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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 1
1. Jänner 1898
ließ — was im Originale nicht der Fall ist —
dadurch häuft sie eine solche Schmach auf Karls-
bads deutsche Bevölkerung, welche nicht scharf ge-
nug zu verurtheilen ist. Es ist nachgerade eine
Schande für Karlsbad, daſs eine solche Verspottung
der Deutschen in einem deutschen bürgerlichen Blatte
Platz finden konnte. Und angesichts solcher That-
sachen verlegt sich dieses Blatt aufs Leugnen?
Es nützt ihm nichts mehr. Mit den oben abgedruckten
Versen hat die „Karlsbader Zeitung“ ihre Maske
gelüftet, sie hat sich jedem deutschfühlenden
Karlsbader zu erkennen gegeben und gezeigt, dass
es kein echtes deutschbürgerliches Blatt ist und dass
es eine Schande für jeden Deutschen ist, welcher
dieses Blatt unter seine Fittige nehmen wollte!
(Lehrerpersonalnachrichten.) Der Lan-
desschulrath hat über Vorschlag des Karlsbader
Bezirksschulrothes folgende Ernennungen vorge-
nommen: die Herren: Schulleiter Gustav Wartus
in Tissau, zum Schulleiter in Müllersgrün; Unter-
lehrer Hermann Herold an der Mädchenvolksschule
in Fischern, zum Lehrer an der Knabenvolksschule
dort; die provisorische Unterlehrerin Mathilde Wild
zur definitiven Unterlehrerin an der Mädchenvolks-
schule in Fischern; die Lehrerin Auguste Safaro-
vic in Altrohlau zur Lehrerin an der Mädchen-
volksschule in Fischern; den definitiven Unterlehrer
Herrn Josef Söllner in Uittwa und den provi-
sorischen Unterlehrer Herrn Johann Klima, beide
zu Lehrern an den betreffenden Volksschulen;
den Unterlehrer Herrn Josef Hofmann in
Drahowitz zum Lehrer oortselbst; der Lehrer
Herr Leonard Pöpperl in Zettlitz zum Lehrer an
der Volksschule in Donitz; die Unterlehrerin Helene
Landa an der Mädchenvolksschule in Fischern zur
Lehrerin dortselbst. — Der Bezirksschulrath hat
den absolvierten Lehramtscandidaten Herrn Robert
Glaser zum provisorischen Unterlehrer an der
Volksschule in Ottowitz bestellt; der provisorische
Unterlehrer Herr Ottomar Friedeck wurde der
Mädchenvolksschule in Fischern zugetheilt; die pro-
visorische Unterlehrerin Frl. Charlotte Pohlenz
in Fischern wurde in derselben Diensteseigenschaft
für Altrohlau bestellt.
(Geschäftliches.) Herr Alois Klein,
durch viele Jahre im Warenhause M. & J Gold-
mann thätig, eröffnete in dem Laden des Stadt-
hauses ein feines Wäschegeschäft.
(Rumfordsuppen-Vertheilung.) Wie
alle Jahre wird auch heuer am Jahresbeginn mit
der Vertheilung der Rumfordsuppe der Anfang ge-
macht. Diese Vertheilung beginnt am 3. Jänner im
alten Volksschulgebäude (Schulgasse), woselbst ein
Local als Küche für die Suppenherstellung adaptiert
wurde und somit die Bereitung der Suppe wieder in
Regie der Armencommission unter Leitung des
Stadtrathes Herrn Adolf Groß und des um die
Suppenbereitung stets unermüdlich thätigen Herrn Frz.
Höller sowie den an anderer Stelle unseres Blattes
veröffentlichten Damen und Herrn besorgt werden
wird. Erwünscht wäre es nur, wenn die hiesige
Bewohnerschaft dieser Suppenanstalt erhöhte Auf-
merksamkeit zuwenden würde sowohl durch Be-
sichtigung der Küche, als auch der Betheilung an-
wohnen würde. Die Damen und Herren haben
sich hiedurch einer großen Mühewaltung unterzogen,
die im Interesse der Humanität nicht hoch genug
angeschlagen werden kann. Diese Suppenanstalt ist
ja doch nur der Vorläufer der Volksküche und es
freut uns hier mittheilen zu können, daſs der Stadt-
rath alle Hebel in Bewegung setzt, dieselbe so bald
als möglich vereint mit dem Wandererclub und der
Armencommission zu activieren und bestimmt dieselbe
im nächsten Herbste, wahrscheinlich am 1. October,
zu eröffnen. Wir können nur wünschen, daſs dieses
Streben von gutem Erfolge begleitet sei und Karls-
bad im nächsten Jahre eine der humansten und
volkswirtschaftlich rationellste Institution sein eigen
nennt: Die Volksküche!
(Im Theater Variété) finden heute und
morgen zwei Vorstellungen, die erste am Nachmittage,
jedesmal um 1/24 Uhr, die zweite 1/58 Uhr abends
statt. Morgen Sonntag findet abends unwieder-
ruflich die letzte Vorstellung statt.
(Der Ausbau der Karlsbader Renn-
bahn). Die Unterarbeiten beim Baue der Karlsbader
Rennbahn sind nahezu beendet und ist nach dem der-
zeitigen Stande der Arbeiten die Gewißheit vorhanden,
daſs im Laufe des Jahres 1898 die gesammte
Rennbahn-Anlage fertiggestellt sein wird. Die
Eröffnung soll dann im Jahre 1899 stattfinden.
Während die Vollblutrennen unter der Leitung des
böhmischen Rennvereines abgehalten werden, wird
für die Trabfahren ein eigener Verein gebildet,
dessen Statuten bereits der Statthalterei vorliegen.
Es wird dann sofort zur Gründung dieses Ver-
eines geschritten, an der sich auch Wiener und
Badener Interessen betheiliden würden.
(Verlängerte Tanzstunde.) Im
Restaurant „Imperial“ findet morgen Sonntag
den 2. Jänner abends 8 Uhr eine verlängerte Tanz-
stunde unter der Leitung des Turnlehrers Herrn
Jomrich statt.
(Das Wiener Teppich-Haus „Metro-
pole“) theilt uns mit, daſs sich eine große Sen-
dung von Teppichen und sonstigen für Wohnungs-
ausstattung erforderlichen Waren auf dem Trans-
porte nach Karlsbad befindet, welche demnächst hier
zum Verkaufe gelangen. Die Ankunft der Waren
und Beginn des Verkaufes wird seinerzeit bekannt
(Verhaftete Diebe.) Wie wir kürzlich
meldeten, haben mehrere Burschen in der Christ-
nacht im Fleischmann'schen Esterhazykeller einen
Einbruchsdiebstahl verübt und einen Geldbetrag
durch Aufsprengen der Credenz entwendet. Der Polizei
ist es nun gelungen, zwei derselben in Komotau in
Haft zu nehmen. Dieselben heißen Karl Buberl und
Eduard Leicht. Denselben werden überhaupt mehrere
Diebstähle in Berghäuseln, Roßnitz ꝛc. aufs Kerb-
holz geschrieben.
(Zur neuen Civilprocessreform.)
Aus Anlass der mit dem 1. Jänner 1898 in
Wirksamkeit tretenden neuen Civilprocessgesetze wurde
beim hiesigen k. k. Bezirksgerichte nachstehende Ge-
schäftsvertheilung festgesetzt: Gerichts-Ab-
theilung I: Richter k. k. Landesgerichtsrath Josef
Hönl als Bezirksgerichtsvorsteher; Geschäfte:
a) Dienstesauſsicht, b) Präsidialsachen, c) Waisen-
cussa, d) Civilprocesssachen einschließlich Bagatell-
und Mahnsachen; ad d) für die Ortschaften resp.
Gemeinden Altdorf, Egerbrücken, Eichenhof, Ellm,
Gfell, Gießhübl Sauerbrunn, Grasengrün, Haid,
Hammelhof, Lappersdorf, Unter- und Oberlomitz,
Mühldorf, Neudörfl, Pullwitz, Ranzengrün, Ritters-
grün, Rodisfort, Satteles, Schlackenwerth, Schömitz,
Welchan, Zwetbau; Kanzleipersonale: Kanzelist
Gustav Kastalio, ein Gehilfe und ein Gefangenauf-
seher. II: Einzelnrichter k. k. Gerichtssecretät Josef
Nestler: Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit außer
Streitsachen für den ganzen Gerichtsbezirk; Kanzlei-
off cial Robert Gedeon, ein Gehilfe. III? Einzeln-
richter k. k. Gerichtssec etär Anton Em. Löbl:
Civilprocesssachen einschließlich Bagatell- und Mahn-
sachen für die Gemeinden Alch, Dallwitz, Donawitz,
Donitz, Drahowitz, Edersgrün, Engelhaus, Espen-
thor, Fischern, Funkenstein, Halmgrün, Janessen,
Karlsbad, Kohlhau, Langgrün, Lichtenstadt, Otto-
witz, Pirkenhammer, Putschirn, Altrohlau, Ruppels-
grün, Schneidmühl, Schobrowitz, Sittmesgrün,
Tüppelsgrün, Weheditz, Zettlitz; Kanzelist Theodor
Wach, zwei Gehilfen. IV. Einzelnrichter k. k. Ge-
richtssecretär Moritz Pick: a) Executionssachen,
b) Kündigungen, c) Strafsachen; ad a und b)
für den ganzen Gerichtsbezirk, ad'c) für die Stadt-
gemeinde Karlsbad; Official Josef Kvapil, zwei
Gehilfen. V: Einzelnrichter k. k. Gerichtssecretär
Johann Libitzky: Strafsachen für die Landge-
meinden des Gerichtsbezirkes; VI: Hilfsrichter k. k.
Gerichtsadjunct Dr. Karl Ritschel: Rechtshilfe-
sachen in bürgerlichen und strafrechtlichen Angelegen-
heiten für den ganzen Gerichtsbezirk; Abtheilung
V und VI Official Anton Hauptvogl, zwei Ge-
hilfen. VII: Einzelnrichter k. k. Gerichtssecretär
Dr. Franz Peterka: Grundbuchssachen für den
ganzen Gerichtsbezirk; Official Jos. Seehorsch. zugleich
Grundbuchführer, zwei Gehilsen. VIII. Executions-
gegeben.
Zugpfl ster gefallen, aber über das heiße Zimmer
und den zischenden Dampfkessel ereiferte er sich.
„Es ist schlimmer, als auf dem Schlachtfelde
verwundet zu werden,“ sagte er.
Und dann fing er halb im Schlaf und halb
im Delirium an, von der Vorladung Sir George
Barney's zu reden.
Der zur Vorladung bestimmte Tag lag noch
eine Woche vor ihm und die Verfassung des Ge-
nerals ließ nicht darauf hoffen, daſs er sich ihr in
Person stellen könnte. Der Gedanke daran lastete
offenbar auf seinem Gemüth und steigerte sein Fieber.
Der Tag erschien und General Harborough
war einer mächtigeren Vorladung gefolgt und vor
die Schranken eines höheren Gerichtshofs getreten.
Lady Valeria war Wittwe.
Das Kodizill war richt ausgefüllt worden,
Lady Valeria war demnach eine sehr reiche Witwe.
VIII.
Frei.
Wyllard trug sein Unglück mit einer Ehrfurcht
erregenden Ruhe, die zuweilen seiner Frau schmerz-
licher war, als wenn er sich in gereizten Klagen
ergangen hätte. Die stumpfe Qua! neuralgischer
Leiden entrang ihm kein Stöhnen, er erlitt die
Marter gesolterter Nerven und schmerzender Glieder
mit stoischer Fassung.
„Weil es mir nicht überraschend gekommen ist,
Dora,“ sagte er gelassen, als seine Frau seine
Geduld pries. „Ich habe solch einen Anfall immer
erwartet. Seltsame Empfindungen haben mich
bisweilen mahnend ergriffen. Das Leben verfloss
mir sehr sanft hier in Penmorval, sehr verschieden
von den Kämpfen meiner Knabenjahre, der harten
Arbeit und dem angestrengten Denken meines
Mannesalters. Deine Liebe goss Süßigkeit in
mein Leben. Dazu kam die Achtung der Welt,
die immer in die Wagschale fällt, mag man si: zu
verachten glauben, so sehr man will. Ja, ein
ganzes und vollkommenes Leben war mein Theil
und ich gestand mir selbst, daſs ich in der Lotterie
des Schicksals einen Treffer gezogen hatte. Und
nun lag dies letzte Loos für mich auf dem Boden
der Urne.“
„Theuerster,“ flüsterte sein Weib, indem sie
sich enger an die aufgehäuften Kissen seines Bettes
schmiegte, „zu hart und grausam wärst Du getroffen
wenn dies Leben Alles wäre. Aber Gott sei Lob,
es ist nicht Alles. Eine glanzerfüllte Ewigkeit harrt
unser, ein langer Ruhetag im Lande, da es keinen
Schmerz und keine Sorge giebt.“
Ihr Mann antwortete mit einem ungedul-
digen Achselzucken.
„Meine liebe Dora, Deine holde Einfalt und
Dein frommer Glaube an ein altes Buch sind mir
fremd, sagte er. „Dieses Leben ist gerade jetzt
so greifbar schmerzlich, daſs ich mich nicht mit
einem Blicke auf ein Leben vertrösten kann, von
dem ich nichts weiß“
Durch viele Stunden düsterer Niedergeschla-
genheit leistete Dora ihrem Mann Gesellschaft. Zu-
weilen sprach er mit fieberischer Lebhaftigkeit zu
ihr über die Bücher, die er gelesen, über die Leute,
die er gekannt hatte, und rief die Erinnerung an
seine Jugend- und Knabenjahre wach.
„Nur in der Vergangenheit und in Deiner
Liebe kann ich leben,“ sagte er. „Du bist meine
Gegenwart und meine Zukunft, Dora. Wäre es
nicht um Deinet- und Deiner Liebe willen, so hätte
ich die Vernichtung vorgezogen. Das Grab kann
mich kaum gründlicher zerstören, wie dieses todter-
füllte Leben.“
Er sah sich mit einem ungeduldigen Seufzer
im Zimmer um. Und dann fügte er, von dem
liebevollen Blick seines Weibes gerührt, hinzu:
„Wär's nicht um Dich, Dora. Ich bin un-
endlich reich, wenn ich Deine Liebe besitze. Ver-
löre ich die jetzt —“
„Du weißst, daſs Du sie nie verlieren kannst.“
„Ein unvorhergesehener Schlag könnte sie mir
rauben. Oder wenn ich in Schwäche und Blöd-
sinn verfallen sollte — wenn der Geist wie der
Körper sich auflöste —“
„Um so zärtlicher würde ich Dich lieben, denn
um so mehr würdest Du meiner Liebe bedürfen,“
sagte Dora.
„Ja, Du bist edel genug, um bis zur äußersten
Grenze der Selbstaufopferung zu gehn,“ bemerkte
er und sah sie mit einem Blick tiefster Liebe und
biltersten Schmerzes an, mit einem Blick, aus dem
ein das gemeine Weh der Merschheit weit über-
bietender Gram redete. „Ja, ich glaube, daſs die
weibliche Natur groß genug veranlagt ist, ein
menschliches Wrack wie mich, oder ein mit dem
schwärzesten Verbrechen besudeltes Geschöpf lieben
Dateiname:
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