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Selte 2
„Karlsbader Badeblatt“ Nr. 232
12. October 1900
Local-Nachrichten.
(Personalnachrichten.) Unter den letzt-
angekommenen Kurgästen befinden sich: Herr Lieute-
nant Otto Graf von Königsmarck aus Berlin
(„Mirabell)“; Ihre Excellenz Freifrau von Lilien-
cron aus St. Johanniskloster Schleswig („Goldene
Krone“); Herr Stuhlrichter Thomas Malonyay
von Kismalonya aus Varanno („Hotel Para-
dies); Herr Hofrichter Bela von Szalay aus
Töke-Terebes („Hotel Paradies.“)
(Personales.) Vorgestern soll der neu-
ernannte Probst von Maria-Kulm P. Josef Berg-
mann feierlich in seinem neuen Wirkungskreis
installiert worden sein.
(Personales.) An Stelle des nach Pilsen
versetzten k. k. Steueramtsadjunkten Herrn Ladis-
laus Wohlmann wurde der k. k. Steueramtsadjunkt
Herr Eduard Fischer von Aussig hieher versetzt.
— Der k. k. Steueramtspractikant Herr Carl Stark
wurde in gleicher Eigenschaft an das k. k. Steuer-
amt Mies versetzt.
(Zur Wahlbewegung.) Wie wir bereits
gemeldet, finden die Wahlmännerwahlen in der all-
gemeinen Wählerclasse am 21. November l. J. in
Karlsbad statt. Zu wählen sind 24 Wahlmänner.
Die Stunde des Anfanges der Wahlhandlung ist
auf 7 Uhr vormittags und die Stunde des Schlusses
der Stimmengebung auf 5 Uhr nachmittags fest-
gesetzt. Von 1-2 Uhr hat eine Pause in der
Stimmenabgabe einzutreten. Als Wahllocal ist der
große Kurhaussaal bestimmt. (Zugang über
die Haupttreppe.) — Am Stadthause wird gegen-
wärtig fieberhaft an der Zusammenstellung der
Wählerlisten gearbeitet und hofft man nächste Woche
mit allen Curien fertig zu sein. Infolge der Per-
sonal-Einkommensteuer, laut welcher Jedermann
wahlberechtigt ist, der vier Gulden Steuer
zahlt und auch das Wahlrecht ausübt, wenn er die
Steuer noch nicht bezahlt hat, sind eine große An-
zahl Wähler der vierten Curie zugewachsen. Alle
Wähler der vierten Curie wählen aber auch
in der fünften Curie; sie wählen also zweimal,
worauf wir besonders aufmerksam machen. Wer
einen Wahlzettel der vierten Curie (4 fl. Steuer-
leistung) in Händen hat, kann auch sein Wahlrecht
in der fünften allgemeinen Curie ausüben. In
Karlsbad gibt es heuer in der Städtecurie (IV. Curie)
1837 Wähler; diese wählen nun auch in der all-
gemeinen Curie, so daſs diese letztere Classe 4000
Von den 425 Ab-
Wähler umfassen wird. —
geordneten, aus denen das österreichische Parlament
besteht, werden 172 indirect gewählt. Diese
172 Abgeordneten sind 116 Abgeordnete der Land-
gemeinden mit 1,348.560 Wählern und 56 Ab-
geordnete der allgemeinen Wählerclasse mit 4,061.112
Wählern. Insgesammt üben ihr Wahlrecht in-
direct 5,409.672 Wähler aus. — Direct werden
wohl 253 Abgeordnete gewählt, doch kommen weit
weniger Wähler in Betracht. Es sind das 85 Ab-
Anwesenden, vom Erzherzog bis zum letzten Kammer-
lakaien, nur mit Mühe den lauten Ausbruch ihrer
Heiterkeit zurückhalten können. Sie lachen still,
Nassr-Eddin lacht laut, und nachdem er früher eine
gelungene Nachahmung der Geberde des Halsab-
schneidens geliefert hatte, sticht er jetzt mit der
Säbelspitze nach dem Unterleib des in immer größere
Angst gerathenden Khans. Auch der Stich war nur
markiert, aber der Khan scheint traurige Vorbilder
vor sich gehabt zu haben, denn er retiriert immer
weiter, wobei er die Hände halb flehend, halb ab-
wehrend vorstreckt. Die Scene ist des Pinsels eines
Hogarth würdig. Ringsumher ein Erzherzog, Mi-
nister, Generäle und sonstige Staatswürdenträger;
alle vor verhaltenem Lachen schier berstend, und vor
ihnen ein asiatischer Fürst, starrend von Brillanten,
der seinen Majordomus mit dem Säbel — kitzelt.
Jetzt führt der Schah mit der flachen Klinge einen
Hieb nach den, nebenbei bemerkt, spindeldürren Beinen
des Khan, der das eine Bein aufhebt und mit tragi-
komischer Miene zurückhüpft, während Nassr-Eddin
unter unbändigem Lachen den Säbel endlich zurück-
gibt. Nachdem sich die persische Majestät dermaßen
amüsiert hatte, brachte sie dem Schlussdefilieren der
Husaren nur weniges Interesse entgegen. Länger
noch als die Pester werden sich übrigens die Be-
wohner eines bekannten Plattensee-Bades an Schah
Muzaffer-Eddin erinnern, denn dort gab es seinet-
wegen vor einigen Tagen einen heillosen Rummel.
geordnete des Großgrundbesitzes mit 5280 Wählern,
21 Abgeordnete der Handelskammer mit 591 Wählern,
118 Abgeordnete der Städte mit 394.196 Wählern,
8 Abgeordnete der Landgemeinden Niederösterreichs
mit 104411 Wählern, 5 Abgeordnete der Land-
gemeinden Krains mit 37688 Wählern, 16 Ab-
geordnete der allgemeinen Wählerclasse mit 957.105
Wählern. Insgesammt werden also zur directen
Wahl berufen 1,499.271 Wähler.
(Der Karlsbader Musikverein) wird
wahrscheinlich seine Thätigkeit sistieren müssen, denn
durch die Resignation fast sämmtlicher Ausschufs-
mitglieder und hauptsächlich durch den Rücktritt des
Herrn Alois Janetschek dürfte es schwer halten,
die geeigneten Männer zu finden, welche sich selbstlos
der Führung dieses eines
der ältesten Vereine an-
nehmen. Es ist dies sehr zu bedauern. Besonders
in den letzten Jahren hat der Verein eine sehr leb-
hafte Thätigkeit entfaltet und mehrere schöne Con-
certe bewiesen seine Leistungsfähigkeit. Wie man
uns mittheilt, ist die Krisis in keinen persönlichen
Motiven, sondern vielmehr in einer gewissen Amts-
müdigkeit der Ausschuſsmitglieder zu suchen. — Der
Verein hat eine ähnliche Krisis bereits schon einmal
durchgemacht, ohne daran zu Grunde zu gehen, er
wird auch die gegenwärtige glücklich überstehen.
Damals gelang die Sanierung durch Eintreten des
Herrn Alois Janetschek. — Hat man aber den
Verein wieder einmal flott gemacht, so wird man
darauf zu sehen haben, den musikalischen Leiter voll-
ständig vom Ausschusse unabhängig zu machen und
man wird sich auch dazu entschließen müssen, den
musikalischen Dirigenten durch eine Remuneration
entsprechend schadlos zu halten. Die gegenwärtige
ausgebreitete, zeitraubende Vereinsthätigkeit gestattet
nicht mehr, daſs man zu Gunsten derselben seine
Berufspflichten verabsäumt.
(Volksbücherei.) Die Volksbücherei wird
am 20. d. M. wieder geöffnet. Die Mitglieder
des vorigen Jahres, welche die Bücherei wieder be-
nützen wollen, werden ersucht, ihre Mitgliedskarten
schon am 18. oder 19. d. M. am Schalter der
Bücherei in der Zeit von 6—7 Uhr abends in
Empfang nehmen zu wollen. Die Ausleihestunden
bleiben dieselben, wie im Vorjahre: Von 11 bis
12 Uhr mittags und von 6—8 Uhr abends an
Werktagen, von 11—12 Uhr mittags an Sonn-
und Feiertagen. Ein Supplement Catalog, der un-
gefähr 500 Bände verzeichnet, welche im Laufe des
Jahres angeschafft wurden, wird zur Ausgabe ge-
langen. — Die Freilesehalle wird am 15. November
eröffnet.
(Die Bauarbeiten) am Moorerdemagazin,
nämlich Aufsetzung eines Stockwerkes, haben am
Montag begonnen. Die Arbeiten führt bekanntlich
Herr Baumeister Waldert durch und wurden die
Kosten mit 62.900 K bemessen. Hierzu werden
inclus. der Spenden der Sparcasse 50.553 K aus
dem heurigen Budget bezahlt, der Rest ins nächst-
jährige Budget eingestellt. — Ueber die Eröffnung
An den Badearzt langte aus Budapest ein Tele-
gramm an, welches lautete:
„Schah kommt mit dem 3 Uhr-Zuge an.“
Darob Aufruhr im ganzen Orte. Fräcke,
weiße Handschuhe, weiße Halsbinden und Cylinder
werden hervorgesucht und feierlich angelegt, der Bahn-
hof in aller Eile mit Topfpflanzen und Blumen-
guirlanden geschmückt, die Kurkapelle faſst auf dem
Bahnhofe Posto, um die asiatische Majestät mit
einem persischen Marsch zu empfangen, als aber der
3 Uhr-Zug in die Station dampft, entsteigt nur
ein kleines, dürres Männchen mit einem noch kleinern
Handkofferchen einem Coupé III. Classe.
„Sie sind doch nicht der Schah?“ apostrophiert
der Ortsvorsteher enttäuscht den Ankommenden.
„Gott bewahre!“ entgegnete dieser. „Ich komme
nur, um dem Herrn Doctor die von demselben bei
mir in Pest bestellten Bandagen persönlich abzu-
liefern und habe ihn von meiner Ankunft bereits
telegraphisch benachrichtigt. Hier meine Karte!“
Auf dieser stand in zierlicher Mediaeval-Cursiv-
schrift zu lesen:
der Volksküche, die überhaupt anfänglich als Suppen-
fond gedacht ist, verlautet heute noch nichts
Definitives. Das Betriebscapital besteht vorläufig
aus dem Fond des Wandererclub per 14.000 K
in Obligationen und 3500 K Sparcassegeldern.
Der Wandererclub, der die Initiative zur Schaffung
einer Volksküche gegeben, dürfte sich wohl auch um
die Inbetriebsetzung derselben annehmen.
(Neues Postamt.) Das Postamt in
Meyerhöfen wird am Montag eröffnet. Im
Interesse der dortigen Bevölkerung und auch im
Interesse der Rennbahn ist diese Neuerung nur zu
begrüßen.
(Gewerbliche Fortbildungsschule)
Das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht
in Wien hat der gewerblichen Fortbildungsschule zu
Karlsbad für das Jahr 1900 eine Subvention von
3100 K (300 K mehr als im Vorjahre) zuge-
sprochen. — Die gewerbliche Fortbildungsschule ist,
wie im Vorjahre, so auch heuer, besonders in den
unteren Classen, überfüllt, obzwar noch mehrere
Meister ihre Lehrlinge überhaupt noch nicht zur
Anmeldung gesendet haben. Gegen dieselben wird
nach Mittheilung des Leiters in den nächsten Tagen
die Anzeige erstattet werden. Der Schulbesuch ist
außerordentlich gut.
(Zur Frage der Einberufung der
Landtage) erhält „Slowo Polskie“, wie aus
Lemberg felegraphiert wird, aus unterrichteten Kreisen
die Mittheilung, die Regierung sei in Angelegenheit
der Einberufung der Landtage bisher zu keinem
Entschlusse gelangt, da die diesbezüglichen Unter-
handlungen, insbesondere mit den Tschechen, noch in
Schwebe seien. Die Regierung wünsche zunächst,
die Landtage zu einer kurzen dreitägigen Session
behufs Erledigung des Budgetprovisoriums ein-
beeufen. —
(Ueber natürliche Mineralwässer.)
Die Frage der Bezeichnung von natürlichen Mineral-
wässern, welche Zusätze erhalten haben, ist eine
noch offene. Man pflegt auch diesen Wässern den
Zusatz „natürliche“ zu geben, insoweit die Flüssig-
keit mit ihren Bestandtheilen zum größten Theile
natürliches Product ist und nur einer Reinigung
unterworfen worden ist oder corrigierende geringe
Zusätze erhalten hat. Eingehend wurde jüngst ge-
legentlich der Versammlung der öffentlichen Chemiker
Deutschlands in Dresden diese Frage erörtert. Es
wurde vorgeschlagen, den Begriff „natürliche Mineral-
wässer“ dahin zu deuten, daſs darunter nur solches
zu verstehen ist, welches einer natürlichen Quelle
entstammt und ohne irgend welche willkürliche Ver-
änderung auf Flaschen gefüllt ist. Sobald das
Wasser auf irgend eine Weise chemisch gereinigt.
von Eisen befreit ist, ferner den Zusatz von Salzen
empfangen hat oder mit Kohlensäure, gleichviel in welchen
Mengen, imprägniert ist, hört die Berechtigung,
das Wasser als natürliches Mineralwasser zu be-
zeichnen, auf, und ist alsdann eine Bezeichnung zu
wählen, welche deutlich die Verbesserungen, Zusätze
oder Imprägnierungen angibt. Andererseits wurde
empfohlen, die Mineralwässer zu theilen in diejeni-
gen, welche dem medizinischen Gebrauch dienen und
solche, welche als Tasel- oder Luxuswässer in den
Handel kommen. Für die erstgenannten ist es ab-
solut nothwendig, daſs an den obengenannten scharfen
Forderungen festgehalten wird. Für Tafelwässer
ist dagegen die Bezeichnung „natürliches Mineral-
wasser“ auch bei Zusätzen von Kochholz und Kohlen-
säure gestattet, wenn noch hinzugefügt wird „doppel-
kohlensaure Füllung.“ Im Uebrigen ist auch an
diese Tafel- und Luxuswässer die Anforderung zu
stellen, daſs sie hygienisch völlig einwandsfrei sind.
Die hier aufgerollte Frage ist nicht nur für die
Chemiker und die Brunnen-Interessenten als auch
für die Consumenten von großer Bedeutung, die
doch in erster Linie wissen wollen und müssen, was
sie kaufen und trinken.
(Verfolgt.) Wegen Verbrechens des Be-
truges wird vom k. k. Kreisgericht in Leitmeritz die
26 Jahre alte, in Sangerberg geborene und dahin
zuständige Kellnerin Theresia Putz verfolgt. Sie
war zuletzt in Aussig wohnhaft gewesen.
(Entscheidungen in Schulangelegen-
heiten.) Ueber einschlägige Beschwerden hat der
k. k. Verwaltungsgerichtshof folgende zwei Entschei-
dungen getroffen: Die schulbehördlich als provi-
sorische Zuweisung bezeichnete Versetzung des defini-
tiven Volksschullehrers begründet mangels der An-
weisung eines ständigen Amtssitzes nicht das Heimats-
„S. C. Hach
Bandagist, Budapest.“
Der Telegraphenbeamte hatte durch Zusammen-
ziehung der Buchstaben S. C. mit dem Zunamen
Hach das ganze Missverständnis verschuldet.
So geschehen im September 1900 zu Siofok
am Plattensee.
Camillo Morgan.
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1900-10-12-n232_4490.jp2