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4. September 1900
„Karlsbader Badeblatt“ Nr. 201
Seite 5
Familien-Nachrichten.
bequartiert. Dieser weil Rebellprotector über Ver-
anlassung Gesandtschaftsattaches verhaftet und Japan
ausgeliefert. Peking und Umgebung kein China-
Militär noch Boxers. Rosthorn mit drei Verwun-
deten Matrosen Triscoli, Bacic und Petrovace Taku-
Rhede eingetroffen. Seekadett Boyneburg noch nicht
tronsportabel, aber besser. Train Linienschiffsfähnrich
Burkert, 22. v. M. Peling eingerückt. daher dort
200 Mann.
Petersburg, 3. Sept. Den beim General-
stabe eingetroffenen Nachrichten zufolge attaquierte
das Detachement des Generals Orlow am 24. August
die befestigte Position der Chinesen im Passe Chin-
gan, vertrieb den Feind und nahm den Pass ein,
worauf der Feind weiter verfolgt wurde. Es wurden
ihm sechs Stahlgeschütze und 16 Fahnen abge-
nommen, darunter eine weiße Fahne des chine-
sischen Befehlshabers. Auch der ganze Trans-
port fiel dem Detachement des Generals Orlow
in die Hände. Der Feind wurde gänzlich zerstreut.
Seine Verluste betrugen drei Todte und 11 Ver-
wundete. Am 21. August rückte das Detachement
bis zur Station Jal, 12 Werft von Tsitsikar ent-
fernt vor. Am 30. August wurden aus Tschita
eine Abtheilung des Rothen Kreuzes und 10 barm-
herzige Schwestern über Chailar zum Detachement
des Generals Orlow entsendet.
London, 3. Sept. Die Blätter veröffentlichen
folgendes Telegramm aus Shanghai vom 31. Au-
gust: Die deutsche Gesandtschaft soll sich hier nieder-
lassen, doch vielleicht nur so lange hier bleiben, bis
Graf Waldersee ankommt. — Der Correspondent
der „Times“ in Shanghai sagt, offenbar sei die
Rückkehr des Kaisers und Hofes nach Peking noth-
wendig, um abschließende Unterhandlungen zu er-
möglichen. Es sei jedoch absolut sicher, daſs ein all-
gemeiner Rückzug der Truppen, dem lange sich hin-
ziehende Verhandlungen, Vergleiche und Intriguen
folgen würden, mit dem völligen Aufgeben der
Rechte der Civilisation in China gleichbedeutend
wären. Auch die Chinesen, ja sogar die chinesischen
Beamten sprechen sich offen dahin aus, daſs, wenn
die Führer der reactionären Bewegung nicht die
schwerste Strafe treffen würde, eine Reorganisirung
und Reformirung unmöglich sein würde.
London, 3. Sept. „Daily Chronicle“ bemerkt,
das Verhalten des Kaisers von Ruſsland zerstöre
nicht nur die Einmüthigkeit der Mächte, sondern
mache auch die ganze Lage der Verbündeten zur
Zielscheibe des Spottes der Chinesen. Der „Standard“
betont, die russische Note stelle England vor ein
fait acempli. welches in einer Weise beschaffen sei,
die nicht gerade höflich gegen die übrigen Mächte
zu nennen sei. Lord Salisbury werde nicht ver-
fehlen, in Berlin wie in Washington seine Einwände
gegen eine solche Politik des Rückzuges darzulegen.
England wünsche, daſs nichts gethan werde, was das
Concert der Mächte auflösen könnte.
London, 3. Sept. Die „Times“ melden aus
Shanghai vom 31. August: Ein amtliches Tele-
gramm aus Tschingtufu besagt, daſs die Vicekönige
von Szetschwan und Kueichuen, sowie der Tartaren-
General von Seltschwan durch ein kaiserliches Edict
ihres Amtes enthoben wurden. Es sei offenbar, daſs
die Kaiserin-Witwe sich nach wie vor von den Rath-
schlägen der rachsüchtigen Reactionäre leiten lasse,
welchen auch die Flucht des kaiserlichen Hofes aus
der Hauptstadt zuzuschreiben sei. Die hiesigen Zei-
tungen veröffentlichen eine Meldung, wonach Tschung-
yi, der Vormund des designierten Thronerben in
Tsching-fu, sich das Leben genommen habe.
London, 3. Sept. Die Blätter stimmen
darin überein, daſs die Mittheilung Russlands, es
sei entschlossen, ohne Rücksicht auf die Entscheidungen
der anderen Mächte seine Truppen zurückzuziehen,
geeignet sei, eine sehr ernste Krise heraufzubeschwören.
Der Widerspruch gegen eine allgemeine Zurückziehung
der Truppen bleibe unerschüttert. Fast alle Blätter
sind der Ansicht, daſs der Einfluss Ruſslands mit
einigen in der russischen Note vom 25. August be-
zeichneten Zielen der russischen Politik in keiner Weise
in Einklang zu bringen sei.
London, 3. Sept. „Reuters Bureau“ meldet
aus Shanghai vom Gestrigen: Der Specialcom-
missär der Vereinigten Staaten in China, Rockhill,
betonte in einer Besprechung mit einem Bericht-
erstatter die Wichtigkeit einer Harmonie unter den
Mächten als einer einfachen Vertheidigungsmaßregel.
Wenn es China gelänge, das Concert der Mächte
zu zerstören und Meinungsverschiedenheiten in das-
selbe zu bringen, oder es zu schwächen, dann könnten
alle Ausländer nichts anderes thun, als ihre Koffer
packen und verschwinden. Man müsse die gegen-
wärtige Situation benützen, um die Lage der
Fremden in China für immer zu regeln. Wenn
jetzt die Angelegenheit nicht geordnet würde, würden
die Chinesen ermuthigt werden, ihre jetzige Politik
fortzusetzen und dann würden die Mächte alljährlich
dieselben Schwierigkeiten zu überwinden haben.
Rockhill glaubt, die Mehrzahl der Mächte sei
der Auffassung, daſs eine endgiltige Regelung der
Stellung der Fremden und eine gemeinsame Her-
stellung der Freiheit für dieselben bedeutend wichtiger
sei, als die Erwerbung von Land. Er ist weiter der
Meinung, daſs die jüngsten Unruhen einen Theil
des Planes der Regierung bilden, alle Fremden zu
vertreiben, wie dies die Edicte des kaiserlichen Amts-
blattes beweisen. Die letzten Ereignisse in Peking
seien sediglich ein Zwischenfall in der gegenwärtigen
Krise. — Die Hauptarbeit sei noch zu thun. Rock-
hill und die anderen Beamten in Shangai hätten
von den Vorgängen diplomatischer und militärischer
Natur in Peking keine Kenntnis und können auf
ihre an die Gesandten in Peking abgeschickten Tele-
gramme keine Antwort erhalten.
Man glaubt, daſs die Depeschen zwischen
Tschihu und Shanghai von den Chinesen verstümmelt
werden. Wie es heißt, dürfte die commercielle Krise
in den chinesischen Kreisen von erheblichen Einflusse
sein. Für Baardarlehen werden per Monat 36 Pro-
cent verlangt.
Die chinesischen Kaufleute sind bemüht, die
chinesischen Beamten zu überreden der fremdenfeind-
lichen Bewegung ein Ende zu bereiten. Einer
weiteren Meldung des gleichen Bureaus aus Shanghai
vom 2. d. M. zufolge verbleibt Li-Hung-Tschang
dortselbst. Er versucht unter den Fremden Uneinig-
keit zu stiften. Heute hatte er den Vertretern
Amerikas und Englands mitgetheilt, Ruſsland hätte
versprochen, demnächst unabhängig von der Politik
der übrigen Mächte seine Truppen aus Peking
zurückzuziehen. Dieser Erklärung wird kein Glauben
beigemessen. Man nimmt an, daſs Li-Hung-Tschang
wahrscheinlich andererseits die Russen benachrichtigt
habe, daſs die Amerikaner und Engländer eine ähn-
liche Versicherung abgegeben hätten.
Stimmen aus dem Publikum.
Zur Abtragung des Löwenkopf-Felsens.
„Ein Naturfreund“ will das Problem der Erbrei-
terung der Straße beim Löwenkopf, ohne daſs der land-
schaftlche Reiz eine Einbuße erleide, dadurch gelöst
wissen, daſs das Tevlbett gegen „Sanssouci“ hin nur
drei Meter verlegt werde. Ob diese Raumverkürzung
auf der linken Teplieite ruhig hingenommen und diese
Aenderung zur Verschönerung beitragen würde? Ich
glaube nicht
Viele Stimmen haben sich für und wider die Straßen-
erweiterung erhoben. Niemand kann aber die
Nothwengigkeit derselben in Abrede stel-
len und nur der Umstand, daſs Karlsbad dieser herr-
lichen Feisenpartie beraubt werden solle, gibt Anlass zu
Bedenken.
Warum also nicht zu dem Mittel greifen, anf welches
man anderwärts in ähnlichen Fällen zur allgemeinen
Befriedigung vielfach verfallen ist? Warum tunnelliert
man nicht einfach diesen Felsen auf die erforderlich kurze
Strecke und sügt damit einen weiteren landschaftlichen
Reiz zu dem schon bestehenden?
Ein anderer Naturfreund.
Karlsbad, 2. September 1900.
(Eingesendet.)
(Für Inhalt und Form übernimmt die Redaction nur
dem Gesetze gegenüber die Verantwortung.)
An Herrn Dr. A. Lorinser, Stadtarzt in Fischern.
Nachdem Sie unter Eingesendet im „Badeblatt“
vom Freitag den 31. August auch meine Person mit
hineingezogen haben, so erlaube ich mir Ihnen Nach-
stehendes zu berichtigen:
Es ist unrichtig, daſs wir seinerzeit für einen Schul-
neubau von so und so viel 100.000 Kronen eintraten,
denn es war von einem Neubau gar keine Rede.
Weiters will ich Herrn Dr. Lorinser seinem Ge-
dächtnisse etwas zu Hilfe kommen, denn ich habe im
Gasthause „Egerthal“ kein Versprechen gegenüber den
Herren Wählern im zweiten Wahlkörper gemacht, denn
ich bin tags zu vor im dritten Wahlkörper gewählt
worden. Ich bitte den Herrn Doctor, nur bei der Wahr-
beit zu bleiben; aber die Wahrheit ist bei Ihnen ganz
wo anders, Ihnen ists darum zu thun, etwas zu schreiben.
Zum Schlusse mache ich Herrn Dr. Lorinser noch
aufmerksam, daſs ich bei der nächsten Wahl schon heute
auf Ihre Stimme verzichte.
Ich glaube, daſs Ihnen das genügen wird und zeichne
hochachtungsvoll einmal für immer
Josef Riedl,
dzt. Gießhübl Sauerbrunn.
Geborene:
30. Juli. Dem Edmund Reupert, Kaufmann, evang.,
Zwillinge (Knaben). — 2. August Hans Kryza, Lackierer
8. Anton
und Schriftenmaler, e. K. (nothgetauft).
Selenka, Tischler, e. K. — 10 Franz Stowasser, Ge-
flügelbändler, e. M. — 11. Victor Lukarsch, Sattler und
Tapezierer, e. K. — 14. Marie Hofbauer, Modistin,
e. K- 16. Jobann Fellner, Hausmeister, e. K. —
20. Marie Brunner, Wirtschafterin, e. K. — 20. Johann
Woidich, Krankenhausverwal er, e. K — 22. Heinrich
Frank, Lehrer, e. K. — 25. Alfred Drumm, Zinngießer,
e. K — Anton Fritsch, Molkenhändler, e. M. — N.
Franz Müller, Schuh-
Wüffeld, Schneider, e. M.
macher, e. M. — Josef Herget Sprudelsteinschleiser,
ein Mädchen.
Gestorbene:
25. August. Emilie Auguste Smith, Privatiere,
59 J., verw., anglican. — 26. Theobald Fritsch, Post-
beamtenssohn, 4 W, kath — Wenzel Lippert, R alitäten-
besitzer, 42 J., verh, kath. — Emma König, Gold-
arbeitersgattin, 34 J., verb, kath. — 27. A ton Ko ele,
Taglöhnerssohn, 14 W., kath. — Wilhelmine Kantzner,
Lackierersgattin, 35 J., kath. — Wilhelmine Wawausch,
Landesgerichtsrathsgattin, 50 J., kath. — 28. Eduard
Pohl, Tagarbeiter, 42 J., led., kath. — 30. Benno Hoff-
mann, Fabriksdirector, 62 J., verw., evang. — 31.
Willy Platzer, med. cand., 27 J., led. kath.
Kirchen-Nachrichten
der evang. Kirchen-Gemeinde A C. in Karlsbad
pro August 1900.
Geburten:
7 Auaust dem Heizer Teodor Göttl in Grünlas ein
todtgeb. Sohn. — 11. Operpfänger David Beutelmann
in Karlsbad e. T. — 14. Tischler Johann Scheihel in
Drahowitz e. S. — 17. Gastwirt Hermann Scheidhauer
in Elbogen e. todtgeb. T. — 25. Frida Amalie Prugner
in Neudek e. T. — 26. Schlosser Adolf Dionis Zörkler
in Chodau e. T. — 26. Wirtschafterin Doris Franke in
Drabowitz e. T. — 26. Tischler Max Frosch in Lichten-
stadt e. T.
Sterbefälle:
3. August: Augusta Köhler, Schieferdeckerstochter aus
Fischern, S M. — 12 Friedrich Weiß, Director aus
Breειau, 55 J. — 25. Augusta Smith, Privatiere aus
New-Yrk, 59J. — 30. Benno Hoffmann, Fabriksdirector
aus Ballenstadt, 62 J.
Der evangelische Gottesdienst findet jeden Sonn-
und Feiertag vormittag 11 Uhr statt. — Bibelstunde
wird jeden Donnerstag nachmittag 4 Uhr im evangel.
Holpitz abgehalten. Der Gottesdienst an den Predigt-
stationen Neudet, Neusattl, Aich u. Schlackenwerth werden
besonders bekannt gege en.
Vergnügungs-Zug Karlsbad B. E. B. bis
Klingenthal.
In der Zeit vom 6. Mai bis inclus. 30. September 1900 verkehrt
an S- unFeiertagen ein Bergnugungszug von Karlsbad B. E. V.
is gen,elherin Falena.sch andenum
geedePersonenzug findet, und werden bei.
diesem VergnugungszugeelhePersonenzugsdilleis ausgegeven.
Fahrord ung dieses Vergnugungszuges:
Nachts
Karlsbad B. Ei-B. ........ Abf.
10**
Chodau ...
Neuſettl..Ank. 10·3i
Elbogenar 1143
RenſanlAbf. 10�
Falkenau a. d. Eger ...... Ank.
Marienbad ab
Eger an
...... ab
Franzensbad ab
Falkenau a. d. Eger an
Falkenau a. d. Eger ...... Abf.
Davidsthal „
Hartenberg „
Bleistadt„
Annathal-Rothau„
Unter-Graslitz „
Ober-Graslitz ....Ant.
..........Abf.
Klingenthal .Anf.
10.
11.52
Fahrpreise v. Karlsbad-Johanngeorgenstadt
Rarlsbad (C.-B.) nach:
T. Classe II. Classe II. Classe
Buschtiebrader Bahnhof
.....
Altroblau
Neurobiau
Hammerhäuser...
Giebacht-Thierbach ..
Neudek
Hochofen
Neuhammer ...
Eibenberg ..
Saifenhäusel....
Bärringen....
Platten .
Breitenbach ..
Johanngeorgenstadt ...
=
86.
293 78 1
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1900-09-04-n201_2915.jp2
Porta fontium