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und der beiden Architekten Helmer und Fellner. — So
reihte sich ein Toast an den andern — wie vermögen die-
selben nicht alle aufzuzählen — um 2 Uhr heute Morgens
war das Bankett noch nicht zu Ende!
Publikum Karlsbads, welches sich aus der Elite aller Groß-
städte componirt, öffnen sich würdige, großartige Räume.
Was über die imposante Architektur und die decorativen
Schönheiten des neuen Musentempels zu sagen ist, wurde
bereits mehrfach und ausführlich gewürdigt. — Wie es sich
nicht anders erwarten ließ, gestaltete sich der Eröffnungs-
abend zu einer großartigen, epochalen Festlichkeit, welche
ohne Zweifel allen Theilnehmern eine nachhaltige, erhebende
Erinnerung hinterlassen wird. Das prächtige, bis in die
feinsten Details mit künstlerischem Geschmock auserlesen
dekorirte Haus erglänzte feenhaft in elektrischem Lichte.
Ein illustrer Kreis gewählter Gäste, welche durchwegs in
festlicher Toilette erschienen war, füllte das strahlende
Theater bis auf das letzte Plätzchen. Es war Alles in
Allem ein märchenzauberischer Anblick, der das entzückte
Auge blendend fesselte. Weihevollste Stimmung herrschte
ringsum, als schmetternde Fanfaren den Beginn der Vor-
stellung verkündeten und der eiserne Vorhang zum ersten Male
emporrauschte. Das Festspiel, eine ebenso gründliche als
schwungvolle Arbeit des Regisseurs Pohler, gibt in Kürze
einen Ueberblick der Entstehung und Entwicklung Karlsbads.
Die neun Musen danken, ehe sie in das neue Heim ihren
Einzug halten, der Göttin der Gesundheit, Hygieia, für
alle Wohlthaten, welche dieser Schutzgeist des Kurortes
unserer Stadt seit Jahrhunderten erweist und schließen ein“
Bündniß, auch fernerhin zum Heile und Gedeihen der Stadt
einträchtig zusammenzuwirken. Weit entfernt von den
landesüblichen Phrasen, welche sonst den stereotypen In-
halt der Eröffnungsprologe bilden, wird hier ein origineller
Gedanke mit fühner, packender Sprache und in tadellosen
Versen verkörpert. Die Darsteller, darunter Frau Directrice
Raul-Hoppe und die Damen Dumont und Schulze,
erwiesen sich als vorzügliche Sprecherinnen. Rauschender-
spontaner Beifoll belohnte ihre Leistungen. Die neuen
Decorationen, hauptsächlich die wunderschön entworfenen
Bilder des alten und neuen Karlsbad waren von erfreu-
lichster Wirkung. Das ganze Festspiel machte einen mäch-
tigen und feierlichen Eindruck und eröffnete in durchans
würdiger Weise das neue Kunstinstitut. — Am Ende des
Festspieles senkte sich zum ersten Male der große Haupt-
vorhang — derselbe erregte vollste Bewunderung — und
in der That, er verdient dieselbe — jede Schilderung, die
man davon zu entwerfen versucht, läßt die Schönheit des
Kunstwerkes nicht einmal ahnen. — Das Staunen war
ein so allgemeines und hochgradiges, daß es sogar das Fest-
spiel um seinen vollen Erfolg gebracht hatte, denn als
das Publikum des herrlichen Gemäldes ansichtig wurde,
vergaß es beinahe auf den Applaus für das über-
aus hübsch durchgeführte Festspiel. — Alsbald folgte
einer pietätvollen Anregung entsprechend, Mozart's „Hoch-
zeit des Figaro,“ dieselbe Oper, mit welcher vor
98 Jahren das alte Theater in Karlsbad eröffnet wurde.
Die Aufführung war eine überaus sorgfältige und verdient
vollkommen anerkannt zu werden. Nicht nur daß die ein-
zelnen Partien durchwegs zu ganz befriedigender Geltung
kamen, war auch die Ensemblewirkung der Oper eine aus-
gesprochen günstige. — Wir machen heute dafür dem Diri-
genten Herrn Kapellmeister Veit gerne das erste Compli-
ment, denn seiner Bemühung und seinem Einflusse in
erster Linie ist es offenbar zu danken, daß die erste Vor-
stellung schon so gerundet im Ensemble sich al-
wickeln konnte. — Direktor Raul und mit ihm sein Opern-
Ensemble haben wahrlich eine Herkulesarbeit darin ge-
liefert, daß es möglich wurde, mit nach jeder Richtung hin
fremden Kräften und nach verhältnißmäßig wenig Proben
die immerhin ein sorgfältiges Studium verlangende Oper
so zur Aufführung zu bringen, wie gestern. Wir können
heute leider nicht so in die Details der Aufführung folgen,
wie wir dies gerne thun möchten, doch sei uns gestattet,
in Kürze dennoch der Einzelleistungen mit einigen Worten
zu gedenken. — Die Palme des Abends reichen wir Fräu-
lein Goldfeld, welche Dame die „Susanne“ zu wirklich
guter Geltung brachte, sich als wohlgeschulte Sängerin
und bühnensichere Darstellerin voll documentirte — eine
fast ebenbürtig gute und anerkennenswerthe Leistung ist
die Gräfin des Fräulein von Brussy — beiden Damen
kommt noch der Vortheil angenehmer Bühnen-Erscheinungen
zu Gute. Als Cherubin begrüßten wir ein vom Vorjahr
bekanntes Mitglied der Bühne in Fräulein Palme,
dieselbe wußte sich recht verdienstvoll ins Opern-Ensemble
einzufügen, ebenso wie Fräulein Hawlik eine be-
achtenswerthe Vertreterin der „Marzelline“ und Fräu-
lein Jahl (beide genannten Damen von ihrem En-
gagement im Vorjahre hier bekannt) eine solche des
„Bärbchen“ genannt werden muß. Von den Herren-
Partien nennen wir vorerst Herrn Mannheit, der den
Grafen zu sehr guter Darstellung brachte und seine schönen
stimmlichen Mittel ganz wohl zu verwerthen wußte — ihm
wacker zur Seite stand Herr Schlosser als „Figaro“, in
welcher Partie derselbe als Schauspieler sowohl wie als
Sänger in Vieles versprechender Weise sich einführte. Wenn
wir noch Herrn Netsch als alten lieben Bekannten nennen,
der den „Basilia“ zugetheilt hatte und sich wie immer gut
aus der Affaire zog und hervorheben, daß auch die übrigen
kleineren Partien durchwegs zu verhältnißmäßig guter Gel-
tung kamen und daß die Chöre voll und rein klangen, so
haben wir Alles erschöpft, was über den ersten Abend in Kürze zu
sagen ist. — Wir summiren unser Referat zum Schlusse
in den Satz, daß die Aufführung am gestrigen Abend eine
vollauf befriedigende gewesen, zu den besten Erwartungen
für die Saison berechtigt und eine des neuen Hauses voll-
kommen würdige war,
(Festbankett.)
Nach beendeter Vorstellung fand im Stadtparksaale
das Festbankett statt. An demselben nahmen etwa hundert-
fünfzig Personen Theil — zahlreiche Damen zierten die
Tafel. — Wir können heute uns nur mehr ganz kurz fassen,
indem wir nur in Schlagworten über den Verlauf des
Banketts berichten. — Bürgermeister Knoll eröffnete die
Reihe der Toaste mit einem solchen auf Se. Majestät den
Kaiser dann auf die beiden Architekten Fellner u. Hellmer
welcher lebhaft acclamirt wurde. — Architekt Hellmer
toastirte in gelungener Rede auf Bürgermeister Knoll,
Stadtrath Schäffler auf den städt. Oberingenieur Oertl,
den Bauleiter und auf alle beim Baue mit betheiligten Per-
sönlichkeiten und Firmen, u. A. auch auf den Baurath Brandner
Stadtrath Dr. Marterer's Toast galt den Damen, jene
Dr. Hofmanu's der Presse, worauf Herr E. Ranzoni
(Wiener Neue Freie Presse) erwiderte — Herr Grünwald
ein Kurgast aus Sachsen, widmete einen launigen Toast
dem Kurorte Karlsbad, worauf Herr kais. Rath Mattoni
erwiderte, ein Kurgast aus Englisch-Judien sprach das Lob
der Karlsbader Quellen in englischer Sprache aus, Baurath
Fellner gedachte den Künstlerschaar, welche heute ein-
zog in das neue Heim, worauf Direktor Raul dankt und
seinen Toast den Bewohneru Karlsbad widmet; Dr. Fleckles
hält einen geistreichen Speach, der trefflich improvisirt, zu
größter Heiterkeit Anlaß gibt und ausklingt in einem Toast
auf die anwesenden Gemalinnen des Herrn Bürgermeisters
Lokal- und Bäder-Nachrichten.
(Personalien.) Se. Excellenz Herr Sigmund Graf
Thun, k. k. wirkl. Geheimrath u. Statthalter aus Salz-
burg, dann Graf Goltz, k. deutscher Botschaftsrath aus
Wien sind zum Kurgebrauche hier eingetroffen und logiren
im Hause „Weißer Löwe.“
(Karlsbader Konzertkapelle. ) Am gestrigen
Tage gab dieselbe im Etablissement „Saussonci“ ihr erstes
Kouzert. War der Besuch auch durch das ungünstige
Wetter beeinträchtigt, so wurden dafür die einzelnen Piecen
vom Publikum mit großem Beifall aufgenommen; es man-
gelt uns heute der Raum, auf die erfreuenden Leistungen
näher einzugehen, wir constatiren aber gerne, daß das erste
Debnt der Kapelle von dem besten Erfolge begleitet war.
Heute Abends konzertirt dieselbe im „Cafe Imperial“.
(Militärkonzert. ) Gerne würden wir der Be-
sprechung des ersten, gestern Nachmittag im Etablissement
Pupp stattgehabten Militärkonzertes einen größeren Platz
einräumen, doch geht dies eute aus dem oben an-
geführten Grunde nicht an. Der öfter eintretende Regen
hielt einen zahlreicheren Besuch zurück, doch fand das
anziehende Programm bei seiner Durchführung reichen
Beifall und hat die Kapelle ihre Trefflichkeit gleich zum
ersten Male wieder bestens bewieser. Heute Nachmittag folgt
ein zweites Konzert daselbst.
MATTONIS
und Curort
GXESSHUBLPUCHSTEIN
(Giesshübler Sauerbrunn.)
Kurdirektor; Dr. M. Gasti.
Beliebtester Ausflugsort der
Karlsbader Kurgäste. Gute Bestauration.
Post- und Telegrafen-Station.
Omnibus täglich zweimal' ab von
Karlsbad um 11 Uhr Vorm. u. 1 Uhr Nachm.
(Abf ahrt vom Gold. Schild, Post-Bureau.)
Roscher' Theater-Café,
höchst elegant mit Vorgarten,
3 Billards,
Hotel „Goldener Schild“
un-
„Zwei dentsche Monarchen“,
qvöpteo Jotef attobado,
160 elegante Zimmer und Salons, zwol Spelso-
Säle und grosser Garten.
Braten am Spiess und Host.
Elegante Equipagen und Einspänner nach der
T axe.
F. Roscher, Hotelier
Verloren!
Eine Brosche, („Pfeil mit drei Korallen“) ist vom Freund-
schaftssaale nach der Königsvilla verloren wolden; gegen
gute Belohnung abzugeben in der Königs-Villa.
Hier hat der Bürgersinn, zu eignem Ruhm
Sich und der Kunst erbaut ein Heiligthum.
Den Männern, die mit unverdroßnem Müh'n
So edlem Zweck ihr ganzes Trachten lieh'n,
Trotz Widerspruch und Hinderniß und Streit
Bedacht erfaßten Strom und Geist der Zeit,
Die nicht nur für des Lebens Alltags-Pläne,
Auch für das Edle zeigten, für das Schöne
Ein Herz — den Männern werde Dank und Heil,
Nicht heute nur, von später Nachwelt noch zu Theil.
Und denen, deren kühner Genius
Zu des Palastes reich geschwung'nen Bogen
In edlem Styl die reinen Linien gezogen,
Thalia sendet ihnen Dank und Gruß.
Und jeden der mit Worten oder That,
Ja mit Gedanken nur geholfen hat,
Das große Werk beginnen und vollenden,
Begrüßt ihn dankbar mit gewognen Händen!
Du stolzer Bau! Ein Monument des Schönen,
Der Künste Heerd und heiliges Asyl —
In Glück und Sonnenschein, in Nacht und Thränen,
Sollst Du, ein Felsen in der Welt Gewühl,“
Besteh'n und dauern! Sollst als Denkmal ragen
Unangetastet in die fernste Zeit,
Sollst noch, wenn dich die Epigonen fragen,
Erzählen von der heut'gen Herrlichkeit!
Es schlägt sieben Uhr. Der Zuschauerrgum wird plötzlich
festlich erleuchtet. Musik.
O seht! Da öffnen sich die Tempelthore
Hervor aus den geschmückten Hallen bricht
Ein Katarakt, ein Ozean von Licht —
Musik ertönt — es drängt im lauten Chore
Herbei der Menschen überraschte Menge.
Ich grüße Dich du freundliches Gedränge!
(Zu dem Publikum.)
Willkommen Alle, Alle heut — und immer!
Willkommen Freundeschaar im Festesschimmer!
O möge dieses stolzen Tages Gunst
Sich ungezählte Male noch erneuern,
Und möge uns're vielgeliebte Kunst
In diesem Tempel ewig solche Feste feiern!
„Wer immer diese Schwelle überschreitet,
Sei von der Hand der Göttlichen geleitet
Und meine Priester sollen Euch entfalten
Nach Tageslast des Feierabends Scherz,
Des reichen Lebens wechselnde Gestalten,
Der Menschheit Jauchzen und der Menschheit
Schmerz.
Der deutschen Barden ewige Gesänge,
Der leichtgeschürzten Schwester schalthaft Spiel,
Apollo's süßen Mund, Euterpens Klänge
Getreu zu pflegen sei mein heilig Ziel!“
Und wie ich Euch verspreche, hoch zu halten
In Lieb und Ehren dieses neue Haus,
Als ein geliebtes Pfand es treulich zu verwalten,
Daß über unser Weichbild weit hinaus
Des Ruhmes Schwingen seinen Namen tragen
So laßt an Euch auch mich die Bitte wagen:
Bleibt uns gewogen, bleibt uns treu!
Denn nur durch wechseld Geben und Empfangen
Kann zur Vollendung jede Kunst gelangen,
Und so nur bleibt sie jung und ewig neu. —
Wenn jetzt mit seiner Melodien Zauberton
Des alten Vaterlandes Öst'reich großer Sohn,
Wenn jetzt mit seinen mächtigen Akkorden
Der Schöpfer Figaro's den Saal durchrauscht
Und Euer Herz des Gottes voll geworden;
Wenn alle Jene, welche einst gelauscht
Demselben Werke vor fast hundert Jahren,
Auf Geisterflügeln zittern durch den Raum,
Wo sie, wie Ihr, einst frohe Gäste waren;
Wenn das Vergang'ne aufsteigt wie ein Traum,
Und wenn ein heil'ger Götterhauch der Weihe
Sich wie ein Segen in die Seele senkt,
Dann sei's geschworen: Alle Lieb' und Treue
Sei diesem schönen Hause stets geschenkt,
Daß es, wie heute, noch in späten Tagen
Bestehe blühend und an Ehren reich!
Daß es hinaus in alle Welt mag tragen
Den Namen „Karlsbad im alten Oesterreich!“
(Volkshymne fällt ein. Lebendes Bild. Thalia nimmt
den Kranz vom Hanpte und tritt an den Altar.)
Der Vorhang fällt langsam.
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1886-05-16-n14_0370.jp2