Text auf der Seite 9
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anschaulicher und nützlicher Darstellung gezeichnet
hat, daß auf den betretenen Bahnen der weiteren
Entwicklung fortgeschritten werde, daß das Tadelns-
werthe im Berichte wahr und gerecht getadelt
wurde, daß das Tob ein verdientes war. In
dem Streben nun neue Ideen zur weiteren Ver-
vollkommnung anzuregen und zu verwirklichen,
neue Gedanken den Delegirten mitzugeben, auf
daß dieselben in ihren heimathlichen Vereinen
als frische Saat ein frisches Leben hervorrufen,
läßt die Verbandsleitung von Zeit zu Zeit auch
einen Arzt zum Worte gelangen, um auf dem
den Feuerwehren so nahestehenden Gebiete der
Gesundheitspflege Anregungen zu empfangen.
Ist ja doch die Humanität, das Bestreben den
Mitmenschen hilfreich und edel beizustehen, das
die Aerzte und Feuerwehren vereinigende Band.
Und wie wir die Bedeutung von Menschen nur
nach dem beurtheilen und schätzen, was sie für
die Menschen thun, so wird der gleiche Werth-
messer für die Vereine angelegt. Wem das
Wohl Anderer theuer ist, der fühlt das Bedürf-
niß Anderen wohlzuthun; leider halten sich ge-
rade die sogenannten bürgerlichen Kreise trotz
dieses menschenfreundlichen Wirkens, des Be-
strebens der Feuerwehren, das Hab und
Gut, ja auch das Leben derselben in Gefahren
zu schützen, von den Feuerwehren noch immer
zurückhaltend und fern. Durch die Ausbildung
von mehreren geeigneten Männern zur Sanitäts-
abtheilung der Feuerwehr müssen dieselben in die
Lage versetzt werden, im Augenblicke der Gefahr
sofort unerschrocken und ihrer Sache gewiß hin-
zutreten und erfolgreich zu helfen; denn wenn
das Blut im weiten Bogen aus der offenen
Wunde hervorquillt, wenn ein erstickender Ohn-
machtsanfall den Athem völlig zu benehmen
droht, dann wäre es zu spät, sich etwa erst in
Anleitungen, Büchelchen und dergleichen orien-
tiren zu wollen. Die Ausbildung der Sanitäts
männer muß daher eine einfache, von jedem un-
nöthigen Wissenskram entlastet sein, sie muß
aber für alle Fälle der unbedingt erforderlichen
ersten Hilfeleistung eine vollkommene sein.
Zu diesem Zwecke ist die regelmäßige Ab-
haltung von Sanitätscursen und -Uebungen er-
forderlich und ist die Herausgabe einer ganz
kurzen Anleitung für den Sanitätsmann erfor-
derlich, welche mit wenigen Worten, frei von
jeder wissenschaftlichen Medicin, anatomischen
Auseinandersetzungen einer complicirten Verbands-
lehre ihm präcise Directiven gibt; dieselbe wird
in Taschenformat sein steter Begleiter sein und
er wird gewiß gerne von Zeit zu Zeit das
seinem Gedächtnisse Entschwundene wieder auf-
nehmen.“
Referent übergeht nun auf die verschiedenen
Möglichkeiten, die sich den Feuerwehrvereinen
bieten, um im Dienste der öffentlichen Gesund-
heitspflege nützlich und thätig zu wirken. Es
hieße das ganze Leben unserer modernen Cultur
aufrollen, um all die Schädlichkeiten zu er-
wähnen, welche nachtheilig, ja regenerirend auf
das Menschengeschlecht wirken: vor allem der
überall erschwerte Kampf um die Existenz, an-
dererseits die üppigen feineren Lebensweisen,
die dichte Zusammendrängung der Bevölkerung
in größeren Städten, der Großbetrieb mit Ma-
schinen, die unzweckmäßige Betheiligung des
Weibes an dem Kampfe ums Brod. So störend
dies alles auf die menschliche Gesundheit und
Nachkommenschaft wirkt, so kräftig und nimmer
ermüdend müssen Aerzte und Vereine entgegen-
wirken. Die Zweckmäßigkeit einer geordneten
Lebensweise, Bewegung im Freien, reine Luft
und Sonnenlicht im Wohnzimmer u. s. w. alles
was zum Guten der Gesundheit dient, wurde
vom Redner in trefflicher Weise hervorgehoben.
Gewiß ist ferner die Intervention und Mithilfe
der Feuerwehren bei Epidemien wünschenswerth
und erforderlich, aber ebenso gewiß sei es, daß
die Zeit kommen wird, wo nicht mehr mit
Chlorkalk und Sublimat, sondern durch geeignete
hygienische Maßnahmen und Einrichtungen der
Kampf gegen Epidemien zum Siege der Mensch-
heit und zu ihrem Wohle führt. Unter Weiterem
greift der Redner als vorzüglich wirksam zur
Hebung der Gesundheit, das Baden im Freien her-
vor; er bezeichnet es als einen Fortschritt in der
Cultur, daß sich allenthalben das Bedürfniß nach
Volksbädern geltend macht, wie wohl diesen
Grad der Cultur schon die ältesten Völker er-
reicht haben, welche den ankommenden Fremd-
ling, nicht wie wir mit einem Trunke oft schlechten
Bieres oder Weines gastlich empfingen, sondern
ihm ein Waschbecken oder ein Bad als erstes
Liebeszeichen der Gastfreundschaft boten. Es
wäre sicherlich auch beispielsweise angezeigter,
nach einem Brande die erhitzte Feuerwehrmann-
schaft statt ins Bierhaus' in ein Körper und
Geist erquickendes Bad zu führen, um dann erst
ihnen einen guten Trunk zu gönnen. Da die
Feuerwehren ohnehin über ständige Wasserreser-
voirs verfügen müssen, ist die Anregung vielleicht
beherziegenswerth, dieselben zu Volksbädern
oder wenigstens Feuerwehrbädern zu gestalten
und zu benützen; zweifellos würde bei einiger
Lust und Liebe dieser Gedanke von den Dele-
girten ihren Vereinen mitgetheilt, sich leicht in
Wirklichkeit umsetzen lassen zum Segen und
Nutzen der Feuerwehren.
Als Letztes erwähnt schließlich der vortragende
Herr Dr. Kraus, daß zur ungetrübten Gesund-
heit auch ein heiteres Gemüth erforderlich
ist, bei den gegenwärtigen Stritt- und Streit-
fragen der Zeit, dem unruhigen Treiben und
Hasten, der gegenseitigen unbegründeten Ver-
bitterung des eigenen und fremden Daseins, ist
es wohl schwer möglich heiter zu bleiben; aber
der Feuerwehrmann wie der Arzt, der im
Dienste der Menschheit seine Pflicht erfüllt, kann
diesen Wirren ruhig entgegenblicken. Die Freude
nehmen, wo man sie findet, im häuslichen Kreise,
bei der Arbeit und in den Stürmen des Lebens
ist gewiß auch eine Kunst zur Erhaltung der
Gesundheit und des Lebens. Und die Heiterkeit
der Festgäste jetzt und für alle Zeit lebhaft wün-
schend, schloß der Redner unter stürmischem
Beifall der stattlichen Versammlung.
Der Vorsitzende Herr Bezirksvertreter G. Jäger
dankte mit freundlichen Worten dem Herrn
Corpsarzte Dr. Kraus und ersuchte die Ver-
sammelten zum Zeichen des Dankes sich von den
Sitzen zu erheben, was auch geschah.
Als nächster Vorort wird über Antrag Ober-
reuth gewählt.
Nachdem die Tagesordnung erschöpft, dankte
der Herr Bezirksvertreter dem Herrn Referenten
für seinen ausgezeichneten Vortrag, den geehrten
Gästen für ihr freundliches Erscheinen und
schließt die Versammlung um 12 Uhr mittags.
Die Mittagsstunde vereinigte die Ehrengäste
und die Mehrzahl der Delegirten in Kohl's
Gasthaus bei trefflichem Mahle. Die Reihe der
Toaste eröffnete der Herr Bezirksvertreter auf
den hochgeehrten Herrn k. k. Bezirkshauptmann
als Förderer des Feuerlöschwesens im Bezirke.
Herr k. k. Bezirkshauptmann J. Tittmann
anerkennt das Streben der Feuerwehren und
bringt als Freund sein Glas denselben.
Weitere Toaste wurden noch ausgebracht
auf den Herrn Bezirksvertreter, auf die löbl.
Gemeindevertretung Haslau, sowie auf die
Leitung des Bezirksfeuerwehr-Verbandes.
Punkt 11/2 Uhr ertönten Signale zur Auf-
stellung sämmtlicher Vereine.
Anwesend waren außer dem löbl. Militär-
Veteranen-Verein Haslau der löbl. Männerge-
sangverein Haslau, der löbl. Turnverein Haslau
und nachstehende Vereine: Altenteich 20, Asch
städt. 80, Rettungscorps Asch 25, frei. Fab.-
Feuerwehr Adler 20, Fab.=Feuerwehr Geipel
u. Sohn 20, Fab.-Feuerwehr J. C. Klaubert 10,
Erkersreuth 8, freiw. Feuerwehr Eger 60,
Rettungscorps Eger 30, Franzensbad 25, Gott-
mannsgrün 6, Fab.-Feuerwehr Geipel, Grün 15,
freiw. Feuerwehr Grün 6, freiw. Feuerwehr
Krugsreuth 20, freiw. Feuerwehr Liebenstein 70,
Längenau 15, Nassengrub 16, freiw. Feuerwehr
Neuberg 15, freiw. Feuerwehr Neuenbrand 25,
freiw. Feuerwehr Niederreuth 20, freiw. Feuer-
wehr Oberreuth 12, freiw. Feuerwehr Ober-
lohma 8, freiw. Feuerwehr Rommersreuth 32,
freiw. Feuerwehr Roßbach 24, freiw. Feuerw.
Schildern 8, freiw. Feuerwehr Steingrub 14,
freiw. Feuerwehr Mähring 12, freiw. Feuer-
wehr Steingrün 32, freiwillige Feuerwehr
Seichenreuth 20, freiw. Feuerw. Schönbach 50,
freiw. Feuerw. Schnecken 20, freiw. Feuerwehr
Schlada 6, freiw. Feuerwehr Voitersreuth 16,
Wernersreuth 10, freiw. Feuerwehr Haslau
82 Mann, Summe 846 Mann. Schnell ordnete
sich der Zug und unter Vorantritt der Hono-
ratioren, denen sich mittlerweile auch das hoch-
verdiente Ehrenmitglied der freiw. Feuerwehr
Haslau Herr Fr. Wilhelm Edler von Helmfeld
zugesellt hatte, und in strammer Haltung mar-
schirten 34 Feuerwehren mit Feuerwehrmännern
durch die Gassen des Ortes. Sehr häufig gab
es im Zuge ein Durcheinander, denn aus den
Fenstern regnete es Blumen und Sträußchen
auf die unten vorbeiziehenden Feuerwehrmänner.
Nach erfolgtem Aufmarsche auf den Uebungs-
platz, begrüßte der Commandant der Haslauer
Feuerwehr Hans Wagner alle Erschienenen auf
das Herzlichste und hielt einen Rückblick auf
die Gründung und die Thätigkeit des Vereines
seit dem 20jährigen Bestande, dankte allen
Förderern des Vereines und gedachte am Schlusse
derjenigen 5 Mitglieder, die dem Verein seit
20 Jahren, seit der Gründung angehören. Es
sind dieses: Herr Ad. Müller, Pionierführer,
Ad. Bareuther, Pionier, Jos. Pöll mann, Pionier,
Ad. Uhl, Löscher, u. Friedr. Beck, Ordnungsmann.
Dieselben wurden seitens des Vereines für
ihre 20jährigen, dem Vereine treugeleisteten
Dienste mit Ehrendiplomen betheilt.
Hierauf fand die Schulübung und nasse
Probe der freiw. Feuerwehren Haslau, Rommers-
reuth und Steingrün statt.
Nach dem Vorbeimarsch sämmtlicher Vereine
hielt Herr Bezirksvertreter eine Ansprache an
den Verein mit einem kurzen Rückblick auf die
Zustände im Jahre 1872, bezeichnete die Schul-
übung als auch nasse Probe ols eine sehr gute
mit dem Wunsche, nach 20jähriger Thätigkeit
auf dem betretenen Wege fortzufahren.
Der Herr k. k. Bezirkshauptmann beglück-
wünschte als Vertreter der Regierung und Freund
der Feuerwehren den Verein zu seinem 20jährigen
Jubelfeste und dem erzielten Erfolge mit der
Versicherung des steten Wohlwollens, worauf
der Commandant Hans Wagner für die Ehrung
dankte und auf den hochgeehrten Herrn k. k. Be-
zirkshauptmann J. Tittmann und Herrn Bezirks-
vertreter Gg. Jäger ein dreifaches „Hoch“ aus-
brachte. Wir wünschen, daß dieser gute Geist,
wie er sich bei diesem Feste gezeigt hat, immer
bleiben möge, sagen nochmals allen Denen, die
dazu beigetragen, daß dieser Feuerwehrtag so
schön verlaufen ist, von ganzem Herzen Dank
und hoffen auf ein frohes Wiedersehen im
nächsten Jahre in Oberreuth!
H. W.
Prinzeßchen.
Erzählung von Mrs. Hungerford.
Autorisirte Uebertragung von P. Wollmann.
(Nachdruck verboten.)(Alle Rechte vorbehalten.)
(Fortsetzung.)
„Ja, ja. Und sie ist auch ein sehr liebes
Mädchen. Ja, natürlich. Aber da Du eine Zeit
meine kleine Tochter bist und ich eine fürsorgliche
Mutter, so habe ich einige hübsche Kleider für
mein liebes Mädchen bereit bei ihrer jetzigen
Heimkehr!“
Wer könnte dem gütigen, freundlichen Lächeln
widerstehen, mit dem sie Prinzeßchen die Mit-
theilung macht?
„O Tantchen!“ ruft Nora, dunkelroth werdend.
Und dann sagt sie leise: „Aber wenn es Papa
nicht lieb sein sollte? Ich meine, daß Du mir
Kleider giebst?“
„Still, Liebchen, Neil wird wünschen, daß
ich ebenso für Dich sorge als wärest Du mein eigen.“
Nein! Wie seltsam es Prinzeßchen vorkommt,
von ihrem Papa so mit seinem Taufnamen reden
zu hören. Sie muß unwillkürlich lächeln; es
gefällt ihr, denn es erscheint ihr wie eine Freund-
lichkeit gegen ihr liebes, nun so fernes Väterchen,
und ihr Herz schlägt ihrer neu gefundenen
Freundin noch wärmer entgegen.
„Willst Du nun mit mir hinunterkommen
und Dich den Andern vorstellen lassen, oder —“
„Ich will hinuntergehen, Tantchen.“
„Das ist recht, Liebe. Besser, schnell die
Schüchternheit überwinden, und dann wirst
Du Dir auch gleich einen Tischherrn für später
wählen können. Bemühe Dich nicht mit Unter-
haltung, Du bist durch die Reise ermüdet, das
wird Deine Schweigsamkeit entschuldigen. —
Du ließest Dich wohl am liebsten von Denis zu
Tische führen, aber —
„O nein!“ sagt Prinzeßchen scharf.
„Aber Ihr seid doch gute Freunde!“ Madame
sucht etwas befremdet in Nora's Zügen zu lesen.
„Ja,“ stimmt sie leise bei.
„Jedermann hat ihn gern; er ist sehr beliebt.
Was ich ohne ihn anfangen soll, wenn — wenn —“
„Du meinst, wenn er mit Fräulein Cazalet
verheirathet ist?“ hilft Prinzeßchen, die Verlegen-
heit errathend, weiter, entschlossen, den Kampf
durchzuführen, wenn auch nur um ihres eigenen
Stolzes willen.
„Ja, wenn er Katharine heirathet,“ sagt
Dateiname:
soap-ch_knihovna_ascher-zeitung-1896-08-05-n63_2805.jp2