht
feste und vor Allem auf recht trockene Ware erster Güte
beim Einkauf halten, denn nasser, loser Torf ist wenig
wert. Aus der Braunkohle preist man Brennmaterial,
das man als Presskohle (Briquetts) seit einigen Jahr-
zeonten kennt. Bei Verwendung von reinem, gutem
Material sind Briquetts empfehlenswert, unter Zusatz
von allerlei nicht brennbaren Stoffen als Lehm, Erde
u. A. m. ist jedes dafür angelegte Geldstück zuviel ge-
zahlt denn diese Schundware verstopft Ofenzüge und
Schornsteine und verschlechtert die Stubenlust in gesund-
heitsschädlicher Weise. Deshalb kann man bei Press-
kohlen, wie bei manchen anderen Consumartikel, sagen,
sie seien eine Vertrauenssache. Man thut gut, dieses
Brennmaterial noch mehr als jedes andere von einer
Handlung zu beziehen, die auf Renommée hält und
solches auch durch gute Lieferung verdient.
Fischern, 20. Nov. [E.-B.] (Verschiedene
Klagen.) Daſs man bei uns etwas einseitig vorgeht,
beweist, dass Bedürfnisse, ja sogar dringender Natur,
ganz und gar unberücksichtigt gelassen werden. Schon
im Sommer wurden Stimmen laut, warum gerade am
oberen Ende der Lastenstraße, längs dem Buschtiehrader
Eisenbahnabgabemagazin keine Einfriedung hergestellt
wird. Es würden dazu gewiſs nur einige Balken noth-
wendig sein, nachdem die nöthigen Verbindungssteine
bereits vorhanden sind, um jedem eventuellen Unfall vor-
zubeugen. Wie bekannt, sind die Abhänge an dem er-
wähnten Straßentheil liemlich steil, außerdem häufen
sich die Fuhrwerke mitunter colossal an, die sogar ganz
ohne Aufsicht dastehen, und würden da einmal Pferde
scheuen, was durch das Pfeifen und Signalisieren der
Locomotiven sehr leicht möglich sein dürfte, so wäre das
größte Unglück zu erwarten, denn jedenfalls würden Pferde
und Wagen über die Böschung hinablollern. Aber auch
die längs dieser abschüssigen Straße angrenzenden Häuser
würden dabei nicht ganz unversehrt bleiben. Uebrigens
wird diese mit wenig Mitteln herzustellende Einfriedung
auch zur Verschönerung unserer Stadt etwas beitragen.
— Nachdem uns nun gerade das Wort Verschönerung
entschlüpft ist, wollen wir hiebei noch etwas erwähnen.
Wir hatten Gelegenheit, die Gespräche in der vorjährigen
Cursaison zweier Fremden zu belauschen, die sich nicht
genug wundern konnten, wie unfreundlich der Anblick
vom Buschtiehrader Bahnhof bis zur Egerbrücke ist.
Man betrachte nur den Bellevueweg, wie stiefmütterlich
dieser behandelt wird und kein Wunder, wenn nicht un-
zähligemale Ankommende stürzten und beinahe Hals und
Beine brachen; ohne Stock ist es da fast unmöglich zu
gehen. — Zum Schlusse können wir aber auch nicht unter-
lassen, über das lästige, jeden Menschen auf das Aergste
reizende, muthwillige Staubaufwirbeln etwas zu schreiben.
—- Dieser fleißige, pflichttreue Straßenkehrer, dem
nebenbei bemerkt, wohl nicht mehr Verstand beizumessen
ist, putzte in der größten Sommerhitze die Straßenüber-
gänge fast spiegelblank, ohne darauf zu achten, daſs nicht
blos er, sondern auch jeder Vorübergehende fast ersticken
muſste. Wenn schon diese Uebergänge gereinigt werden
müssen, so kann man diesem Lamm wohl die Instruction
geben, das Kehren unmittelbar nach dem Paisieren des
Sprengwagens vorzunehmen.
Teylitz, 20. Nov. [E. B.] (Verschiedenes.
Das zweite philharmonische Concert im Vereinshausel
unter Mitwirkung des Concertsängers Arthur v. Eweyk
und Claviervirtuosen Mayer-Mahr findet am 26. d. M.
statt. — Während sich die Wahlbewegung für den Land-
gemeindenbezirk Teplitz-Brüx-Saaz durch den jetzt auf-
gestellten fortschrittlichen Candidaten Ulbl aus Mekolik
als Gegencandidat Kittl's sehr lebhaft gestalten wird, zu-
mal auch der Socialist Mezdera mit einiger Aussicht auf
den Plan tritt, hört man noch immer nichts in unserem
Städtebezirke von einem Candidaten fortschrittlicher Rich-
tung, obwohl derselbe schon am 14. d. M. nominiert sein
sollte. In Eichwald haben sich die Deutschen zusammen-
gefunden, weil sowohl in der IV., als auch V. Curie die
Socialisten Aussicht auf Erfolg haben. — Die Gesammt-
zahl der Verunglückten im Plutoschachte beträgt 34 Per-
sonen. — Nunmehr ist der gefürchtete Ein- und Aus-
brecher, welcher den frechen Raub beim Uhrmacher Hammer
verübte und auch Kirchenräuber war, ausgeforscht worden.
sagte uns ferner, daß er für die 300 fl. Kostgeld
jeden seiner Geistlichen nichts anders zu Mittag
ihnen geben kann, als Suppe, Rindfleisch, eine Zu-
speis, und einen Braten; abends Suppe, und eine
übrig gebliebene Speise von Mittag. Bier wäre
ihnen erlaubt nach Belieben zu trinken, und Wein
bekäme jeder 1 Seidl zum Mittag- und do. zum
Abendmahl. Der Superior und seine hier wohnende
untergebene Geistlichkeit haben täglich Messe zu lesen,
und die Seelsorge, ohne Predigten, zu betreiben:
die seelsorglichen Functionen müssen sie unentgeld-
lich verrichten; denn hier ist keine Stola. In einem
anderen geistl. Hause wohnen die kurfürstl. Beicht-
väter, und die Hofprediger, welche jährl. 600 Thaler,
das ist 900 fl. und viele andere Emolumenten haben.
So lang der Hof durch den Sommer in Pilnitz
ist, bleiben diese auch dort. Ueber alle katholische
Geistliche ist der H. P. Herz Vicarius Apostolicus,
der zugleich des Kurfürsten Beichtvater ist, und im
ganzen Lande im großen Ansehen steht. Wir em-
pfahlen uns, Sales gieng nach Haus, und ich in
die Komödie.
Als eben Sales von der Burg vorbei gieng,
sah er viele bespannte Wägen dort stehen; denn
gerade sollte der Hof wieder nach Pilnitz fahren:
er stellte sich nahe an ersten Wagen, und erwartete
die höchsten Herrschaften. Der Kurfürst kam: er
hatte ein rothes mit Gold gestücktes Kleid, eine
weiße Vestie deto, rothe Beinkleider, weiße Strümpfe
an, über das Kleid ein blau und weißes Band, und
einige große Orden: im Wagen zog er einen blauen
Polison an, der mit Gold bordirt war: er saß sich
rechts im Wagen: die Kurfürstinn mit einem großen
schwarzen Hut, einer langen schwarzen Saloupe,
welche der Graf Merkolini Obersthofkämmerer an
seinem Arm bis zum Wagen führete, saß zur linken
Seite — der Wagen war aufgeschlagen und offen.
Es ritten 3 Bereiter voraus, und an Wagen waren
6 lüftige Falben mit schwarzen Streifen gespannt.
Im zweyten 6spännigen Wagen fuhren der
Graf Merkolini, und des Kurfürstens General-
adjutant. Im dritten 6spännigen Wagen saßen die
Prinzessinn Marianna in einem schwarzen Hut,
einem langen schwarzen Saloupe, und der Prinz
Maximilian in einem blauen Kleid mit Gold ge-
stückt: dann giengs mit der kleinen Prinzessinn, mit
den Hofdamen, Kammerfrauen, und übriger Hof-
staat in 6- und 4 spännigen Wägen weiter fort.
Sales gieng also nach Haus, und schickte den
Lohnlaquai zum H. Inspector Quittager, ließ um
die Bestimmung einer Stunde bitten auf morgigen
Tag das grüne Gewölb zu sehen. Die Stunde
wurde auf morgen früh halb 10 Uhr festgesetzt.
In dieses Gewölb, wo die kurfürstl. Schatzkammer
und die Pretiosa sind, werden nie mehr als 6 Per-
sonen hineingelassen. Heißt bishero noch grünes
Gewölb, weil die Schatzkammer ehehin in einem
Gewölbe aufbewahret war, welches grün angestrichen
gewesen. Ich gieng durch die Neustadt einer Volks-
menge nach vor das schwarze Thor, davon noch eine
halbe Stunde weit in einem Garten das Theater steht.
(Fortsetzung folgt.)
Volkswirtschaftliches.
(Die Generalversammlung der Waffen-
fabriksgesellschaft in Steyr) genehmigte die
Anträge des Verwaltungsrathes auf Vertheilung einer
Dividende von 10 K ver Actie. Dotierung des Reserve-
sondes mit 252.000 K, Bezahlung der 10 percentigen
Tantièmen per 70388 K an die Verwaltungsräthe und
Beamten, Vertheilung einer Superdividende von 2 K per
Actie und Vortrag von 20.143 K auf das Gewinstconto
des laufenden Geschäftsjahres. Die ausscheidenden Ver-
waltungsräthe Beyer und Demmer wurden wiedergewählt,
und die Cooptierung des Dr. Friedrich Manlicher in den
Verwaltungsrath genehmigt.
(Die Actiengesellschaft der Oesterreichi-
schen Fezfabriken) hielt heute die erste ordentliche
Generalversammlung ab. Das erste Betriebsjahr ergab
nach Vornahme von Abschreibungen und Reservestel-
lungen einen Reingewinn von 290·255 K 71 h, woraus
eine Dividende von 4 Prozent gezahlt wird, so daſs der
erste Coupon mit 16 Kronen zur Einlösung gelangt.
(Der Concurs) wurde eröffnet vom k. k. Kreis-
gerichte in Ingbunzlau über das Vermögen des Otto
Koliha, Müller in Trautenau. Gläubigertagfahrt 1. De-
cember, Anmeldungsfrist 29. December, Liquidierungs-
tagfahrt 4. Jänner 1901. Massaverwalter Dr. Rudolf
Jirowsly, Advocat in Trautenau. — Vom k. k. Kreis-
gerichte in Visek über das Vermögen der Johanna Dauba
in Wolin. Gläubigertagfahrt 29. November, Anmeldungs-
frist 30. December, Liquidierungstagfahrt 11. Jänner
1901, Massaverwalter Dr. Horzica, Adpocat in Trautenan.
Vomf.k. Kreisgerichte in Piljen über das Gesammt-
vermögen der Verlassenschaft nach Herrn Josef Kosika,
Uhrmacher in Rotytzan. Massaverwalter Herr D. Rudolf
Katz, Advocat in Rotytzan. Die Gläubigertagfahrt wurde
auf den 28. November, die Anmeldungsfrist bis zum
31. December, die Liquidationstagfahrt auf den 15. Jänner
1901 anberaumt.
(Insolvenzen. ) Der Prager Creditorenverein
veröffentlicht nachstehende Insolvenzen: Kompasz Janos
es Tarsa, Handelsfirma in Maros-Ludas, Anna Mor-
stadt, Zwirnhändlerin in Prag, Gerstengasse (Concurs).
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1900-11-22-n266_6045.jp2