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Amschau. Merkwürdige Wendung! Es sind wenige Monate vorüber, da ging der Ruf nach Abrüstung durch die Welt und in Haag seriethen sich die Vertreter der Mächte über die dauernde Sicherung des Friedens, und jetzt — jetzt rüsten alle Mächte wieder um die Wette und tobt zwischen zwei Cultur- völkern ein blutiger Krieg, einer der ungerechsten, die je geführt worden sind, von dem wir mit dem wackeren Claudius sagen möchten: 's ist leider Krieg — und ich begehre Nicht Schuld daran zu sein. Es ist leicht erklärlich, wenn, wie aus London berichtet wird, die englischen Minister sehr ernst darein schauten und blaß und verstört aussahen, wenn sie in den letzten Wochen das Colonial- amt berließen, wo lauter Hiobsposten vom Kriegsschauplatze ein- liefen. Die Stimmung des englischen Volkes wird immer ernster, heißt es in demselben Berichte. „Fast Jeder hat jetzt einen Angehörigen oder Freund, der mit in den Krieg ziehen muß. Von der Miliz-Einberufung werden allein in London 6000 Mann aus allen Klassen betroffen. Die Geschäfte fühlen die Lücken, und die Anzahl der Frauen und Kinder, die ihre Broderwerber verlieren und dem Winter hangend entgegensehen, mehrt sich. Auf den Bahnhöfen sieht man fast täglich erschütternde Abschiedsscenen. Um die mit Truppen gefüllten Züge drängen sich Frauen mit ihren Kindern, da viele englische Soldaten, welche auf lange Zeit kapituliren, verheirathet sind. Sobald der Zug- abfährt, hört man herzzereißende Lebewohlrufe und jammernde Kinderstimmen nach ihrem Vater rufen. Ergraute Bahnbeamte wenden sich nassen Auges weg. Aller Enthusiasmus scheint ver- raucht. Nur bittere Bemerkunggn über den Krieg werden laut. Die Ministerien und Zeitungen sind verzweifelt bemüht, durch Zuspruch und tönende Betheuerungen die Stimmung der Massen zu erhalten. Schon aber bemerkt man Anzeichen des kommenden Sturmes.“ — Daß die allgemeine Stimmung in fast allen Ländern ungünstig ist und die meisten Sympathien den Buren gehören, das hat seine guten Gründe. England hat den Krieg in frivolster Weise vom Zaune gebrochen, den Buren aufgedrängt; diese ver- theidigen bloß ihr Recht, ihr Land und ihre Freiheit. Eng- land befindet sich in der Rolle des Starken und unwillkürlich nimmt das menschliche Gefühl Stellung für den Schwachen in schwerer Lage. Englands Uebermacht und brutale Eroberungs- politik bildet eine Hauptgefahr für den Weltfrieden, ein Haupt- hinderniß der Abrüstung. In einer Niederlage und Demüthigung Englands glaubt man eine Niederlage des Militarismus und einen Gewinn für den Weltfrieden erblicken zu dürfen, während man im Falle des Sieges seitens Englands fürchtet, daß dessen Uebermacht und Uebermuth noch größer und für die Ruhe der Völker noch gefährlicher werden wird. Man hat die Rolle noch nicht vergessen, die England auf dem Haager Friedenscongresse gespielt hat. Aus diesem und noch manch anderen Gründen gönnen die Meisten England einen gründlichen Aderlaß und eine ordentliche Demüthigung. Andererseits hat es aber auch das kleine Völkchen der Buren verstanden, durch einen Muh, mit dem es den Kampf mit dem übermächtigen Gegner an genommen, durch seine Schneid und Tapferkeit sich Respekt und Sympathien zu erwerben. Während des spanisch-amerikanischen Krieges hat der englische Premierminister Lord Salisbure in einer Rede von dem Nieder- gang der lateinischen Rasse und von „sterbenden Nationen“ gesprochen, zu welchen er natürlich auch das unterliegende Spanien rechnete. In Erinnerung daran hat eine in den letzten Tagen in der spanischen Stadt Bilbon stattgefundene Versammlung fol- gende, etwas boshafte Depesche geschickt: „Lord Chamberlain, Minister der Colonien. Anläßlich der letzten Nachrichten vom Kriegsschauplatz entbieten die todten Nationen Ihnen ihren Gruß!“ Ueber das heldenmüthige Verhalten der kathol. Ordensfrauen in Transvaal schreibt die protestantisch englische Presse: „Auf diese Heldenfrauen muß England stolz sein, und die, welche deren Kirche verunglimpfen, sollten hingehen und deß- gleichen thun ...“ In Johannesburg sind 700 Kinder unter ihrer Obsorge. Den übermüthigen Amerikanern geht es auf den Philip- pinen noch immer schlecht — heim wollen sie nicht, und vor- wärts kommen sie nicht. In Ermangelung von militärischen Heldenthaten haben dort die amerikanischen Soldaten einige Schand- und Greuelthaten vollbracht, welche besonders bei den Katholiken der Vereinigten Staaten eine tiefgehende Entrüstung hervorriefen und sie zu energischen Protesten dagegen veranlaßte. Auf Grund von Berichten katholischer Soldaten, welche Augen- zeugen der in Betracht kommenden Vorfälle waren, machte Cardinal- Erzbischof Gibbons dem Präsidenten Mac Kinley die Mit- theilung, daß die Angriffe amerikanischer Soldaten auf eingeborne Frauen den größten Umfang genommen haben und daß die Ent- weihung von Kirchen, Altären, Meßgewändern und heiligen Ge- räthen ein gewöhnlicher Sport der Truppen ist.“ — Eine ameri- kanische Zeitschrift brachte das Bild einer Kirche, die in ein amerikanisches Telegraphen-Bureau verwandelt war. Bischof Wigger von Newark erklärte mit Bezugnahme darauf: „Es ist unsere Pflicht, bei unserer Bundesregierung gegen eine so schmach- volle Entweihung Protest zu erheben. Ja, wir sollten als katho- lische Bürger die Bestrafung derjenigen fordern, welche jene un- verantwortliche Entwürdigung veranlaßt haben.“ Türkei. Im Palast des Sultans herrscht große Erregung. Es soll eine Verschwörung gegen das Leben desselben entdeckt worden sein. — Die seit 7 Monaten nicht mehr besoldeten Be- amten haben endlich wieder einen Monatsgehalt bezahlt erhalten. In Oesterreich-Ungarn wird „mit Rücksicht auf das Vorgehen anderer Staaten“ auch weiter fortgerüstet und die Be- schaffung neuer Geschütze angekündigt. Im neuen Italien geht es andauernd politisch und wirthschaftlich abwärts. Ein unverdächtiger Zeuge, der frühere liberale Minister Giolitti hat jüngst erklärt: „Unsere politischen Verhältnisse befinden sich in einer Periode rapiden Verfalls, und es ist keine Uebertreibung zu sagen, daß es so nicht mehr lange fortgehen kann.“ Es dränge Alles zu einer Explosion hin, die Unzufriedenheit sei allenthalben viel zu groß. — In Sardinien herrscht großer Nothstand. Die Getreide-Ernte war sehr gering, die Weinlese fiel dürftig aus, die Olivenernte ist gänzlich miß- rathen. In den Städten stockt die Arbeit, man sieht mit Schrecken dem Winter entgegen. In Frankreich ist man in Folge der steten Abnahme der Bevölkerung in Bezug auf Truppenaushebungen an der Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt. Im nächsten Jahre können 11,000 Mann weniger eingestellt werden, als man in Aussicht genommen. Die thatsächliche Rekrutenzahl ist in den letzten Jahren stets hinter dem Voranschlag geblieben. Es wurde bereits die Heranziehung der Schwächlichen und Kränklichen zum Heeresdienste angeordnet. Die Folge war, daß die Krankenhäuser sich mit Dienstuntauglichen füllten und daß nach amtlichen Dokumenten stellenweise bis zu 20 Prozent der eingezogenen Mannschaften entweder nach wenigen Monaten entlassen oder fast ganz vom Dienst befreit werden mußten. Im deutschen Reiche ist seit Jahren ein starkes An- wachsen der Bevölkerung zu konstatiren. Im Jahre 1816 lebten auf dem Gebiet des heutigen deutschen Reiches 24,833,000 Einwohner. Die Zahl stieg bis zum Jahre 1891 auf 49,762,000; die deutsche Bevölkerung hat sich also im Laufe von 75 Jahren verdoppelt. Sie hatte bei der letzten Volkszählung im Jahre 1895 bereits 52 Millionen überschritten und wird für 1899 auf über 55 Millionen geschätzt. Wenn Deutschlands Bevölkerung im gleichen Maße weiterwächst, d. h. sich wiederum in 75 Jahren verdoppelt, wird sie im Jahre 1975 mindestens 110 Millionen zählen. — Die deutsche auswärtige Politik hat wieder einmal Glück gehabt. Zwischen dem deutschen Reiche und Großbritannien ist unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Vereinigten Staaten das Abkommen getroffen worden, wonach die Samao Insel, aus- genommen die Tutunila-Insel, Deutschland zufallen. — Dem deutschen Reichstag, der am 14. d. Mts. wieder zusammen- getreten, wird es nicht an Arbeit fehlen. Ee wird zu berathen und zu beschließen haben über Postwesen- und Fernsprechgebühren- Ordnung, Reichshaushaltsentwurf, Gesetzentwurf zum Schutz der Arbeitswilligen, Novelle zur Gewerbeordnung, Schlachtvieh- und Fleischbeschau, Abänderung des Strafgesetzbuches, des Gerichts- guter Junge, man muß immer thun, was der liebe Gott gebietet, und unterlassen, was er verbietet. Fortan werde ich es machen vie Du.“ In der That sah man den Schmied von da an regelmäßig- n der Kirche. Es war nächst Gott dem vortrefflichen Knaben u danken.
Název souboru: 
katholischer-volksfreund-1899-11-19-n47_3760.jp2