Text auf der Seite 5

Text: 
worden. Vor dem Bezirksgerichte und in zwei Gassen fand man noch fünf adjustirte Zündschnüre mit Kapseln. Man vermuthet, daß nationaler Haß dem Attentate zugrunde liegt; der Thäter ist bisher nicht ausgeforscht worden. Die Satzungen des Bundes der Deutschen Westböhmens, der Ortsgruppen „Bärringen in Böhmen (Bez. Joachimsthal), „Platten bei Joachimsthal“ und „Kaaden in Böhmen“, des gesellschaftlichen Vereines „Abendtisch“ in Seeberg (Bez. Eger) und des politischen Vereines „Vor- wärts“ in Eger sind von der k. k. Statthalterei bestätigt worden. — Kleine Landesnachrichten. Handelsminister Graf Wurmbrand wird nächstens Nordböhmen bereisen und unter Anderem auch Karlsbad und Marienbad besuchen. — Kürzlich hat sich in Theresienstadt ein Unteroffizier der Artillerie erschossen. Derselbe sollte wegen Veruntreuung von drei Fünfkreuzer- marken in strafgerichtliche Untersuchung gezogen werden und aus Angst vor der schmachvollen Strafe entschloß er sich zum Selbstmorde. — Montag Früh blieben 1700 Bauarbeiter von den Bauplätzen in Reichenberg fern, um den Ausgang der Unterhandlungen mit den Meistern abzuwarten. Morgen erfolgt der Bescheid der Baumeister. Tagesneuigkeiten. Kleine Nachrichten. Der Kaiser verläßt morgen Madonna di Campiglio und trifft am nächsten Tage in Ischl zum Sommeraufenthalt ein. Sonnabend Vormittag erfolgte in der Kanzlei des Karl-Förderschachtes in Karwin eine Explosion schlagender Wetter. Die angesammelten Gase strömten durch die Mauern. 4 Personen wurden leicht verletzt. Der dabei entstandene Brand wurde sofort gelöscht. — Ein ungarischer Magnat, Graf Gabriel Benetzky, der im Pester Komitat reich begütert ist und' in den besten Verhältnissen lebte, hat sich am 5. d. erschossen. Die Motive sind unbekannt. Benetzky galt als ein hervor- ragender Landwirth und gehört einer der ersten Familien Ungarns an. — Aus Temesvar wird gemeldet, daß in Süd-Ungarn den Gemeinden das Abonniren deutscher Zeitungen als Gemeindeorgane verboten worden ist. Fortan dürfen blos magyarische Zeitungen gehalten werden, selbst in jenen Ge- meinden, wo' die Bevölkerung oft kein Wort magyarisch versteht. — Freitag Nachmittag brach in einer Holz- niederlage in Groß-Preskerek Feuer aus, welches sich infolge des herrschenden starken Windes auf das andere Ufer der Becsa verbreitete. Sämmt- liche am Ufer stehende Häuser wurden von den Flammen erfaßt. Das ganze Ufergelände wurde vernichtet. — Dem „Hamb. K.“ zufolge ist die Abreise des Fürsten Bismarck nunmehr für heute fest- gesetzt. Der Fürst wird zunächst einige Tage in Schönhausen verweilen und sodann die Reise über Berlin fortsetzen. — Ein Verehrer Bismarcks, der Hoflieferant F. Witzleben in Leipzig, läßt in seiner Heimaths- stadt ein Gebäude aufführen, das den Namen „Bismarckhaus“ tragen soll. Die Kosten des Hauses, das der Unternehmer selbst bewohnen wird, belaufen sich auf anderthalb Millionen. Davon sind 150.000 Mark allein für die künstlerische Ausschmückung ausgesetzt, die sich auf Bismarck bezieht. In dem Prozeß gegen den Bankier Häslein in Bayreuth wurde derselbe zu 7 Jahren Zucht- haus und 10 Jahren Ehrverlust verurtheilt. — Aus Brüssel, 7. d. wird gemeldet: Auf der Eisenbahnlinie Brüssel—Calais ereignete sich eine furchtbare Katastrophe. Zwei Schnellzüge stießen in Roubaix zusammen. Vier Reisende blieben todt, 20 wurden verwundet, 11 Wagen sind zertrümmert. — Das Pariser Kriegsgericht hat General Edon, welcher den Unterlieutenant Schiffmacher während einer Revue durch Unvorsichtigkeit ge- tödtet hatte, freigesprochen. — Im englischen Schneidergewerbe droht ein Riesenausstand auszubrechen. Der Generalsekretär des internationalen Gewerbevereins der Schneider und Presser, Louis Lyons in London, erklärte, es möchte eine halbe Million Menschen beider Geschlechter sich an dem Streike betheiligen. Der Hauptzweck sei, die Arbeitszeit einheitlich zu regeln. Die Vorbereitungen zum sozialen Kampfe wären schon geraume Zeit hindurch getroffen worden. — Der aus Konstantinopel nach Odessa gegangene Passagierdampfer „Wladimir“ stieß Montag nachts mit einem italienischen Dampfer bei Eupatoria zusammen. „Wladimir“ ging unter. Ein Theil der Passagiere wurde gerettet; etwa 60 Menschen sollen ertrunken sein. Die Bezüge des Präsidenten der französischen Republik. In dem Augenblicke, da Hr. Casimir Perier das ihm von der Nationalversammlung übertragene Amt antritt, ist es von Interesse, einige wenig bekannte Einzelheiten über den Gehalt des französischen Staatsoberhauptes zu verzeichnen. Das interessanteste daran ist gewiß der Umstand, daß die Bezüge des Präsidenten der Republik weder durch die Verfassung noch durch ein Gesetz bestimmt sind; sie werden einfach alljährlich im Budget aufgeführt. Das Gehalt ist seit dem Finanzgesetze vom 16. Sept. unverändert geblieben, nämlich 600.000 Franks jährlich, die Repräsentations- und Reisekosten wurden 1873 von 162.400 Francs auf 300.000 und 1876 auf die jetzige Ziffer von 600.000 Francs erhöht. Herr Casimir Perier bezieht demnach jährlich 1,200.000 Francs, die ihm monatlich in zwei besonderen Anweisungen von je 50.000 Franks ausgezahlt werden. Gleich allen anderen Staatsbeamten bezieht der Präsident der Republik seinen Gehalt erst vom Tage seines Amtsantrittes, also erst von dem Tage an, da seine Wahl im „Journal Officiel“ veröffentlicht wurde, vom 28. Juni. So wurden dem Präsidenten am 30. Juni für die ersten drei Tage seiner Amts- wirkung 9999 Francs 90 Centimes ausgezahlt. Allerdings werden dem Präsidenten der Republik keine Gehaltsabzüge für die Pensionskasse gemacht. Die französischen Könige und Kaiser bezogen 25 Millionen jährlich!! König Alfonsos Leibbataillon. In San Sebastean wird schon seit Wochen für den König Alfonso XIII., der am 10. d. mit der Königin- Regentin dort zum Sommeraufenthalte eintrifft, ein eigenes Kinderbataillon einexerzirt, das immer bei festlichen Gelegenheiten vor ihm ausrücken wird. Das Bataillon besteht aus 400 Schul- Kindern im Alter von 5 bis 9 Jahren; in demselben sind alle Klassen vertreten. Die Uniform besteht aus blauer Jacke und blauer Hose und einer rothen Kappe. Das Bataillon, das sechs Kompagnien zählt, hat seine eigene Genietruppe, dann fünfzig Hornisten und eine entsprechende Anzahl Tambours. Ein Offizier der spanischen Armee exerziert diese Miniatur-Soldaten ein, die schon bei der Ankunft des Königs in Parade ausrücken werden. Warnungstafel. Der Gesundheit schädlich sind: 1. Saccharin und alle saccharinhaltigen Nahrungsmittel und Getränke, weshalb bereits in mehreren Staaten, z. B. Frankreich, verboten. 2. Gebläuter Zucker. Reiner Zucker schadet nie und nirgends, alle Gesundheitsschädigungen durch Zuckersachen rühren, sofern nicht giftige Farben genommen sind, von dem Waschblau (Ultramarin) her, mit welchem die meisten Rübenzuckerfabrikanten dem weißen Hut- und Würfelzucker ein besseres Aussehen geben wollen. Man verlange in Kauf- läden, Kaffeehäusern, Gasthäusern u. s. w. stets ungebläuten Zucker und weise gebläuten mit Entrüstung zurück. Welche Zuckersorten bläuefrei sind, weiß jeder Kaufmann. 3. Lebensmittel in Staniol verpackt, ganz besonders Käse, Chokolade u. s. f., von der Polizeibehörde in Algier deshalb verboten. 4. Sog. denaturierter Spiritus ist nicht nur zu Genußzwecken untauglich, sondern wirkt auch als Brennspiritus durch den Giftbeisatz gesundheitsschädlich, weil luftverpestend. Die Hinterlassenschaften berühmter Tonsetzer. Bei Mozarts Tode waren an baarem Gelde 60 Gulden vorhanden. Das ganze Inventar einschließlich der kleinen Musikalienbibliothek hatte einen Schätzungswerth von kaum 400 Gulden. —- Beethovens Hinterlassenschaft gestaltete sich besser: Nach der Mittheilung des Kurators be- trug das ganze Aktivvermögen an Baarschaft, Erlös für verkaufte Möbel und Musikalien 10.232 Gulden Konv.-M. Davon gingen ab an Krankheits- und Beerdigungskosten, sowie gericht- lichen Gebühren 1213 Gulden, so daß rein erübrigt wurden 9019 Gulden. Der Kurator, Dr. Bach in Wien, bemerkte hierzu: „Daß dieser geringe Vermögensnachlaß dem Verdienste dieses großen Meisters nicht angemessen war, ist wohl richtig und würde auf seine Zeitgenossen ein schlimmes Licht werfen, wenn die Ursachen dieses Zustandes nicht in der Denk- und Handlungs- weise desselben gesucht werden müßten. Er war nur Meister, er kannte nur die Kunst, die Vor- theile davon ließ er Anderen übrig.“ — Zum Erbarmen ist — nach den im Archiv des k. k. Wiener Landesgerichtes besindlichen Franz Schubert'schen Verlassenschaftsakten — der Nach- laß des großen, unerreichten Liederkomponisten. Derselbe bestand in folgenden gerichtlich ge- schätzten Sachen: 3 Gehröcke, 3 tuchene Fracks, 10 Beinkleider, 9 Westen, zusammen im Werthe von 37 Gulden; 1 Hut, 5 Paar. Schuhe, 2 Paar Stiefel, Werth 2 Gulden, 4 Hemden, 9 Hals- und Sacktücheln, 13 Paar Socken, 1 Leintuch, 5 Bettzüchen im Werthe von 8 Gulden; 1 Matratze, 1 Polster, 1 Decke, im Werthe von 6 Gulden; einige alte Musikalien, geschätzt auf 10 Gulden. Außer diesen genannten Sachen im Gesammtwerthe von 63 Gulden war an irdischen Gütern vom Sänger des „Erlkönigs“ nichts vorhanden. Die bis heute bekannten Lieder (mit Klavierbegleitung) Franz Schuberts erreichen beiläufig die Zahl von 600. Zu diesen sind noch die berühmten Werke in den verschiedenartigen Genres der Kirchen-, Konzert-, Kammer- und Hausmusik zu zählen. Ein winzig kleiner Theil des für die Verleger reichen Ertrages vieler dieser Werke hätte hingereicht, um die von dem Vater des Verewigten mühsam bestrittenen Krankheits- und Beerdigungskosten zu decken. Schuberts Vater war ein mit acht lebenden Kindern gesegneter armer Schullehrer in der Rossau (Wien). Wie es Theaterdirektoren machen. Aus der Schule geplaudert hat jüngst der Theaterdirektor Werden Grossmith, als er in einem Kreise von Freunden die Geschichte zum Besten gab, wie er zu seinem erfolgreichsten Stücke gelangte. „Vor drei Monaten etwa war's, da gab mir Robert Ganthony ein Stück mit der Bitte, es recht bald zu lesen. Ich versprach's ihm und steckte das Stück wirklich zu mir. Irgendwo aber mußte ich das Manuskript verloren haben, denn als ich es — weglegen wollte, war es verschwunden. Abends fragte mich Ganthony, mit dem ich zufällig zusammentraf: „Nun haben Sie's schon angesehen?“ — „Was fällt Ihnen ein“, sage ich, „so schnell geht es doch nicht.“ Und nun fragte er mich jeden Tag: „Nun haben Sie's schon gelesen?“ bis ich ihm endlich eines Tages sagte: „Ja heute habe ich damit angefangen.“ „Wirklich? Und wie gefällt es Ihnen?“ „Hm, offen gestanden, der Anfang ist ein bischen gedehnt, aber mit ein paar Strichen wird man da nachhelfen können.“ Am nächsten Tage fragte er wieder: „Nun?“ — „Hm, mein Lieber“, entgegnete ich ihm, „diesmal haben Sie sich nicht aus- gezeichnet, die Idee ist zwar nicht übel, aber einige Charaktere sind verfehlt und die ganze Sache ist zu durchsichtig.“ „Aber erklären Sie mir ...“ „Ich habe jetzt keine Zeit zu Er- klärungen. Ich lese es morgen aus, dann werde ich Ihnen meine Ansicht sagen!“ Und am nächsten Tage sagte ich ihm: „Lieber Freund, das Stück taugt nichts, schreiben Sie mir ein anderes, aber das gebe ich absolut nicht.“ „Sie haben es also gelesen?“ fragte er mich, „wirklich gelesen?“ fragte er mich, „wirklich gelesen?“ „Na, gewiß, wenn ich's sage.“ „Hm“, meinte er und zog ein Manuskript heraus, „wie kommt's, daß ich das Ding von einem ehrlichen Menschen, der es auf der Straße fand, am selben Tage zurück- erhielt, an dem ich es Ihnen gab?“ „Sie haben es zurückbekommen?“ rief ich, „geben Sie her! Ich nehme es mit und lese es sofort.“ „Nein“, sagte er, „Sie lesen es gleich hier oder gar nicht.“ Ich seufzte, fügte mich und las es, und „das Stück, das nichts taugte“, wurde mein größter Erfolg.“ Was ist ein Vogelnest werth? Denken wir uns ein Staar-, Drossel-, Finken- oder Roth- schwänzchennest und in jedem derselben 5 Junge. Jedes Junge braucht erfahrungsgemäß täglich im Durchschnitt 50 Raupen, das macht auf ein Nest an einem Tage 250 Stück. Die Fütterung der Jungen dauert etwa 30 Tage, macht 7500 Raupen. Jede Raupe frißt täglich so viel an Blättern und Blüthen, als sie schwer ist. Wenn nun jede Raupe täglich eine Blüthe abfrißt, so bringen uns die 7500' Raupen um 7500 mal 30 Früchte, das gibt 225,000 Früchte. Ange- nommen, jede hundertste Blüthe hätte uns eine Frucht geliefert, so hätten wir durch die Raupen, welche von einer Staarenfamilie während dreißig Tagen verzehrt werden, doch noch 2200 Aepfel oder Birnen weniger.
Dateiname: 
soap-ch_knihovna_ascher-zeitung-1894-07-11-n55_2565.jp2