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wo diese Weber wohnen und erkundige mich dann
manchmal nach diesem oder jenem. Ja es ist
wirklich traurig — eine Webersamilie verdient
1 fl. 50 kr., vielleicht 2 fl., höchstens 3 fl. die
Woche und davon heißt es leben. Die Holz-
waarenerzeugung, die in unserem Thale betrieben
wird, geht auch von Jahr zu Jahr zurück, weil
das Holz seltener und theuerer wird und weil
auch diese Bedarfsartikel, welche weit hinein nach
Deutschland von uns aus verhandelt werden,
jetzt schon in großen Werkstätten und im Großen
erzeugt werden.
In Preußen tritt der Staat als Käufer von
Grund und Boden auf, aber nicht gegen, sondern
für den Bauernstand, indem er Latifundien an-
kauft, um sie in sogenannte Rentengüter zu
zerlegen und an fleißige Familien hinaus-
zugeben, die dann mit der Zeit in den voll-
ständigen Besitz durch die Abstattung ihrer jährlichen
Rentenschuldigkeit gelangen können. Man sagt
freilich, daß ein Eingriff in die natürlichen Rechte
des freien Verkehres nicht statthaft sei, allein
das natürlichste aller Rechte ist das Recht
zu leben, zu existiren und dieses haben
die Leute in den Landgemeinden auch
und dieses ist wohl wichtiger als das
natürliche Recht der reichen Leute,
so viel Grund zusammenzukaufen
als ihnen beliebt. Läßt man den Großgrund-
besitz auf Kosten des Bauernstandes immer mehr
anwachsen, so arbeitet man den sozialistischen
Umsturzbestrebungen in die Hände und treibt
die Dinge dahin, daß es auch in den Land-
gemeinden keinen Mittelstand mehr geben wird,
sondern nur herrschaftliche und andere Taglöhner
neben den Großgrundbesitzern, wie es ja auch in
den Städten bald nur Fabriksarbeiter und
Fabriksherren und keine selbstständigen Hand-
werksmeister mehr geben wird. Ich glaube daher,
daß die Angelegenheit die Aufmerksamkeit der
Gesetzgebung verdient und habe mich bescheidener
Weise darauf beschränkt, bei der Regierung die
Schaffung eines entsprechenden Gesetzes zu urgiren.
Aus Stadt und Land.
Der Männergesangverein „Fortuna“ veran-
staltet am 9. d. M. in den Räumen des Schützen-
hauses ein Konzert. Näheres hierüber ist im
Anzeigentheil der heutigen Nummer dieses Blattes
ersichtlich.
Fortbildungsverein Asch: Sonnabend, den
8. Februar Vortrag: „Rückblicke.“ (Herr Karl
Drexler.)
In welcher Zeit kann man von Chicago
(U. St. N. A.) auf ein Telegramm Antwort
haben? Ein Sohn des Herrn Med. Dr. E.
Klötzer hat sich in Chicago das Doktorat der
Zahnheilkunde erworben und ist gegenwärtig als
praktischer Zahnarzt dortselbst thätig. Von
einem Freunde seines Sohnes erhielt Herr
Dr. Klötzer am 16. Januar nachmittags ein
Schreiben, worin ihm mittgetheilt wurde, daß
sein Sohn schwer erkrankt sei. Da ein Brief
von Chicago zehn Tage unterwegs ist, telegra-
phierte Herr Dr. Klötzer nach Chicago' und bat
um sofortige Antwort. Das Telegramm wurde
in Asch um 4 Uhr nachmittags aufgegeben und
abends 8 Uhr 40 Minuten langte bereits die
angenehme Nachricht von der anhaltenden Bes-
serung im Befinden seines Sohnes hier an.
Es benöthigten mithin die Anfrage und deren
Beantwortung zusammen nur 4 Std. 40 Min.
Theater. (Spielplan). Mittwoch, 5. Feber
Benefiz für Julius Krems „Kabale und Liebe“
von Fr. Schiller. Donnerstag, den 6. Februar
zum zweiten Mal „Der Trompeter von Säkkingen“
von Hildebrandt.“ Freitag, den 7. Februar:
„Deborah oder Christ und Jüdin“ von Mosenthal.
Die Bahn nach Adorf. In der Sitzung der
Egerer Handels- und Gewerbekammer vom
18. v. M. wurde bemerkt, daß für die Fortsetzung
der Asch-Roßbacher Bahn nach Adorf im nächsten
Jahre 30.000 fl. beantragt werden. Bei den
Projekten Schlackenwerth-Merkelsgrün und Karls-
bad-Merkelsgrün sei dagegen gegründete Hoffnung
vorhanden, daß eines dieser beiden Projekte ohne
Inanspruchnahme der Staats- oder Landeshilfe
hergestellt werde.
Roßbach, 3. Febr. Verflossenen Sonntag
fand hier im Saale des Herrn Adam Sörgel
eine große allgemeine Geflügel- und Kaninchen-
Ausstellung statt, die sehr reich beschickt war.
Vertreten waren die sogenannten Fleischhühner:
Cochin, helle Brama, Plymouth-Roks, schwarze
Langshahn, Gold- und Silber-Wyandottes, schwarze
La flesche und schwarze Creve-Ceures. Dann
folgten die Nutzhühner, Eierleger: 11 Nummern
schwarze Minorkas (22' und 25 leer) und weiße,
schwarze, rebhuhnfarbige und gesperberte Italiener.
Den Hintergrund des Saales nahmen Enten und
Gänse, wahre Prachtexemplare, ein. Hamburger
Gold- und Silber-Sprenkel setzten die Reihe der
Hühner fort. (49 leer), 50 eine Perlhenne,
51—54 wieder schwarze Minorkas, 55 Butschi
Chabo, dann einige Nummern Bantams, endlich
einige Zwerghühner. Den Schluß bildeten die
Kaninchen. Die Mitte des geräumigen Saales
nahmen die Taubenkäfige ein.
Preise erhielten: auf Hühner: Auf gelbe
Cochin Herr Adam Sörgel-Roßbach 3. Preis;
auf schwarze Minorka Herr J. G. Bambach“
Gottmannsgrün 2. Preis, auf schwarze Minorka
Herr Hermann Ludwig-Asch (Forst) 2. Preis;
desgl. Herr Wilh. Grässel-Rehau 3. Preis;
auf 1,2 weiße Italiener Herr Karl Hendel-
Roßbach die broncene Staatsmedaille; auf 1,2
rebhuhnfarbige Italiener Herr G. E. Rothemund
Rehau den 2. und auf 1,2 gesperberte Italiener
Herr M. Wunderlich-Rehau den 3. Preis, auf
rebhuhnfarbige Italiener Herr Louis Günther-
Roßbach die broncene Staatsmedaille; auf
Hamburger Goldsprenkel Herr Ed. Roßbach-Roßbach
den 1., auf desgl. Herr Joh. Künzel Roßbach
den 3. und auf desgl. Herr Reinhard Schneiden-
bach-Arnoldsgrün den 3. Preis, endlich auf 1,2
schwarze Minorka Herr Ernst Götz-Asch den
3. Preis.
Auf Gänse und Enten: Auf weiße Tou-
louser Gänse erhielt Herr Lindenhof-Asch (?) die
silberne Staatsmedaille; auf weiße Peking-Enten
bekam Herr Adolf Ritter-Roßbach den 1. und
auf desgl. Enten Herr Wilhelm Adler-Regnitzlosau
den 2. Preis.
Auf Kaninchen erhielten: Auf goldgelbe
Widderkaninchen Herr Christian Voit-Asch den
1. Preis; derselbe auch den 1. Preis auf graue
engl. Widderkaninchen. Auf Silberhasen empfing
Herr Aug. Seifert-Roßbach den 3. Preis; auf graue
Widderkaninchen (sog. belgische La pain) Herr
Christian Dölling=Roßbach den 2., auf gelbe
Widderkaninchen Herr Christian Künzel Roßbach
den 3., auf graue desgl. Herr Gustav Zapf-
Roßbach den 2. und auf belgische Riesen Herr
Joh. Hendel-Roßbach den 3. Preis.
Auf Tauben erhielten: Herr Karl Hendel-
Roßbach auf gelbe franz. Bagdetten die bronzene
Staatsmedaille, Herr Aug. Müller-Sohl auf
weiße Brünner Kröpfer den 3. Preis, Herr
Louis Günther-Roßbach auf blau schimmernde
Lockentauben den 3. Preis, Herr Ewald Spengler-
Markneukirchen auf rothe Weißschwänze den 1. Pr.
Herr Rud. Dräßler-Roßbach auf schwarze Staar-
hälse den 2. Preis, Herr Chr. Schneider-Asch
auf schwarzgestreifte Schwalben den 2. Preis,
Herr Chr. Voit-Roßbach auf gelbe Schwalben
den 2. Preis, Herr Andr. Wunderlich-Asch auf
weiße Stralsunder Hochflieger den 1. Preis, Herr
Rud. Dräßler-Roßbach auf gestreifte Eistauben
den 3. Preis und Herr Aug. Hundhammer-Roß-
bach auf Silber-Blassen einen 5. Preis.
Eger, 4. Feber. Die hiesige Polizei ist zweier
Individuen habhaft geworden, welche es auf die
Plünderung der Opferstöcke in der Erzdekanale
abgesehen und diese Absicht zum Theile auch
erreicht hatten. Der erste, auf frischer That er-
tappte Dieb nennt sich Prochaska, nach Melnik
zuständig, der zweite ist ein gewisser Ruschitschka
aus Ungarn. Bei beiden wurden Leimruthen
und mit Vogelleim beschmutztes Geld gefunden.
Graslitz, 4. Februar. (Ein Juden-
Ball.) Sonntag, den 2. Februar l. J.
fand im Saale des Gasthofes „zum weißen
Schwan“ der diesjährige Standschützenball statt.
Das Stiegenhaus und der Saal waren in schwarz-
roth-goldenen Farben geschmackvoll ausgeschmückt.
Von den Anwesenden fielen bes. auf: Herr Jakob
Kohn, Branntweinerzeuger und Ausschänker sammt
Gemalin, Herr k. k. Bezirksarzt MuDr. Josef
König sammt Gemalin, Herr JUDr. Leopold
Steindler sammt Gemalin, Herr JuDr.
Wilhelm Eisenberger sammt Gemalin, Herr
Dr. M. Mändl aus Falkenau, Herr Dr.
Heinrich Bräunl, Herr Kassier Kohn sammt
Fräulein Schwester — und bescheiden im
Hintergrunde der als Gast anwesende, in Eger
seßhafte Herr Branntwein- und Balsam-Erzeuger
Heinrich Bloch. — Wozu denn die schwarz-roth-
goldene Ausschmückung für diese Judengesellschaft?
Bund der Deutschen in Böhmen. In Prag
fand Sonntag Nachmittags eine erweiterte Bundes-
leitungssitzung mit Beiziehung der Ortsgruppen-
obmänner statt, an welcher ungefähr 60 Orts-
gruppen mit beiläufig 100 Vertretern theilnahmen.
Den Vorsitz führte der Bundesobmann Dr.
Schücker. Die Berichte des Geschäftsleiters
Dr. Feiler, sowie des Bundeszahlmeisters
Zulkowsky wurden mit großem Beifalle zur
Kenntniß genommen. Hienach betrug die Zahl
der Ortsgruppen 134, wovon 90 konstituirt sind,
die der Mitglieder rund 12.000. Die Gesammt-
einnahmen des Bundes im zweiten Halb-
jahre (seit der letzten Hauptversammlung bis
zu Neujahr) beliefen sich auf 20.000 Kronen,
gegen 8000 Kronen im ganzen Vorjahre). Die
Zahl der Gründer beträgt 146, der Gründungs-
sond 4200 Kronen. — Obmannstellvertreter
Kießlich forderte die Ortsgruppen auf, sich mit der
Frage der Eintheilung des Bundesgebietes in Gaue
zu befassen, und gab diesbezüglich mehrfache An-
regungen. Die Entscheidung erfolgt in der nächsten
Hauptversammlung. — Als Ort für dieselbe
wurde, nachdem Dr. Herold namens der Orts-
gruppen Brüx die diesbezügliche Einladung über-
bracht hatte, diese Stadt bestimmt, als Tage der
28. und 29. Juni. — Bundesleitungsmitglied
Knieschek erörtert die Stellungnahme zu den
übrigen nationalen Schutzvereinen. Es wurde
beschlossen, den liberalen Schutzverbänden zwar
keineswegs feindlich gegenüberzutreten, doch sei
infolge der vielfachen Angriffe und Verdächtigungen
seitens der liberalen Partei und deren Schutzver-
bände jeder Verkehr nur auf das Allernoth-
wendigste einzuschränken. Dagegen sei mit den
nationalen Schutzvereinen „Nordmark“, „Süd-
mark“, „Bund der Nordmährer“, Bund
der Germanen“ ein freundschaftliches Ver-
hältnis anzuknüpfen und behufs einigen Vor-
gehens und Zusammenarbeitens auf nationalem
Gebiete ein Vertretertag der genannten Vereine
für die nächste Zeit, und zwar nach Wien ein-
zuberufen. Durch Erledigung mehrerer einge-
brachter kleinerer Anträge schloß Dr. Schücker
die Versammlung mit dem Wunsche, der Bund
möge auch weiterhin so kräftig blühen und ge-
deihen.
Herr Holzinger. Abgeordneter Pacher sagte
im n.-ö. Landtage am 22. Jänner:
„Die Regierung ist bereits zu gewohnheits-
mäßiger Gesetzesverletzung gelangt, gerade so, wie
der Landesgerichtsprafident Holzinger
als gewohnheitsmäßiger Justizmörder
in der ganzen juridischen Welt be-
zeichnet wird und es Aufgabe des letzten
Justizministers war, solche Individuen im
Fustizdienste zu befördern, von denen
er wußte, daß sie das Recht gewaltsam
beugen.““
Um der Beschlagnahme vorzubeugen, drucken
wir diese unter dem Schutze der Imunität
stehende Rede ab, ohne sie „in Zusammen-
hang zu bringen“.
Das nächste Kreisturnfest. Da die Unter-
handlungen wegen Uebernahme des nächsten
Kreisturnfestes, welches für das heurige Jahr
in Graz geplant war, nicht das gewünschte Er-
gebnis lieferten, hat der Kreisturnrath mit der
Stadtvertretung und dem „Deutschen Turnverein“
in Reichenberg Verhandlungen angeknüpft
und soll die Abhaltung des nächsten Kreis-
turnfestes im heurigen Sommer in
Reichenberg ziemlich gesichert sein.
Das Präsidium der Prager tschechischen Aus-
stellung wurde Montag vom Kaiser in Audienz
empfangen und überreichte dabei ein Album mit
50 Platinotypen, welches ein Gewicht von
35 Kilohat.
Der Saazer Stimmendieb.
Die Saazer Judenliberalen, insbesondere der
Vollblutjude Dr. Freund sind wieder einmal
moralisch geohrfeigt worden. Man schreibt aus
Saaz über eine Skandalgeschichte, die noch aus
der Zeit der Landtagswahl datirt, unterm
28. v. M. Folgendes: „Die hiesigen Juden
und Judenliberalen haben eine Schlappe erlitten,
an die sie wohl noch lange denken werden. —
Bekanntlich wurde bei der Landtagswahl im
November v. J. der liberale Tschechenfreund Dr.
Karl Urban nur durch an galizische Zustände er-
innernde Wahlbeeinflussungen und mit einer
geringen Mehrheit zum Abgeordneten gewählt.
In dem gegen die Wahl des Dr. Urban über-
reichten Proteste ist das Vorgehen der hiesigen
Juden so recht geschildert; um jedoch zu zeigen,
daß man sich sogar des Stimmendiebstahles be-
diente, um den liberalen Kandidaten durch-
zubringen, wollen wir eines Falles gedenken, der
vor dem hiesigen Strafgerichte Donnerstag zum
Austrage kam. Dr. Freund erhob nämlich gegen
die Deutschnationalen Karl Grünert, Gustav
Dateiname:
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