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Wie erwirbt man das Heimathsrecht?]
Der Anspruchsberechtigte muß ein Gesuch
um Aufnahme in den Heimathverband an die
betreffende Gemeindevertretung, in Städten mit
eigenem Statut an den Magistrat richten. Das
Gesuch ist stempelfrei und kann, wenn alle Er-
fordernisse zutreffen und namentlich der zehn-
jährige Aufenthalt in der Gemeinde nachgewiesen
wird — durch Bestätigung der Polizei oder
durch Zeugen nicht abgewiesen werden.
Dem Gesuch eines Inländers um Aufnahme
in den Gemeindeverband muß also beigelegt
werden: 1. Der Tauf- oder Geburtsschein, dann
der Heimathschein zum Nachweis des erforder
lichen Alters und der österreichischen Staats-
bürgerschaft. 2. Der Nachweis des ununter-
brochenen freiwilligen zehnjährigen Aufenthaltes
in der Gemeinde nach Eintrittder Eigenberechtigung.
Ueber die Modalitäten des eventuellen Nach-
weises durch Zeugen wird noch eine eigene Kund-
machung erlassen werden.
Die Ausländer
Ausländer und solche Personen, deren Staats-
bürgerschaft nicht nachweisbar ist, haben wie
schon erwähnt, denselben Anspruch auf das Hei-
mathsrecht wie die Inländer, nur müssen sie zu-
erst die Zusicherung der Aufnahme in den Hei-
maths Verband auf demselben Wege ansuchen,
wie die Inländer. Ein zweites, mit vier Kronen
zu stempelndes Gesuch hat der Ausländer an
die Statthalterei zu richten um Aufnahme in
den österreichischen Staatsverband, was natürlich
die Entlassung aus dem früheren Staatsverbande
bedingt, um die bei der Heimatsbehörde an-
zusuchen ist.
Die Erledigungsfrist.
Die Gemeinde, bei welcher unter Beibringung
der erforderlichen Nachweise um das Heimaths-
recht angesucht wird, muß dieses Gesuch inner-
halb sechs Monaten erledigen; geschieht dies nicht,
so ist die vorgesetzte, politische Behörde berufen,
Abhilfe zu treffen. In Städten mit eigenem
Statut ist dies die Statthalterei, in anderen Ge-
meinden die Bezirkshauptmannschaft. Im Falle
der ungerechtfertigten Abweisung kann man an
dieselben Behörden rekurrieren.
Selbstverständlich können nach wie vor die
Gemeinden auch anderen Personen, bei denen die
oben angeführten gesetzlichen Erfordernisse nicht
zutreffen, das Heimathsrecht verleihen. Darüber
entscheiden sie selbst wie bisher nach freiem Er-
messen und mit Ausschluß jeder Berufung, aber
ohne Beschränkung oder Bedingungen. Bei einer
solchen freiwilligen Aufnahme in den Gemeinde-
verband sind die vorgeschriebenen Gebühren zu
bezahlen, während für das „ersessene“ Heimaths-
recht keinerlei Gebühreneinhebung zulässig ist.
Die Krüger-Debatte im deutschen
Reichstag.
Die vergangene Woche zeigte den deutschen
Reichstag auf dem Gebiete der hohen Politik.
Die Volksvertreter forderten vom Reichskanzler
Rechenschaft wegen des Nichtempfanges des
Präsidenten Krüger. Heiße Worte des Tadels
fielen, man griff die Regierung heftig an, zeihte
sie der Furcht vor England und einer Schwieger-
mutterpolitik. Kräftig tönte der begeisternde
Wiederhall des herrlichen Volksempfindens in der
Burensache aus dem Munde der Volksvertreter,
doch nur ein Redner traf das nationale Moment,
das in der Burenbewegung liegt, mit glänzenden
Worten. Den Höhepunkt der Debatte bildete
die Rede des nationalliberalen Abgeordneten
Prof. Hasse, der als Vorsitzender des alldeutschen
Verbandes eben von Haag gekommen war, wo
er im Namen des Verbandes dem greisen Führer
der Buren Huldigung und Willkommen entgegen-
gebracht hatte. Mit Ehrfurcht und voll hoher
Liebe sprach er von dem Greise, den er kurz
zuvor ins treue Auge geblickt hatte, von dem
Patriarchen, dem seines Volkes gerecht' Beginnen
heilig ist und der mit unermüdlicher Sorge über
seines Volkes Ehre und Freiheit wacht, mit
hohem Stolz von den deutschen Stammesbrüdern,
die um ihr nationales Sein in heißem Kampfe
stehen und die auch für uns gekämpft haben.
Dann geißelte er die Eigenschaft der Deutschen,
stets zuviel auf die Meinung des Auslands zu
geben, anstatt sich ihres vollen Wertes bewußt
zu bleiben und ging der Regierung wegen ihrer
zweideutigen Haltung in der Burenfrage energisch
zu Leibe. Gegen all diese Angriffe hatte der
Reichskanzler natürlich einen schweren Stand,
mit glänzender Rhetorik und eleganten Wendun-
gen suchte er über die Hindernisse hinwegzu-
kommen, so daß die offiziösen Zeitungen ihm
volles Lob spenden.
Und doch hat er eine Lösung des Räthsels
nicht gebracht, seine Antworten haben den ernst
und national Denkenden nicht befriedigt. Er
hatte eben einen Schritt zu vertheidigen, der nicht
vertheidigt werden kann, weil er, trotz aller offi-
ziellen Schönfärberei, ein Mißgriff war und
bleibt.
Die Politik eines großen Staates muß durch
und durch national sein. Verfehlt sie diese ihre
Hauptaufgabe, so folgt früher oder später die
Rache. Im südafrikanischen Kriege stehen unsere
Interessen — um einen Lieblingsausdruck unsrer
Offiziösen zu gebrauchen — unser Empfinden
und Denken einmütig auf Seite der Buren. Sie
kämpfen für uns, weil ein englisches Südafrika
unsere Kolonien aufs ernsteste bedrohen würde,
sie kämpfen für uns, weil sie England, mit dem
wir einstens für alle Schmach, die es uns an-
that, eine gewaltige Abrechnung halten müssen,
auf Jahre hinaus schwächt, sie haben bereits für
uns gesiegt, indem sie uns Samoa erwarben.
Sie sind von gutem, deutschen Stamme, wetter-
hart, treu und sittenrein, Blut von unserem
Blute, Fleisch von unserem Fleische. — Was
zieht uns hingegen zu England? Ist die Schmach
vergessen, die es uns anthat, als es zu Beginn
dieses Jahres mit frechem Raube unsere Schiffe
stahl, ist die Schmach vergessen, die in dem Worte
Samoa liegt? Die Engländer hassen uns, weil
die Intelligenz, die Arbeitskraft und der Fleiß
unseres Volkes ihre industrielle Suprematie aufs
schwerste bedrohen wohlan, es soll unsre beste Sor-
ge sein, es ihnen in diesem Hasse gleichzuthun.
Unsere Stellung in der Burenfrage ist so natür-
lich und klar vorgezeichnet, daß man erstaunt sein
muß, sie nicht eingenommen zu sehen. Es wird
ja kein vernünftiger Mensch verlangen, daß wir
uns deswegen mit England in einen Krieg stür-
zen; denn das könnte bei unseren heutigen Macht-
verhältnissen zur See allzuleicht unser Ruin sein,
aber ihre Sympathien für die Buren hätte unsere
Regierung offen zeigen sollen. Den Präsidenten
Krüger hat man nicht empfangen, als Entschul-
digung führt man leere Etiquettenfragen an.
Diese Enschuldigung wäre zu lächerlich, wenn die
damit verbundene Thatsache nicht so furchtbar
ernstwäre. Man hat einen Rhodes empfangen
und den Prinz von Wales begrüßt, den wirk-
lichen Edelmann, den treuen, offenen Burenprä-
sidenten hat man zurückgewiesen. Liebedienerei
gegenüber England war dieser Nichtempfang, das
ist das Volksempfinden bei uns und keine noch
so glänzende Widerrede ändert diese Meinung.
Es ist dasselbe schwächliche Gefühl, das heuer
unsere Offiziösen bewog, von der Feier des Sedan-
festes abzurathen, weil gerade zu jener Zeit
Franzosen und Deutsche in einem entfernten
Winkel der Welt gegen einen gemeinsamen Feind,
keineswegs aber für ausschließlich deutsche In-
teressen kämpften. Man scheint in den oberen
Kreisen keine Ahnung zu haben, daß die Nicht-
achtung des Volksempfindens, die Ableugnung
jedweden Idealismus in der Politik, jenes Em-
pfindens, das unseres Volkes herrlichstes Erbtheil
ist, sich unter Umständen furchtbar rächen kann.
An politischem Ansehen hat Deutschland durch
seine Stellung in der Burenfrage verloren, das
zeigen die ausländischen Preßstimmen, das Ver-
trauen in unsere Politik ist erschüttert. Gottlob
nimmt das deutsche Volk eine so unzweideutige,
begeisterte Stellung für das kleine, bedrängte Volk
ein, daß die Nachwelt nicht den Vorwurf erheben
kann, der deutsche Idealismus sei erstorben in
der Welt. Glänzend war der Empfang Krügers
in Köln, von hoher Begeisterung zeugen die
„Burenversammlungen“ in München und Ham-
burg, und gewaltig wird ferner unsere Stimme
für die Buren erschallen. Sie sind in letzter
Woche glänzend Sieger geblieben und England
wird noch erfahren, daß ein freies, starkes Volk,
das fest im heimischen Boden wurzelt, nicht aus
zurotten ist und noch mancher Soldat des „stolzen
Angellandes“ wird sein Leben lassen müssen für
Bastard Rhodes und Consorten und kein „dolce
et decorum est pro patria mori“ wird in
ihm in der Todesstunde Freude und Stolz wecken.
Uns Deutschen aber wäre etwas von dem
starren Festhalten an seinem Stamme, von dem
Anspruch auf die Aufnahme in den Heimaths-
verband können erheben: 1. Der nach dem Gesetze
Anspruchberechtigte selbst. 2. Dessen Nachfolger
im Heimathsrechte (Kinder und Ehegattin.) 3.
Die bisherige Heimathsgemeinde.
Briefe aus dem Reich.
dem Heere waren mir als Mitschuldigen, der
ich war, doch sicher. Es hatte ja auch den An-
schein, als ob nichts an den Tag kommen
werde. Rheinfeld war schon seit Wochen auf
dem Gute seines Vaters, als die Sache durch
eine Unvorsichtigkeit des französischen Militär-
Attachee an den Tag kam. Wie Du weißt, hat
sich Rheinfeld erschossen. Vorher aber hatte er
einen Brief an den Chef des Generalstabes ge-
richtet, in welchem er alles bekannte. Man hat
ihm aber wohl nicht geglaubt und mir den
gleichen Antheil der Schuld zugeschrieben “
„Nun — und Du — da 8rûben —?
„Du weißt, ich habe von dem Vermögen
Deiner Mutter keinen Heller mitgenommen nach
drüben. Nur, einige tausend Mark, die Reste
meines eigenen Vermögens, hatte ich am Morgen
vor meiner Abreise von der Deutschen Bank
erhoben. Davon kaufte ich mir eine Farm
und wurde was mein Vater war und mein
Bruder ist — Landwirth. Es ging mir gut,
aber ich wagte keine Nachricht zu geben und
nur mit dem alten Rheinfeld, den ich von der
Kriegsschule her kannte, blieb ich in Verbindung.
Der Krieg gegen Spanien kam, ich verkaufte
meine Farm um das zehnfache des Einkaufpreises
und trat unter die Flaggen der Union. Als
man entdeckte, daß ich ehemaliger, preußischer
Offizier, ja Generalstäbler gewesen, gab man mir
eine Hauptmannsstelle und ich avancierte sehr rasch
zum Major und zum Oberst. Nach dem Kriege
fing ich in Chikago ein Kommissionsgeschäft an,
das ausgezeichnet prosperirte. Aber es trieb
mich ein unwiderstehlicher Drang, die Heimath,
und die Meinen wiederzusehen. Niemand hat
mich bis jetzt erkannt. Der lange, braune Schnurr-
und Vollbart, wie auch Du jetzt trägst, ist ge-
fallen, Mund und Kinn, deren Form Du nie
gekannt, weil sie immer von einem Wald von
Haaren überwuchert waren — liegen frei.
Fünfzehn Jahre sind an diesem Gesicht nicht
s urlos' vorübergegangen und niemand erkannte
in dem Colonel Smiling den Oberst Schmehling
wieder. Dir mein Sohn, wird es also vorbe-
halten sein, mich den Händen der Gerechtigkeit
auszuliefern.“
„Meine Pflicht wäre es — aber da Du
nicht so schuldig bist wie ich dachte, so will ich
die Stimme, die die gemeinsame Pflichterfüllung
vor mir heißt, zum Schweigen bringen. — Aber
Du hast diesen Rheinfeld lieber gehabt als uns,
Du hast ihn retten wollen und uns zu Grunde
gerichtet — meine Mutter hast Du ins Grab
getrieben, mein Leben zerstört — das verzeihe
Dir Gott — ich kanns nicht! Ich habe meine
Ehre rein und fleckenlos erhalten um die alte
Schmach abzuwaschen — in diesem Hause von
Ehre und Pflichttreue. — Du hast eine That
auf dem Gewissen, die vor dem Gesetz noch nicht
gesühnt ist, darum ist kein Platz für Dich in
diesem Hause — das scheidet Dich von mir —
„Kurt —“
„Geh, verlaß dieses Haus —
„Kurt vergieb mir, — gieb mir den Frieden
meiner Seele wieder — wenn Du mir nicht
verzeihst, habe ich keine Ruhe — danach habe
ich verlangt all die Jahre nach Frieden mit
Deinem Vater!“
„Nein, zwischen uns kann niemals Frieden
sein.“
„Kurt.“
Da wurde auf dem Korridor eine Thür ge-
öffnet, zu den beiden erregten Männern drang
der Gesang heller Kinderstimmen; „Ehre sei
Gott in der Höhe und Friede auf Erden und
den Menschen ein Wohlgefallen.“
„Kurt — hörst Du es“, sagte der Oberst
mit von Thränen verhüllter Stimme. „Friede auf
Erden! — findet auch diese Botschaft keinen
Eingang in Dein Herz!“
„Vater!“ — und beide lagen sich einen
Augenblick lang in den Armen.
Dann faßte der Postmeister die Hand des
Obersten:
„Komm“, sagte er, „komm zu Deiner Tochter
und zu Deinen Enkeln!“
Dateiname:
soap-ch_knihovna_ascher-zeitung-1900-12-18-n147_6120.jp2
Porta fontium