Text na stránkách 2
Text:
einander brechen, die dem Ansturme des Gegner,
der im Kampfe gegen uns stets allen inneren
Zwistes vergißt, keinen Widerstand zu leisten
vermögen.
Zum Glück bricht die Erkenntnis des Uebels
durch wie Frührotschein im Morgennebel. Könnten
wir nur auch recht bald, wie von diesem Jahre
auch von der traurigen Verstörung unseres
Volkstums sagen: „Gott sei Dank, es ist über-
standen!“
Die Julfeier.
(Veranstaltet von der Ortspruppe Asch des
Bundes der Deutschen in Böhmen.)
(Schluß.)
Die Götterlehre der Germanen wurde ver-
drängt durch die Lehre Christi. Ich sage
verdrängt, nicht vernichtet. Öhne Priester und
geschriebene Urkunden hat das deutsche Volk
die Götter- und Heldensagen aufbewahrt, sie von
Generation zu Generation überliefert durch das
Volksgedächtnis. Was im Glauben eines Volkes
wurzelt, geht nicht unter. Jahrhunderte hat es
deshalb gedauert, bevor die germanischen Völker
zum Christentume bekehrt waren, zu zäh hingen
sie an ihrem Wotansglauben. Was war der
Krieg Karls des Großen gegen die Sachsen
anderes als Kampf zur Vernichtung des Heiden-
tums. 30 Jahre hat er gewährt; 4500 wehr-
hafte Männer wurden nach der Schlacht bei
Werden an der Aller hingeschlachtet; warum?
Die Geschichte spricht von Sühne und Straf-
gericht. Konnte man bei diesem Volke des kalten
Nordens, das gewohnt war, in seinen mächtigen
Wäldern — unter alten Eichen seinen Göttern
zu dienen, das in der Kraft, vor allem in den
gewaltigen Naturkräften Gott erblickte, ein Ver-
ständnis für diese unter ganz anderen Verhältnissen
entstandenen Weltanschauungen voraussetzen? —
Gepaart mit der Gewalt war die List. Heidnische
Gebräuche hat man ins Christentum über-
nommen. In die Julzeit hat man das Gedenk-
fest der Geburt Christi verlegt, das bis ins 4.
Jahrhundert im März gefeiert, aus dem Jul-
baum wurde der Christbaum, aus dem Jul-
schmaus der Christschmaus. Viele, viele Sitten
und Gebräuche der Weihnachtszeit sind heidnischen
Ursprungs. Wie die alten Deutschen mit voller
Kraft für die Erhaltung ihrer Religion eintraten,
so kämpften sie auch für ihre nationale Unab-
hängigkeit. Zwar konnten die Römer, begünstigt
durchdie Uneinigkeiten der einzelnen deutschen
Fürsten, ihren Fuß auf Germaniens Boden
setzen, aber unterjochen konnten sie das deutsche
Volk nicht. Ein hehres Wahrzeichen deutscher
Kraft, gesetzt im Teutoburger Walde dem Che-
ruskerfürsten Arminius zur Erinnerung an die
im Jahre 9 n. Chr. stattgefundene Vernichtung
der römischen Legionen, legt dafür Zeugnis ab.
Nie mehr haben es die Römer gewagt, in das
Innere des Landes einzudringen. Das römische
Weltreich wurde durch Germanien vernichtet und
als Rom zum zweitenmale im Mittelpunkte der
Weltmacht stand, da war es wieder ein Ger-
mane — ein einfacher Mönch in Wittenberg —
der das Bollwerk des allmächtigen Papsttums
in seinen Grundvesten erschütterte. — Woher
diese Kraft? Sie liegt in den ererbten Charakter-
eigenschaften. Man spricht von dem germanischen
Edelvolke; ja es ist und war ein solches! In
seinen Eigenschaften liegt der Grund, warum
das deutsche Volk nie zu Grunde gehen wird.
Die romanische Rasse ist im Untergange begriffen;
in der Zukunft liegt das allweltliche Ringen
zwischen germanischer und slavischer Rasse. Ver-
schiedene wissenschaftliche Abhandlungen sind dar-
über schon erschienen; sie schließen alle mit dem
Hinweise, daß eine sittlich hochstehende Rasse,
wie die germanische, nie dem Untergange geweiht
sein kann. — Sittlich hoch standen schon im
Vergleiche zu anderen Völkern die heidnischen
Vorfahren. Sie waren es schon, die dem Weibe
zum Unterschiede gegen andere Völker eine eben
bürtige, ehrende Stellung einräumten. Der Ger-
mane betrachtete das Weib nicht bloß als die
Erzieherin der Kinder, sondern auch als die des
Volkes. Welche Heldengestalten finden wir unter
den germanischen Frauen! Ich nenne nur einen
Namen — Thusnelda! Wie Göttinen erschienen den
entnervten Römern die germanischen Frauen,
die man als Gefangene aus ihrer Heimat ge-
schleppt. Im Mittelpunkte der deutschen Volks-
sage — ich denke an das Gudrun- und das
Nibelungenlied — steht das deutsche Weib und
besungen wird die deutsche Treue! Letztere
bildet auch den Grundton im germanischen Leben.
Diese Treue — die Treue zu unserem Volke
— wollen auch wir pflegen, wir Deutsche
Oesterreichs in der Zeit unseres Volkes Not.
In Kampfesstellung sind wir gedrängt schon seit
langer Zeit. Gegen verbündete Feinde haben
wir anzukämpfen; wir dürfen sie nicht unter-
schätzen? Deshalb eine ernste Mahnung zum
Julfeste — dem Feste des Friedens: Streben
wir darnach, Frieden unter uns Deutschen zu
schließen! Arbeiten wir gemeinsam aus Liebe
zu unserem Volkstume daran, Zwistigkeiten zu
schlichten, Gegensätze auszugleichen, damit wir
geeint und gestählt im Kampfe sind. In der
Einigkeit liegt die Macht. Wenn Deutsche
Schulter an Schulter stehen, dann gibt es nur eins
und das ist der herrliche Sieg! — Ich wende mich
insbesondere an die Jugend unseres Volkes — an
die Jungmannschaft, an die Frauen und Mädchen
mit der Aufforderung, sich mit zu scharen unter
dem Banner der großen deutschvölkischen Ver-
einigung, des Bundes der Deutschen in Böhmen.
Treten Sie ein, die uns noch ferne stehen, in
unsere Reihen und seien Sie mittätig an der
großen nationalen Arbeit, die uns zugewiesen!
Wenn wir so geeint, dann wird man auch die
frühere Stellung uns wieder zuweisen müssen.
Lebhaft tritt mir da vor das Auge eine Episode
aus der Zeit der chinesischen Wirren. — Die
vereinigten europäischen Truppen standen unter
dem Befehle des englischen Admirals Seymur,
als es galt, eine gutbefestigte Stellung des
Feindes zu nehmen. „Deutsche an die Front!“
erscholl das Kommando und bald war die sieg-
reiche Entscheidung herbeigeführt. Daß dieser
Ruf auch bei uns bald erfolgen wird, in dieser
zuversichtlichen Erwartung begrüße ich Sie mit
einem aufrichtigen und herzlichen Heil!
Diesen Ausführungen folgte ein Sturm be-
geisternden Beifalles, ein Zeichen, wofür das
Gemüt der Deutschen empfänglich ist: für die
hehren Sitten und Gebräuiche unserer Altvordern,
für die Freuden des nauonalen Lebens.
Unserer wackeren Vorturnerschaft, die — man
kann wohl sagen — zu den ständigen Mitwirkenden
an der alljährlich wiederkehrenden Julfeier ge-
zählt werden darf, hat auch heuer wieder die
in sie gesetzten Erwartungen übertroffen; die
Leistungen der Turner am hochgestellten Pferd
waren oft geradezu verblüffend. Die Turner,
vor Allem ihr strebsamer Leiter, Herr Turn-
lehrer Adolf Seifert, sind aber auch stets
bemüht, bei jedem öffentlichen Auftreten etwas
Neues zu bieten, und das war auch Sonnabend
wieder der Fall; die Fahnengruppen, deren
tadellose Durchführung auch an das Gedächtnis
der Ausübenden große Anforderungen stellte,
löste einen wahren Beifallsjubel aus, der auch
vollkommen gerechtfertigt war.
Die „Harmonia“ war a der Vortrags-
ordnung auch mit mehreren Chören vertreten:
„Mein Heimatland“, Männerchor von Jofef
Fleischer, „Mein Zillertal“ für Soli, ge-
mischten Chor und Klavierbegleitung mit Violin-
solo' von H. Dierich, „Walpurgisnacht“,
gemischter Chor mit Orchesterbegleitung von
G. A. Jäckel und „Wir Deutsche fürchten
Gott“ deutscher Trutzgesang; einstimmiger
Männerchor mit Orchesterbegleitung von F.
Oberreich. Alle Vorträge der „Harmonia“ fes-
selten die Zuhörer und auch als die
Vortragsordnung beinahe erschöpft, die Zeit
also schon vorgerückt und die Erwartungen in
Bezug auf die kurz bevorstehende Verteilung
der Julgeschenke schon sehr geteigert war, da
war es noch immer mäuschenstill unter den
Zuhörern, wenn die „Harmonia“ ihre kraftvollen
Weisen ertönen ließ; ihr und der Vorturner-
schaft des Ascher Turnvereines sei auch an
dieser Stelle der wärmste Dank ausgesprochen.
Vor Beginn der Verteilung der Julgeschenke,
die zu vielen Hunderten aufgestapelt dalagen, be-
gann, richtete der Obmann der Ascher Örts-
gruppe, Herr Tins in einer Ansprache an die
Versammelten die Aufforderung, den Bund der
Deutschen durch Beitritt und Werbung neuer
Mitglieder zu unterstützen; die Worte des Ob-
mannes hatten zunächst den Erfolg, daß sich sofort
70 neue Mitglieder anmeldeten. —
Eine schmetternde Heiterkeitssalve aus der Mitte
des Saales war das Zeichen, daß mit der
Verteilung der Julgaben bereits begonnen wurde;
jetzt ging erst recht ein frohes, heiteres Leben
und Treiben an, das bei den schneidigen Klängen
der Schützenkapelle bis lange nach Mitternacht
andauerte. — Die Ortsgruppe Asch d. B. d.
D. i. B. darf mit dem glänzenden Gelingen
ihres diesjährigen Julfestes in jeder Beziehung
vollauf zufrieden sein. Heil Jul!
von Einhaus' Stolz, die eingemachten Walnüsse,
bis auf den Grund vertilgte, als sie wegen großer
Tintenflecken in der Schürze eingesperrt worden
war. Heinz amüsierte sich sehr über diese kleinen
Erinnerungen aus Wandas Jugend, von der
ihm wenig bekannt war und der alte Herr von
Lodewitz, ganz in wehmutsvolle Stimmung ge-
taucht, rieb sich die Augen „über diese entzückenden
Momentphotographien aus dem reinen Leben
seiner lieblichen Schwiegertochter.“
Baron Rowe gestand leise dem Fräulein von
der Höhe ein, daß Heinz sich besser zum Ehe-
mann zu eignen scheine, als er je zu hoffen
gewagt und da seine Zuhörerin zu dieser ver-
söhnlichen Stimmung doch auch beitragen wollte,
so appellirte sie an ihr wandelndes Auskunfts-
bureau, um es bestätigen zu lassen, daß die
Lodewitz früher ganz comme il faut gewesen
seien und wenig Mesalliancen zu verzeichnen
hätten — „nur der Vater, lieber Baron, der
Vater, das ist eine furchtbare Zugabe! Und
die Verhältnisse auf Winzen —! Nur gut,
daß die kleine Wanda nicht in der Nähe bleibt,
für eine junge Frau diese — diese Verhältnisse
schrecklich!“ Und sie schüttelte bedauernd den
kleinen Kopf mit dem vornehmsten Abzeichen,
der häßlichen aber allgemein als unverfälscht
anerkannten „Höhen-Nase.“
Der alte Herr von Lodewitz wußte nicht,
was die Beiden da zusammen tuschelten; an
anderen Tagen hätte er sich sofort in das feind-
liche Lager begeben, um die Spötter durch sein
plötzliches Erscheinen zu entwaffnen und sich an
ihrer Verlegenheit zu weiden.
Heute hatte er eine kleine Erfahrung zu
verschmerzen, die ihn hinderte, noch mehr Un-
angenehmes aufzustöbern. Heiße, verzweiflungs-
volle Tränen waren auf Winzen geflossen, als
der Wagen vorfuhr und die kleine Hilda wirklich
nicht mitgenommen wurde „zu der Hochzeit ihres
Heinz!“ Erst hatte der alte Herr getobt und
geschrien, daß dies Alles von seiner Gutmütig-
keit herkäme; wäre das Mädchen gehalten und
erzogen, wie es sich gepaßt hätte, so käme sie
jetzt nicht auf solche törichte Einfälle!
„Vater“, hatte Heinz gemahnt und die
Kleine getröstet, die nun weinte, als solle ihr
das Herz brechen. Und als der Wagen zum
Tor hinausrollte, da wandte er sich und nickte
dem kleinen, bleichen Gesicht einen letzten Gruß
zu — sie sah ihm wie versteinert nach!
Das war kein schöner Abschied von Winzen
die Herren übernachteten auf Einhaus im
Verwalterhause, um morgen rechtzeitig zur
Stadt aufs Standesamt fahren zu können“
und zwischen den Beiden wurde unterwegs kaum
ein Wort gewechselt. Heinz vergaß neben Wanda
des traurigen Kindes, das heute zum ersten
Male die Unerbittlichkeit der gesellschaftlichen
Satzungen begriff, aber der Alte konnte sich
nicht losmachen von den flehenden, in Tränen
schwimmenden Augen und überall tauchte sie vor
ihm auf.
„Ich will ihr ordentlich von Allem mit-
bringen“, versuchte er sich zu beruhigen und er
packte Süßigkeiten ein, als wolle er seinen
Dorfkindern zu Weihnachten bescheeren.
Aber Bonvons käuschen nicht lange über
bittere Wahrheiten hinweg.
Ulrike half hinter den Koulissen den Agi-
renden und entzog sich so viel wie möglich
Konrads Blicten. Als dann später noch Bauern-
mädchen mit frommen Wünschen unter verlegenen
Ansprachen und ländlichen Geschenken in Weide-
körben eintraten, ging sie über die Terrasse
hinaus, in die wundervolle klare Oktoberluft
hinein. Der Garten war nicht übermäßig ge-
pflegt, Frau von Einhaus hatte mehr Interesse
für Gemüsebeete als für Blumen, aber in dem
verklärenden Mondschein hoben sich die Gebüsche
so geheimnisvoll und stolz von den glänzenden
Rasenflächen ab und der frische Kies auf den
Wegen blinkte wie Silber.
(Fortsetzung folgt.)
Název souboru:
ascher-zeitung-1903-01-01-n1_0020.jp2