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griffe einzelner Grenzjäger geschützt. Im größten Nothfalle, wenn die Verfolger ihnen mit ihren Flinten zu nahe kamen, warfen sie ihre Ladung weg, und suchten in den geschicktesten und gefahrvollsten Windungen zu entkommen. Es ist die kleine Hütte eines solchen Schmugglers, in welche ich meine freund- lichen Leser führen will. Ihr sehet die Familie desselben um den brennenden Kien- spahn versammelt, denn es ist später Abend und Winterszeit. Der Schmuggler ist noch nicht daheim, Gertrud, sein Weib, hat das Erbsengericht mit Räucherfleisch an das Feuer gerückt, und sitzt nun Spitzen klöpfelnd dabei, indem Peter, der Knabe, Kochlöffel und Quirle schnitzt, und die drei- jährige Marie mit einem jungen Kätzchen spielt, die sie mit großer Anstrengung, und nicht ohne thätliche Widersetzlichkeit der Katze in die hölzerne Wiege gelegt hat, um sie gleich einer Puppe in Schlaf zu schaukeln und zu fingen. Marie schnürt jetzt das Wiegenband über ihren kleinen Spielgefährten, und das Kätzchen, auf dem Rücken liegend, fängt mit dem Pfötchen das herabhängende Ende, wirft sich dabei auf die Seite, und die kleine Schaukelwiege fällt um. Das gefangene Kätzchen befreit sich mit einem Sprunge auf den Tisch, Marie ruft ihren Bruder Peter herbei, um die Widerspenstige einzufangen, und es be- ginnt nun unter Lachen und Gepolter eine lustige Jagd nach dem behenden Thiere, das durch allerlei geschickte Sprünge sich seinen Verfolgern entzieht. Indeß ist der Schmuggler Wolf hereingekommen, und seinem Weibe mit der Hand winkend, daß sie still bleiben möge, betrachtet er mit freundlichem Blick das lustige Treiben seiner Kinder. Er hält den schweren Korb noch auf den Schultern, Bart und Haare sind voll Reif, er scheint müde und starr vor Kälte, aber er achtet es nicht, — denn seine Kinder spielen ja so fröhlich vor ihm, ihre Gesichter strahlen vor Gesundheit und Lust; — dort am Ofen dampft sein Abend- brod, — Tage lang hat er ja keine warme Speise genossen — und am Tisch arbeitet sein treues, fleißiges Weib, um ihm die Sorge für den Haushalt zu erleichtern. Da erblickt die kleine Marie zuerst den Vater, sie läßt ihre zappelnde Beute frei, die sie eben unter lautem Jubel ein- gefangen, und hängt sich an die Kniee des Vaters; Peter springt nun auch mit einem Satze herbei nimmt ihm den Stab aus der Hand, und erwärmt diese zwischen den seinigen, indem er sie reibt, und mit war- mem Athem darauf haucht. Nun kommt auch Mutter Gertrud, sie nimmt dem Vater die Mütze ab, und lüftet ihm die Riemen seines Korbes, indeß sie mit treu- herziger Freundlichkeit frägt: „bist wohl recht müde Vater? Hast einen schlimmen Tag gehabt! Der Wind schüttelte recht arg an dem Hüttenfenster, und Du armer Wolf warst auf dem Gebirg. Komm aber auch jetzt, mach' es Dir bequem und iß Dein Abendbrod.“ (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. (Ein reiches Dienstmädchen.) In Stargard in Pommern erhielt das Haus- mädchen des Apothekers Zippel von dem Amtsgericht in Dramburg eine Vorladung zu einem Termin in einer Nachlaßsache eines in Rußland verstorbenen Onkels. Durch den Richter wurde mitgetheilt, daß ihr und ihren Geschwistern der Nachlaß ihres Onkels, den sie kaum dem Namen nach gekannt, zugefallen sei, und daß ihr auf ihren Antheil, vorläufig auf mehrere Jahre, eine jährliche Rente im Be- trage von 100,000 Mk. gezahlt werde. Erst wenn die bedeutenden Güterkomplexe sämmtlich verkauft, werde den glücklichen Erben das gesammte Kapital ausbezahlt; bis dahin erhalte jeder Erbe 100,000'�. als Rente. Das bisher arme Mädchen kehrte ruhig wieder zu ihrer Herrschaft zurück, erzählte dieser in großer Seelenruhe von dem ihr wiederfahrenen Glück und er- klärte, bis zu ihrer Verheirathung mit einem kleinen, aber fleißigen Landwirth in deren Diensten bleiben zu wollen. (Schrecklicher Selbstmord.) In der Seestadt Havre in Frankreich hat sich am 8. Jan. ein Mann in der Michaelskirche während des Abendgottesdienstes auf schauer- liche Weise das Leben genommen. Er hatte alle seine Kleidungsstücke mit Petro- leum getränkt und Holzstücke durch Stricke um seinen Leib gebunden. Dann hatte er eine Schale mit Petroleum angezündet und über sich ausgegossen. Der Priester ver- suchte vergeblich die Flammen zu ersticken;
Dateiname: 
katholischer-volksfreund-erzaehler-1891-02-15-n7_5180.jp2