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Otylia.
(Schluß. )
Narbutt, der sich in einigen Monaten einen beinahe mähr-
nhaften Ruhm erworben hatte, gab am 8. Februar, 14
ge nach dem Ausbruche der Insurrektion im Königreich
len, das Signal zum Aufstande in Litthauen. An der Spitze
sieben Tapfern pflanzte er die Nationalfahne auf, unter
sich mehrere Hunderte von Patrioten sammelten. Seine
uppe empfing die Feuertaufé im Kampfe von Rudniki: sie
r ein Sieg über die Russen. Seit der Zeit ließ er durch
i Monate seinen Feinden, die ihn für den Teufel hielten,
der Frieden noch Ruhe. Seine eigenen Soldaten hielten
für einen Zauberer. Er besaß eine wunderbare Geschick-
keit, die Russen auf eine Fährte zu bringen, um sie dann
die Tiefe der Moräste und unbewegsamsten Wälder zu leiten,
O wo seine Feinde ihn zu fangen gedachten, war er es,
unversehens über sie herfiel und sie decimirte. Dann ver-
wand er wie ein Wunder, das die Ueberlebenden in ein
rgläubisches Schrecken versetzte.
Am Ostertage wurde auf den Kopf des Helden ein Preis
gesetzt, und die Militärkräfte von Witna und Kowno wurden
zu verfolgen heordert. Das Directorial-Comité Litthauens
wortete auf diese Anordnung durch einen allgemeinen Auf-
zu den Waffen, der allen guten Patrioten befahl, sich Nar-
t anzuschließen.
Graf Julian und sein Führer marschirten die ganze Nacht
cch. Bei Tagesanbruch erreichten sie das am Rande des
a errichtete Lager; sie waren verfolgt worden. Nach Oty-
s Ohnmacht blieb der, der diese verursacht hatte, auf ihrer
fur. Er war immer betrunken, aber wahrend die Beine
wankten, bildete sich in seinem Kopfe ein teuflischer Plan.
nTrunkenboldsgang kam ihm bei Jutian und seinem Führer
Statten, indem er bei ihnen, wenn sie ihn sahen, keinen Arg-
hn kommen ließ. Der Raskolnik erreichte, ohne ihren Ver-
ht zu erregen, hinter ihnen die großen Waldungen, in die
eindrangen, nachdem sie sich zwei Stunden auf der Strasse
halten hatten. Von Zeit zu Zeit rieb der Elende sich die
inde mit einer Befriedigung, indem er sich in der heisern
ämme, die Otylia so erschreckte, sagte:
Narbutt, Narbutt, mir gehören die Rubel unsers Vaters,
Czars.
Und er setzte seine Verfolgung fort. Wenn er einen Au-
blick die, die er bedauerte, aus dem Gesichte verlor, schwang
sich wie ein Wahnsinniger vorwärts durch Strauchwerk und
ernicht, nichts hielt ihn auf, bis er die Spur der beiden
änner wieder gefunden hatte. Ein wolkenloser Himmel und
Vollmond begünstigte ihn.
Hundert Schritte vom Lager rief eine Schildwache.
Wer da!
— Narbut und Vaterland! antwortete Julian's Begleiter,
sie gingen vorwärts.
Der Raskolnik stand still, ergriff die Branntweinflasche, die
seiner Seite hing, leerte sie in langen Zügen und wiederholte:
— Narbutt gehort mir; mein sind die Rubel des Czars,
seres Vaters, und er fiel zu Boden wie todt berauscht.
Drei Tage darauf untersuchte der Colonel Timoficew, als
scher verkleidet und geführt von dem Spion, der den ver-
chenen Preis verdienen wollte, die Stelle des Lagers, das
neuen Freiwilligen als Sammelplatz bezeichnet worden
er und wohin diese durch den Wald meistens von Sendlingen
Nationalregierung geleitet gelangten.
Am 13. Mai umzingelten die von verschiedenen Seiten
gekommenen Russen die Patrioten, und mit Tagesanbruch be-
gann der Angriff. Durch mehrere Stunden bestanden die In-
surgenten einen heldenmüthigen Kampf, in dem sie sich einer
gegen zehn schlugen. Ein Augenzeuge berichtigt darüber Fol-
gendes:
— Unvermuthet von allen Seiten eingeschlossen, gelang es
Narbutt dem ungeachtet, sich einen Weg durch die Russen zu
bahnen. Obgleich am Fuß verwundet, commandirte er, von
seinen Gefährten getragen, nachdrücklich.
Durch seine Unerschrockenheit und Ortskenntniß wäre er
beinahe den Russen entkommen, als ihn eine Kugel in's Herz
traf. Er starb, indem er noch mit fester Stimme die Worte
sprach: „Ich sterbe für mein Vaterland“.
Einige Tage darauf waren in der kleinen hölzernen Kirche
von Dubiczani zwölf Sarge aufgestellt; einer von ihnen, höher
als die übrigen stehend, war mit einem Leichencrepp bedeckt.
Als der russische Colonel diese Bestattung erlaubte, schien er
den Bittgesuchen der Schwestern des unglücklichen Führers zu
willfahren, aber es lag ihm mehr daran, die Bewohner des
Landes von dem Tode seines fürchterlichen Gegners zu über-
zeugen, um sie dadurch zu entmuthigen. Es war eine allge-
meine Trauer.
Auf dem Schlachtfelde hatte man Frauen in Trauer die
Todten begraben und die Verwundeten verbinden sehen, darunter
die Schwestern Narbutts. Als die jüngste ihre Thränen nicht
bei der Entdeckung des leblosen Körpers ihres Bruders zurück-
halten konnte, sagte die altere Schwester:
Schämst Du Dich nicht vor den Russen zu weinen.
Ein moskowitischer Off zier, der eine Frau ganz in schwarz
gekleidet und verschleiert sich über einen Leichnam bücken sah,
sagte ihr:
— Der ist ohne Zweifel auch Ihr Bruder?
— Alle, die für Polen kämpfen, sind meine Brüder, ant-
wortete sie.
Aber, fügte sie mit einer Geberde und einem Tone, die
selbst den Henker gerührt hätten, hinzu:
— Dieser hier war mein Verlobter.
Die knieende Frau war Otylia, der Todte Graf Julian.
Der Raskolnik spazierte hin und her, immer betrunken und
immer schmutzig, obgleich er sich mit neuen Kleidern wie zu
einem Feste geschmückt hatte. —
Vermischte Nachrichten.
Bei der am 19. Juni l. Is. zu Amberg beginnenden Schwurge-
richtssitzung für den Kreis Oberpfalz und von Regensburg kommen fol-
gende Fälle zur Verhandlung: 1) am 19. Juni: J. B. Nelz, lediger
Taglöhner und Bräuknecht von Wörth, wegen Körperverletzung mit er-
folgtem Tod; 2) am 20. Juni Vorm.: P. Steubel, abgehauster
Bauer von Welluck, wegen Verbrechens des Diebstahls; 3) Nachm.:
G. Krug, lediger Maurerssohn von Kirchenthumbach, wegen Nothzucht-
Versuches; 4) am 21 Juni: Anna Herbrig, ledige Inwohnerstochter
von Wassersuppen, wegen Verbrechens des Mordes; 5) am 22. und 23.:
a) G. Dienstl, lediger Badergeselle von Regensburg, b) J. Bremm,
lediger Schuhmachergeselle von Sarching, c) Karl Zehentbauer, led.
Eisengießer von Regensburg und Soldat des k. XI. Infanterie-Regiments,
d) J. Zehentbauer, Maschinistens-Wittwe von Regensburg, e) J.
Zehentbauer, led. Maurerlehrling von Regensburg, f) M. Bezold,
Getreidemessers-Ehefrau von Regensburg, g) B. Bezold, deren Tochter,
wegen Verbrechens des Diebstahls, der Theilnahme hiezu, Hehlerei ꝛc;
6) am 26.: G. Schmeidel, led, Bauerssohn und Privatstudent von
Dateiname:
neunburger-bezirksamtsblatt-1865-06-17-n24_1560.jp2