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Nr. 53.
Sonnabend, 3. Juli 1897.
34. Jahrgang.
Aus Stadt und Land.
Der Sängerbesuch in Asch. Die zwei Sänger-
tage in unserer Stadt, der verflossene Sonntag
und Montag werden Allen, die Gelegenheit hatten,
an den Freuden derselben theilzunehmen, in un-
auslöschlicher, schöner Erinnerung bleiben.
In allen Theilen des Festes spiegelte sich die
lodernde nationale Begeisterung unserer Tage
wieder und gerade dadurch gestaltete sich der Ver-
lauf desselben zu einem ganz außergewöhnlichen.
Die Graslitzer Gäste, die in einer Stärke
von 75 Mann hier eintrafen, wurden Sonntag
Vormittag 1/210 Uhr auf dem bayrischen Bahn-
hofe von einer Abordnung unseres Männergesang-
vereines empfangen und mit klingendem Spiel
durch die Stadt in's „Jägerhaus“ geleitet. Dort-
selbst war der gesammte Ascher Männergesang-
verein bereits versammelt und es sand nach einer
beiderseitigen herzlichen Begrüßung ein fröhlicher
Frühschoppen statt, während welchem die Schützen-
kapelle konzertirte. Ueber Einladung des Frei-
handschützenvereines nahmen die beiden Gesang-
vereine, der Graslitzer mit Fahne, an dem
Ausmarsch nach dem Festplatze, der um 2 Uhr
Nachmittag vom Hotel „Post“ aus, erfolgte, theil.
Dort entwickelte sich ein wahres Praterleben.
Um 7 Uhr abends begann im Schießhaussaale
der Festkommers, welcher, wenn überhaupt ein
Theil der von Anfang bis zum Ende äußerst ge-
lungenen durchgeführten Festordnung, besonders
hervorgehoben zu werden verdient, sicherlich den
Glanzpunkt bildete u. zw. in jeder Beziehung.
Wohl selten dürfte es vorkommen, daß die Stim-
mung, die Gediegenheit der Vorträge, die oft
wirklich an das Meisterhafte hinanreichte, sowie
alle übrigen äußeren Umstände, in so glück-
licher Harmonie zusammentreffen, als dies bei
diesem Festkommers der Fall war. Die vorzüg-
lich gewählte Vortragsordnung bestand aus zwei
Theilen: Aus Lieder-Vorträgen der Männerge-
sangvereine und aus einem Conzerte der Vereins-
musiker (30 Mann) des Graslitzer „Sänger-
bundes“.
Der erste Theil umfaßte: 1. „Gott grüße
Dich“, Begrüßungschor comp. v. Mücke (Männer-
gesangverein Asch). 2. „Morgengrüße“,
Männerchor comp. v. A. M. Storch (Sängerbund
Graslitz.) 3. „Waldeinsamkeit“ Männer-
chor comp. v. Pache (Männergesangverein Asch.)
4. „Gebet der Erde“, Männerchor comp. v.
A. Zöllner (Sängerbund Graslitz.) 5 „Mahn-
ruf“, Männerchor comp. v. Becker (Gemein-
schaftlicher Vortrag beider Gesangvereine.)
6. „Grüße an die Heimath“, Männer-
chor comp. v. Kromer (Männergesangverein Asch.)
7. „Zieh hinaus“ Männerchor comp. v.
Dregert (Sängerbund Graslitz.) 8. „Abschied
hat der Tag genommen“ Männerchor
comp. v. Nessler (Männnergesangverein Asch).
Der zweite Theil enthielt: 1. Marsch: „Der
Königsgardist“, v. Sullivan. 2. Ouver-
ture: „Die schöne Galathe“, v. Franz v.
Suppê. 3. Potpourri: „Harmonische
Blüthen“, v. Diethe (Quartett für Oboe,
Clarinette, Horn und Fagott.) 4. Spanischer
Walzer: „El Turia“, v. Waldteufel. 5. Ton-
gemälde: „Ländliches Hochzeitsfest“, v.
ziula.6. Polka schnell: „Nur schneidig“,
v.Petlederer (Musikvorträge des Vereinsorchesters
des „Sängerbundes“ Graslitz.) Das Urtheil
über die Leistungen unseres, unter der wackeren
Leitung des Chormeisters Schaller stehenden
Männergesangvereines, kann — wie bisher — auch
bei diesem ganz besonderen Anlasse kein anderes
sein, als das der Anerkennung, des berechtigten
Lobes. Nicht minder günstig aber vermöchten
wir über die Graslitzer Sängerschar zu berichten.
Jedem einzelnen der Vorträge folgte stürmischer
Beifall und begeisterte Heilrufe, die ihren Höhe-
1. Weilage.
Weitung
cher
vormals Gemeinde-Zeitung für Asch und Umgegend.
Meine helle Freude habe ich an der herr-
punkt erreichten, als der von beiden Vereinen
lichen nationalen Gesinnung, die in meinem
gemeinsam gesungene, hier schon wiederholt mit
Wahlbezirke herrscht. Lächerlich, sie durch Ver-
besonderer Auszeichnug aufgenommene Chor
bote und Verfolgungen unterdrücken zu wollen;
„Mahnruf“ die Herzen Aller in deutscher Be-
derlei Versuche sind das sicherste Mittel, die-
geisterung höher schlagen ließ. Des Jubels
jenigen zu verderben, die es gebrauchen. Heil
wollte keine Ende werden, und als die Sänger
Allen, gegen die es gebraucht wurde und etwa
dem stürmischen Verlangen nachgebend, das
noch gebraucht wird!
zündende Chorlied wiederholt hatten, erhob sich
Alles und brausend erscholl die „Wacht am
Rhein.“ Bei Beginn des Konzertes begrüßte
Herr Vorstand Wagner in herzlicher Weise
die Graslitzer Sänger und entbot ihnen den
Willkommgruß. Der Vorstand des „Sängerbund“
in Graslitz, Herr Rudolf Kohlért erwiderte
mit warmen Worten des Dankes, und gab seiner
Freude Ausdruck über den Empfang und die
gastfreundliche Aufnahme. Sodann wurde von
Seite des Ascher Männergesangvereines den
Gästen aus Graslitz zur Erinnerung an ihre
Sängerfahrt nach Asch, ein goldener Fahnen-
nagel überreicht. Es gaben dann noch mehrere
Redner ihren Gefühlen beredten Ausdruck, darunter
die Herren Lehrer Reinl und Wilfert.
Nach Schluß des ersten Theiles der Vortrags-
ordnung, während welchem auch das rühmlichst
bekannte Tiroler Doppelquartett uns durch
3 Einlagen erfreute, erregte das Vereinsorchester
des Graslitzer „Sängerbund“ allgemeine Be-
wunderung. Die außerordentlich gut geschulten
Musiker erweckten durch ihre Kunst wahre Stürme
des Beisalls, und dem tüchtigen Dirigenten,
Herrn Musik-Fachschullehrer Binzl wurden
wiederholt aufrichtige Glückwünsche zutheil. Der
Kommers endete erst in den Morgenstunden.
Trotzdem aber fanden sich die Sangesbrüder
am Montag Vormittag wieder zahlreich beim
Frühschoppen in Schuhmann's Garten ein. Dort
spielte die Schützenkapelle ihre fröhlichen Weisen,
abwechselnd mit Sang und kernigem Wort der
Zecher. Um 11 Uhr wollten die Graslitzer Gäste
unsere Stadt wieder verlassen, sie standen schon,
mit Fahne, zum Abmarsch bereit, als es den
Ascher Sängern, insbesondere den Bemühungen
des Vorstandes Herrn Wagner gelang, sie
zum Verbleiben zu bewegen; § 11 kam weiter
zu Ehren. Mit freudiger Zustimmung wurde
ein den Sängern gewidmetes Gedicht von Otto
Langhammer, (wir brachten dasselbe bereits
in voriger Nummer zum Abdruck) aufgenommen
und dem Verfasser auf drahtlichem Wege gedankt.
Auch zahlreiche Grußkarten, u. A. auch an un-
seren Reichsrathsabgeordneten Dr. Bareuther
wurden abgesandt.
Um 2 Uhr Nachmittag wurde mit Musikbe-
gleitung ein Ausflug auf den Hainberg-
unternommen. Durstige Seelen kamen bei der
drückenden Hitze beim Unterkunftshause an,
dort aber hatte der Wirth für Labung reich-
lich vorgesorgt. Auch diese letzten Stunden
des Beisammenseins verliefen in köstlichster
Feststimmung. Die Heilrufe hinüber und herüber
nahmen kein Ende und als endlich — und doch
zu bald — die Scheidestunde nahte, da wurden
immer und immer wieder die herzlichsten Worte
gegenseitiger Freundschaftsversicherung gewechselt
und die Hände gedrückt und geschüttelt, wohl in
der Meinung: „ach, wenn es nur immer so
bliebe!“ Um 4 Uhr brachen die Graslitzer Gäste
auf und dampften mit dem 5 Uhr Zuge wieder
nach ihrer Heimat ab. Wir Alle aber rufen
ihnen nach: „Auf baldiges Wiedersehn!“
Zum verbotenen Parteitage in Asch langten
auch mehrere Drahtgrüße ein, von welchen wir
nachstehende vier, unseren Lesern zur Kenntnis
bringen:
Aehnlich wie in Schiller's Tell sagen wir:
„Wer von Ergebung spricht an's Tschechenthum,
soll rechtlos sein und aller Ehren bar, kein
Deutscher nehm' ihn auf an seinem Feuer.“
Heil allen Gleichgesinnten.
Schönerer.
Allen versammelten Treugenossen, besonders
Herrn Tins, herzliche Grüße! Mit Erstaunen
sehen wir Reichsdeutsche, was Badeni
Euch zu bieten wagt, mit stolzer
Freude, Eure stramme Haltung. Heil und
Sieg Euren Berathungen!
Muthorst (Hamburg.)
Vom vergangenen Sonntage sagt Ulrich
von Hutten redivivus:
Das war ein Tag, den Gott gemacht
In seinen deutschen Landen!
Der deutsche Geist in ganzer Pracht
Ist herrlich auferstanden!
Das Nachspiel. Schriftleiter Tins und Ernst
Zindel, welche bekanntlich vorigen Sonntag
verhaftet wurden, haben beim k. k. Reichsge-
richte die Klage wegen Verletzung des die
persönliche Freiheit der Staatsbürger betreffen-
den Artikels der Staatsgrundgesetze eingebracht.
Außerdem ist bei der k. k. Staatsanwaltschaft
in Eger gegen den k. k. Statthaltereirath
Stadler v. Wolfersgrün, welcher die
Verhaftungen anordnete, die Strafanzeige wegen
Vergehen, event. Verbrechen des Miß-
brauches der Amtsgewalt erstattet worden.
Tins hat ferner auch gegen die ungesetzlichen
Verbote und die Auflösung der Versammlung bei
der k. k. Statthalterei in Prag Beschwerde ge-
führt. — Gegen Tins und Zindel ist die
Untersuchung wegen Vergehens des Auf-
laufes eingeleitet worden.
Die arme Kornblume! Den Schülern der
hiesigen k. k. Fachschule für Wirkerei und Weberei
wurde das Tragen von Kornblumen — ver-
boten. Wie wir erfahren, ist dieses Verbot
der Schulleitung über höheren Auftrag er-
gangen. Wir hören zu unserer Freude oft, daß
die Schüler genannter Anstalt sich nur mit „Heil“
grüßen, sollte man ihnen das nicht auch ver-
bieten? Sie könnten doch Lindenblüthe
tragen und „Nazdar“ als Gruß gebrauchen?!
Auf alle Fälle ist und bleibt ein solches Verbot
sehr lächerlich, oder sagen wir einsach — riesig
dumm!
Im Zeichen der Maßregelungen. Die „Deutsche
Volksztg.“ in Reichenberg bringt folgende ver-
wunderliche Notiz: „Und schließlich noch ein Verbot:
Dem priv. Schützenkorps (!) in Mariaschein
wurde der für den 4. Juli nach Geising in
Sachsen zum 400 jährigen Gründungsfeste des
dortigen Schützenkorps beabsichtigte Ausflug ver-
boten. Nun maßregelt man also auch Schützen-
korps, nächstens kommen gewiß die Beteranen-
vereine daran. Man will wohl auch diese
radikal machen? Uns kann es recht sein!“
Abgeordneter K. H. Wolf hat Mitwoch beim
Bezirksgerichte Fünfhaus eine Arreststrafe von
zehn Tagen angetreten, die wegen einer beim
vorjährigen Kommerse der Prager „Germania“
von ihm gehaltenen Rede über ihn verhängt
worden war. Abg. Wolf sollte diese Strafe
ursprünglich in Prag abbüßen, doch wurde ihm
auf sein Ersuchen gestattet, sich der Haft beim
Wünsche den Berathungen des Parteitages
besten Erfolg. Die Reihen immer fester ge-
schlossen — die Waffen immer schärfer gemacht,
damit der Sieg sich an unsere Fahnen hefte,
wenn zum letzten Sturm geblasen wird. Heil
und Sieg unserer Sache! Hurrah Alldeutschland!
Carl Jro, Reichsrathsabgeordneter.
Dr. Bareuther.
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